Aktenzeichen 15 ZB 16.1706
Leitsatz
1. Die Einlegung eines Nachbarrechtsbehelfs hemmt den Lauf der Geltungsfrist eines auf Basis der BayBO ergangenen Vorbescheids nicht (Forts. BayVGH, U.v. 15.3.2010 – 1 BV 08.3157). (Rn. 12 – 19)
2. Einem Antrag auf Zulassung der Berufung des klagenden Nachbarn gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts, das die Anfechtungsklage gegen einen Bauvorbescheid abgewiesen hat, fehlt grundsätzlich das Rechtsschutzinteresse, wenn die Geltungsfrist des Bauvorbescheids abgelaufen ist. (Rn. 20)
Verfahrensgang
Au 5 K 15.397 2016-07-27 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Kläger wendet sich als Eigentümer der Grundstücke FlNr. …, … und … der Gemarkung K* … gegen einen der Beigeladenen erteilten Bauvorbescheid des Landratsamts Augsburg vom 14. Mai 2013 für das benachbarte Grundstück FlNr. … (Baugrundstück).
Dieser Vorbescheid, der ein näher beschriebenes SB-Warenhaus mit Shopzone als planungsrechtlich zulässig feststellte und für den keine von Art. 71 Satz 2 BayBO abweichende Geltungsfrist festgesetzt wurde, ist der Beigeladenen laut Postzustellungsurkunde am 21. Mai 2013 zugestellt sowie zudem am 23. Mai 2013 im Amtsblatt des Landkreises Augsburg bekanntgemacht worden. Die Grundstücke des Klägers und das Baugrundstück liegen im Geltungsbereich eines Bebauungsplans.
Die vom Kläger am 24. Juni 2013 erhobene Klage mit dem Antrag, den Bauvorbescheid aufzuheben, wies das Verwaltungsgericht Augsburg mit Urteil vom 27. Juli 2016 ab. Laut den Entscheidungsgründen sei der teilunwirksame Bebauungsplan – wie zwischen den Beteiligten im Rahmen eines vorausgegangenen Rechtsstreits festgestellt worden sei – zwar hinsichtlich der Gebietsartfestsetzung als wirksam zu betrachten. Ein sog. Gebietserhaltungsanspruch des Klägers sei aber zu verneinen, weil das Vorhaben der Beigeladenen hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung vom einschlägigen Bebauungsplan i.V. mit §§ 8, 9 BauNVO 1968 gedeckt sei. Zur Überzeugung des Gerichts habe die Beweisaufnahme ergeben, dass das streitgegenständliche Vorhaben nicht vorwiegend der übergemeindlichen Versorgung, sondern vorwiegend der Versorgung der Standortgemeinde diene.
Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung, mit dem besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache sowie ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils geltend gemacht werden, verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren weiter.
Eine Baugenehmigung auf Basis des streitgegenständlichen Vorbescheids wurde bislang weder erteilt noch von der Beigeladenen beantragt. Der Senat hat die Beteiligten mit Schreiben vom 22. November 2017 unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs darauf hingewiesen, dass die dreijährige Geltungsfrist des streitgegenständlichen Vorbescheids trotz der vom Kläger erhobenen Anfechtungsklage abgelaufen sein dürfte und dass deswegen das Rechtsschutzinteresse des Antrags auf Zulassung der Berufung zweifelhaft sei.
Diese Ansicht wird vom Beklagten (Schriftsatz vom 14. Dezember 2017) und von der Beigeladenen (Schriftsatz vom 10. Januar 2018) nicht geteilt; ähnlich wie bei der Erlöschensfrist einer Baugenehmigung (Art. 69 Abs. 1 BayBO) hemme die Einlegung eines Nachbarrechtsbehelfs den Lauf der Bindungsfrist.
Die Beigeladene hat mit Schreiben vom 11. Dezember 2017 beim Landratsamt Augsburg (erstmals) beantragt, die Geltungsdauer des Bauvorbescheids rückwirkend um zwei Jahre zu verlängern sowie (hilfsweise) für diesen Verlängerungsantrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Behördenakten sowie auf die Entscheidungen des Senats vom 10. März 2015 in den vorausgegangenen Verfahren 15 ZB 13.2234 und 15 ZB 13.2248 Bezug genommen.
