Aktenzeichen M 7 E 18.68
VwGO § 40 Abs. 1 S. 1
GG Art. 21 Abs. 1 S. 3, Art. 38 Abs. 1
Leitsatz
1 Macht ein Antragsteller in seiner Eigenschaft als Wähler der Abgeordneten des Deutschen Bundestages geltend, dass durch den bevorstehenden Mitgliederentscheid die Bundestagsabgeordneten einer Partei inhaltlich an dessen Ergebnis gebunden werden und nicht mehr als Vertreter des ganzen Volkes frei und ohne Bindung an Aufträge und Weisungen handeln können, handelt es sich um eine Streitigkeit verfassungsrechtlicher Art, da das Rechtsverhältnis entscheidend vom Verfassungsrecht geprägt wird. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2 Nach dem Kriterium der doppelten Verfassungsunmittelbarkeit muss nicht nur materielles Verfassungsrecht inmitten des Rechtsstreits stehen, sondern an diesem müssen auch Verfassungsorgane oder ähnliche Streitsubjekte beteiligt sein. Zu den Verfassungsrechtssubjekten in diesem Sinn zählen auch alle anderen am Verfassungsleben beteiligte Stellen wie zB Parteien. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Antrag wird als unzulässig abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes das Verbot der Ankündigung bzw. Durchführung einer Abstimmung der SPD-Parteimitglieder über eine Vereinbarung, der im Bundestag/19. Legislaturperiode vertretenen Parteien über eine Regierungsbildung in Deutschland.
Der Antragsteller ist wahlberechtigter deutscher Staatsbürger und hat als solcher an der Bundestagswahl 2017 am 24. September 2017 teilgenommen. Die Antragsgegnerin zu 2. ist politische Partei i.S.d. Parteiengesetzes – PartG. Die Antragsgegnerin zu 1. ist der Landesverband der Antragsgegnerin zu 2. in Bayern. Der Antragsteller selbst ist dabei kein Mitglied der Antragsgegnerinnen.
Die Antragsgegnerin zu 2. verkündete am Abend des 24. September 2017 nach Schließung der Wahllokale das Ausscheiden aus der Bundesregierung für die nächsten vier Jahre. Nachdem die anschließenden Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen scheiterten, forderte der Bundespräsident die im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien auf, auf Grundlage der Ergebnisse der Wahl in Gesprächen zu klären, auf welchem Weg in dieser Situation eine Regierungsbildung möglich sei. Daraufhin kündigte die Antragsgegnerin zu 2. auf ihrem ordentlichen Bundesparteitag vom 7. – 9. Dezember 2017 Gespräche mit der CDU/CSU an. Inhalt der Gespräche sollte sein, ob und in welcher Form die Antragsgegnerin zu 2. eine neue Bundesregierung mittragen könne. Der Vorstand der Antragsgegnerin zu 2. werde nach Abschluss dieser Gespräche das Ergebnis der Gespräche auswerten und eine Empfehlung für das weitere Vorgehen abgeben. Sollte sich der Vorstand dabei für die Tolerierung einer Minderheitsregierung, für eine andere Form der Kooperation oder für die Bildung einer Regierungskoalition aussprechen, werde ein außerordentlicher Bundesparteitag über die Aufnahme von Verhandlungen entscheiden. Für den Fall, dass es zu vertraglichen Vereinbarungen mit anderen Parteien komme, hätten die Mitglieder im Hinblick auf das Gesamtergebnis das letzte Wort im Rahmen eines Mitgliedervotums.
Mit Beschluss vom 20. Dezember 2017 hat der Vorstand der Antragsgegnerin zu 2. einen außerordentlichen Bundesparteitag am 21. Januar 2018 in Bonn einberufen.
Mit Schriftsatz vom 2. Januar 2018, eingegangen bei Gericht am 3. Januar 2018, hat der Antragsteller Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt.
