Aktenzeichen M 30 K 16.5955
Leitsatz
1 Die Entscheidung einer Rechtsanwaltskammer, Auskunft zu gewähren bzw. abzulehnen, ist für den Rechtsuchenden im Verwaltungsrechtsweg überprüfbar. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2 Der Auskunftsanspruch über die Berufshaftpflichtversicherung eines Rechtsanwalts nach § 51 Abs. 6 S. 2 BRAO greift nicht Fällen, in denen der Rechtsanwalt als Insolvenzverwalter tätig geworden ist. (Rn. 18 – 19) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Über die Klage konnte gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO im Wege eines Gerichtsbescheids ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher und rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten wurden hierzu hinreichend mit Schreiben vom 27. Juli 2017 gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO angehört.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die Klägerin hat keinen Auskunftsanspruch gegen die Beklagte in Bezug auf die Berufshaftpflichtversicherung des Beigeladenen.
Der Verwaltungsrechtsweg ist für das klägerische Begehren nach § 40 VwGO zwar eröffnet. Die Entscheidung einer Rechtsanwaltskammer, Auskunft zu gewähren bzw. abzulehnen, ist – wie vorliegend – für den Rechtsuchenden im Verwaltungsrechtsweg (und für den Rechtsanwalt im anwaltsgerichtlichen Verfahren) überprüfbar (Tauchert/Dahns in: Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, 2. Auflage 2014, § 51 BRAO, Rn. 24; Anwaltsgerichtshof Stuttgart, B.v. 8.1.2008 – AGH 34/2007 (I), AGH 34/07 (I) – juris Rn. 6).
Offenbleiben kann, ob eine solche Auskunftserteilung über die Berufshaftpflichtversicherung eines Rechtsanwalts nach vorheriger Ablehnung der Auskunft über eine Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO oder im Wege einer allgemeinen Leistungsklage (vgl. § 43 Abs. 2 VwGO) zu verfolgen ist. Soweit die Erteilung bzw. Versagung der begehrten Auskunft als Verwaltungsakt der Rechtsanwaltskammer eingeordnet wird (fraglich, so aber Tauchert/Dahns in: Gaier/Wolf/Göcken, a.a.O. Rn. 24 unter Hinweis auf Anwaltsgerichtshof Stuttgart, B.v. 8.1.2008, a.a.O., da die Rechtsanwaltskammer als Körperschaft des öffentlichen Rechts mit der Auskunftspflicht einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung folge), wäre die Verpflichtungsklage gegeben, andernfalls kann ein bloßes Auskunftsbegehren mit der Leistungsklage verfolgt werden.
Die Klage ist unbegründet. Der erhobene Auskunftsanspruch der Klägerin kann nicht auf § 51 Abs. 6 Satz 2 BRAO gestützt werden. Auch eine andere Rechtsgrundlage kommt nicht in Betracht.
Nach § 51 Abs. 6 Satz 2 BRAO erteilt eine Rechtsanwaltskammer Dritten zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen auf Antrag Auskunft über den Namen und die Adresse der Berufshaftpflichtversicherung des Rechtsanwalts sowie die Versicherungsnummer, soweit der Rechtsanwalt kein überwiegendes schutzwürdiges Interesse an der Nichterteilung der Auskunft hat.
Die Verpflichtung zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung eines Rechtsanwalts folgt dabei aus § 51 Abs. 1 BRAO. Danach ist der Rechtsanwalt verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung zur Deckung der sich aus seiner Berufstätigkeit ergebenden Haftpflichtgefahren für Vermögensschäden abzuschließen und die Versicherung während der Dauer seiner Zulassung aufrechtzuerhalten. Der Rechtsanwalt ist gemäß § 3 Abs. 1 BRAO der berufene unabhängige Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten. Die Berufstätigkeit des Anwalts entspricht dem Begriff der anwaltlichen Tätigkeit in § 1 Abs. 1 RVG, der geprägt ist durch die Gewährung der berufstypischen Aufgaben mit Ausnahme der in § 1 Abs. 2 RVG genannten, nicht unbedingt anwaltsspezifischen Tätigkeiten wie Vormund, Betreuer, Verfahrenspfleger, Testamentsvollstrecker, Zwangsverwalter, Treuhänder oder Insolvenzverwalter u.a. (Tauchert/Dahns in: Gaier/Wolf/Göcken, a.a.O., Rn. 5).
Eine Tätigkeit als Insolvenzverwalter ist somit nicht der anwaltlichen Tätigkeit in diesem Sinne zuzuordnen (vgl. auch BayVGH im diesem Verfahren zugrundeliegenden Beschluss vom 31. Januar 2018 – 21 C 17.1686 – bislang nicht veröffentlicht, mit Verweis auf Wolf in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, § 3 BRAO Rn 14ff.)). Vielmehr ist nach § 56 Abs. 1 Satz 1 InsO zum Insolvenzverwalter eine für den jeweiligen Einzelfall geeignete, insbesondere geschäftskundige und von den Gläubigern und dem Schuldner unabhängige natürliche Person zu bestellen, die aus dem Kreis aller zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen bereiten Personen auszuwählen ist. Ein Rechtsanwalt kann damit auch als Insolvenzverwalter bestellt werden – wie auch andere geeignete Personen -, die Tätigkeit als Insolvenzverwalter ist aber gerade nicht einem Rechtsanwalt vorbehalten und stellt keine anwaltlich beratende und vertretende Tätigkeit dar. Der Insolvenzverwalter kann sich wegen seiner Verantwortlichkeit nach § 60 InsO durch eine Haftpflichtversicherung schützen (BayVGH a.a.O. mit Verweis auf Gerhardt in Jaeger, Insolvenzordnung, 1. Aufl. 2007, § 60 Rn. 188). Wird ein Rechtsanwalt als Insolvenzverwalter tätig, besteht insoweit aber keine Versicherungspflicht gemäß § 51 Abs. 1 BRAO (BayVGH a.a.O.).
Demgemäß greift auch der Auskunftsanspruch über die Berufshaftpflichtversicherung eines Rechtsanwalts nach § 51 Abs. 6 Satz 2 BRAO nicht für dessen – nichtanwaltliche – Tätigkeit als Insolvenzverwalter (so auch BayVGH a.a.O.).
Des Weiteren hat – auch eigenen Angaben der Klägerin zufolge – zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen kein Mandatsverhältnis bestanden. Den Gesetzesmaterialien nach (BT-Drs. 16/3837 S. 24 f.) ist § 51 Abs. 6 Satz 2 BRAO aber dahingehend zu verstehen, dass ein Auskunftsanspruch nur demjenigen zusteht, der mit dem Rechtsanwalt in einem Mandatsverhältnis gestanden hat (BayVGH a.a.O.).
Die Klage ist daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.