II.
1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Er ist unzulässig, weil dem Kläger wegen Wegfalls der Beschwer das Rechtsschutzbedürfnis fehlt (vgl. BayVGH, B.v. 30.1.2012 – 9 ZB 11.1031 – juris Rn. 2; B.v. 24.4.2017 – 12 ZB 13.2094 – juris Rn. 24; OVG NRW, B.v. 27.6.2017 – 1 A 2292/16 – juris Rn. 2).
a) Gemäß Art. 71 Satz 2 BayBO gilt der Vorbescheid drei Jahre, soweit in ihm keine andere Frist bestimmt ist. Der Lauf der Geltungsfrist beginnt, sobald der Bescheid – mit Bekanntgabe an den Bauherrn – wirksam geworden ist (Schwarzer/König, Bayerische Bauordnung, 4. Aufl. 2012, Art. 71 Rn. 21), hier also mit der Zustellung an die Beigeladene am 21. Mai 2013. Da der streitgegenständliche Vorbescheid nicht gem. Art. 71 Satz 3 BayBO verlängert wurde, ist seine Geltungsfrist – und damit auch seine (für den Kläger belastende) Bindungswirkung – am 21. Mai 2016 (24:00 Uhr) abgelaufen. Wird alternativ auf den 23. Mai 2013 als Tag des Fristbeginns (Veröffentlichung im Amtsblatt) abgestellt, war Ablauf der Geltungsfrist jedenfalls spätestens am 23. Mai 2016 (24:00 Uhr).
b) Durch die Erhebung der Nachbaranfechtungsklage des Klägers am 24. Juni 2013 ist der Lauf der dreijährigen Geltungsdauer des Vorbescheides weder nach Bundesrecht (§ 80 Abs. 1 VwGO) noch nach Landesrecht (analog Art. 69 Abs. 1 Halbs. 2 BayBO) gehemmt worden.
Der 1. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs hat hierzu in einer grundlegenden Entscheidung (BayVGH, U.v. 15.3.2010 – 1 BV 08.3157) – noch zu Art. 75 BayBO 1998, allerdings bereits Bezug nehmend auf Art. 71 BayBO 2008 – eine Hemmung des Laufs der Geltungsfrist eines nach bayerischem Landesrecht ergangenen Bauvorbescheids im Fall einer Nachbaranfechtung verneint und hierzu Folgendes ausgeführt (Hervorhebung im Fettdruck nicht im Original):
„1. (…)
a) Die bundesrechtliche Regelung des § 80 Abs. 1 VwGO, wonach Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, führte nicht zu einer Hemmung des Laufs der Geltungsfrist.
Es kann dahinstehen, ob die Nachbarrechtsbehelfe gegen den Vorbescheid aufschiebende Wirkung hatten oder ob diese kraft Gesetzes ausgeschlossen war, weil § 212a Abs. 1 BauGB auch auf den Vorbescheid anzuwenden ist (Letzteres verneinend: BayVGH vom 1.4.1999 BayVBl 1999, 467 = NVwZ 1999, 1363; zum Meinungsstand vgl.: Decker in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung 2008, Stand Oktober 2009, Art. 71 RdNr. 158). Eine aufschiebende Wirkung hätte jedenfalls nicht dazu geführt, dass der Fristlauf während der Dauer der Rechtsbehelfsverfahren gehemmt gewesen ist. Diese Folge wäre nur eingetreten, wenn man in Übereinstimmung mit der so genannten Wirksamkeitstheorie annehmen würde, dass die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs zur vorübergehenden Unwirksamkeit des angefochtenen Verwaltungsakts führt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl. 2009, § 80 RdNr. 22). Infolge der Unwirksamkeit würde dann auch eine gesetzliche Frist für die Geltung des Verwaltungsakts nicht laufen. Der Senat folgt jedoch der vom Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung vertretenen (vgl. BVerwG vom 21.6.1961 BVerwGE 13, 1/5 = NJW 1962, 602 = BayVBl 1962, 85; vom 27.10.1982 BVerwGE 66, 218/221 = Buchholz 451.55 