Der Antragsteller trägt vor, es sei erheblich wahrscheinlich, dass die Mitgliederbefragung gemäß der Beschlusslage der Antragsgegnerinnen auf dem außerordentlichen Parteitag am 21. Januar 2018 konkret „nötig“ werde, da die Vor-Verhandlungen bis dahin nicht zu dem Ergebnis geführt haben werden, nunmehr keinerlei Absprachen zwischen den bisherigen „GroKo-Parteien“ vorzusehen. Dies sei faktisch deutlich zu erwarten, da schon laut Bundespräsident Steinmeier staatsrechtlich geboten sei, dass die Antragsgegnerin zu 2. und CDU/CSU zu irgendeiner Übereinkunft kämen. Darüber hinaus gebe es genügend Spitzen (- Funktionsträger) der Antragsgegnerinnen, die einer (wenigstens irgendeine Regierungsbildung) stützenden Vorgehensweise nahe stünden, da diese gern (wieder) Funktionsträger (Minister etc.) werden wollten. Der Antragsteller ist der Auffassung, die für direkt nach der Beratung im Vorstand der Antragsgegnerin zu 2. und nach dem Sonderparteitag vom 21. Januar 2018 angekündigte Mitgliederbefragung widerspreche Art. 38 Grundgesetz – GG. Diese greife in die objektive Ordnung im Grundgesetz sowie in versubjektivierte Rechtspositionen eines jeden Wählers der Bundestagswahl ein. Die aus Art. 38 GG folgende subjektive Rechtsposition schütze nicht nur gegen finale, offenkundige, direkte Angriffe, sondern gewähre auch Schutz gegen mittelbare, eine Rechtsposition schwächendes Handeln. So folge aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG das Recht auf gleiche Teilhabe am Prozess der parlamentarischen Willensbildung. In dem die Antragsgegnerin zu 2. beabsichtige, eine etwaige sich ergebende Vereinbarung mit einer im Bundestag vertretenen Partei von der Absegnung/ Billigung durch einen Mitgliederentscheid abhängig zu machen sowie durch § 5 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 des Parteistatuts 2014, demnach die Mitglieder der Antragsgegnerin zu 2. die Ziele der Partei zu unterstützen haben, werde gegenüber den Mandatsträgern der Bundestagsfraktion der Antragsgegnerin zu 2. bewusst und gewollt Druck ausgeübt, sich dem wie auch immer sich herausbildenden Mitgliederentscheidungs-Ergebnis durch eigene Stimmabgabe im Plenum des Deutschen Bundestages zu beugen. Es sei daher keine durchgreifende Unterscheidung zwischen dem Entscheid der Mitglieder der Antragsgegnerinnen über einen möglichen Koalitionsvertrag und der individuellen Entscheidung der Abgeordneten der Antragsgegnerin zu 2. im Hinblick auf die folgende Kanzlerwahl im Bundestag möglich. Die Kreations- und Repräsentations-Funktion des Bundestages im Kernbereich des Staatslebens werde durch eine Meinungsbildung außerhalb des Bundestages ausgeschaltet. Die Aufgabe und zugleich Zuständigkeit für die „Regierungsbildung“ durch Kanzlerwahl mit dazu nach Staatspraxis real grundlegender Einigung zu Sachthemen obliege gerade und nur dem Plenum des Deutschen Bundestages. Das Satzungsrecht einer politischen Partei gebe keine Grundlage dafür, von den Aufgaben des Grundgesetzes für das Plenum abzuweichen. Durch den Mitgliederentscheid werde das Parlamentsplenum „kaltgestelt“ und faktisch entmachtet. Es werde Parteienstaatlichkeit über parlamentarischer Demokratie angesiedelt. Der Wahlbürger erwerbe mit seinem subjektiv-öffentlichen Wahlrecht zur Teilnahme an der Bundestagswahl jedenfalls per Wahl-Teilnahme durch den repräsentativen Charakter des Grundgesetzes einen Anspruch, dass im Verfassungsorgan Bundestag nicht deshalb in-effektiv vorgegangen werde, weil „sonstige Mehrheitsebenen“ abgewartet würden. Dies sei vom Grundgesetz nicht gewollt und nicht zugelassen und daher nicht hinnehmbar. Hierdurch werde die Wahrung der Gleichheit und Freiheit der Wahlbürger und ihrer sämtlichen Vertreter im Plenum Bundestag mittelbar und absichtlich verletzt. Es handle sich dabei um eine öffentlich – rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art, so dass der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – eröffnet sei. Insbesondere sei die Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art, da § 40 VwGO und § 90 Bundesverfassungsgerichtsgesetz – BVerfGG – in praktischer Konkordanz nachvollzogen werden müssten, so dass es ersichtlich widersinnig und normierungslagefeindlich wäre, diese in einem zueinander unvereinbaren Sinne auszulegen. Jedenfalls fehle es an der Anforderung der doppelten Verfassungsunmittelbarkeit. Weder die Antragsgegnerinnen noch der Antragsteller seien Verfassungsorgane. Weiterhin reiche alleine die Erwägung, dass verfassungsrechtliche Fragen ggf. letztlich mit-ausschlaggebend sein könnten, nicht für die Annahme einer verfassungsrechtlichen, und dann den Weg zu den Verwaltungsgerichten ausschließenden Streitigkeit aus.
