Aktenzeichen M 13 S 18.743
GKG § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2
RDGEG § 3, § 5
GG Art. 5 Abs. 1
StGB § 86a
VereinsG § 9 Abs. 1, Abs. 3, § 14 Abs. 3 S. 1, § 20 Abs. 1 S. 1 Nr. 5
VwGO § 67 Abs. 4 S. 4, S. 7, § 80 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5, § 114, § 154 Abs. 1
Leitsatz
Das öffentliche, im Zusammenhang mit Versammlungen erfolgende Zeigen oder Verteilen von Flaggen/Fahnen, Abzeichen, Transparenten, Schildern, Handzetteln oder sonstigen Gegenständen, die mit dem Abbild Abdullah Öcalans oder mit dem Schriftzug YPG, YPJ, PYD versehen sind, kann auf Grund Art. 15 Abs. 1 BayVersG verboten werden. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,- EUR festgesetzt
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich im einstweiligen Rechtschutzverfahren gegen beschränkende Verfügungen der für den 17. Februar 2018 angezeigten Versammlungen, mit denen den Versammlungsteilnehmern verboten wird, Flaggen/Fahnen, Abzeichen, Transparente, Schilder, Handzettel oder sonstige Gegenstände öffentlich zu zeigen oder zu verteilen, die mit dem Abbild Abdullah Öcalans oder mit dem Schriftzug YPG, YPJ, PYD versehen sind.
Der Antragsteller zeigte als Veranstalter am 25. Oktober 2017, zuletzt geändert am 12. Februar 2018, Veranstaltungen für den 17. Februar 2018 an. Diese sollen bestehen aus einer sich fortbewegenden Versammlung (Auftaktkundgebung am … von 12:30 Uhr bis 14:00 Uhr, Schlusskundgebung am … von 14:30 Uhr bis 17:00 Uhr), einer Menschenkette (vom Karls Platz über die Neuhauser Straße und die … bis zum … von 14:00 Uhr bis ca. 15:00 Uhr) sowie einer stationären Kundgebung mit Info-Point (… … 8 von 12:00 Uhr bis 15:00 Uhr). Als Thema der Versammlung wurde angegeben: „Demonstration gegen die NATO-Kriegstagung in München – gegen Aufrüstung, Kriegspropaganda und Kriegsvorbereitung, gegen Rassismus, Nationalismus, Antisemitismus und Anti-Islam-Hetze – Solidarität mit Flüchtlingen“. Mit E-Mail vom 12. Februar 2018 wurde das Versammlungsthema folgendermaßen erweitert: „Der Angriff der Türkei auf den kurdischen Kanton Afrin in Nordsyrien wird zentraler Bestandteil der Demonstration gegen die NATO-Sicherheitskonferenz sein“. Als Kundgebungsmittel wurden angezeigt: Bühne, Feuerwehrauto, Lautsprecheranlage, Redebeiträge mit Musik, Infostände mit Pavillons, Performance, Trommlergruppe, Musikgruppe, Transparente, Tafeln, Schilder, Fahnen, tragbare Demo-Objekte, Flugblätter, Megaphone, ein fahrbarer Demolautsprecher sowie ca. 100 heliumgefüllte und 100 luftgefüllte Ballons (ca. 30 cm Durchmesser). Mit E-Mail vom 6. Februar 2018 wurden folgende weitere Kundgebungsmittel angezeigt: Fahnen, Transparente und Schilder mit der Forderung „Freiheit für Öcalan“ inkl. der Abbildung Abdullah Öcalans sowie Fahnen, Transparente und Schilder mit Emblemen der syrisch-kurdischen PYD, der YPG und der YPJ. Die Teilnehmerzahl wurde mit ca. 4.000 prognostiziert.
Mit Schreiben vom 30. Januar 2018 und 9. Februar 2018 nahm das Polizeipräsidium … zu den geplanten Versammlungen Stellung.
Im Rahmen des Kooperationsgesprächs vom 12. Februar 2018 führte der Antragsteller unter anderem aus, die Demonstration werde sich für eine Freilassung Abdullah Öcalans einsetzen, der – wie auch seinerzeit Nelson Mandela – als politischer Gefangener inhaftiert sei. Dabei solle auch die Forderung, das PKK-Verbot abzuschaffen, formuliert werden. Mit den Symbolen der PYD, YPG und YPJ solle der völkerrechtswidrige Angriffskrieg der Türkei auf Afrin thematisiert werden. Die PYD, YPG und YPJ würden als Teil der Anti-IS-Koalition kämpfen.
