Aktenzeichen M 15 M 17.49224
VV-RVG Nr. 7000, Nr. 7002
Leitsatz
Eine Behörde kann gem. § 162 Abs. 2 S. 3 VwGO den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale nur an Stelle ihrer tatsächlich notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen fordern. Solche Aufwendungen fallen nicht an, wenn sie sich im Asylklageverfahren nicht äußert. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Erinnerung wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte und Erinnerungsführerin trägt die Kosten des Erinnerungsverfahrens.
Gründe
I.
Mit Urteil vom 14. September 2017 (M 21 K 17.44186) erging eine Kostenentscheidung, wonach die Parteien die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte tragen.
Auf den Kostenfestsetzungsantrag der Bevollmächtigten der Klägerin vom 3. Oktober 2017 hin forderte die Kostenbeamtin die Beklagte zur Bekanntgabe etwaiger Einwände auf und dazu, ihre außergerichtlichen Parteiaufwendungen zum Zwecke des Kostenausgleichs einzureichen.
Mit Schreiben vom 4. Oktober 2017 beantragte die Beklagte, Prozessaufwendungen im Rahmen des Kostenausgleichs zu berücksichtigen und machte Postauslagen entsprechend § 162 Abs. 2 Satz 3 VwGO in Höhe von … EUR geltend.
Mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 13. Oktober 2017 (dem Bundesamt zugestellt am 19.10.2017) wurden die von der Beklagten im Kostenausgleich gemäß § 106 ZPO an den Kläger zu erstattenden notwendigen Aufwendungen auf … EUR festgesetzt.
Die von der Beklagten geltend gemachten Kosten für Postauslagen wurden nicht berücksichtigt und zur Begründung ausgeführt, § 162 Abs. 2 Satz 3 VwGO setze voraus, dass tatsächliche notwendige Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen gefordert werden. Solche Kosten müssten tatsächlich entstanden sein, gleichgültig in welcher Höhe. In der Gerichtsakte sei weder ein Schreiben der Beklagten noch ein Hinweis auf Post- und Telekommunikationsdienstleistungen enthalten, die Akte sei auf elektronischem Weg übersandt worden und ein Entstehen entsprechender Kosten sei von der Beklagten in ihrem Kostenfestsetzungsantrag nicht begründet worden.
Mit dem am 27. Oktober 2017 bei Gericht eingegangenen Schreiben beantragte die Beklagte die Entscheidung des Gerichts.
Zur Begründung wurde ausgeführt, die Pauschale, auf die § 162 Abs. 2 Satz 3 VwGO verweise, erfordere keine Überprüfung des konkreten Aufwandes. Der Beklagten seien außergerichtliche Kosten entstanden, ein Einzelnachweis sei nicht erforderlich. Zudem seien auch die Schriftsätze im Kostenfestsetzungsverfahren zu berücksichtigen, die postalisch übermittelt worden seien.
Die Kostenbeamtin half dem Antrag nicht ab und legte ihn mit Schreiben vom 2. November 2017 dem Gericht zur Entscheidung vor. Sie hält an der Auffassung fest, die geltend gemachte Pauschale erfordere, dass tatsächliche Auslagen entstanden seien. Ein Schriftsatz im Kostenfestsetzungsverfahren könne nicht berücksichtigt werden.
Die Klägerin hat sich zur Erinnerung nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in diesem und im Verfahren M 21 K 17.44186 verwiesen.
II.
Die Kostenerinnerung ist zulässig, insbesondere wurde sie innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Kostenfestsetzungsbeschlusses erhoben (§§ 165, 151 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
Sie ist jedoch nicht begründet. Die Urkundsbeamtin hat die Festsetzung der Pauschale für Post- und Telekommunikationsleistungen i.H.v. … EUR zu Recht abgelehnt.
Ein Anspruch des Bundesamts aus Nr. 7002 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) ergibt sich insoweit nicht. Nach § 162 Abs. 2 Satz 3 VwGO können Behörden den Höchstsatz der Pauschale nur „an Stelle ihrer tatsächlich notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen“ fordern. Auch nach Nr. 7002 Abs. 1 VV RVG besteht der Anspruch auf die erhöhte Pauschale nur „an Stelle der tatsächlichen Auslagen nach Nummer 7001“. Das Bundesamt hatte aber mangels Äußerung im Asylklageverfahren keine Aufwendungen oder Auslagen. Zum Prozessverfahren (Erkenntnisverfahren) sind Nebenverfahren, wie das vorliegende Erinnerungsverfahren, nicht zuzurechnen. Aber auch nach Abschluss des Prozessverfahrens im Zusammenhang mit der notwendigerweise zu erfolgenden Abwicklung der Kostenerstattung anfallende Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen sind keine solchen zur Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung.
Auch eine Gebühr nach Nr. 7000 Nr. 2 VV RVG kann nicht geltend gemacht werden, weil juristische Personen des öffentlichen Rechts diese Pauschale nicht geltend machen können (vgl. § 1 RVG; SG Fulda, B.v. 4.4.2016 – S 4 SF 45/15 E – juris Rn. 18). Die Erstattungsmöglichkeit des § 162 Abs. 2 Satz 3 VwGO stellt eine Ausnahme von dem Grundsatz dar, dass bei Behörden die Kosten der Prozessführung generell nicht erstattet werden (Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 162 Rn. 3).
Die Entscheidung über die Kostentragung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83b AsylG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.