Subventionsrecht Nr. 71), in den zitierten Entscheidungen näher begründeten so genannten Vollziehbarkeitstheorie, der zufolge die aufschiebende Wirkung lediglich die Vollziehbarkeit des angefochtenen Verwaltungsakts hemmt (vgl. Kopp/Schenke a.a.O.). Die aufschiebende Wirkung soll als Mittel des vorläufigen Rechtsschutzes verhindern, dass durch die Vollziehung des noch nicht bestandskräftig gewordenen Verwaltungsakts vollendete Tatsachen geschaffen werden und dadurch ein effektiver Rechtsschutz vereitelt wird. Dem wird die Vollziehbarkeitstheorie auch bei einem Vorbescheid gerecht, obwohl die Suspendierung der Vollziehbarkeit bei ihm als nur feststellendem Verwaltungsakt, von dem nicht durch den Beginn der Bauausführung Gebrauch gemacht werden kann, nicht zum Tragen kommt. Wenn die Wirksamkeit des Vorbescheids von einer aufschiebenden Wirkung nicht berührt wird, ist zwar der Bauherr nicht gehindert, einen an den Vorbescheid anknüpfenden Bauantrag zu stellen (vgl. Jäde, BayVBl 2000, 314/315, Anm. zu BayVGH vom 29.11.1999 BayVBl 2000, 314); ferner ist die für die Erteilung der Baugenehmigung zuständige Behörde auch an den noch nicht bestandskräftigen Vorbescheid gebunden, solange dessen Geltungsdauer nicht abgelaufen ist (BVerwG vom 17.3.1989 NVwZ 1989, 863; BayVGH vom 4.11.1996 BayVBl 1997, 314/342 = BRS 58 Nr. 151 [sog. relative Bestandskraft des Vorbescheids]). Hierdurch wird der Rechtsschutz eines Dritten aber nicht unzumutbar erschwert. Falls die Baugenehmigung erteilt wird, ist der Dritte lediglich gezwungen, auch diese anzufechten.
b) Der Lauf der Geltungsfrist des Vorbescheids wurde auch nicht durch Landesrecht gehemmt.
Anders als in vielen Bauordnungen anderer Länder und anders als in der Musterbauordnung 2002 (vgl. § 71 MBO 2002) ist die Frage, ob ein Rechtsbehelf den Lauf der Geltungsfrist einer baurechtlichen Genehmigung hemmt, in der Bayerischen Bauordnung ausdrücklich geregelt. Das Gesetz sieht eine Hemmung des Fristlaufs nur bei der Baugenehmigung und der Teilbaugenehmigung, nicht jedoch beim Vorbescheid vor. In der hier gemäß Art. 83 BayBO noch maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 4. August 1997 (GVBl S. 433) wird dies dadurch zum Ausdruck gebracht, dass Art. 75 Abs. 2 Halbsatz 1 BayBO 1998 zwar auf Art. 77 Abs. 2 BayBO 1998, nicht aber auf Art. 77 Abs. 1 Halbsatz 2 BayBO 1998 verweist, der bestimmt, dass die Einlegung eines Rechtsbehelfs den Lauf der für eine Baugenehmigung geltenden Frist bis zu deren Unanfechtbarkeit hemmt. Diese „Nichtverweisung“ ist seit der Novellierung der Bayerischen Bauordnung durch das Gesetz vom 21. Juni 1982 (GVBl S. 513) geltendes Recht (vgl. Art. 75 Abs. 2, Art. 78 Abs. 1 Halbsatz 2 BayBO 1982, Art. 82 Abs. 2, Art. 84 Abs. 1 Halbsatz 2 BayBO 1994). Auch die am 1. Januar 2008 in Kraft getretene Neufassung des Gesetzes hat hieran – trotz in der Literatur seit längerem geäußerter divergierender Rechtsansichten (vgl. Jäde a.a.O. sowie zur Darstellung des Meinungsstands: Decker a.a.O. Art. 71 RdNr. 126) – nichts geändert. Die neu den Vorbescheid regelnde Vorschrift des Art. 71 BayBO verweist zwar auf Art. 69 Abs. 2 Satz 2 BayBO, nicht aber auf Art. 69 Abs. 1 Halbsatz 2 BayBO, der Art. 77 Abs. 1 Halbsatz 2 BayBO 1998 entspricht.