Mit E-Mail vom 13. Februar 2018 wurde der Antragsteller zu den beabsichtigten beschränkenden Verfügungen angehört.
Mit Bescheid vom 15. Februar 2018 erließ die Antragsgegnerin beschränkende Verfügungen für die angezeigten Versammlungen. Unter Ziffer II.6.3. enthält der Bescheid unter der Überschrift „Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“ die nachfolgenden Beschränkungen:
6.3.1 angezeigte Kundgebungsmittel mit der Aufschrift „Freiheit für Öcalan“ inkl. dem Portrait Abdullah Öcalans Die Versammlungsteilnehmer/-innen dürfen keine Flaggen/Fahnen, Abzeichen, Transparente, Schilder, Handzettel oder sonstige Gegenstände öffentlich zeigen oder verteilen, die mit dem Abbild Abdullah Öcalans versehen sind.
6.3.2 angezeigte Kundgebungsmittel mit der Aufschrift YPG, YPJ, PYD Die Versammlungsteilnehmer/-innen dürfen keine Flaggen/Fahnen, Abzeichen, Transparente, Schilder, Handzettel oder sonstige Gegenstände öffentlich zeigen oder verteilen, die mit dem Schriftzug YPG, YPJ, PYD versehen sind.
Die Beschränkungen wurden in den Gründen des Bescheids im Einzelnen begründet. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf den Bescheid verwiesen.
Mit Schreiben seines Bevollmächtigten, bei Gericht eingegangen am 15. Februar 2018, ließ der Antragsteller Klage erheben und zuletzt beantragen, die beschränkenden Verfügungen des Bescheides der Antragsgegnerin vom 15. Februar 2018 unter 6.3 „Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“ aufzuheben. Über die Klage, die unter Aktenzeichen M 13 K 18.742 geführt wird, ist noch nicht entschieden.
Gleichzeitig wird im vorliegenden Verfahren nach § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die angezeigten Kundgebungsmittel seien nicht als Kennzeichen einer verbotenen Vereinigung, hier der PKK, anzusehen. Die meisten Staaten träfen eine klare Unterscheidung hinsichtlich der PYD/YPG/YPJ und der PKK. Während Mitglieder letzterer verfolgt werden würden, würden Mitglieder der ersten drei als Verbündete und heroische Kämpfer gegen den IS unterstützt, mit Waffen beliefert und durch westliche Soldaten ausgebildet. Auch seien am 27. Januar 2018 in Köln YPG-Fahnen nicht als Kennzeichen der PKK angesehen worden. In Bezug auf das Abbild Abdullah Öcalans sei festzuhalten, dass nicht jede Darstellung von Abdullah Öcalan, beispielsweise ein selbstgemaltes Bild mit dem Spruch „Bessere Haftbedingungen für Abdullah Öcalan“, einen Verstoß gegen das Vereinsgesetz begründen könne. Es bedürfe klarer Kriterien, wann eine Abbildung Abdullah Öcalans strafbar sei und wann nicht. So habe das Verwaltungsgericht Berlin in seinem Beschluss vom 22. November 2011 ausgeführt, dass das Zeigen vereinzelter, unkriegerisch gestalteter Bilder Öcalans auf einer Versammlung in beschränktem Umfang eine zulässige Meinungsäußerung wäre und erst in einer Massierung der einheitlichen Fahnen die Schwelle zur verbotenen Werbung für die PKK überschritten sei. Auch habe der Bundesgerichtshof klargestellt, dass ein Verstoß gegen § 86a StGB und damit gegen § 20 VereinsG ausscheide, wenn sich aus der Benutzung des Kennzeichens klar ergebe, dass diese dem Schutzzweck der Norm nicht zuwiderlaufe. Im vorliegenden Fall finde die Thematisierung von PYD/YPG/YPJ nicht auf einer kurdischen Demonstration statt, sondern auf einer seit über 15 Jahren stattfindenden Friedensdemonstration. Die Benutzung dieser Symbole stehe auch nicht im Zusammenhang mit dem Kampf der PKK, sondern beziehe sich auf den völkerrechtswidrigen Krieg der Türkei gegen ebendiese PYD/YPG/YPJ. Sowohl unter den Unterstützern als auch auf der Demonstration würden kurdische Teilnehmer die Minderheit stellen. Dominieren würden, wie jedes Jahr, Friedenslosungen und Fahnen, Themen wie nukleare Abrüstung, der Austritt Deutschlands aus der NATO oder Waffenexporte. Die Solidarisierung mit den angegriffenen Kräften der PYD/YPG/YPJ wie auch die Thematisierung der seit 15 Jahren währenden Haft von Abdullah Öcalan würden als Teil einer Friedensdemonstration wahrgenommen werden. Die Forderung nach der Aufhebung des PKK-Verbots sei in diesem Kontext keine Parteinahme für die PKK, sondern eine Parteinahme für die friedliche Lösung des zum Bürgerkrieg ausgewachsenen Konflikts in der Türkei. In diesem Kontext einer Friedensdemonstration könne ausgeschlossen werden, dass die bloße Verwendung von PYD/YPG/YPJ-Fahnen oder auch die Darstellung Abdullah Öcalans als Kennzeichen für die PKK wahrgenommen würden.
