Aktenzeichen W 8 K 18.30255
VwGO § 58 Abs. 1, S. 2, § 60
Leitsatz
1 Die ablehnenden Asylbescheiden beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung ist nicht unrichtig (Anschluss an BayVGH BeckRS 2018, 517 u.a.). (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2 Der Hinweis auf eine hiervon abweichende Rechtsprechung (Verweis auf VGH BW BeckRS 2017, 108121) und die pauschale Aussage, die Rechtsbehelfsbelehrung nicht verstehen können, rechtfertigt keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. (Rn. 14 – 16) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Die Klage, über die nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 84 Abs. 1 VwGO durch Gerichtsbescheid entschieden werden konnte, ist unzulässig.
Die Klage ist unzulässig, weil sie verfristet ist. Die Klage wurde nach Ablauf der zweiwöchigen Klagefrist erhoben, wie der Kläger selbst eingeräumt hat. Dem Kläger war keine Wiedereinsetzung in die Klagefrist zu gewähren.
Denn der mit einer Rechtsbehelfsbelehrung:(auch in iranischer Sprache) versehene Bescheid vom 21. September 2017 wurde dem Kläger laut Postzustellungsurkunde am Montag, 25. September 2017, ordnungsgemäß zugestellt. Die zweiwöchige Klagefrist nach § 74 Abs. 1 Halbsatz 1 AsylG begann gemäß § 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 Fall 1 BGB am 26. September 2017 zu laufen und endete mit Ablauf des Montags, 9. Oktober 2017. Die am 7. Februar 2018 bei Gericht eingegangene Klage wurde nicht fristgemäß erhoben.
Der Kläger kann sich nicht auf die Jahresfrist gemäß § 58 Abs. 2 VwGO berufen. Die Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Bescheids genügt den Anforderungen des § 58 Abs. 1 VwGO. Die Rechtsbehelfsbelehrung:ist weder unrichtig noch irreführend. In der Rechtsbehelfsbelehrung:ist ausdrücklich vermerkt, dass die Klage binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht Würzburg einzureichen ist. Der Hinweis auf die deutsche Sprache ist zutreffend. Nach § 55 VwGO i.V.m. § 184 Satz 1 GVG ist die Gerichtssprache deutsch. Auch die Verwendung des Begriffs „abfassen“ in der deutschen Sprache ist nicht irreführend. Das Gericht folgt der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH, U.v. 10.1.2018 – 13a B 17.31116 – juris; ebenso OVG SH, B.v. 16.11.2017 – 1 LA 68/17 – juris sowie etwa VG Greifswald, U.v. 7.2.2018 – 3 A 1089/17 As HGW – juris; VG Lüneburg, G.v. 23.1.2018 – 3 A 169/16 – juris – jeweils m.w.N. zur Rechtsprechung).
Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand nach § 60 VwGO liegen nicht vor. Nach § 60 Abs. 1 VwGO ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Nach § 60 Abs. 2 Satz 2 VwGO sind die Tatsachen zur Begründung des Antrags bei der Antragstellung oder im Verfahren glaubhaft zu machen. Der Kläger hat indes nicht glaubhaft gemacht, ohne Verschulden verhindert gewesen zu sein, die zweiwöchige Klagefrist einzuhalten. Allein der Hinweis auf die Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg (U.v. 18.4.2017 – A 9 S 333/17 – NVwZ 2017, 1477) und die pauschale Aussage, der Kläger habe die Rechtsbehelfsbelehrung:nicht verstehen können, genügt nicht.
Für das Verschulden ist darauf abzustellen, ob der Kläger diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen hat, die für einen gewissenhaften, seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnehmenden Prozessführenden geboten und nach den Gesamtumständen des Falles zuzumuten ist. Unzureichende Sprachkenntnisse entheben einen Ausländer nicht der Sorgfaltspflicht in der Wahrnehmung seiner Rechte. Wird wie hier einem Ausländer ein ihm unverständlicher Bescheid zugestellt, kann er aber seine Bedeutung so weit erfassen, dass es sich um ein amtliches Schriftstück handeln könnte, so können von ihm im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht zumutbare Anstrengungen verlangt werden, sich innerhalb angemessener Frist Gewissheit über den genauen Inhalt des Schriftstücks zu verschaffen. Bei einem Asylbewerber kommt hinzu, dass sein gesamter Aufenthalt auf den Asylbescheid hin orientiert ist. Deshalb ist es ihm zumutbar, dass er sich bei Eingang eines erkennbar amtlichen Schreibens um eine rasche Aufklärung des Inhalts dieses Schreibens sowie eventueller Folgen daraus umgehend und intensiv bemüht (vgl. BVerfG, B.v. 2.6.1992 – 2 BvR 1401/91 – BVerfGE 86, 280; B.v. 19.4.1995 – 2 BvR 2295/94 – NVwZ-RR 1996, 120).
Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger seine Sorgfaltspflicht nicht in der gebotenen Weise beachtet. Die Rechtsbehelfsbelehrung:war ihm auch in seiner Heimatsprache ausgehändigt worden. Dort war eindeutig formuliert, dass der Kläger innerhalb von zwei Wochen Klage beim Verwaltungsgericht Würzburg zu erheben hat. Inwiefern der Kläger gleichwohl infolge der Rechtsbehelfsbelehrung:davon abgehalten worden sein sollte, innerhalb der zwei Wochen Klage zu erheben, wurde weder substanziiert vorgebracht, noch ist dies dem Gericht sonst ersichtlich (vgl. auch OVG SH, B.v. 16.11.2017 – 1 LA 68/17 – juris). Der Kläger hat nichts vorgetragen und glaubhaft gemacht, was die Versäumung der Klagefrist als unverschuldet erscheinen lässt. Der bloße Verweis auf die gegenläufige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg reicht für sich nicht. Der Kläger hat insofern keine Einzelheiten vorgebracht, die eine gegenteilige Beurteilung in seinem Einzelfall zu seinen Gunsten rechtfertigen könnten. Insbesondere ist nicht ersichtlich, inwiefern er durch eine konkrete irrige Vorstellung von einer Klageerhebung binnen zwei Wochen abgehalten worden sein könnte. Denn die Rechtsbehelfsbelehrung:entbindet nicht von jeder eigenen Überlegung. Vielmehr hätte sich der Kläger rechtzeitig um weitere Aufklärung bemühen müssen. Ihm ist zuzumuten gegebenenfalls bei sachkundiger Stelle nachzufragen, zumal wie ausgeführt in der Rechtsbehelfsbelehrung:der richtige Weg vorgezeichnet war (vgl. auch VG Greifswald, U.v. 7.2.2018 – 3 A 1089/17 As HGW – juris; VG Lüneburg, G.v. 23.1.2018 – 3 A 169/16 – juris sowie VGH BW, U.v. 23.1.2018 – 8 S 1295/17 – juris).
Darüber hinaus ist nichts ersichtlich, dass der Kläger die zweiwöchige Antragsfrist des § 60 Abs. 2 VwGO, die auch für die Geltendmachung der Wiedereinsetzungsgründe gilt, eingehalten hat, zumal seitens des Klägers trotz gerichtlichen Hinweises auf die Rechtsprechung des bayerische Verwaltungsgerichtshofes im Schreiben vom 14. Februar 2018 binnen zwei Wochen keine weitere Erklärung zu den Wiedereinsetzungsgründen bei Gericht einging.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).