Aktenzeichen L 9 EG 46/16
GG Art. 3 Abs. 1
Leitsatz
1. Anschlussrechtsprechung zu BSG, Urteil vom 21.06.2016 – B 10 EG 8/15 R, Urteil vom 27.10.2016 – B 10 EG 4/15 R und Urteil vom 27.10.2016 – B 10 EG 5/15 R.
2. Der Senat teilt die Ansicht des BSG, dass der Bemessungszeitraum für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit vor der Geburt auch dann nach § 2b Abs. 3 BEEG (letzter abgeschlossener steuerlicher Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes), und nicht nach § 2b Abs. 1 BEEG (letzte zwölf Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes) festzulegen ist, wenn aus der daneben ausgeübten selbständigen Tätigkeit lediglich negative Einkünfte resultieren.
3. Eine besondere Härte, die möglicherweise eine Abweichung davon verfassungsrechtlich gebieten könnte, liegt nicht schon dann vor, wenn die selbständige Tätigkeit noch vor Beginn des Zwölfmonatszeitraums nach § 2b Abs. 1 Satz 1 BEEG beendet war.
4. Die in § 2b Abs. 3 BEEG getroffene Regelung zum Bemessungszeitraum begegnet vor allem deshalb keinen Bedenken in Bezug auf den allgemeinen Gleichheitssatz, weil es rein vom Zufall abhängt, ob sie sich für eine individuelle Person günstig oder ungünstig auswirkt; die Regelung hat keine benachteiligende Tendenz.
5. Der Gesetzgeber war nicht von Verfassungs wegen gehalten, für Fälle wie dem vorliegenden ein Wahlrecht bezüglich des Bemessungszeitraums einzuräumen.
Verfahrensgang
S 33 EG 30/14 2015-01-14 Endurteil SGMUENCHEN SG München
Tenor
I. Auf die Berufung wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 14. Januar 2015 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Berufung des Beklagten hat Erfolg. Sie ist zulässig und begründet.
Zu Unrecht hat das Sozialgericht den Beklagten verurteilt, der Klägerin höheres Elterngeld unter Zugrundelegung des im Zeitraum Mai 2012 bis April 2013 erzielten Einkommens aus nichtselbständiger Tätigkeit zu zahlen. Der Beklagte hat im hier maßgebenden vorläufigen Bewilligungsbescheid vom 28.11.2013 Elterngeld vielmehr in zutreffender Höhe bewilligt.
Streitgegenstand der hier vorliegenden kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist die Höhe des Elterngelds für den ersten bis zwölften Lebensmonat von B … Die Anfechtungsklage richtet sich gegen den vorläufigen Bewilligungsbescheid vom 28.11.2013 – dieser hat den vorangegangenen Bescheid vom 24.07.2013 vollständig ersetzt – in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.02.2014. Eine endgültige Festsetzung des Elterngelds liegt noch nicht vor. In ständiger Rechtsprechung hat das BSG bestätigt, dass auch der vorläufige Bewilligungsbescheid angefochten werden kann (vgl. nur BSG, Urteil vom 04.09.2013 – B 10 EG 18/12 R). Bei dem hier vorliegenden Höhenstreit ist der Streitgegenstand grundsätzlich nicht auf ein einzelnes Berechnungselement beschränkt. Vielmehr prüft der Senat innerhalb der Grenzen des klägerischen Antrags unter allen tatsächlichen und rechtlichen Facetten, ob der Klägerin höhere Leistungen zustehen. Andererseits berücksichtigt der Senat auch solche Aspekte, die das von der Klägerin begehrte Optimum auf anderem Weg wieder reduzieren. Trotz dieses weiten Prüfprogramms kann die Klage keinen Erfolg haben. Denn der Beklagte hat nicht nur den richtigen Bemessungszeitraum herangezogen, er hat auch sonst das Elterngeld korrekt berechnet.
Die Voraussetzungen für die Entstehung eines Anspruchs dem Grunde nach hat der Beklagte zutreffend bejaht. Diese liegen unzweifelhaft vor. Dies folgt aus § 1 Abs. 1 BEEG in der bis 31.12.2014 geltenden Fassung (aF). Die Maßgeblichkeit dieser Gesetzesfassung ergibt sich aus § 27 Abs. 1 Satz 1 BEEG. Nach § 1 Abs. 1 BEEG aF hat Anspruch auf Elterngeld, wer
1.einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat,
2.mit seinem Kind in einem Haushalt lebt,
3.dieses Kind selbst betreut und erzieht und
4.keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt.
Alle diese Voraussetzungen erfüllte die Klägerin. Sie hatte während des gesamten Bezugszeitraums ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, lebte mit B. in einem Haushalt, betreute und erzog ihn selbst und übte während des Bezugszeitraums zumindest keine volle Erwerbstätigkeit aus (vgl. § 1 Abs. 6 BEEG aF). Ein ordnungsgemäßer Antrag lag vor. Der Ausschlusstatbestand des § 1 Abs. 8 BEEG ist nicht erfüllt, weil das zu versteuernde Einkommen beider Elternteile zusammen im letzten abgeschlossenen Veranlagungszeitraum vor der Geburt deutlich unter 500.000 EUR blieb.