Die Antragsgegnerin beantragt mit Schreiben vom 16. Februar 2018,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, das Zeigen der streitgegenständlichen Kundgebungsmittel stelle einen Verstoß gegen das Vereinsgesetz dar. Der PKK-Bezug sei allein deshalb gegeben, weil sich der Antragsteller, wie er im Kooperationsgespräch mitgeteilt habe, mit seinen Versammlungsthemen auch für die Aufhebung des PKK-Verbotes einsetzen wolle. Zudem würden die Symbole der PYD im Rahmen von angezeigten Versammlungen von den Teilnehmern als Symbole für die PKK verwendet werden. Damit stünden die angezeigten Kundgebungsmittel offensichtlich in Bezug zu der in Deutschland verbotenen PKK. Gerade in letzter Zeit sei auf den durchgeführten Versammlungen erkennbar geworden, dass auch die Fahnen der YPG, PDY und YPJ als Symbole für den Kampf und den Widerstand gegen die Türkei gesehen würden und nicht mehr als Symbole für Organisationen, die das Schreckensregime des IS in Syrien gemeinsam mit westlichen Alliierten bekämpfen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, auch im Verfahren M 13 K 18.742, sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 15. Februar 2018 ist zulässig, aber unbegründet.
Entfaltet ein Rechtsbehelf – wie hier nach § 80 Abs. 2 Nr. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i. V. m. Art. 25 Bayerisches Versammlungsgesetz (BayVersG) – keine aufschiebende Wirkung, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO anordnen, wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Bei der vom Gericht im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zu treffenden Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen, die ein wesentliches, wenn auch nicht das alleinige Indiz für bzw. gegen die Begründetheit des Begehrens im einstweiligen Rechtsschutz sind. Zum Schutz von Versammlungen, die auf einen einmaligen Anlass bezogen sind, ist schon im Eilverfahren durch eine intensivere Prüfung dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der Sofortvollzug der umstrittenen Maßnahme in der Regel zur endgültigen Verhinderung der konkret geplanten Versammlung in der beabsichtigten Form führt (BVerfG, B.v. 20.12.2012 – 1 BvR 2794/10 – NVwZ 2013, 570 Rn. 18). Soweit möglich, ist als Grundlage der gebotenen Interessenabwägung die Rechtmäßigkeit der Maßnahme daher in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht nicht nur summarisch zu prüfen (BVerfG, B.v. 20.12.2012, a.a.O.).
Im vorliegenden Fall ergibt die nach § 80 Abs. 5 VwGO unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten der Klage zu treffende Abwägungsentscheidung, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides überwiegt. Nach summarischer Prüfung ist die streitgegenständliche beschränkende Verfügung in Nummer II.6.3 des Bescheides der Antragsgegnerin vom 15. Februar 2018 rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten, so dass die Klage voraussichtlich erfolglos bleiben wird.
1. Rechtsgrundlage für das in Nummer II.6.3 des streitgegenständlichen Bescheides enthaltene Verbot, Flaggen/Fahnen, Abzeichen, Transparente, Schilder, Handzettel oder sonstige Gegenstände öffentlich zu zeigen oder zu verteilen, die mit dem Abbild Abdullah Öcalans oder mit dem Schriftzug YPG, YPJ, PYD versehen sind, ist Art. 15 Abs. 1 BayVersG. Danach kann die zuständige Behörde eine Versammlung beschränken, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist.
