Steuerrecht

Vorliegen der Voraussetzungen einer Ersatzvornahme – Feuerstättenschau

Aktenzeichen  Au 5 K 17.1915

Datum:
19.4.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 15265
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 43, § 113 Abs. 1 S. 4
VwZVG Art. 19, Art. 32
SchfHwG § 14

 

Leitsatz

1. Die Fälligkeitsmitteilung eines Zwangsgeldes nach vorheriger Androhung stellt keinen Verwaltungsakt dar. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Betrieb von Feuerstätten oder sonstigen Abgasleitungen birgt naturgemäß abstrakte Gefahren, insbesondere Brand-, Explosions- und Vergiftungsgefahren. Dies rechtfertigt einen Eingriff in das Grundrecht der Unverletzlichkeit einer Wohnung. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage bleibt ohne Erfolg. Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 8. Dezember 2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Die Klage gegen die Fälligstellung des Zwangsgelds im angefochtenen Bescheid ist als Feststellungsklage, wie sie von der Klägerin zuletzt erhoben wurde, zulässig. Hinsichtlich der Fälligkeitsmitteilung ist nicht die Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO mangels Verwaltungsaktqualität statthaft, sondern eine Feststellungsklage nach § 43 VwGO. Nach der Regelung in Art. 31 Abs. 3 Satz 3 VwZVG ist bereits die Androhung eines Zwangsgeldes ein nach Maßgabe des Art. 23 Abs. 1 VwZVG vollstreckbarer Leistungsbescheid, weshalb die Vollstreckung von Zwangsgeldern nicht den Erlass weiterer Bescheide voraussetzt, sondern unmittelbar aufgrund der erfolgten Androhung in die Wege geleitet werden kann. Die zeitlich nachfolgende Fälligkeitsmitteilung hat nur deklaratorische Wirkung und ist gesetzlich nicht vorgeschrieben (vgl. zum Ganzen BayVGH, B.v. 21.1.2015 – 1 CE 14.2460, 1 CE 14.2520 – juris Rn. 10).
Hinsichtlich der angefochtenen Androhung der Ersatzvornahme im Bescheid vom 8. Dezember 2017 ist die von der Klägerin zuletzt erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage die statthafte Klageart. Mit der Durchführung der darin angedrohten Ersatzvornahme am 20. Dezember 2017 hat sich der Verwaltungsakt durch Zeitablauf erledigt. Die Anfechtungsklage wurde damit wegen Wegfalls des Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig (Eyermann, VwGO, 14. Auflage 20114, § 113 Rn. 64) und konnte von der Klägerin in zulässiger Weise in eine Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog umgestellt werden. Allerdings fehlt es an dem, bei der Fortsetzungsfeststellungsklage erforderlichen, Feststellungsinteresse. Eine Wiederholungsgefahr kann vorliegend nicht bejaht werden. Ein berechtigtes Interesse ist wegen Wiederholungsgefahr in der Regel dann gegeben, wenn die hinreichend bestimmte Gefahr besteht, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird (st. Rspr. des BVerwG, u.a. U.v. 18. 12. 2007 – C-47/06 – NVwZ 2008, 571 Rn. 13). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Der angefochtene Bescheid vom 8. Dezember betraf ausschließlich die Zwangsvollstreckung aus dem Bescheid vom 21. März 2017. Es ging dabei um die Vollstreckung der Verpflichtungen der Klägerin aus diesem Bescheid im Wege der Ersatzvornahme. Mit der tatsächlichen Durchführung der Feuerstättenschau am 20. Dezember 2017 sind die rechtlichen Wirkungen des Bescheids vom 8. Dezember 2017 erschöpft. Damit kann auch keine Wiederholungsgefahr bestehen, denn es ist völlig ungewiss, ob auch bei künftig anstehenden Feuerstättenschauen jeweils eine Vollstreckung im Wege einer Ersatzvornahme erforderlich sein wird (s. hierzu auch Eyermann, a.a.O., § 113 Rn. 86a). Der Sachverhalt unterscheidet sich insoweit grundlegend von demjenigen, der dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts vom 23. November 2017 (Az. Au 5 K 17.590) zugrunde lag. Die Wiederholungsgefahr wurde darin im Hinblick auf die Frage der grundsätzlichen Duldungsverpflichtung der Klägerin bei zukünftig durchzuführenden Feuerstättenschauen zugunsten der Klägerin bejaht. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist demnach vorliegend statthaft, wegen fehlenden Feststellungsinteresses jedoch unzulässig. Selbst wenn das Feststellungsinteresse jedoch bejaht würde, bliebe die Klage gegen die Androhung der Ersatzvornahme erfolglos, weil sie unbegründet ist.
2. Die Klage ist, soweit sie gegen die Androhung der Ersatzvornahme gerichtet ist,
unbegründet. Der Bescheid des Landratsamts vom 8. Dezember 2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen für die angedrohte Ersatzvornahme liegen vor.