Die Höhe des Elterngelds hat der Beklagte entgegen der Ansicht des Sozialgerichts zutreffend festgesetzt. Insbesondere hat er als Bemessungszeitraum zu Recht das Kalenderjahr 2012 herangezogen.
Für die Bestimmung der Höhe des Elterngelds ist das bis zum 31.12.2014 geltende Recht (im Folgenden: aF) heranzuziehen. Dies folgt aus § 27 Abs. 1 Satz 2 BEEG.
Die Basisnorm für die Bemessung des Elterngelds bildet § 2 Abs. 1 und 2 BEEG aF. Soweit für den vorliegenden Fall von Bedeutung, lauten diese Regelungen wie folgt:
„(1) 1Elterngeld wird in Höhe von 67 Prozent des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. 2Es wird bis zu einem Höchstbetrag von 1.800 Euro monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat. 3Das Einkommen aus Erwerbstätigkeit errechnet sich nach Maßgabe der §§ 2c bis 2f aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte aus
1. nichtselbständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 des Einkommensteuergesetzes sowie
2. Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit nach § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes, die im Inland zu versteuern sind und die die berechtigte Person durchschnittlich monatlich im Bemessungszeitraum nach § 2b oder … hat.
(2) … 2In den Fällen, in denen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1.200 Euro war, sinkt der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1.200 Euro überschreitet, auf bis zu 65 Prozent.“
Eine zeitliche Spezifizierung des Normteils „vor der Geburt des Kindes“ erfolgt in § 2b BEEG aF, der den Bemessungszeitraum regelt. Der Bemessungszeitraum verkörpert die Phase vor der Geburt, welche letztlich die für die Elterngeldbemessung relevanten wirtschaftlichen Verhältnisse abbildet. Der Beklagte hat – darin liegt das Kernproblem des vorliegenden Falls – den korrekten Bemessungszeitraum herangezogen, nämlich den Zeitraum Januar bis Dezember 2012. Rechtsgrundlage ist § 2b BEEG in der bis 31.12.2014 geltenden Fassung. Diese Norm lautet:
(1) 1Für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit im Sinne von § 2c vor der Geburt sind die zwölf Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes maßgeblich. 2Bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums nach Satz 1 bleiben Kalendermonate unberücksichtigt, in denen die berechtigte Person 1. ohne Berücksichtigung einer Verlängerung des Auszahlungszeitraums nach § 6 Satz 2 Elterngeld für ein älteres Kind bezogen hat, 2. während der Schutzfristen nach § 3 Absatz 2 oder § 6 Absatz 1 des Mutterschutzgesetzes nicht beschäftigt werden durfte oder Mutterschaftsgeld nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch oder nach dem Zweiten Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte bezogen hat, 3. eine Krankheit hatte, die maßgeblich durch eine Schwangerschaft bedingt war, oder 4. Wehrdienst nach dem Wehrpflichtgesetz in der bis zum 31. Mai 2011 geltenden Fassung oder nach dem Vierten Abschnitt des Soldatengesetzes oder Zivildienst nach dem Zivildienstgesetz geleistet hat und in den Fällen der Nummern 3 und 4 dadurch ein geringeres Einkommen aus Erwerbstätigkeit hatte.
(2) 1Für die Ermittlung des Einkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit im Sinne von § 2d vor der Geburt sind die jeweiligen steuerlichen Gewinnermittlungszeiträume maßgeblich, die dem letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes zugrunde liegen. 2Haben in einem Gewinnermittlungszeitraum die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 vorgelegen, sind auf Antrag die Gewinnermittlungszeiträume maßgeblich, die dem diesen Ereignissen vorangegangenen abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum zugrunde liegen.
(3) 1Abweichend von Absatz 1 ist für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit vor der Geburt der steuerliche Veranlagungszeitraum maßgeblich, der den Gewinnermittlungszeiträumen nach Absatz 2 zugrunde liegt, wenn die berechtigte Person in den Zeiträumen nach Absatz 1 oder Absatz 2 Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit hatte. 2Haben im Bemessungszeitraum nach Satz 1 die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 vorgelegen, ist Absatz 2 Satz 2 mit der zusätzlichen Maßgabe anzuwenden, dass für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit vor der Geburt der vorangegangene steuerliche Veranlagungszeitraum maßgeblich ist.
Aus der einschlägigen aktuellen BSG-Rechtsprechung aus dem Jahr 2016 (alle Urteile ergangen zur auch hier maßgebenden, ab 30.10.2012 geltenden Fassung von § 2b BEEG), der sich der Senat in vollem Umfang anschließt, geht hervor, dass im Fall der Klägerin der Bemessungszeitraum für die Ermittlung des Einkommens aus nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit vor der Geburt nach § 2b Abs. 3 BEEG aF, und nicht nach § 2b Abs. 1 BEEG aF festzulegen ist. Maßgeblich ist also der letzte abgeschlossene steuerliche Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes, also das Kalenderjahr 2012, nicht dagegen die Phase Mai 2012 bis April 2013.