Der Antragsteller beantragt,
I. Den Antragsgegnerinnen zu 1. und 2. wird gemäß § 167 VwGO in Verbindung mit § 890 ZPO bei Meidung von zugleich angedrohten Ordnungsmitteln gemäß Ziffer II. verboten, hinsichtlich einer erst noch auszuverhandelnden und/ oder künftig ausverhandelten Vereinbarung von im Bundestag/19. Legislaturperiode vertretenen Parteien über eine Regierungsbildung in Deutschland eine Abstimmung von Mitgliedern der Antragsgegnerin zu 1. und/ oder zu 2.
I.1 anzukündigen und/ oder ankündigen zu lassen und/ oder
I.2 durchführen und/ oder durchführen zu lassen.
II. Hilfsantrag zu I.
Den Antragsgegnerinnen zu 1. und 2. wird gemäß § 167 VwGO in Verbindung mit § 890 ZPO bei Meidung von zugleich angedrohten Ordnungsmitteln gemäß Ziffer II. verboten, hinsichtlich einer erst noch auszuverhandelnden und/ oder künftig ausverhandelten Vereinbarung von im Bundestag/ 19. Legislaturperiode vertretenen Parteien über eine Regierungsbildung in Deutschland eine Abstimmung von Mitgliedern der Antragsgegnerin zu 1. und/ oder zu 2. im Gebiet von Bayern
I.1 anzukündigen und/ oder ankündigen zu lassen und/ oder
I.2 durchführen und/ oder durchführen zu lassen.
III. Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer I. wird den Antragsgegnerinnen (zu 1. und/ oder 2.) ein Ordnungsgeld bis zu Euro zweihundertfünfzigtausend, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft zu vollziehen an dem Generalsekretär der Antragsgegnerin zu 1. bzw. zu vollziehen am Generalsekretär der Antragsgegnerin zu 2., angedroht.