Bei dieser unterschiedlichen Behandlung von Baugenehmigung und Vorbescheid hat sich der Gesetzgeber von sachgerechten Erwägungen leiten lassen. Es liegt nahe, dass die Geltungsfrist einer Baugenehmigung nicht läuft, solange der Bauherr durch die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gehindert ist, von der Genehmigung Gebrauch zu machen. Angesichts der für die Realisierung des Bauvorhabens erforderlichen, in aller Regel beträchtlichen Investitionen ist es darüber hinaus sachgerecht, dass der Bauherr erst dann durch den drohenden Ablauf der Geltungsdauer gezwungen sein soll, mit seinem Bauvorhaben zu beginnen, wenn die Genehmigung bestandskräftig ist und nicht schon dann, wenn er von der noch nicht bestandskräftigen Genehmigung mangels aufschiebender Wirkung des Rechtsbehelfs Gebrauch machen könnte (vgl. VGH BW vom 25.3.1999 NVwZ-RR 2000, 485 = BRS 62 Nr. 169). Wohl aus diesem Grund sah sich bereits der Gesetzgeber der Bayerischen Bauordnung vom 1. August 1962 (GVBl S. 179) veranlasst, den im damaligen Gesetzentwurf der Staatsregierung für die Geltungsdauer der Baugenehmigung vorgesehenen Fristbeginn ab Zustellung in einen Fristbeginn ab Unanfechtbarkeit zu ändern (vgl. Verhandlungen des Bayerischen Landtags, IV. Wahlperiode, Beilage 3068, S. 66 f.). Demgegenüber kann der Bauherr von einem Vorbescheid stets Gebrauch machen, indem er eine an ihn anknüpfende Baugenehmigung beantragt (vgl. 1. a). Die Aufwendungen für den Bauantrag sind regelmäßig erheblich geringer als diejenigen für die Realisierung des Bauvorhabens. Zudem ist die Behörde, worauf gleichfalls bereits unter 1. a hingewiesen wurde, im Baugenehmigungsverfahren auch im Fall einer Anfechtung durch einen Dritten an den Vorbescheid gebunden.
Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die unterschiedliche Behandlung von Baugenehmigung und Vorbescheid (entgegen Molodovsky in Koch/Molodovsky/Famers, Bayerische Bauordnung, Stand: April 2008, Art. 71 RdNr. 56) nicht auf einem – durch eine entsprechende Anwendung von Art. 77 Abs. 1 Halbsatz 2 BayBO 1998 bzw. Art. 69 Abs. 1 Halbsatz 2 BayBO zu korrigierenden – Redaktionsversehen beruht, und keine (auf mangelndem Problembewusstsein des Gesetzgebers beruhende) ungewollte Regelungslücke vorliegt. Angesichts des dargelegten begrenzten wirtschaftlichen Risikos erscheint auch die Einreichung eines Bauantrags während eines gegen den Vorbescheid laufenden Rechtsbehelfsverfahrens (entgegen Dirnberger in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiss, Die neue Bayerische Bauordnung, Stand: Juli 2008, Art. 71 RdNr. 51 [unter Hinweis auf SächsOVG vom 2.10.1997 LKV 1998, 202]) nicht unzumutbar. Dass sich de lege ferenda Gründe für eine Gleichbehandlung von Baugenehmigung und Vorbescheid bei der hier entscheidungserheblichen Rechtsfrage finden lassen (vgl. ausführlich: Decker a.a.O. RdNr. 127), wird nicht in Abrede gestellt; das darf aber nicht dazu führen, sich über den klar geäußerten Willen des Gesetzgebers hinwegzusetzen.