Der Begriff der öffentlichen Sicherheit umfasst den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen des Einzelnen sowie die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen, wobei in der Regel eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit angenommen wird, wenn eine strafbare Verletzung dieser Schutzgüter droht (BVerfG, B.v. 14.5.1985 – 1 BvR 233/81, 1 BvR 341/81 – BVerfGE 69, 315/352). Eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit setzt eine konkrete Sachlage voraus, die bei ungehindertem Geschehensablauf mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Rechts-güter führt (BVerfG, B.v. 21.4.1998 – 1 BvR 2311/94 – NVwZ 1998, 834). Unter Berücksichtigung der Bedeutung der durch Art. 8 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich garantierten Versammlungsfreiheit dürfen bei Erlass beschränkender Verfügungen keine zu geringen Anforderungen an die Gefahrenprognose gestellt werden. Als Grundlage der Gefahrenprognose sind konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte erforderlich; bloße Verdachtsmomente oder Vermutungen reichen hierzu nicht aus (BVerfG, B.v. 14.5.1985 – 1 BvR 233/81, 1 BvR 341/81 – BVerfGE 69, 315/354).
Im vorliegenden Fall ist die Antragsgegnerin aufgrund der ihr im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheides vorliegenden Erkenntnisse zutreffend von einer zu befürchtenden Verletzung der objektiven Rechtsordnung, und zwar von Vorschriften des Vereinsgesetzes ausgegangen.
Gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Vereinsgesetz (VereinsG) ist die Verwendung von Kennzeichen einer der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Vereine oder Parteien oder eines von einem Betätigungsverbot nach § 15 Abs. 1 i. V. m. § 14 Abs. 3 Satz 1 VereinsG betroffenen Vereins in einer Versammlung strafbar. Nach § 9 Abs. 1 VereinsG dürfen Kennzeichen des verbotenen Vereins für die Dauer der Vollziehbarkeit des Verbots nicht mehr öffentlich, in einer Versammlung oder in Schriften, Ton- oder Bildträgern, Abbildungen oder Darstellungen, die verbreitet werden oder zur Verbreitung bestimmt sind, verwendet werden. Dies gilt gemäß § 9 Abs. 3 VereinsG entsprechend für Kennzeichen eines verbotenen Vereins, die in im Wesentlichen gleicher Form von anderen nicht verbotenen Teilorganisationen oder von selbständigen Vereinen verwendet werden. Dabei wird ein Kennzeichen eines verbotenen Vereins insbesondere dann in im Wesentlichen gleicher Form verwendet, wenn bei ähnlichem äußerem Gesamterscheinungsbild das Kennzeichen des verbotenen Vereins oder Teile desselben mit einer anderen Orts- oder Regionalbezeichnung versehen wird. Mit Verfügung des Bundesministers des Innern vom 22. November 1993 (Bundesanzeiger vom 26.11.1993, S. 10313 f.) wurde die Tätigkeit der „Arbeiterpartei Kurdistans“ (PKK) einschließlich deren Teilorganisation „Nationale Befreiungsfront Kurdistans“(ERNK) im Geltungsbereich des Vereinsgesetzes verboten. Das Verbot ist bestandskräftig.
Kennzeichen sind Organisationsmittel, die durch ihren Symbolwert auf den Vereinszweck hinweisen, den Zusammenhalt der Mitglieder stärken und die Vereinigung von anderen Organisationen unterscheiden. Dazu zählen insbesondere Symbole oder Erkennungszeichen, deren sich die erfassten Organisationen bedienen oder bedient haben, um propagandistisch auf ihre politischen Ziele hinzuweisen. Ein Symbol oder Erkennungszeichen erfüllt den Begriff des Kennzeichens i.S. von § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG, wenn es von der Organisation propagandistisch für die Werbung für ihre Ziele eingesetzt und mit ihr identifiziert wird. Das wird in der Regel aufgrund einer häufigeren Verwendung und durch einen eindeutigen sachlichen oder personellen Bezug auf die Organisation eintreten. Ein Kennzeichen ist dadurch geprägt, dass es allgemein und losgelöst von einem einzelnen konkreten Kommunikationszusammenhang als allgemeines Symbol für eine Organisation erkannt und wiedererkannt wird. Auf das Unterbinden dieser Wiedererkennung und damit des Auftretens der Organisation in der Öffentlichkeit zielen die Verbotsnormen des VereinsG. Ob ein Kennzeichen im Sinne des Gesetzes vorliegt, hängt somit von dessen allgemeiner Kenntlichkeit und Zuordnung zu der Vereinigung ab (OVG Bremen, U.v. 25.10.2005 – 1 A 144/05 – juris).