Die Antragsgegnerinnen beantragen,
die Anträge des Antragstellers als unzulässig zurückzuweisen;
hilfsweise: die Anträge als unbegründet zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerinnen tragen vor, die Anträge seien bereits unzulässig. Der Verwaltungsrechtsweg sei nicht eröffnet, da es sich nicht um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art handle. Die Antragsgegnerin zu 2. sei eine politische Partei, die Antragsgegnerin zu 1. deren Gebietsverband in Bayern. Sie seien daher nicht Teil des Staates. Mit der Durchführung einer Abstimmung über den Koalitionsvertrag unter ihren Mitgliedern erfülle die Antragsgegnerin zu 2. ihre Aufgabe als politische Partei im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 PartG, übe allerdings nicht zugleich auch öffentliche Gewalt aus. Die Durchführung der Mitgliederbefragung stelle daher kein hoheitliches Handeln dar. Des Weiteren plane die Antragsgegnerin zu 1. keine Befragung ihrer Mitglieder, so dass es diesbezüglich an der Passivlegitimation mangle. Schließlich fehle dem Antragsteller das Rechtsschutzbedürfnis. Dieser berufe sich auf Art. 21 und 38 GG. Diese beschäftigten sich mit den politischen Parteien und den Rechten der Abgeordneten des Bundestages sowie der Wahlberechtigten. Der Antragsteller sei jedoch weder Mitglied der Antragsgegnerinnen noch gewähltes Mitglied des Bundestages. Als schlichter Wahlberechtigter werde er durch die Mitgliederbefragung nicht in seinen Rechten tangiert. Dieser habe von seinem Wahlrecht Gebrauch machen können. Des Weiteren würden über das Zustandekommen eines Koalitionsvertrages die beteiligten Parteien entscheiden und nicht die entsprechend im Bundestag tätigen Fraktionen und deren Mitglieder. Darüber hinaus sei der Antrag unbegründet. Die verfassungsmäßig garantierten Rechte der Bundestagsabgeordneten sowie der Wählerinnen und Wähler aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG würden durch eine Mitgliederbefragung über den Koalitionsvertrag weder verletzt noch eingeschränkt. In dem auszuhandelnden Koalitionsvertrag würden die Parteien SPD, CDU und CSU die Billigung einer Regierung sowie ein konkretes Regierungsprogramm vereinbaren. Nach § 1 Abs. 2 ParteiG sei es Aufgabe der politischen Parteien, die politische Entwicklung in Parlament und Regierung zu beeinflussen. Verfassungsrechtliche Grenze sei immer die Garantie des freien Mandats nach Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG. Mit der innerparteilichen Beschlussfassung werde ein Koalitionsvertrag lediglich durch die Partei bestätigt. Auf Grund der, durch das Grundgesetz vorgegebenen, eingeschränkten Bindungswirkung eines solchen Koalitionsvertrages bestehe kein Anlass zu der Befürchtung, dass Art. 38 GG und die verfassungsmäßig garantierten Rechte der Abgeordneten bzw. der Wählerinnen und Wähler hieraus in irgendeiner Weise verletzt sein könnten. Denn der Koalitionsvertrag habe insoweit keinen unmittelbaren Bezug zur Stellung und zu den Rechten und Pflichten der Bundestagsabgeordneten.
Der Antragsteller erwiderte hierauf mit Schriftsatz vom 16. Januar 2017.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat keine Aussicht auf Erfolg, da er bereits unzulässig ist. Die Unzulässigkeit des Antrags folgt dabei daraus, dass der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet ist.
Der Verwaltungsrechtsweg ist gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben. Vorliegend handelt es sich jedoch um eine Streitigkeit verfassungsrechtlicher Art. Zwar sind nicht alle Streitigkeiten, für deren Entscheidung die Anwendung von Vorschriften des Bundes- oder Landesverfassungsrechts in Betracht kommt, verfassungsrechtliche Streitigkeiten (Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 40, Rn. 32). Denn bei fast jeder Streitigkeit mit staatlicher Beteiligung wird auch über Verfassungsrechtssätze gestritten. Hierbei ist insbesondere zu beachten, dass nach § 90 Abs. 2 Bundesverfassungsgerichtsgesetz – BVerfGG – die Verfassungsbeschwerde prinzipiell erst nach Erschöpfung des Rechtswegs erhoben werden kann (vgl. BayVGH, U.v. 17.12.2012 – 10 BV 09.2641 – juris Rn. 55). Damit ist grundsätzlich eine enge Auslegung des in Rechtsprechung und Lehre nicht eindeutig abgegrenzten Begriffs der verfassungsrechtlichen Streitigkeit geboten (vgl. BayVGH, U.v. 17.12.2012, a.a.O.). Dennoch handelt es sich vorliegend um eine Streitigkeit verfassungsrechtlicher Art. Denn maßgeblich für die Beurteilung, ob eine Streitigkeit verfassungsrechtlicher Art ist, ist ob das Rechtsverhältnis entscheidend vom Verfassungsrecht geprägt wird bzw. ob die Auslegung und Anwendung verfassungsrechtlicher Normen den eigentlichen Kern des Rechtsstreits bildet) (BVerwG U.v. 3.11.1988 – 7 C 115.86 – juris Rn. 12; BVerwG, B.v. 6.6.1997 – 4 A 21/96 – juris Rn. 31; Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 40 Rn. 20). Dies ist hier gegeben.