Ob es nach der bis zum 1. September 1982 maßgeblichen Rechtslage gerechtfertigt war, die für die Baugenehmigung getroffene Regelung auf den Vorbescheid zu übertragen (so jeweils ohne nähere Begründung: BayVGH vom 15.5.1972 VGH n.F. 25, 88; vom 19.1.1968 BayVBl 1969, 175 und vom 3.3.1967 – 19 I 67 [nicht veröffentlicht]), kann dahinstehen. Denn die aktuelle Rechtslage unterscheidet sich erheblich von derjenigen, die bis 1982 gegolten hat. Nach Art. 95 Abs. 1 BayBO 1962 erlosch die Baugenehmigung, wenn zwei Jahre nach ihrer Unanfechtbarkeit mit der Ausführungsvorhabens nicht begonnen oder die Bauausführung ein Jahr unterbrochen worden war. Entsprechendes galt nach Art. 95 Abs. 1 BayBO in der Fassung vom 21. August 1969 (GVBl S. 263). Erst mit der Bayerischen Bauordnung 1982 wurde die Hemmung des Fristlaufs bei der Einlegung eines Rechtsbehelfs eingeführt und als eigener, speziell zitier- und verweisungsfähiger Halbsatz in den die Geltungsdauer der Baugenehmigung regelnden Artikel aufgenommen.“
Es gibt keinen Grund, von dieser – überzeugenden – Rechtsansicht abzuweichen. Der Senat setzt daher die Rechtsprechung des 1. Senats zur früheren Regelung des Art. 75 BayBO 1998 für die im vorliegenden Fall einschlägige Nachfolgeregelung des Art. 71 BayBO 2008 fort (vgl. auch VG Würzburg, U.v. 14.10.2010 – W 4 K 09.829 – juris Rn. 41 ff.; Schwarzer/König, Bayerische Bauordnung, 4. Aufl. 2012, Art. 71 Rn. 22; Jäde in Jäde/Dirnberger/Bauer, Die neue Bayerische Bauordnung, Stand Sept. 2017, Art. 71 Rn. 51; Jäde, BayVBl. 2000, 314/315; anderer Ansicht: Molodovsky in Molodovsky/Famers/Waldmann, Bayerische Bauordnung, Stand Sept. 2017, Art. 71 Rn. 56; Decker in Simon/Busse, Bayerische Bauordnung, Stand Nov. 2017, Art. 71 Rn. 126 ff.). Wie in der vorgenannten Entscheidung vom 15. März 2010 hervorgehoben, spricht die aktuelle Rechtslage des bayerischen Landesrechts, wonach in Art. 71 Satz 4 ganz speziell auf Art. 69 Abs. 2 Satz 2 BayBO (Möglichkeit der rückwirkenden Fristverlängerung bei rechtzeitiger Antragstellung vor Fristablauf) und gerade nicht auf Art. 69 Abs. 1 (Halbs. 2) BayBO verweist, im Vergleich zur Rechtslage nach der BayBO 1998 sogar noch deutlicher gegen ein gesetzgeberisches Redaktionsversehen bzw. eine unbewusste Rechtslücke und damit gegen eine analoge Anwendbarkeit des Art. 69 Abs. 1 Halbs. 2 BayBO. Auf die Rechtslage in Sachsen (auf die die Beigeladene Bezug genommen hat) oder in anderen Bundesländern kommt es nicht an. Die von der Beigeladenen und dem Beklagten aufgezeigten praktischen Konsequenzen einer im Falle nachbarlicher Anfechtung schnell entfallenden Bindungswirkung des Bauvorbescheids sind aus rechtspolitischer Sicht vom Landesgesetzgeber, der auch nach der Entscheidung des 1. Senats vom 15. März 2010 keinen Anlass zu einer Korrektur des Art. 71 Satz 4 BayBO gesehen hat, offensichtlich gewollt und deshalb von den Gerichten mit Blick auf den Gewaltenteilungsgrundsatz sowie den Grundsatz der Gesetzbindung (Art. 20 Abs. 2 Satz 2, Art. 97 Abs. 1 GG) zu respektieren.
