Aktenzeichen Au 6 K 18.30504
Leitsatz
Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass eine türkische Staatsangehörige kurdischer Volkszugehörigkeit bei einer Rückkehr in die Türkei, wo sie zuvor selbständig gelebt hat und erwerbstätig gewesen ist, Gefahr liefe, auf derart schlechte humanitäre Bedingungen zu stoßen, dass eine Abschiebung dorthin Art. 3 EMRK verletzen würde. (Rn. 22 – 23) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird als offensichtlich unbegründet abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
Über die Klage konnte trotz Ausbleibens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden, da sie in der Ladung hierauf hingewiesen worden waren (vgl. § 102 Abs. 2 VwGO). Die zulässige Klage ist offensichtlich unbegründet. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und für die Gewährung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG sowie für die Feststellung nationaler Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegen offensichtlich nicht vor (§ 30 Abs. 1 AsylG, § 113 Abs. 5 VwGO).
1. Die Klage ist offensichtlich unbegründet.
Die Abweisung einer Klage als offensichtlich unbegründet mit der Folge der Unanfechtbarkeit der Entscheidung setzt voraus, dass im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise keine Zweifel bestehen und sich bei diesem Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsaufassung die Abweisung der Klage für das Verwaltungsgericht geradezu aufdrängt (BVerfG, B.v. 12.7.1983 – 1 BvR 1470/82 – BVerfGE 65, 76/95 ff.; U.v. 11.12.1985 – 2 BvR 361/83 – BVerfGE 71, 276/293 ff.). Diese Grundsätze gelten nicht nur für das in Art. 16a Abs. 1 GG verankerte Asylgrundrecht und für Verfahren, die auf die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 3 AsylG gerichtet sind (zur Vorgängervorschrift des § 60 Abs. 1 AufenthG vgl. BVerfG, B.v. 20.9.2001 – 2 BvR 1392/00 – InfAuslR 2002, 146/148), sondern auch für Klagen, soweit sie die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG zum Gegenstand haben (BVerfG, B.v. 20.12.2006 – 2 BvR 2063/06 – NVwZ 2007, 1046).
a) Das Bundesamt hat im angefochtenen Bescheid zu Recht die Anträge der Klägerin auf Asylanerkennung und auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Auch ein Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus i.S. des § 4 Abs. 1 AsylG besteht für die Klägerin offensichtlich nicht. Auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Bescheids wird insoweit verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG) und ergänzend ausgeführt:
aa) Ein Anspruch auf die Anerkennung als Asylberechtigte und auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft besteht für die Klägerin nach § 30 Abs. 1 AsylG offensichtlich nicht.
Dem Vortrag der Klägerin lassen sich keinerlei Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass sie aus der Türkei vorverfolgt ausgereist wäre oder bei einer Rückkehr dorthin einer flüchtlingsrelevanten Verfolgung oder Gefahren im Sinne des § 4 AsylG ausgesetzt wäre (§ 30 Abs. 1 AsylG). Die Klägerin ist unbehelligt auf dem direkten Luftweg aus der Türkei ausgereist und kann mit Hilfe ihres wieder aufgetauchten Reisepasses auch unbehelligt in ihren Herkunftsstaat zurückkehren. Letztlich macht die Klägerin offensichtlich keine asyl- oder flüchtlingsrelevante Verfolgung in Anknüpfung an eines der in Art. 16a Abs. 1 GG oder in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG genannten Merkmale geltend. Zudem ist sie bei ihrer zweiten (illegalen) Einreise nach Deutschland auf dem Landweg eingereist und schon deswegen nach § 26a Abs. 1 Satz 1 AsylG vom Asylanspruch ausgeschlossen.
bb) Es bestehen auch keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids, soweit die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus i.S. des § 4 Abs. 1 AsylG als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, zumal insoweit eine Offensichtlichkeitsentscheidung in Bezug auf § 4 AsylG bei der hier gebotenen Prüfung im Eilverfahren aus den bereits zu Art. 16a Abs. 1 GG und § 3 AsylG erläuterten Gründen bestätigt werden kann.
Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt dabei auch die Gefahr der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG). Die Art der Behandlung oder Bestrafung muss eine Schwere erreichen, die dem Schutzbereich des Art. 3 EMRK zuzuordnen ist und für den Fall, dass die Schlechtbehandlung von nichtstaatlichen Akteuren ausgeht, muss der Staat erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sein, Schutz zu gewähren (§ 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG i.V.m. § 3c Nr. 3 AsylG).
Gemessen an diesen Maßstäben hat die Klägerin offensichtlich keinen Anspruch auf die Gewährung subsidiären Schutzes i.S. des § 4 Abs. 1 AsylG. Ihre Schilderungen geben keinen Ansatzpunkt für die Annahme irgendeiner Gefahr für eine ihr bei der Rückkehr drohende unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG.
b) Auch nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG liegen offensichtlich nicht vor.
Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides, soweit das Nichtvorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG festgestellt wurde. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin Gefahr liefe, in der Türkei auf derart schlechte humanitäre Bedingungen zu stoßen, dass die Abschiebung eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen würde, gibt es nicht. Gegenteiliges ist weder vorgebracht noch sonst ersichtlich.
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin selbständig gelebt und durch Erwerbstätigkeit selbst für ihren Lebensunterhalt gesorgt hat. Ihre Depression ist ihren Schilderungen zu Folge in der Türkei eineinhalb Jahrzehnte lang behandelt worden.
2. Auch die übrigen Nebenentscheidungen einschließlich der mit Blick auf ihre Heiratsabsicht ermessensgerecht verkürzten Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots begegnen daher keinen Bedenken. Gegenläufige Belange der Klägerin sind weder glaubhaft gemacht noch ersichtlich.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83 b AsylG).
Dieses Urteil ist unanfechtbar (§ 78 Abs. 1 AsylG).