a) Die Antragsgegnerin durfte aufgrund der ihr vorliegenden Erkenntnisse im Zeitpunkt des Bescheidserlasses davon ausgehen, dass das Zeigen oder Verteilen von Kundgebungsmitteln mit dem Abbild Abdullah Öcalans im Rahmen der angemeldeten Versammlung als Verwenden eines Kennzeichens einer verbotenen Vereinigung i. S. d. § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG anzusehen ist.
Grundsätzlich sind auch Bildnisse politischer Persönlichkeiten geeignet, als Kennzeichen für Vereinigungen zu fungieren. Bilder sind Kennzeichen im Sinne des VereinsG, wenn sie die Identifikation mit der Person und der Organisation zum Ziel haben; dies ist in aller Regel der Fall, wenn die Personen in propagandistischer Weise abgebildet sind, die Bilder also eine positive Identifikation anstreben, indem die Person in Führer- oder Heldenpose oder in vergleichbarer Weise dargestellt wird. Sie können diese Funktion insbesondere bei nach dem Führerprinzip organisierten Vereinigungen erlangen, bei denen die Verehrung der Führerpersönlichkeit wesentliche Bedeutung für den inneren Zusammenhalt und die Außendarstellung hat. Das Bildnis zeigt den Betreffenden deshalb regelmäßig in einer Pose oder Situation, die Führereigenschaften symbolisieren soll (OVG Bremen, U.v. 25.10.2005 – 1 A 144/05 – juris).
Auch heute noch ist die Annahme gerechtfertigt, dass Abdullah Öcalan in der öffentlichen Wahrnehmung aufgrund seiner herausgehobenen Stellung selbst die PKK verkörpert und eine besondere Symbolfigur ist, die neben dem „klassischen“ Symbol der PKK als Sinnbild für die Ziele der Vereinigung steht (OVG NW, B.v. 3.11.2017 – 15 B 1371/17 – juris). Etwas anderes kann allenfalls für Meinungsäußerungen gelten, die erkennbar keinen Zusammenhang zum Organisationsbereich der PKK oder deren Wirken aufweisen. Für diese Fallgestaltung könnte auch die Verwendung von Öcalan-Bildern bei Versammlungen im Einzelfall sozialadäquat und damit legal sein. Namentlich bei einer Mahnwache, die ohne Zusammenhang zu PKK-nahen Aktivitäten allein die persönliche Situation des Gefangenen Öcalan zum Gegenstand der öffentlichen Meinungsbildung machen will, wäre es nicht in jedem Fall verboten, Bilder seiner Person zu zeigen (OVG NW, B.v. 3.11.2017 – 15 B 1371/17 – juris). Eine derartige Fallkonstellation liegt hier jedoch nicht vor. Der Antragsteller hat im Rahmen des Kooperationsgesprächs deutlich gemacht, dass sich die Versammlung für eine Freilassung Abdullah Öcalans sowie für eine Abschaffung des PKK-Verbots einsetzen werde. Daraus wird deutlich, dass die Versammlung dezidiert ein allgemeinpolitisches Anliegen verfolgt und nicht lediglich der Mensch Abdullah Öcalan sowie sein persönliches Wohlergehen und seine Haftbedingungen im Vordergrund stehen werden. Aufgrund dessen ist die Annahme der Antragsgegnerin gerechtfertigt, dass Abdullah Öcalan im konkreten Versammlungskontext als Repräsentant der PKK angesehen werden würde, für deren Legalisierung mit dem Zeigen oder Verteilen von Kundgebungsmitteln mit dem Abbild von Abdullah Öcalans eingetreten werden soll.
b) Auch durfte die Antragsgegnerin aufgrund der ihr vorliegenden Erkenntnisse im Zeitpunkt des Bescheidserlasses davon ausgehen, dass das Zeigen oder Verteilen von Kundgebungsmitteln mit dem Schriftzug YPG, YPJ oder PYD als Verwenden eines Kennzeichens einer verbotenen Vereinigung i. S. d. § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG anzusehen ist.
