Aktenzeichen W 8 M 18.30390
RVG § 1 Abs. 3, § 7 Abs. 1, § 30 Abs. 1 S. 1, S. 2, § 48 Abs. 1
Leitsatz
1 Jedenfalls im asylrechtlichen Verfahren ist aufgrund der Spezialvorschrift des § 30 RVG von einem gesetzlich zwingend festgelegten Gegenstandswert auszugehen, der auch für die Vergütungsfestsetzung gegenüber einem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Prozessbevollmächtigten maßgeblich ist. Ein “besonderer Prozesskostenhilfegegenstandswert”, wonach die dem Rechtsanwalt zustehenden Gebühren aus der Staatskasse abweichend zur gesetzlichen Regelung zu ermitteln wären, existiert insoweit nicht. (Rn. 22 – 24) (redaktioneller Leitsatz)
2 Liegt eine (asylrechtliche) Angelegenheit mehrerer Auftraggeber (§ 7 Abs. 1 RVG) vor, ist von dem nach § 30 Abs. 1 RVG bestimmten Gegenstandswert auszugehen, aus dem sich die Gebühren und Auslagen errechnen, die anschließend im Verhältnis der erfolgreichen zu den erfolglosen Kopfteilen zu ermitteln sind. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Erinnerung wird zurückgewiesen.
II. Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Die Rechtsnachfolgerin des im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Bevollmächtigten der Antragsteller im Ausgangsverfahren (Erinnerungsführerin des vorliegenden Verfahrens) wendet sich gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin vom 5. Februar 2018.
Am 12. Oktober 2016 ließen die sechs Antragsteller, ein Ehepaar mit vier Kindern, im Verfahren W 8 S 16.3148 die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen einen Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 28. September 2016 sowie Prozesskostenhilfe beantragen.
Mit Beschluss vom 20. Oktober 2016 bewilligte das Gericht dem Antragsteller zu 1) Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines damaligen Bevollmächtigten. Im Übrigen wurde der Antrag auf Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2017 beantragte der vormalige Antragstellerbevollmächtigte eine Vergütungsfestsetzung für Prozesskostenhilfe – ausgehend von einem Gegenstandswert von 2.500,00 EUR – in Höhe von insgesamt 334,75 EUR.
Mit Schriftsatz vom 2. Januar 2018 teilte die Erinnerungsführerin mit, dass der vormalige Antragstellerbevollmächtigte aus der Kanzlei ausgeschieden sei und die vom vormaligen Antragstellerbevollmächtigten bearbeiteten Mandate nunmehr von der Unterzeichnerin fortgeführt würden.
Mit Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 5. Februar 2018 setzte die Urkundsbeamtin des Verwaltungsgerichts gemäß § 55 RVG die gesetzliche Vergütung gegen die Staatskasse auf 70,23 EUR fest. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Für die Berechnung der Verfahrensgebühr sei der Gegenstandswert maßgeblich, der zum Zeitpunkt des Entstehens der Gebühr anzunehmen sei. Dieser sei mit Beantragung der aufschiebenden Wirkung der Klage für insgesamt sechs Antragsteller entstanden und deshalb aus dem Gesamtgegenstandswert von 5.000,00 EUR (2.500,00 EUR + 5 x 500,00 EUR; vgl. § 30 Abs. 1 RVG) zu berechnen. Da jedoch im vorliegenden Verfahren lediglich dem Antragsteller zu 1), nicht auch den Antragstellern zu 2) bis 6) Prozesskostenhilfe bewilligt worden sei, sei die Vergütung dementsprechend nur zu einem Sechstel gegenüber der Staatskasse festsetzungsfähig.
Mit Schriftsatz vom 15. Februar 2018 legte die Erinnerungsführerin Erinnerung ein und begründete diese mit Schriftsatz vom 28. Februar 2018 im Wesentlichen wie folgt: In einem Eilverfahren würden für den ersten Antragsteller nach § 30 RVG 2.500,00 EUR festgelegt, danach für jeden weiteren 500,00 EUR. Die Antragsteller würden damit gerade nicht gleich behandelt. Da der Antragsteller zu 1) Erfolg gehabt habe und für ihn Prozesskostenhilfe bewilligt gewesen sei, müsse ihm auch die volle Gebühr aus dem Streitwert von 2.500,00 EUR zustehen. Wäre er alleiniger Antragsteller, würde er auch die volle Gebühr erhalten.
