Aktenzeichen 5 C 17.2577
GKG § 52, § 68 Abs. 1
Leitsatz
1 Bei einer zu niedrigen Streitwertfestsetzung ist regelmäßig nur der Prozessbevollmächtigte des Verfahrensbeteiligten beschwert, der dann aus eigenem Recht gemäß § 32 Abs. 2 S. 1 RVG Beschwerde führen kann. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
2 Liegt kein wirtschaftlich motivierter Widerrufsanspruch vor, sondern steht ein nicht bezifferbares ideelles Interesse an dem Widerruf einer Äußerung in Rede, erscheint die Festsetzung des Auffangstreitwerts angemessen. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
M 16 K 16.3282 2017-06-27 Bes VGMUENCHEN VG München
Tenor
Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 27. Juni 2017 wird der Streitwert für das Verfahren M 16 K 16.3282 auf 5.000 Euro festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Streitwertbeschwerde richtet sich gegen Nr. 3 des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 27. Juni 2017. Dem Beschluss lag eine Klage auf Widerruf einer Äußerung des Beklagten zugrunde, die dieser in seiner Eigenschaft als beauftragter Vermittler der Rechtsanwaltskammer München in einer Stellungnahme zu einem Petitionsverfahren vor dem Bayerischen Landtag abgegeben hat. Nachdem die Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht die Klage zurückgenommen hatten, stellte die Kammer das Verfahren ein, erlegt den Klägerinnen die Verfahrenskosten auf und setzte den Streitwert auf 2.000 Euro fest. Zur Begründung wies das Gericht darauf hin, es habe sich bei der Bemessung an dem Streitwert orientiert, den das Amtsgericht vor der Verweisung des Rechtsstreits an das Verwaltungsgericht festgesetzt hatte.
Gegen die Streitwertfestsetzung hat die Bevollmächtigte des Beklagten Beschwerde erhoben und beantragt, den Streitwert auf 8.553,50 Euro, hilfsweise auf 5.000 Euro festzusetzen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der dem begehrten Widerruf zugrunde liegende Sachverhalt eine offene Forderung über 8.543,50 Euro betroffen habe; sollten diese Anhaltspunkte für die Bestimmung des Streitwerts nicht ausreichend sein, sei zumindest der Auffangwert festzusetzen. Die Klägerinnen hatten Gelegenheit, sich zu der Beschwerde zu äußern.
II.
Die Streitwertbeschwerde ist zulässig und hat in ihrem Hilfsantrag Erfolg.
1. Die Beschwerde ist, auch wenn sie nicht ausdrücklich als solche bezeichnet wurde, als eine von der Prozessbevollmächtigten des Beklagten im eigenen Namen erhobene Streitwertbeschwerde anzusehen. Hierfür sprechen sowohl die im Beschwerdeschriftsatz verwendete Formulierung („erhebe ich … Beschwerde“) als auch der Umstand, dass eine namens des Beklagten eingelegte Beschwerde mit dem Ziel einer Erhöhung des Streitwerts mangels Beschwer des Beklagten unzulässig wäre. Bei einer zu niedrigen Streitwertfestsetzung ist regelmäßig nur der Prozessbevollmächtigte des Verfahrensbeteiligten beschwert, der dann aus eigenem Recht gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG Beschwerde führen kann (BayVGH, B.v. 7.5.2014 – 4 C 14.779 – BayVBl 2014, 704 m.w.N.).
Die so verstandene Streitwertbeschwerde der Prozessbevollmächtigten des Beklagten ist nach § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. § 68 Abs. 1 GKG zulässig. Insbesondere übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstands, der sich bei den aus eigenem Recht eingelegten Beschwerden von Rechtsanwälten aus der Differenz zwischen der bisherigen und der nach der Beschwerdebegründung zustehenden Vergütung ergibt (vgl. BayVGH, B.v. 5.5.2015 – 11 C 15.514 – juris Rn. 3), die in § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG festgelegte Wertgrenze von 200 Euro. Dies gilt sowohl hinsichtlich der mit dem Hauptantrag als auch bezüglich der mit dem Hilfsantrag geltend gemachten Vergütungsdifferenz.
2. Die Beschwerde hat zwar nicht im Hauptantrag, aber im Hilfsantrag Erfolg.
In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist gemäß § 52 Abs. 1 GKG der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist nach § 52 Abs. 2 GKG der Auffangwert von 5.000 Euro anzunehmen. Für eine Bemessung des Streitwerts nach Ermessen im Sinn des § 52 Abs. 1 GKG fehlen hier genügende Anhaltspunkte; insbesondere ist die von der Prozessbevollmächtigten des Beklagten in erster Linie begehrte Erhöhung des Streitwerts auf 8.543,50 Euro nicht veranlasst. Streitgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist nicht die Honorarforderung selbst, sondern der Widerruf einer damit nur mittelbar zusammenhängenden Äußerung, die im Rahmen eines Petitionsverfahrens vor dem Bayerischen Landtag abgegeben wurde. Da somit kein wirtschaftlich motivierter Widerrufsanspruch vorliegt, sondern ein nicht bezifferbares ideelles Interesse an dem Widerruf der Äußerung in Rede steht (vgl. BayVGH, B.v. 1.6.2012 – 4 C 12.374 – juris Rn. 3 m.w.N.), erscheint die Festsetzung des Auffangstreitwerts angemessen. Für die vom Verwaltungsgericht angenommene Orientierung an der Streitwertfestsetzung des Amtsgerichts, die sich nicht nach § 52 GKG richtet, besteht keine Veranlassung.
3. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).