Nach der Einschätzung des Bundesministeriums des Innern (Schreiben vom 29.1.2018) sind die Organisationen Partiya Yekitiya Demokrat (PYD), Yekineyen Parastina Gel (YPG) und die kämpfende Frauen-Einheiten (YPJ) unbeschadet ihrer scheinbaren organisatorischen Selbständigkeit grundsätzlich dem Einflussbereich der PKK zuzuordnen.
Maßgeblich für die Beurteilung, ob das Zeigen dieser Symbole eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, sind der Kontext der Verwendung dieser Symbole sowie Anlass und Ziel der Versammlung (VG Frankfurt a. Main, U.v. 22.8.2017 – 5 K 4403/16 – Pressemitteilung unter beck-online). Im vorliegenden Fall hat der Antragsteller mit der Erweiterung des Versammlungsthemas „Angriff der Türkei auf den kurdischen Kanton Afrin in Nordsyrien“ sowie mit seinen Äußerungen im Rahmen des Kooperationsgesprächs deutlich gemacht, dass sich die Versammlung gegen das Verhalten der Türkei in den kurdischen Gebieten Nordsyriens wenden und sich für eine Abschaffung des PKK-Verbots einsetzen werde. Aufgrund dessen ist die Annahme der Antragsgegnerin gerechtfertigt, dass die YPG, YPJ und PYD im Kontext dieses Versammlungsthemas nicht vorrangig als Teil der Allianz im Kampf gegen den IS wahrgenommen werden würden, sondern – gerade auch in Verbindung mit den angezeigten Kundgebungsmitteln mit dem Abbild Abdullah Öcalans – eher als Ableger der PKK, für deren Legalisierung die Versammlung eintreten will.
c) Auch durfte die Antragsgegnerin auf der Grundlage der ihr vorliegenden Erkenntnisse im Zeitpunkt des Bescheidserlasses von einer unmittelbaren Gefahr für die Integrität der Rechtsordnung ausgehen. Nach der Aussage des Antragstellers im Rahmen des Kooperationsgesprächs besteht weder seitens der Versammlungsteilnehmer die Bereitschaft, auf die streitgegenständlichen Kundgebungsmittel zu verzichten noch seitens des Antragstellers als Veranstalter, entsprechend auf die Versammlungsteilnehmer einzuwirken.
2. Die angegriffene beschränkende Verfügung leidet auch nicht an einem Ermessensfehler i. S. v. § 114 VwGO. Die Antragsgegnerin hat das ihr zustehende Ermessen aus § 15 Abs. 1 BayVersG erkannt und die streitgegenständliche Beschränkung als mildestes Mittel gegenüber einem Versammlungsverbot gewählt. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden. Das Verbot von Kundgebungsmitteln, die mit dem Abbild Abdullah Öcalans oder mit dem Schriftzug YPG, YPJ, PYD versehen sind, ist geeignet, Verstöße gegen § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG zu unterbinden, indem es entweder die Versammlungsteilnehmer davon abhält, verbotene Kundgebungsmittel mitzubringen oder zumindest den eingesetzten Polizeibeamten die Unterbindung der verbotenen Kundgebungsmittel erleichtert, so dass rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Mangels eines milderen Mittels ist die Beschränkung erforderlich. Die Beschränkung ist auch angemessen. Es ist dem Antragsteller zumutbar, sein Anliegen auf eine Art und Weise vorzubringen, die nicht gegen Strafgesetze verstößt. Auch stellt die beschränkende Verfügung keinen Verstoß gegen Grundrechte dar. Soweit Beschränkungen einer Versammlung mit deren Inhalt begründet werden, ist die besondere Gewährleistung der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz (GG) zu berücksichtigen. Der Inhalt von Meinungsäußerungen, der im Rahmen des Art. 5 Abs. 1 GG nicht unterbunden werden darf, kann nicht zur Rechtfertigung von Maßnahmen herangezogen werden, die das Grundrecht des Art. 8 Abs. 1 GG beschränken. Die verfassungsrechtlichen Grenzen der Inhalte einer auf einer Versammlung geäußerten Meinung richten sich demnach nicht nach Art. 8 Abs. 2 GG, sondern nach Art. 5 Abs. 2 GG. Das Recht auf freie Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 findet seine Schranken gemäß Art. 5 Abs. 2 GG in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze. Um ein solches allgemeines Gesetz handelt es sich bei § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 VereinsG.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) i. V. m. den Nummern 45.4 und 1.5 des Streitwertkatalogs.