Bereits zum 18.09.2012 hatte sich das einschlägige Recht gravierend geändert. Die Vorgängerregelung des § 2 Abs. 9 BEEG in der bis zum 17.09.2012 geltenden Fassung war grundlegend anders gestaltet. Das BSG hat die Wirkungsweise des alten Rechts im Urteil vom 27.06.2013 – B 10 EG 2/12 R wie folgt beschrieben:
„§ 2 Abs. 8 S. 1 BEEG stellt den Grundsatz auf, dass als Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit der (um Steuern, Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung und Beiträge zur Arbeitslosenversicherung verminderte) Gewinn zu berücksichtigen ist (sog Bemessungseinkommen). Dabei ist grundsätzlich, wie für das Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit, gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 BEEG auf die zwölf Kalendermonate vor dem Monat der Geburt des Kindes abzustellen (Bemessungszeitraum). Abweichend von § 2 Abs. 1 S. 1 und Abs. 8 BEEG bestimmt § 2 Abs. 9 S. 1 BEEG als vor der Geburt des Kindes durchschnittlich erzieltes monatliches Einkommen aus Erwerbstätigkeit den durchschnittlich monatlich erzielten Gewinn, wie er sich aus dem für den letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum ergangenen Steuerbescheid ergibt, wenn die dem zu berücksichtigenden Einkommen zugrundeliegende Erwerbstätigkeit sowohl während des gesamten für die Einkommensermittlung vor der Geburt des Kindes maßgeblichen Zeitraums als auch während des gesamten letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraums ausgeübt worden ist. Diese Fiktion des Bemessungszeitraums tritt nach § 2 Abs. 9 S. 2 BEEG nicht ein, wenn im Veranlagungszeitraum die Voraussetzungen des § 2 Abs. 7 S. 5 oder 6 BEEG vorgelegen haben, also Elterngeld für ein älteres Kind oder Mutterschaftsgeld bezogen worden ist und/oder Einkommen aus Erwerbstätigkeit wegen einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung ganz oder teilweise weggefallen ist.“
Im Unterschied dazu verkörpert nach dem ab 18.09.2012 geltenden Recht bei Einkünften aus selbständiger Arbeit der letzte abgeschlossene steuerliche Veranlagungszeitraum vor der Geburt regelmäßig (und nicht nur, wie vorher, ausnahmsweise) den Bemessungszeitraum. Das Zusammentreffen mit Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit wird in § 2b Abs. 3 BEEG aF in der Weise geregelt, dass dann, wenn die berechtigte Person in irgendeinem der beiden Zeiträume – Zwölfmonatszeitraum oder letzter abgeschlossener steuerlicher Veranlagungszeitraum – Einkommen aus selbständiger Tätigkeit gehabt hat, der letzte abgeschlossene steuerliche Veranlagungszeitraum auch für das Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit greift.
Zum alten (bis einschließlich 17.09.2012 geltenden) Recht hatte das BSG entschieden (Urteil vom 27.06.2013 – B 10 EG 2/12 R), dass § 2 Abs. 9 Satz 1 BEEG nur dann zum Tragen komme, wenn sich aus dem maßgebenden Steuerbescheid ein „Gewinn“ ergebe, also positive Einkünfte im Sinn des § 2 Abs. 1 Satz 2 BEEG (fortgeführt durch Urteile vom 26.03.2014 – B 10 EG 4/13 R und vom 15.12.2015 – B 10 EG 6/14 R).
Das erste der drei BSG-Urteile zu § 2b BEEG aF (Urteil vom 21.06.2016 – B 10 EG 8/15 R, Photovoltaikanlage) ist wie auch die beiden anderen zu Mischeinkünften ergangen, mit denen man es auch im vorliegenden Fall zu tun hat. Anders als hier befand sich seinerzeit das maßgebliche Einkommen aus selbständiger Tätigkeit im „leicht positiven“ Bereich. Das BSG hat in dieser Entscheidung herausgestellt, in Bezug auf Einkünfte aus selbständiger Arbeit habe sich das Regel-Ausnahme-Verhältnis mit der zum 18.09.2012 eingetretenen Rechtsänderung umgekehrt. Es ist zum Ergebnis gekommen, Bemessungszeitraum sei einheitlich der letzte abgeschlossene steuerliche Veranlagungszeitraum. Zur Begründung hat es ausgeführt:
„Vielmehr verpflichtet sie die Elterngeldbehörde in gebundener Entscheidung, den Bemessungszeitraum zu verschieben, wenn der Elterngeldberechtigte wie die Klägerin Mischeinkünfte aus selbstständiger und nichtselbstständiger Tätigkeit bezogen hat. Der Bemessungszeitraum des § 2b Abs. 3 S. 1 BEEG ist dann zwingend zugrunde zu legen. Als einzige Ausnahme von dieser Regel ermöglicht § 2b Abs. 3 S. 2 BEEG, den Bemessungszeitraum auf Antrag noch weiter in die Vergangenheit auf den vorangegangenen steuerlichen Veranlagungszeitraum zu verschieben, wenn ansonsten Erwerbsrisiken verwirklicht würden, von denen das Gesetz Elterngeldberechtigte nach Sinn und Zweck des Elterngelds ausnahmsweise freistellen will. Diese Ausnahmetatbestände sind nach § 2b Abs. 1 S. 2 BEEG … Ohnehin greift das Gesetz selbst in den genannten Konstellationen nicht auf den Zwölfmonatszeitraum vor dem Geburtsmonat des Kindes zurück, den die Klägerin für den richtigen Bemessungszeitraum hält, sondern auf den vorangegangenen abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum. Die Aufzählung der Rechtsfolgen des Verschiebungstatbestands ist nach der gesetzlichen Systematik grundsätzlich abschließend. Sie lässt keinen Raum dafür, den Bemessungszeitraum für das Elterngeld der Klägerin auf den Zwölfmonatszeitraum vor dem Geburtsmonat ihrer Tochter zu verschieben. Zu Unrecht berufen sich die Vorinstanzen insoweit auf die Rechtsprechung des Senats … zur Vorgängervorschrift des § 2 Abs. 8 BEEG (idF vom 19.8.2007, BGBl I 1970). Dieser lag ein abweichender Gesetzeswortlaut und eine grundsätzlich andere gesetzliche Systematik zugrunde … hatte der Senat an der Formulierung „die Erwerbstätigkeit“ in § 2 Abs. 9 S. 1 BEEG angeknüpft und vor allem systematisch mit dem im Gesetz angelegten Regel-Ausnahme-Verhältnis von Zwölfmonats- und steuerlichem Veranlagungszeitraum argumentiert. Danach stellte der Zwölfmonatszeitraum vor dem Geburtsmonat die Regel und der letzte steuerliche Veranlagungszeitraum die rechtfertigungsbedürftige Ausnahme dar. Ihre Anwendung musste insbesondere verhältnismäßig sein. Nach dem geänderten, im Fall der Klägerin maßgeblichen Recht hindern dagegen Wortlaut und Systematik von § 2b Abs. 3 BEEG, bei Mischeinkünften überhaupt auf den Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt zurückzugreifen. Der Rückgriff auf den letzten steuerlichen Veranlagungszeitraum ist in diesen Fällen die neue gesetzliche Regel, die gesetzlichen Ausnahmen sind im Fall der Klägerin nicht einschlägig … Wie die Entstehungsgeschichte von § 2b BEEG zeigt, sollte der Bezug von Einkünften aus selbständiger Tätigkeit zwingend zu einem Rückgriff auf einen steuerlichen Veranlagungszeitraum führen, der für die jeweiligen steuerlichen Gewinnermittlungszeiträume maßgeblich ist.“
Auch beim BSG-Urteil vom 27.10.2016 – B 10 EG 4/15 R (selbständige Hebamme) hat es nicht vollständig an positiven Einkünften aus Gewerbebetrieb gefehlt. Dort waren immerhin die Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt positiv, im letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt dagegen noch negativ; die damalige Klägerin hatte ihre Ertragslage erst kurz vor der Geburt merklich verbessern können. Auch hier hat das BSG mit im Wesentlichen gleicher Begründung wie im Urteil vom 21.06.2016 – B 10 EG 8/15 R den letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt einheitlich als Bemessungszeitraum angesehen.
Einen signifikanten Unterschied der Konstellation, die dem Urteil vom 27.10.2016 – B 10 EG 4/15 R zugrunde lag, und der im Fall der Klägerin mag man darin sehen, dass Letztere weder im Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt noch im letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt positive Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit hatte. In der Tat lässt das Vorhandensein positiver Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit zwischen Ende des letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraums und Geburt (wie im vom BSG entschiedenen Fall) es geradezu mit den Händen greifbar erscheinen, dass die Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit bei der Einkommensberechnung keinesfalls außer Betracht gelassen werden dürfen. Wenn sie aber berücksichtigt werden müssen, dann kann nur der letzte abgeschlossene steuerliche Veranlagungszeitraum vor der Geburt maßgeblich sein. Im Fall der Klägerin leuchtet das zugegebenermaßen nicht gleichermaßen ein; denn diese hatte unstreitig in keinem der in Betracht kommenden Zeiträume positive Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit.
