Europarecht

Aufhebung einer einstweiligen Verfügung aufgrund veränderter Umstände

Aktenzeichen  13 HK O 43/17

Datum:
23.4.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
MD – 2018, 487
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 927, § 929 Abs. 2, § 936

 

Leitsatz

Nach erfolgter Amtszustellung genügt zur Einhaltung der Vollziehungsfrist eine Dokumentation des Vollziehungswillens durch leicht feststellbare und formalisierte Maßnahmen, namentlich die Zustellung einer abgekürzten Abschrift ohne Anlagen. (Rn. 15)

Verfahrensgang

13 HK O 43/17 2017-12-21 Endurteil LGBAYREUTH LG Bayreuth

Tenor

1. Die einstweilige Verfügung vom 21. Dezember 2017 wird aufrecht erhalten.
2. Die Verfügungsbeklagte hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Gründe

Der Aufhebungsantrag ist zulässig nach §§ 936, 927 ZPO. Er ist aber nicht begründet.
Die Versäumung der Vollziehungsfrist des § 929 Abs. 2 ZPO gilt zwar ohne weiteres als Aufhebungsgrund im Sinn des § 927 ZPO (BeckOK ZPO/Mayer RN 5, 16 zu § 927 ZPO m.w.N).
Jedoch ist die Vollziehungsfrist im vorliegenden Fall nicht versäumt worden. Die Vollziehungsfrist dient nicht der förmlichen Bekanntgabe einer durch Endurteil ergangenen Unterlassungsverfügung an die Parteien oder der Zustellung als Vollstreckbarkeitsvoraussetzung; dies ist Aufgabe der Amtszustellung (BGH NJW 1990, 122 [124]), die hier erfolgt ist.
Die Vollziehungsfrist dient dem Schutz des Schuldners vor zu später Vollziehung der erlassenen Entscheidung; innerhalb der Frist muss der Verfügung Gläubiger seinen Vollziehungswillen betätigen. Die nochmalige förmliche Zustellung der Entscheidung ist zur Einhaltung der Vollziehungsfrist der sicherste Weg, aber nicht der einzige.
Bei einer Unterlassungsverfügung genügt die Zustellung im Parteibetrieb als Mittel der Vollziehung; nach erfolgter Amtszustellung genügt die Parteizustellung einer einfachen Urteilsabschrift (BeckOK ZO/Mayer RN 17 zu § 936 ZPO m.w.N.) oder eine Dokumentation des Vollziehungswillens durch andere leicht feststellbare und formalisierte Maßnahmen (ebenda, RN 18). Das Gericht schließt sich hier der Rechtsprechung des OLG München (MDR 2013, 422) an, das eine nochmalige förmliche Zustellung im Parteibetrieb zur Dokumentation des Vollziehungswillens nicht für erforderlich hält, wenn die Vollstreckungsvoraussetzungen durch die im Amtsweg erfolgte Wirksamkeitszustellung bereits vorliegen; nach dieser Rechtsprechung ist es ausreichend, wenn urkundlich belegt sowie leicht und zuverlässig feststellbar der Schuldnerin der Verfügung eine den Vollziehungswillen dokumentierende Erklärung des Gläubigers zugeht und die Identität der zu vollziehenden Entscheidung mit der bereits wirksam zugestellten Entscheidung feststeht. Das war hier mit dem unstreitig innerhalb der Vollziehungsfrist von Gläubigerseite vorgenommenen und von Schuldnerseite bekundeten Zustellversuch einer abgekürzten Abschrift der Fall, auch ohne nochmalige Beifügung der Anlage A4.
Es kann damit die Frage unerörtert bleiben, ob im vorliegenden Fall die Beifügung der Anlage A4 zu wirksamer Zustellung überhaupt erforderlich war, nachdem die gebotene Unterlassung (die zu unterlassende Werbeaussage) alleine mit der verbalen Formulierung des Urteilstenors „100% bruch- und kratzsicher“ bereits notwendig und hinreichend beschrieben ist. Ebenso die Frage, ob ein eventueller Zustellungsmangel bereits dadurch geheilt ist, dass Anlage A4 der Schuldnerin zum Zeitpunkt der Zustellung – nämlich bereits seit Rechtshängigkeit – vorlag und bekannt war.

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