Das Rechtsverhältnis ist vorliegend entscheidend von Art. 38 Abs. 1 Grundgesetz – GG –, Art. 21 Abs. 1 Satz 3 GG und dem Verhältnis der beiden Normen zueinander geprägt. Der Antragsteller macht in seiner Eigenschaft als Wähler der Abgeordneten des Deutschen Bundestages geltend, dass durch den bevorstehenden Mitgliederentscheid die Bundestagsabgeordneten der Antragsgegnerin zu 1. inhaltlich an dessen Ergebnis gebunden werden. Diese könnten aufgrund dessen nicht mehr als Vertreter des ganzen Volkes frei und ohne Bindung an Aufträge und Weisungen handeln. Sie könnten daher auch nicht in freier und unbeeinflusster Weise an der parlamentarischen Willensbildung und dabei insbesondere nicht in freier und unbeeinflusster Weise an der Ausübung der dem Deutschen Bundestag obliegenden Kreationsfunktion, gerade im Hinblick auf die Kanzlerwahl, teilnehmen. Somit sei das von der Antragsgegnerin zu 2. beabsichtigte Mitgliedervotum final darauf ausgelegt, in den Bereich der parlamentarischen Willensbildung einzuwirken und ziele daher auf eine Verletzung der aus Art. 38 Abs. 1 GG folgenden Rechte. Der Antragsteller macht eine Verletzung des aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG folgenden Grundsatzes des freien Mandats durch das Mitgliedervotum der Antragsgegnerin zu 2. geltend. Es geht damit im Kern des Verfahrens um den Inhalt und die Reichweite von Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG und dabei insbesondere um den Grundsatz des freien Mandats. Dabei geht es um die Frage, ob die der parlamentarischen Willensbildung vorgelagerte Mitgliederentscheidung der Antragsgegnerin zu 2. mit dem aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG folgenden Grundsatz des freien Mandats vereinbar ist, oder ob die Abgeordneten der Antragsgegnerinnen dadurch in unzulässiger Weise in diesem beschränkt werden.
Damit ist zugleich die innere Ordnung der Antragsgegnerin zu 2. und damit die aus Art. 21 Abs. 1 Satz 3 GG folgende Organisationsfreiheit der Antragsgegnerin zu 2. betroffen. Denn in Frage steht, ob das parteiinterne Mitgliedervotum von der aus Art. 21 Abs. 1 Satz 3 GG folgenden Organisationsfreiheit einer Partei gedeckt ist. Mithin stehen damit auch der Inhalt und die Reichweite der aus Art. 21 Abs. 1 Satz 3 GG folgenden Organisationsfreiheit der Antragsgegnerin zu 2. im Kern des Verfahrens. Zudem ist dabei auch das Verhältnis von Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG zu Art. 21 Abs. 1 Satz 3 GG betroffen. Denn fraglich ist, ob das parteiinterne Mitgliedervotum einen unzulässigen Eingriff in den Grundsatz des freien Mandats aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG darstellt und damit die Abgeordneten der Antragsgegnerin in unzulässiger Weise bindet, oder ob es sich dabei noch um eine von der aus Art. 21 Abs. 1 Satz 3 GG folgenden Organisationsfreiheit gedeckten Maßnahme handelt. Das Verfahren ist somit entscheidend und ausschließlich von Verfassungsrecht geformt und geprägt, so dass die Streitigkeit als verfassungsrechtlich zu qualifizieren ist.
Selbst wenn man darüber hinaus für die Beurteilung, ob es sich um eine Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art i.S.v. § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO handelt, mit Teilen der Literatur und Rechtsprechung das Kriterium einer doppelten Verfassungsunmittelbarkeit heranzieht, folgt daraus keine andere Beurteilung.