Nach dem dritten einschlägigen BSG-Urteil (Urteil vom 27.10.2016 – B 10 EG 5/15 R, Tupperware) spielt das allerdings keine Rolle. Das BSG hat trotz der ausschließlich negativen Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit entschieden, der letzte abgeschlossene steuerliche Veranlagungszeitraum sei Bemessungszeitraum:
„Anders als die Vorinstanz annimmt, sind von dem Begriff des „Einkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit“ iS des § 2b Abs. 3 BEEG auch negative Einkommensbeträge erfasst. Der Wortlaut von § 2b Abs. 3 BEEG stellt darauf ab, ob die berechtigte Person Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit hatte, nicht aber darauf, ob aus dieser Erwerbstätigkeit ein Gewinn erzielt worden ist. Anders als § 2d Abs. 1 BEEG idF vom 10.9.2012 (BGBl I 1878) spricht § 2b Abs. 3 BEEG nicht von Gewinneinkünften und anders als in § 2 Abs. 1 S. 3 iVm § 2d Abs. 1 BEEG auch nicht von positiven Einkünften, sondern allgemein von Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit. Da der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres auch negativ sein kann, wenn das Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres geringer ausfällt als das Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, kann der Gewinn iS des § 4 Abs. 1 S. 1 EStG auch negativ sein (sog negativer Gewinn, Verlust). Systematische Erwägungen stehen dieser Auslegung des Begriffs des „Einkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit“ in § 2b Abs. 3 BEEG nicht entgegen. Zwar regelt § 2d Abs. 1 BEEG, dass die monatlich durchschnittlich zu berücksichtigende Summe der positiven Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit (Gewinneinkünfte), vermindert um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben nach den §§ 2e und 2f BEEG, das Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit ergibt. Diese Vorschrift ist jedoch nicht als Legaldefinition zu verstehen, die bereits in die Bestimmung des Bemessungszeitraums nach § 2b Abs. 2, Abs. 3 BEEG Eingang finden soll, denn der Gesetzgeber hat die Bestimmung des Bemessungszeitraums nach § 2b BEEG von der Berechnung der Höhe des Einkommens aus Erwerbstätigkeit im Bemessungszeitraum nach §§ 2c, 2d BEEG systematisch getrennt. Die Vorläuferregelung des § 2 Abs. 9 S. 1 BEEG aF traf Regelungen sowohl zur Bestimmung des Bemessungszeitraums als auch zur Berechnung der Höhe des Einkommens im Bemessungszeitraum. Mit dem Gesetz zur Vereinfachung des Elterngeldvollzugs vom 10.9.2012 (BGBl I 1878) hat der Gesetzgeber § 2 BEEG zur besseren Lesbarkeit und Verständlichkeit neu strukturiert. Dabei wurden die Regelungen des bisherigen § 2 Abs. 7 bis 9 BEEG im Wesentlichen in die neu eingefügten Vorschriften der §§ 2b bis 2f BEEG überführt (BT-Drucks 17/9841 S. 17). Es erfolgte eine Trennung der Regelungen zur Bestimmung des Bemessungszeitraums einerseits (§ 2b Abs. 3 BEEG) und zur Berechnung der Höhe des Einkommens im Bemessungszeitraum andererseits (§ 2d BEEG). Der in § 2 Abs. 9 S. 1 BEEG aF verwendete Begriff des „Gewinns“ fand dabei nur Eingang in den § 2d BEEG, nicht aber in den § 2b Abs. 3 BEEG. Die Bestimmung des Bemessungszeitraums hängt somit nicht mehr davon ab, ob die berechtigte Person aus ihrer Erwerbstätigkeit Gewinn erzielt hat, sondern nur davon, ob sie Einkommen (nur) aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit (§ 2b Abs. 1 BEEG), (nur) aus selbstständiger Erwerbstätigkeit (§ 2b Abs. 2 BEEG) oder sowohl aus nichtselbständiger als auch aus selbständiger Erwerbstätigkeit hatte (§ 2b Abs. 3 BEEG). Daher ist im Regelungsgefüge des § 2b BEEG ein Einkommen der Art nach gemeint, dh ein Einkommen aus nichtselbständiger oder selbstständiger Erwerbstätigkeit, und nicht ein Positiveinkommen … findet die vom Senat zu § 2 Abs. 9 BEEG aF entwickelte Rechtsprechung (vgl hierzu …) entgegen der Ansicht des LSG auf § 2b Abs. 3 BEEG keine Anwendung mehr.“
Einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz hat das BSG mit folgender Begründung verneint:
„Die mit der Typisierung verbundene Belastung ist hinzunehmen, wenn die durch sie eintretenden Härten oder Ungerechtigkeiten nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen und nicht nur eine, wenn auch zahlenmäßig begrenzte, Gruppe typischer Fälle (BVerfGE 9, 20, 31; BVerfGE 26, 265, 275 f; BVerfGE 63, 119, 128, 130 = SozR 2200 § 1255 Nr. 17 S. 36, 38). Zudem dürfen die mit der Typisierung einhergehenden Härten nicht besonders schwer wiegen und nur unter Schwierigkeiten vermeidbar sein (BVerfGE 111, 115, 137 = SozR 4-8570 § 6 Nr. 3 RdNr. 39; BVerfGE 111, 176, 188 = SozR 4-7833 § 1 Nr. 4 RdNr. 37). Hierbei sind auch praktische Erfordernisse der Verwaltung von Gewicht. Auch wenn die Anwendung des § 2b Abs. 3 S. 1 BEEG im konkreten Fall zu keiner weitergehenden Vereinfachung des Elterngeldvollzugs führt, erweist sie sich nach diesen Vorgaben nicht als unverhältnismäßig. Die mit der gesetzlichen Regelung in Fällen wie dem der Klägerin verbundenen Härten ließen sich nur unter Schwierigkeiten vermeiden. Denn eine enge Auslegung des Einkommensbegriffs im Rahmen von § 2b Abs. 3 BEEG würde in ähnlichen Konstellationen … bereits bei der Bestimmung des Bemessungszeitraums eine aufwändige Gewinnermittlung erforderlich machen. Dies würde den vom Gesetzgeber angestrebten, legitimen Vereinfachungseffekt zugunsten von Verwaltung und Elterngeldberechtigten weitgehend aufheben. Die mit der gesetzlichen Regelung für die Klägerin verbundene Härte wiegt für sie auch nicht besonders schwer. Sie wird nicht vom Elterngeldbezug ausgeschlossen, sondern bezieht ihr Elterngeld lediglich auf Grundlage ihres Einkommens in einem anderen Bemessungszeitraum. Zwar erhält die Klägerin dadurch weniger Elterngeld als erwartet, weil sie in den Jahren 2011 und 2012 – anders als in den letzten zwölf Kalendermonaten vor der Geburt ihres zweiten Kindes – noch keine nebenberufliche nichtselbstständige Erwerbstätigkeit ausgeübt hatte. Die angestrebte Optimierung des Elterngeldanspruchs durch Aufnahme weiterer Erwerbstätigkeiten vor der Geburt mag ein nachvollziehbares Ziel der berechtigten Person sein, braucht aber nicht höher gewichtet werden als die praktischen Erfordernisse der Verwaltung. Die Klägerin gehört auch nicht zu einer nennenswerten Gruppe vergleichbarer Elterngeldbezieher, deren Existenz die Befugnis des Gesetzgebers zur Typisierung in atypischen Sonderfällen überschreiten könnte. Der Bemessungszeitraum hat sich bei der Klägerin vielmehr nur deshalb verschoben, weil sie im letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt des Kindes neben ihrer hauptberuflichen nichtselbstständigen Tätigkeit einer – danach wieder aufgegebenen – gewerblichen Tätigkeit nachgegangen ist und damit nur Verluste erzielt hat. Es ist nicht ersichtlich, dass eine derartige ungewöhnliche Konstellation eine, wenn auch zahlenmäßig begrenzte, eigenständige Gruppe typischer Fälle ausmacht. Vielmehr geht die Verschiebung des Bemessungszeitraums vom Zwölfmonatszeitraum vor dem Geburtsmonat des Kindes zurück auf die maßgeblichen steuerlichen Veranlagungszeiträume nicht zwingend mit einem niedrigeren Bemessungseinkommen einher. Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit sind bereits ihrer Natur nach nicht so stet und vorhersehbar wie solche aus nichtselbstständiger Tätigkeit. Zudem können sie von den Berechtigten regelmäßig leichter beeinflusst werden.“
Der Senat schließt sich der neuen BSG-Rechtsprechung vollumfänglich an und kommt deswegen zu einem für die Klägerin ungünstigen Ergebnis. Diese macht allerdings geltend, das BSG habe angedeutet, bei entsprechenden Härtefällen könne eine abweichende Beurteilung geboten sein. In ihrem Fall sei ein solcher Härtefall gegeben; der bei ihr vorliegende Sachverhalt unterscheide sich signifikant von dem des BSG-Urteils vom 27.10.2016 – B 10 EG 5/15 R. Sie beruft sich insbesondere darauf, bei ihr bestehe die Besonderheit, dass die selbständige Tätigkeit bereits beendet gewesen sei, als der Zwölfmonatszeitraum begonnen habe. Daher müsse aus verfassungsrechtlichen Gründen der Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt Bemessungszeitraum sein.
Der Klägerin kann darin nicht beigepflichtet werden. Zunächst stellt der Senat fest, dass deren selbständige Tätigkeit im Sinn des Vorhandenseins von Unternehmerinitiative und Unternehmerrisiko bis einschließlich 13.05.2012 ausgeübt worden war; das hat die Klägerin stets behauptet und wird auch durch den Zeitpunkt der Gewerbeabmeldung belegt.
Falsch ist schon die Annahme der Klägerin, mit dem Beginn des Zwölfmonatszeitraums sei ihre selbständige Tätigkeit bereits beendet gewesen. Da bei der Klägerin eine Verschiebung in die Vergangenheit wegen des Bezugs von Mutterschaftsgeld stattgefunden hätte, hätte sich der Zwölfmonatszeitraum von Mai 2012 bis April 2013 erstreckt. Angesichts dessen bleibt zu konstatieren, dass die selbständige Tätigkeit durchaus in den Zwölfmonatszeitraum hineingereicht hat. Der Sachverhalt, den die Klägerin behauptet und der nach ihrer Ansicht eine besondere Härte begründet, liegt somit überhaupt nicht vor.