a) Mit Bescheid vom 21. März 2017 war die Klägerin verpflichtet worden, die Feuerstättenschau zu dulden. Die Duldungsverpflichtung, die auf § 1 Abs. 4 SchfHwG beruht, war in Ziffer 5 des Bescheids für sofort vollziehbar erklärt worden. Die Klage gegen den Bescheid blieb ohne Erfolg, nach Auffassung des Gerichts erwiesen sich der Bescheid vom 21. März 2017 und die darin gegenüber der Klägerin verfügten Anordnungen als rechtmäßig. Das Urteil im Verfahren Au 5 K 17.590 vom 23. November 2017 ist mittlerweile rechtskräftig. Einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung hatte die Klägerin nicht erhoben. Damit ist die Duldungsverfügung auch vollstreckbar (Art. 19 Abs. 1 Nr. 3 VwZVG).
Die Klägerin ist ihrer Verpflichtung aus dem Bescheid vom 21. März 2017, bis spätestens 18. April 2017 die Feuerstättenschau durchführen zu lassen, um Vollstreckungsmaßnahmen zu verhindern, nicht nachgekommen (Art. 19 Abs. 2 VwZVG).
Das im Bescheid vom 21. März 2017 angedrohte Zwangsgeld veranlasste die Klägerin nicht dazu, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Nachdem ein Zwangsgeld somit keinen Erfolg erwarten ließ, lagen auch die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen der Ersatzvornahme vor (Art. 32 Satz 1 und 2 VwZVG). Einer vorherigen Beitreibung des zunächst angedrohten Zwangsgeldes bedurfte es hierfür nicht. Mit der Androhung der Ersatzvornahme im Bescheid vom 8. Dezember 2017 wurden auch die vorläufigen Kosten der Maßnahme veranschlagt (Art. 36 Abs. 4 Satz 1 VwZVG).
Soweit der Klägerin auf Grundlage der Duldungsverpflichtung vom 21. März 2017 mit Bescheid vom 8. Dezember 2017 auch auferlegt wurde, die Ersatzvornahme und das hierfür erforderliche Betreten des Objektes zu dulden, ist dies ebenfalls rechtmäßig. Auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht (Art. 13 Grundgesetz – GG) genügt für die gesetzliche Regelung einer Verpflichtung, den Zutritt zu einer kehrpflichtigen Anlage zu gestatten, das Bestehen einer abstrakten Gefahr. Der Betrieb von Feuerstätten oder sonstigen Abgasleitungen birgt, wie allgemein bekannt ist und nicht mit Erfolg bestritten werden kann, naturgemäß immerhin abstrakte Gefahren, insbesondere Brand-, Explosions- und Vergiftungsgefahren. Diese abstrakten Gefahren rechtfertigen die in § 1 Abs. 3 SchfHwG ausdrücklich vorgesehenen Eingriffe in das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, B.v. 17.2.2000 – 11 A 12019/99 – GewArch 2000, 429 ff.; Niedersächsisches OVG, B.v. 29.1.2003 – 8 LA 182/02 – juris; VGH Baden-Württemberg, U.v. 22.12.1992 – 14 S 2326/91 – GewArch 1993, 205 ff.).
b) Die allgemeinen verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Grenzen, insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wurden im angefochtenen Bescheid beachtet. Die Klägerin hat wiederholt und eindeutig zu erkennen gegeben, dass sie nicht bereit ist, die angeordnete Durchführung der Feuerstättenschau zu dulden. Nach der zuletzt durchgeführten Feuerstättenschau am 29. Mai 2013 setzte der zuständige Bezirksschornsteinfeger den Termin für die nächste Feuerstättenschau in Einklang mit den Vorgaben des § 14 SchfHwG auf den 13. Dezember 2016 fest. Bis zum Erlass des streitgegenständlichen Bescheids konnte die erforderliche Feuerstättenschau trotz des vollziehbaren Bescheids des Landratsamts vom 21. März 2017 nicht durchgeführt werden. Im Hinblick auf die mit den Regelungen in § 14 Schornsteinfegergesetz verfolgten Ziele der Brandsicherheit, aber auch des Immissionsschutzes erweist sich damit die Androhung der Ersatzvornahme als verhältnismäßig.
3. Die Klage ist auch unbegründet, soweit die Klägerin sich gegen das mit Bescheid vom 8. Dezember 2017 fällig gestellte Zwangsgeld in Höhe von 250,00 EUR wendet. Das angedrohte Zwangsgeld wurde von Seiten der Beklagten zu Recht fällig gestellt, nachdem die Klägerin der ihr mit Bescheid vom 21. März 2017 bestandskräftig angeordneten und mit Zwangsgeldandrohung versehenen Verpflichtung nicht innerhalb der gesetzten Frist bis zum 18. April 2017 nachgekommen ist (vgl. Art. 37 Abs. 1 Satz 1, Art. 31 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Art. 23 Abs. 1 Nr. 2 VwZVG).
Damit bleibt die Klage insgesamt ohne Erfolg.
4. Nach § 154 Abs. 1 VwGO hat die Klägerin als im Verfahren unterlegen die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Ausspruch hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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