c) Aufgrund des Ablaufs der Geltungsdauer vermag der Bauvorbescheid vom 14. Mai 2013 keine Bindungswirkung mehr zu entfalten. Er hat sich durch Zeitablauf erledigt und hat damit gegenüber dem Kläger keine belastende Wirkung mehr. Damit fehlt dem Kläger mangels Beschwer das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Es ist nicht erkennbar, inwieweit ein Erfolg des Klägers in einem Berufungsverfahren dessen Rechtsstellung überhaupt noch verbessern könnte.
d) Der Umstand, dass dem vormaligen Verfahren zwischen denselben Parteien, das mit der Entscheidung BayVGH, B.v. 10.3.2015 – 15 ZB 13.2234 – endete, ebenfalls auch ein Bauvorbescheid (vom 24. Februar 2011) zugrunde lag, dessen Geltungsfrist im Zeitpunkt der Entscheidung über den Zulassungsantrag wohl bereits abgelaufen war, ändert an der vorstehenden Bewertung nichts. Der Senat hatte seinerzeit den Antrag auf Zulassung der Berufung der Beigeladenen gegen das stattgebende (den Bauvorbescheid aufhebende) erstinstanzliche Urteil anhand der vorgebrachten Einwendungen mit jeweils denselben Erwägungen wie im Parallelverfahren 15 ZB 13.2234 (dort: Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung gegen das die Baugenehmigung aufhebende erstinstanzliche Urteil) als unbegründet abgelehnt. Auf die Frage, ob der Senat den damaligen Antrag des Beigeladenen auf Zulassung der Berufung auch wegen mangelnden Rechtsschutzinteresses hätte ablehnen können (weil während des Zulassungsverfahrens die Bindungsfrist ablief und damit der nicht verlängerte – und damit erledigte – Bauvorbescheid vom 24. Februar 2011 im Falle des Erfolgs des Beigeladenen in einem Berufungsverfahrens nicht wieder hätte „aufleben“ können), kommt es vorliegend nicht an. Unabhängig davon, dass dies weder von den Beteiligten des damaligen Zulassungsverfahrens noch vom verfahrensbeendenden Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs thematisiert wurde (sodass hieraus im Übrigen nicht auf eine Abkehr des Senats von der Entscheidung vom 15. März 2010 geschlossen werden kann), ging es in dem Verfahren 15 ZB 13.2234 um einen anderen Vorbescheid und damit um einen anderen Streitgegenstand als vorliegend, sodass sich auch unter dem Blickwinkel der materiellen Rechtskraft (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 121 Rn. 9 ff.) keine präjudizielle Bindung für die Entscheidung über den hier gegenständlichen Antrag auf Zulassung der Berufung ergeben kann.
e) Dass die Beigeladene zwischenzeitlich mit Schreiben vom 11. Dezember 2017 beim Landratsamt Augsburg einen Antrag gestellt hat, die Geltungsdauer des streitgegenständlichen Bauvorbescheids vom 14. Mai 2013 rückwirkend um zwei Jahre zu verlängern sowie (hilfsweise) für diesen Verlängerungsantrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, vermag das Rechtsschutzinteresse des Klägers am Zulassungsantrag nicht wiederaufleben zu lassen. Es würde sich schon die Frage stellen, ob der tatsächliche Erlass eines Verlängerungsbescheids der Erledigung des gegen den Ausgangsvorbescheid gerichteten gerichtlichen Verfahrens entgegenstünde. Denn eine solche Verlängerungsentscheidung stellt in der Sache eine (neu anfechtbare) Neuentscheidung über den Vorbescheid dar, für die zwar Verfahrenserleichterungen gelten (Verzicht auf einen neuen Vorbescheidsantrag), für die aber – ohne Bindung an die Ersterteilung – die tatbestandlichen Erteilungsvoraussetzungen erneut von der Behörde zu prüfen sind, wobei die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Verlängerungsentscheidung maßgeblich ist (vgl. – jeweils m.w.N.: Molodovsky in Molodovsky/Famers/Waldmann, BayBO, Art. 71 Rn. 61: Jäde in Jäde/Dirnberger/ Bauer, Die neue BayBO, Art. 71 Rn. 55; Schwarzer/König, BayBO, Art. 71 Rn. 25; Decker in Simon/Busse, BayBO, Art. 71 Rn. 139 ff.). Unabhängig davon wäre eine rückwirkende Vorbescheidsverlängerung unter Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß Art. 32 BayVwVfG nach Ansicht des Senats vorliegend nicht zulässig: Gemäß Art. 71 Satz 3, Satz 4 i.V. mit Art. 69 Abs. 2 Satz 2 BayBO kann die Bindungsfrist grundsätzlich nur dann rückwirkend verlängert werden, wenn der Antrag vor Fristablauf bei der Bauaufsichtsbehörde eingegangen ist (vgl. auch Schwarzer/König a.a.O. Rn. 25; Jäde a.a.O. Rn. 54; Molodovsky a.a.O. Rn. 59 ff.; Decker a.a.O. Rn. 134). Am 11. Dezember 2017 war die Frist aber schon seit mehr als 18 Monaten abgelaufen. Zwar wird für einen verspätet gestellten (ersten) Verlängerungsantrag bei Geltung der gesetzlichen Dreijahresfrist (wie vorliegend) vertreten, dass nach Maßgabe des Art. 32 BayVwVfG Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden kann (vgl. Molodovsky a.a.O. Art. 71 Rn. 60; Decker a.a.O. Art. 71 Rn. 136), jedoch müssen dafür auch die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob die Beigeladene hinsichtlich des Fristversäumnisses ein Verschulden trifft (Art. 32 Abs. 1 BayVwVfG). Jedenfalls kann gem. Art. 32 Abs. 3 BayVwVfG nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war. Da die Geltungsdauer des streitgegenständlichen Vorbescheids schon im Mai 2016 ablief, der Wiedereinsetzungsantrag aber erst unter dem 11. Dezember 2017 gestellt wurde, ist die Jahresfrist abgelaufen. Dass „höhere Gewalt“ (zum Begriff vgl. z.B. Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. 2017, § 32 Rn. 57) eine vorherige Antragstellung binnen Jahresfrist unmöglich gemacht hat, wurde weder dargelegt noch ist dies sonst ersichtlich. Vor diesem Hintergrund vermag der Senat nicht zu erkennen, wie die Wiedereinsetzung rechtmäßig auf der Grundlage des Art. 32 BayVwVfG durch den Beklagten gewährt werden kann. Eine sog. Nachsichtgewährung sieht Art. 31 Abs. 7 Satz 2 BayVwVfG nur für Fristen vor, die „von einer Behörde gesetzt“ sind (so für den Fall eines zweiten oder weiteren Verlängerungsantrags gem. Art. 71 Satz 3 BayBO vgl. Molodovsky a.a.O. Art. 71 Rn. 60; Decker a.a.O. Art. 71 Rn. 136; vgl. insofern auch BayVGH, B.v. 19.5.1999 – 1 B 97.1548 – BayVBl. 2000, 20). Sollte das Landratsamt dennoch (rechtswidrig) Wiedereinsetzung gewähren, stünde dem Kläger gegen die (rückwirkende) Verlängerungsentscheidung im Übrigen erneut die Möglichkeit einer Anfechtungsklage beim Verwaltungsgericht gegen den Verlängerungsbescheid zu.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO). Denn ein Beigeladener setzt sich im Berufungszulassungsverfahren unabhängig von einer Antragstellung grundsätzlich keinem eigenen Kostenrisiko aus (vgl. BayVGH, B.v. 6.3.2017 – 15 ZB 16.562 – juris Rn. 18 m.w.N.). Ein Grund, der es gebieten würde, die außergerichtlichen Kosten aus Billigkeitsgründen ausnahmsweise als erstattungsfähig anzusehen, ist nicht ersichtlich, zumal die von der Beigeladenenseite im Zulassungsverfahren vorgebrachten Argumente nicht in die tragenden Erwägungen der vorliegenden Entscheidung des Senats eingeflossen sind. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47, § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (NVwZ-Beilage 2013, 57) und folgt in der Höhe der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.
3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).