Unabhängig davon zeigt ein Vergleich mit dem der BSG-Entscheidung vom 27.10.2016 – B 10 EG 5/15 R zugrunde liegenden Sachverhalt, dass der Fall der Klägerin gerade nicht anders behandelt werden darf, als es das BSG seinerzeit getan hat. Denn bei der Klägerin im Fall B 10 EG 5/15 R war definitiv die selbständige Tätigkeit bereits beendet, bevor der Zwölfmonatszeitraum anlief. Das BSG hat in Rn. 17 des Urteils vom 27.10.2016 (juris-Dokument) angegeben, der Zwölfmonatszeitraum würde sich von November 2012 bis Oktober 2013 erstrecken, wobei die fragliche gewerbliche Tätigkeit vom 01.04. bis 20.10.2012 ausgeübt worden war. Es erscheint kurios, dass die Klägerin im hier vorliegenden Fall einen Unterschied zum BSG-Fall für sich reklamiert, der zwar tatsächlich gegeben ist, in Wahrheit aber gerade andersherum, als es die Klägerin meint. Der chronologische Ablauf im BSG-Fall lässt weitaus eher als bei ihr an eine Härte denken.
Selbst wenn die Klägerin ihre selbständige Tätigkeit schon vor Beginn des Zwölfmonatszeitraums beendet hätte, wäre es nicht verfassungsrechtlich geboten, für eine derartige Konstellation eine Sonderregelung vorzusehen. Insoweit macht sich der Senat die oben wiedergegebenen verfassungsrechtlichen Erwägungen im BSG-Urteil vom 27.10.2016 – B 10 EG 5/15 R in vollem Umfang zu eigen. Darüber hinaus weist er auf Folgendes hin:
* Das Bundesverfassungsgericht verlangt bei Pauschalierungen und Typisierungen unter bestimmten Voraussetzungen Vorkehrungen des Gesetzgebers im Hinblick auf die (mit einer Benachteiligung verbundene) Ausblendung atypischer Fälle. Eine Ausblendung atypischer Fälle bewirkt abstrakt, dass eine (seltenere) Fallgestaltung B nach der auf die (häufigere) Fallgestaltung A „zugeschneiderten“ Methode behandelt wird, obwohl diese auf die Fallgestaltung B eigentlich nicht passt. Die bei der Klägerin vorgefundene Konstellation ist aber nicht in diesem Sinn atypisch. Denn sie erfährt die aus ihrer Sicht ungünstige Behandlung nicht deswegen, weil etwa der Gesetzgeber ihr anhaftende Eigenschaften oder Umstände, die bei konkreter Betrachtung an sich für die Rechtsfindung relevant wären, außer Betracht lässt. Die Regelung der Einkommensbemessung passt vielmehr zur Klägerin genauso gut oder schlecht wie zu jeder anderen Person. Der konkrete „Nachteil“ der Klägerin resultiert allein daraus, dass ihr Einkommen aus nichtselbständiger Arbeit im Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt deutlich höher war als in dem Kalenderjahreszeitraum vor der Geburt. Das aber beruht auf purem Zufall; die Klägerin hatte schlicht Pech. Es hätte bei ihr auch genau umgekehrt sein können, dass nämlich gerade im letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt ihre Einkünfte besonders hoch gewesen wären. Dann wäre die Klägerin mit dem Regularium zweifelsohne höchst zufrieden gewesen. So wie sich die Regelung für einen Teil der Leistungsberechtigten zufällig ungünstig auswirkt, wirkt sie sich für eine andere genauso große Zahl an Leistungsberechtigten zufällig günstig aus. Hätte der Gesetzgeber die von der Klägerin präferierte Lösung gewählt, den Zwölfmonatszeitraum immer dann anzuwenden, wenn innerhalb dessen keine selbständige Tätigkeit stattgefunden habe, würde dies generell betrachtet genau zu den gleichen Konsequenzen führen. Lediglich individuell wären andere Personen „Gewinner“ und „Verlierer“ der Regelung. Es handelt sich hier nicht um eine Zufallsabhängigkeit, die der Gesetzgeber im Sinn von „Willkürprävention“ ausschließen müsste, sondern um quasi schicksalhafte Gegebenheiten, an die im Leistungsrecht angeknüpft werden darf.
* Die Klägerin fordert, eine Verlagerung des Bemessungszeitraums im Sinn von § 2b Abs. 3 Satz 1 BEEG aF dürfe das Gesetz nur dann anordnen, wenn die selbständige Tätigkeit noch während des Zwölfmonatszeitraums ausgeübt worden sei. Unabhängig davon, dass das – was sie übersehen hat – gerade bei ihr der Fall war, würde diese zeitliche Zäsur der Lebenswirklichkeit nicht gerecht. Denn anders als bei abhängig Beschäftigten besteht bei Selbständigen eine signifikante Wahrscheinlichkeit, dass sie aus der selbständigen Tätigkeit auch nach deren „formeller“ Aufgabe noch Einkünfte beziehen.