Nach dem Kriterium der doppelten Verfassungsunmittelbarkeit muss nicht nur materielles Verfassungsrecht inmitten des Rechtsstreits stehen, sondern an diesem müssen auch Verfassungsorgane oder ähnliche Streitsubjekte beteiligt sein. Dabei ist, entsprechend dem von § 40 VwGO vorgegebenen Rahmen, im Ansatz am Streitgegenstand festzuhalten, da das Kriterium der doppelten Verfassungsunmittelbarkeit einer normativen Verankerung entbehrt. Dies hat zur Folge, dass lediglich auf Seiten des Antragsgegners das Vorhandensein eines Verfassungsrechtssubjekts zu fordern ist (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 40 Rn. 21). Entscheidend ist, ob das Verfassungsrechtssubjekt als solches in Anspruch genommen wird (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 40 Rn. 27). Dies ist vorliegend der Fall. Zwar sind die Antragsgegnerin zu 2. als Partei bzw. die Antragsgegnerin zu 1. als deren Landesverband keine Verfassungsorgane. Zu den Verfassungsrechtssubjekten im Sinne des Kriteriums der doppelten Verfassungsunmittelbarkeit zählen jedoch auch alle anderen am Verfassungsleben beteiligte Stellen. Parteien sind dabei vom Grundgesetz als verfassungsrechtlich notwendige Instrumente für die politische Willensbildung des Volkes anerkannt und in den Rang einer verfassungsrechtlichen Institution erhoben (vgl. BVerfG, B.v. 9.3.1976 – 2 BvR 89/74 – juris Rn. 44). Daran ändert vorliegend auch doppelte Status einer Partei, als frei gebildete, im gesellschaftlich – politischen Bereich wurzelnde Gruppe, die in den Bereich der institutionalisierten Staatlichkeit hineinwirkt (vgl. BVerfG, U.v. 18.7.1966 – 2 BvF 1/65 –) juris Rn. 121), nichts. Denn wenn und soweit es um Rechte geht, die sich aus dem besonderen, in Art. 21 GG umschriebenen, Status einer Partei ergeben, sind diese in ihrem verfassungsrechtlichen Status betroffen (vgl. BverfG, B.v. 20.7.1954 – 1 PBvU 1/54 – juris Rn. 11). In dem der Antragsteller geltend macht der Mitgliederentscheid verstoße gegen Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG, macht dieser zugleich geltend, dass der Mitgliederentscheid nicht mehr von der aus Art. 21 Abs. 1 Satz 2 GG folgenden Organisationsfreiheit gedeckt ist. Somit betrifft der Antrag die Antragsgegnerin zu 2, jedoch in einem aus Art. 21 GG folgenden Recht und damit in ihrem verfassungsrechtlichen Status. Die Antragsgegnerinnen werden daher gerade in dem Bereich der institutionalisierten Staatlichkeit betroffen. Aufgrund dessen sind sie im konkreten Fall als Verfassungsrechtssubjekte anzusehen.
Eine erweiternde Auslegung von § 40 VwGO ist vorliegend auch nicht deshalb geboten, weil es (auch) an der Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde fehlen dürfte (vgl. BVerfG, B.v. 6.12.2013 – 2 BvQ 55/13 – juris Rn. 4; vgl. hierzu Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014 § 40 Rn. 17).
Eine Verweisung des Verfahrens nach § 17a Abs. 2 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz – GVG – i.V.m. § 173 VwGO an das Bundesverfassungsgericht scheidet aus, da diese Vorschrift im Fall der Nichteröffnung des Verwaltungsrechtswegs aufgrund des Vorliegens einer verfassungsrechtlichen Streitigkeit, für die der Rechtsweg zu den Verfassungsgerichten eröffnet ist, keine Anwendung findet (vgl. VG Berlin, Gerichtsbescheid v. 3.1.2014 – 3 K 1044.13 – juris Rn. 19; VG Düsseldorf, B.v. 8.5.2017 – 20 L 1557/17 – juris Rn. 60m.w.N.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz – GKG -.