Die Urkundsbeamtin half der Erinnerung nicht ab und führte dazu im Wesentlichen aus (vgl. Nichtabhilfe vom 1.3.2018). Die Prozesskostenhilfegewährung stelle keine isolierte Entscheidung über den Gegenstandswert dar. Die teilweise Bewilligung von Prozesskostenhilfe führe auch nicht zu einer Aufteilung des Streitgegenstands. Die Bemessung des Gegenstandswerts richte sich allein nach § 30 RVG. Eine Teilbewilligung bedeute eine Beschränkung der Prozesskostenhilfe, weil das Gericht im Übrigen eine Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung verneint habe. Die Rechtsauffassung stehe nicht im Widerspruch zu § 48 Abs. 1 RVG. Die Vorschrift besage lediglich, dass die Höhe des Vergütungsanspruchs vom Umfang der Beiordnung abhänge, sie gebiete jedoch keine gesonderte Berechnung des Gegenstandswerts. Die Auffassung der Antragstellerbevollmächtigten würde dazu führen, dass die Prozesskostenhilfe, d.h. aus der Staatskasse, die Rechtsanwaltskosten zum größten Teil für die anderen Auftraggeber mitbezahlt würden. Deshalb sei eine kopfteilige Gewährung für alle Beteiligten sachgerecht. Der „armen Partei“ solle durch die Gewährung von Prozesskostenhilfe kein Nachteil entstehen; sie dürfe jedoch auch nicht besser gestellt werden als bei Beauftragung eines Wahlanwalts.
Den Beteiligten wurde mit Schreiben des Gerichts vom 2. März 2018 Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Die Erinnerungsführerin brachte mit Schriftsatz vom 4. April 2018 im Wesentlichen noch vor: Gerade die „arme Partei“ werde hier viel schlechter gestellt und quasi dafür bestraft, dass der Rest der Familie keine Prozesskostenhilfe bewilligt bekommen habe. Der Unterschied in der Höhe der Beträge zeige gerade die Ungerechtigkeit dieses Vorgehens. Dem Antragsteller zu 1) sei in voller Höhe Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Es gebe somit keine Möglichkeit dies zu reduzieren. Wodurch solle es verfassungsrechtlich legitim sein, diese Beträge zu reduzieren, nur weil weitere Antragsteller ihr Recht auf Beantragung von Prozesskostenhilfe genutzt hätten? Es könne nicht sein, dass die Ablehnung der Prozesskostenhilfe für die anderen zu Lasten des Antragstellers gehe, der komplett Prozesskostenhilfe bewilligt bekommen habe, insbesondere da die Differenz immens sei. Dies entspreche nicht dem Sinn und Zweck der Prozesskostenhilfe.
Im Übrigen wird auf die Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens sowie auf die Akte des Ausgangsverfahrens W 8 S 16.31848 Bezug genommen.
II.
Die Erinnerung ist zulässig, aber nicht begründet.
Über die Erinnerung entscheidet gemäß § 56 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG der Einzelrichter des erstinstanzlichen Gerichts durch Beschluss.
Beteiligte des Erinnerungsverfahrens gegen die Vergütungsfestsetzung der aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütung nach erfolgter Prozesskostenhilfebewilligung sind nicht die Beteiligten (Antragsteller, Antragsgegnerin) des zugrunde liegenden Ausgangsverfahrens, sondern allein der beigeordnete Rechtsanwalt bzw. hier seine Rechtsnachfolgerin (Erinnerungsführerin) und die Staatskasse, vertreten durch die Landesanwaltschaft Bayern (Erinnerungsgegnerin).
Gegen die auf § 55 Abs. 1 Satz 1 RVG beruhende Vergütungsfestsetzung der Urkundsbeamtin vom 5. Februar 2018 ist die Erinnerung des beigeordneten Rechtsanwalts – bzw. hier der Erinnerungsführerin als seiner Rechtsnachfolgerin in der Kanzlei, die die von ihm bearbeiteten Mandate fortgeführt und in dem Zusammenhang (wovon das Gericht ausgeht) auch dessen Ansprüche gegen die Staatskasse abgetreten erhalten bzw. sonst wirksam übernommen hat (vgl. Kießling in Mayer/Kroiß, RVG, 7. Aufl. 2018, § 55 Rn. 24) – nach § 56 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 7 und Abs. 8 RVG statthaft und auch sonst zulässig.
Die Erinnerung ist nicht begründet.
Der Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 5. Februar 2018 wurde von der Erinnerungsführerin insoweit angegriffen, als die Urkundsbeamtin darin, die dem beigeordneten Rechtsanwalt zustehende Vergütung auf 70,23 EUR statt der beantragten 334,75 EUR festsetzte, indem sie nicht ausgehend von einem Gegenstandswert von 2.500,00 EUR den daraus zu berechnenden vollen Betrag für einen Antragsteller festsetzte, sondern ausgehend von einem Gegenstandswert von 5.000,00 EUR den sich daraus errechnenden Betrag auf ein Sechstel kürzte.