* Das BSG hat im Urteil vom 27.10.2016 – B 10 EG 5/15 R überzeugend begründet, warum § 2b Abs. 3 Satz 1 BEEG aF auch dann greift, wenn das Einkommen aus selbständiger Tätigkeit Null beträgt. Diesbezüglich gilt es zu betonen, dass bei selbständig Tätigen typischer Weise der Einkommenszufluss zeitliche Schwankungen aufweist, die es nicht selten als Zufall erscheinen lassen, ob jemand in einer bestimmten begrenzten Phase positive Einkünfte hat oder nicht. Darin liegt ein gravierender Unterschied zu abhängig Beschäftigten, bei denen gerade der regelmäßige Zufluss der Erwerbseinkünfte typisch ist. Bei selbständig Tätigen besitzt dagegen der Umstand, dass während eines bestimmten Zeitraums keine positiven Erwerbseinkünfte zu verzeichnen sind, nicht den Aussagegehalt, diese temporäre Erscheinung sei repräsentativ für den Charakter der Tätigkeit.
* Ausschließlich „Gewinner“ gäbe es nur dann, wenn der Gesetzgeber eine Wahlmöglichkeit der Bemessungszeiträume vorsähe. Dazu ist er aber von Verfassungs wegen nicht verpflichtet.
– Wiederum macht der besagte Umstand, dass die aus der Existenz nur einer einzigen Berechnungsschiene resultierenden Nachteile zufällig und schicksalhaft erscheinen, diese Berechnungstechnik bei genereller Betrachtung verfassungsrechtlich hinnehmbar. Man vermag keinerlei benachteiligende Tendenz des Regelwerks festzustellen.
– Der Gesetzgeber hat nicht von vornherein die Pflicht, ein aus Sicht des Einzelnen optimiertes Leistungssystem zur Verfügung zu stellen; er muss nicht nach einer individuell optimalen Lösung trachten. Wollte der Gesetzgeber in Verfolgung dieses Ziels die Normen entsprechend differenziert fassen, wäre er mit einem solchen Unterfangen massiv überfordert. Würde er dagegen bloße Generalklauseln vorsehen, welche letztendlich Einzelfallgerechtigkeit gewährleisten sollten, läge – ungeachtet des Problems der Normenbestimmtheit – die Überforderung bei der Verwaltung.
– Ein Wahlrecht ist, wenn überhaupt, nur dann in Betracht zu ziehen, wenn die zufällige Benachteiligung für eine erhebliche Zahl an Betroffenen unerträglich wäre. Das ist hier sicherlich nicht der Fall. Bei genauer Betrachtung verbleibt nur ein sehr kleiner Personenkreis, der dafür in Frage käme. Für seltene Sonderkonstellationen wie hier muss der Gesetzgeber keine speziellen Vorkehrungen treffen.
– Diejenigen, die ausschließlich unselbständig tätig sind, haben zumeist konstante Bezüge. Für diese erscheint es naheliegend, als für die Elterngeldbemessung prägenden Zeitraum denjenigen zu nehmen, der unmittelbar vor der Geburt liegt. Fraglos ist dessen Authentizität am größten. Ein Wahlrecht der ausschließlich unselbständig Tätigen wäre vor diesem Hintergrund unangebracht und kontraproduktiv.
– Bei ausschließlich selbständig Tätigen gilt im Prinzip nichts anders. Die Elterngeldbehörden ziehen als Bemessungszeitraum regelmäßig das nächstliegende Kalenderjahr vor der Geburt heran. Denn auch hier prägen die aktuellen oder in der jüngsten Vergangenheit liegenden Verhältnisse mehr, die weiter in der Vergangenheit liegenden dagegen weniger. So müsste auch hier ein Wahlrecht als unangebracht und kontraproduktiv beurteilt werden. Der Rückgriff auf den letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt (statt auf den Zwölfmonatszeitraum) ist bei selbständig Tätigen deswegen zulässig und unabdingbar, weil nur so sichergestellt ist, dass die Elterngeldbehörden die Vorarbeit der Finanzämter verwerten können. Ihnen kann schlechterdings nicht abverlangt werden, eigene Gewinnermittlungen anzustellen. Das Elterngeldrecht wäre dann nicht vollziehbar.
– Bei Mischtätigkeiten wie hier besteht das Problem, dass die für die jeweilige Einkunftsart optimal prägenden Zeiträume nicht deckungsgleich sind. Da aber einerseits aus Gründen verfassungsrechtlich gebotener Gleichbehandlung beide Einkommensarten in die Leistungsbemessung einfließen müssen und andererseits die Einheitlichkeit des Bemessungszeitraums alternativlos ist (vgl. BT-Drs. 17/9841, S. 21), bleibt nur der Rückgriff auf den letzten abgeschlossenen steuerlichen Veranlagungszeitraum vor der Geburt. Denn der Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt als einheitlicher Bemessungszeitraum würde die Elterngeldbehörden vor unüberwindliche Probleme stellen. Dann nämlich müssten diese in der Tat die Gewinne aus der selbständigen Tätigkeit selbst ermitteln.
Der Beklagte hat nicht nur den Bemessungszeitraum richtig festgelegt. Auch im Übrigen hat er die Höhe des Elterngelds korrekt berechnet. Insbesondere hat er keine Vergütungsbestandteile aus der Einkommensermittlung ausgeklammert, die er hätte berücksichtigen müssen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.