Die Urkundsbeamtin des Gerichts hat in ihrem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 5. Februar 2018 ausgehend von einem Gegenstandswert von 5.000,00 EUR die Vergütung zutreffend auf 70,23 EUR (= ein Sechstel von 421,38 EUR) festgesetzt. Auf die im Ergebnis zutreffenden Erwägungen der Urkundsbeamtin im Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 5. Februar 2018 sowie in ihrer Nichtabhilfe vom 1. März 2018 wird Bezug genommen.
Ergänzend ist noch auszuführen:
Die Vergütung des im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Anwalts bestimmt sich nach §§ 2, 13, 45, 48, 49 RVG. Der Umfang des Vergütungsanspruchs bestimmt sich nach dem Beschluss, durch den Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet ist (§ 48 Abs. 1 RVG).
Vorliegend ist im Vergütungsfestsetzungsbeschluss zu Recht ein Gegenstandswert von 5.000,00 EUR zugrunde gelegt worden. Denn nach § 30 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 GVG beträgt der Gegenstandswert im Klageverfahren nach dem Asylgesetz 5.000,00 EUR und im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2.500,00 EUR. Sind mehrere natürliche Personen an demselben Verfahren beteiligt, erhöht sich der Wert für jede weitere Person im Klageverfahren um 1.000,00 EUR und im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes um 500,00 EUR. Dementsprechend waren zutreffend einmal 2.500,00 EUR und 5 x 500,00 EUR anzusetzen, so dass sich der Gegenstandswert für alle sechs Antragsteller auf insgesamt 5.000,00 EUR beläuft.
Das Gericht folgt nicht der gegenteiligen Auffassung, wonach die dem Rechtsanwalt zustehenden Gebühren aus der Staatskasse anhand eines „besonderen Prozesskostenhilfegegenstandswerts“ zu ermitteln wären, also bei einer nur teilweisen Bewilligung der Prozesskostenhilfe – hier nur einem von sechs Antragstellern – nur einen Teil des Gesamtgegenstandswerts heranzuziehen und so zu tun, als ob nur der von der Bewilligung umfasste Teil isoliert geltend gemacht worden wäre (vgl. Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl. 2015, Nr. 3335 VV, Rn. 69 ff.; Hartmann, Kostengesetze, 46. Aufl. 2016, § 48 RVG, Rn. 65). Abweichend von § 30 RVG wäre nach dieser Auffassung für die Bemessung des Vergütungsanspruchs ein Gegenstandswert zu ermitteln der dem Teil, auf den sich die bewilligte Prozesskostenhilfe bezieht, im Verhältnis zum Gegenstandswert des Sofortantrags insgesamt zukommt (so VG Trier, B.v. 2.6.2014 – 6 K 1563/13.TR – juris; VG Köln, B.v. 18.10.2013 – 5 K 1903/12.A – juris; VG Gelsenkirchen, B.v. 22.8.2013 – 10a K 3448/10.A – juris; VG Kassel, B.v. 1.2.2013 – 3 O 1308/12.KS.A – juris; B.v. 2.11.2009 – 7 O 1059/09.KS.A – juris; VG Ansbach, B.v. 28.12.2011 – AN 11 M 11.30558 – juris sowie Jendrusch, Gebührenansprüche des Rechtsanwalts in asylrechtlichen Streitigkeiten, NVwZ 2017, 516; offen gelassen von BayVGH, B.v. 5.4.2017 – 19 C 15.2425 – AGS 2017, 421).
Die vorstehende Rechtsauffassung überzeugt nicht.
Jedenfalls im asylrechtlichen Verfahren ist aufgrund der Spezialvorschrift des § 30 RVG von einem gesetzlich zwingend festgelegten Gegenstandswert auszugehen, der auch für die Vergütungsfestsetzung betreffend einen im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Prozessbevollmächtigten relevant ist. Denn die Festsetzung des Gegenstandswerts selbst ist inhaltlich nicht Gegenstand des Kostenfestsetzungs- und Erinnerungsverfahrens. Eine Festsetzung des Gegenstandswerts im Vergütungsfestsetzungsverfahren oder gar im nachfolgenden Erinnerungsverfahren scheidet nach der gesetzlichen Systematik aus (vgl. schon VG Würzburg, B.v. 24.8.2017 – W 8 M 17.31825 – juris m.w.N. sowie im Ergebnis auch Jendrusch, Gebührenansprüche des Rechtsanwalts in asylrechtlichen Streitigkeiten, NVwZ 2017, 516).
Die Regelung in § 30 RVG soll gerade zu einer Vereinfachung der Rechtslage beitragen, indem nach § 30 Abs. 1 RVG nunmehr für alle asylrechtlichen Klageverfahren einheitlich und unabhängig vom Streitgegenstand stets 5.000,00 EUR (bzw. im Sofortverfahren 2.500,00 EUR) zugrunde gelegt werden, wobei sich dieser Wert bei mehreren Antragstellern für jede weitere Person nach § 30 Abs. 1 Satz 2 RVG um 1.000,00 EUR (bzw. 500,00 EUR) erhöht. Weiter wird nicht mehr differenziert. Ein Ausnahmefall nach § 30 Abs. 2 RVG ist hier nicht zu erkennen. Ausgehend von dieser Regelung ist vorliegend ein Gegenstandswert von insgesamt 5.000,00 EUR anzusetzen, aus dem sich die Gebühren und Auslagen errechnen, welche anschließend in sachgerechter Weise im Verhältnis der erfolgreichen zu den erfolglosen Kopfteile zu ermitteln, hier also zu sechsteln ist, weil von der für insgesamt sechs Personen beantragten Prozesskostenhilfe nur einer Person Prozesskostenhilfe gewährt wurde (vgl. im Ergebnis ebenso OVG Bln-Bbg, B.v. 26.7.2016 – OVG 3 K 40.16 – NVwZ-RR 2017, 73; VG Würzburg, B.v. 5.4.2013 – W 1 M 12.30281 – juris; VG Regensburg, B.v. 21.2.2012 – RN 5 M 12.30005 – juris).
Vorliegend war von einem einheitlichen Gesamtgegenstandswert in Höhe von 5.000,00 EUR auszugehen, weil es sich bei der Konstellation des § 30 Abs. 1 Satz 1 und 2 RVG mit der entsprechenden Erhöhung des Gegenstandswerts je nach Anzahl der beteiligten Personen gleichwohl nur um den Fall des Vorliegens einer Angelegenheit im Sinne von § 7 Abs. 1 RVG handelt, obwohl mehrere Auftraggeber den Auftrag erteilt haben. Liegt nur eine Angelegenheit vor, entstehen die Gebühren auch im Zusammenhang mit der Prozesskostenhilfe nur einmal (Groß, Beratungshilfe/Prozesskostenhilfe/Verfahrenskostenhilfe, § 44 RVG Rn. 71 – zitiert nach juris). Vertritt ein Rechtsanwalt in Prozesskostenhilfeverfahren mehrere Antragsteller, wird aber nur einem davon Prozesskostenhilfe bewilligt, kann er gegen die Staatskasse nur den nach Kopfteilen berechneten Anteil der Gesamtvergütung geltend machen, der ihm – unter Berücksichtigung der aus dem gesamten Gegenstandswert ermittelten erhöhten Gebühr – gegen alle Antragsteller zugestanden hätte, hier ein Sechstel der erhöhten Gesamtgebühr (so explizit Teubel in Mayer/Kroiß, RVG, 7. Aufl. 2018, § 7 Rn. 19).
Auch nach der gesetzlichen Systematik ist von einem – hier nach § 30 RVG vorgegebenen – einheitlichen Streitwert auszugehen. Nach § 48 Abs. 1 RVG bestimmt sich der Umfang des Anspruchs gegen die Staatskasse nach dem Beschluss, durch den Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet ist bzw. auch insoweit die Prozesskostenhilfe in dieser einen Angelegenheit abgelehnt worden ist. Der Beiordnungs- und Bestellungsbeschluss ist bindend für das nachfolgende Vergütungsfestsetzungsverfahren (vgl. Kießling in Mayer/Kroiß, RVG, 7. Aufl. 2018, § 55 Rn. 10, 17 und 51; Groß, Beratungshilfe/Prozesskostenhilfe/Verfahrenskostenhilfe, 14. Aufl. 2018, § 55 RVG Rn. 14 ff. – zitiert nach juris). Auch im Erinnerungsverfahren wird lediglich überprüft, ob der Kostenbeamte ausgehend vom nach § 30 RVG gesetzlich vorgegebenen Streitwert die richtigen Beträge ermittelt hat und ob bestimmte Gebühren angefallen sind oder nicht.
Selbst wenn die vorstehende Lösung zu einem geringeren Vergütungsanspruch für den Rechtsanwalt führt, als nach der Gegenauffassung, bleibt festzuhalten, dass es ausgehend von den eindeutigen Regelungen zum Gegenstandswert in § 30 RVG im Asylverfahren nicht Sache des Urkundsbeamten oder des Gerichts im Erinnerungsverfahren ist sich über das Gesetz hinwegzusetzen. Eventuelle Änderungen bleiben vielmehr dem Gesetzgeber vorbehalten (vgl. auch Jendrusch, Gebührenansprüche des Rechtsanwalts in asylrechtlichen Streitigkeiten, NVwZ 2017, 516). Von der gesetzlichen Regelung kann nicht abgewichen werden, selbst wenn sich die Erinnerungsführerin durch diese Auslegung „bestraft“ fühlt (vgl. auch Jendrusch, Gebührenansprüche des Rechtsanwalts in asylrechtlichen Streitigkeiten, NVwZ 2017, 516).
Selbst wenn der Erinnerungsführerin zuzugestehen ist, dass die Differenz zwischen den unterschiedlichen Berechnungsweisen „immens“ ist und der Rechtsanwalt so nur einen „extrem geringen Teil“ erstattet bekommt, sieht das Gericht keine durchgreifenden „Wertungswidersprüche“ (vgl. dazu Jendrusch, Gebührenansprüche des Rechtsanwalts in asylrechtlichen Streitigkeiten). Vielmehr ist von den gesetzlichen Regelungen in § 30 RVG auszugehen und von der Annahme nur einer Angelegenheit, selbst bei sechs Antragstellern. Erhält von sechs Antragstellern nur einer Prozesskostenhilfe bewilligt und wird fünf Antragstellern die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt, erscheint es dem Gericht nach der vorliegenden Gesetzeslage sachgerecht, die von der Staatskasse zu zahlende Vergütung entsprechend auf ein Sechstel von dem festzusetzen, als wenn allen sechs Antragstellern Prozesskostenhilfe gewährt worden wäre (so auch OVG Bln-Bbg, B.v. 26.7.2016 – OVG 3 K 40.16 – NVwZ-RR 2017, 73). Die Reduzierung um 5/6 ist die Konsequenz aus der bindenden Vorgabe des Prozesskostenhilfebeschlusses, der einem Antragsteller Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Bevollmächtigten gewährte und bei den fünf weiteren Antragstellern dies ausdrücklich ablehnte. Im Übrigen entspricht die vorliegende Lösung auch der Systematik des Kostenrechts bei teilweisem Unterliegen bzw. Obsiegen. Auch in diesem Fall wird kein gesonderter Teilgegenstandswert bzw. -streitwert ermittelt. Vielmehr wird von dem erhöhten Gesamtgegenstandswert bzw. -streitwert ausgegangen und die Gebühr nach Kopfteilen berechnet.
Die vorstehende Lösung ist auch deshalb sachgerecht, weil so die einzelnen sechs Antragsteller – auch im Hinblick auf die Kostenerstattung von der Staatskasse – gleich behandelt werden. Denn andernfalls – und darauf hat die Urkundsbeamtin zu Recht hingewiesen – würde von den Gesamtkosten der größte Teil von der Staatskasse mitgezahlt, obwohl fünf von sechs Antragstellern keine Prozesskostenhilfe bewilligt wurde. Die einzelnen Antragsteller sind untereinander gleichwertig, zumal auch vom Zufall abhängt, welcher von sechs Antragstellern an welcher Stelle genannt wird. Eine Besserstellung soll einer Partei durch die Gewährung von Prozesskostenhilfe – auch in Relation zu seinen Streitgenossen – nicht entstehen.
Nach alledem war die Erinnerung zurückzuweisen.
Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich (Kießling in Mayer/Kroiß, RVG 7. Aufl. 2018, § 56 Rn. 19). Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG). Ebenso bedarf es keiner förmlichen Festsetzung eines Streitwerts (Gegenstandswerts).
Das Gericht weist abschließend darauf hin, dass es davon ausgeht, dass der vorliegende Beschluss aufgrund der Spezialregelung in § 80 AsylG trotz der Bestimmung in § 1 Abs. 3 RVG unanfechtbar ist, obwohl dies strittig ist (wie hier: VGH BW, B.v. 28.2.2017 – A 2 S 271/17 – ESVGH 67, 250; BayVGH, B.v. 22.5.2013 – 8 C 13.30078 – AGS 2013, 290; a. A.: OVG Bln-Bbg, B.v. 26.7.2016 – OVG 3 K 40.16 – NVwZ-RR 2017, 73; offen gelassen: HessVGH, B.v. 16.1.2018 – 4 E 805/17.A – AuAS 2018, 55).