Aktenzeichen M 24 M 17.49735
VwGO § 172
AsylG § 80
Leitsatz
1 Die Kostenerinnerung wird nicht von dem in § 80 AsylG vorgesehenen Beschwerdeausschluss erfasst. Es handelt sich nicht um eine Beschwerde im Rechtssinn (vgl. OVG Münster BeckRS 2014, 57496). (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
2 Für die Feststellung des Gegenstandswerts für das gerichtliche Antragsverfahren auf gerichtliche Handlungen der Zwangsvollstreckung nach § 172 VwGO als Neben- bzw. Annexverfahren ist auf das zugrundeliegende Erkenntnisverfahren abzustellen (vgl. OVG Münster BeckRS 2010, 52795). (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
3 Bei einem Verpflichtungsausspruch hinsichtlich einer zuerkannten materiell-rechtlichen Rechtsposition in einem Gerichtsurteil in einer Asylstreitigkeit zeigt sich, dass das wirtschaftliche Interesse im gerichtlichen Vollstreckungsverfahren nicht gegenüber dem zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren gemindert ist. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Kostenerinnerung wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte (Erinnerungsführerin) hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Erinnerungsverfahren ist gerichtskostenfrei.
Gründe
I.
1. Zwischen den Verfahrensbeteiligten wurde mit Urteil vom 30. November 2016 (Az. M 24 K 16.31757) ein Klageverfahren, gerichtet auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylG unter Aufhebung der Nrn. 3, 4, 5 und 6 des Bescheides des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 5. Juli 2016, dahingehend entschieden, dass die Beklagte zur Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylG unter Aufhebung der Nrn. 3, 4, 5 und 6 des Bescheides des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 5. Juli 2016 verpflichtet wurde und der Beklagten die Kosten des Verfahrens auferlegt wurden. Auf Seiten des Klägers war die Bevollmächtigte tätig. Das Urteil erging als Entscheidung des Berichterstatters als Einzelrichter, nachdem ihm durch die Kammer der Rechtsstreit zur Entscheidung übertragen wurde (§ 76 Abs. 1 AsylG).
2. Unter Vorlage der Ausfertigung des Urteils vom 30. November 2016 – Az. M 24 K 16.31757 – beantragte die Klagepartei am 10. April 2017 die Vollstreckung aus dem Urteil vom 30. November 2016 (M 24 V 17.36832). Das gerichtliche Vollstreckungsverfahren wurde nach übereinstimmender Hauptsacheerledigungserklärung der Klagepartei vom 13. April 2017 und der Beklagten vom 24. März 2016 (Generalerklärung) mit Beschluss vom 13. April 2017 eingestellt und der Beklagten die Kosten des Verfahrens auferlegt.
3. Mit Schriftsatz der Bevollmächtigten vom 9. Mai 2017, eingegangen am 9. Mai 2017 beim Verwaltungsgericht München, beantragte die Klagepartei, die Kostenfestsetzung gemäß §§ 164, 173 VwGO i.V.m. § 103 ff. ZPO gegenüber der Beklagten auf der Grundlage des Beschlusses vom 13. April 2017 (Az. M 24 V 17.36832) vorzunehmen. Dem Kostenfestsetzungsantrag ging keine gerichtliche Gegenstandswertfestsetzung voraus. Die Bevollmächtigte der Klagepartei hat – bei Angabe eines Gegenstandswerts von € 5.000,00 -, unter Angabe der fehlenden Vorsteuerabzugsberechtigung des Antragstellers, im Kostenfestsetzungsantrag in Ansatz gebracht:
◦ 0,3 Verfahrensgebühr gem. § 13 RVG, Nr. 3309 VV RVG € 90,90
◦ Pauschale für Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG € 18,18 Zwischensumme netto 109,08 €
◦ Zzügl. 19% Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV RVG € 20,73 ergibt gesamt € 129,81.
4. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 12. Oktober 2017 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts München unter Zugrundelegung eines Gegenstandswerts von € 5.000,00 die Gebühren – dem Antrag entsprechend – als vom Verfahrensgegner zu erstattende notwendige Aufwendungen unter I. auf gesamt € 129,81 fest.
Der Kostenfestsetzungsbeschluss wurde der Beklagten am 16. Oktober 2017 zugestellt.
5. Mit unterschriftlich unterzeichnetem Schriftsatz vom 17. Oktober 2017, bei Gericht eingegangen am 20. Oktober 2017, der zuvor ohne unterschriftliche Unterzeichnung per Fax am 17. Oktober 2017 einging, beantragte die Antragsgegnerin (und Erinnerungsführerin) gegen den KFB gerichtliche Entscheidung mit dem Begehren dem Kostenfestsetzungsbeschluss einen Gegenstandswert von € 1.250,00 zugrundezulegen. Der Gegenstandswert bestimme sich nach § 25 Abs. 1 Nr. 3 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). In Anlehnung an Ziff. 1.7.1, Satz 2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit sei der Gegenstandswert für das Vollstreckungsverfahren mit einem Viertel des Gegenstandswerts der zugrundeliegenden Hauptsache zu bemessen.
Der Kläger (Erinnerungsgegner) trat den Ausführungen der Erinnerungsführerin entgegen. Der Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit komme in asylrechtlichen Verfahren nicht zur Anwendung. § 30 RVG treffe eine nicht auslegungsfähige, eindeutige Regelung. Allenfalls sei eine Reduzierung nach § 30 Abs. 2 RVG bei Unbilligkeit denkbar, jedoch könne bei der Sachlage davon nicht ausgegangen werden. Unbillig sei es vielmehr, wenn das BAMF die Anerkennungsbescheide nicht (zeitnah) erlasse. Der Gegenstandswert in Höhe von 5.000 € sei auch deshalb angemessen, weil ein Ausgleich dadurch erfolge, dass im Vollstreckungsverfahren nur eine 0,3 Gebühr anfalle, die die anwaltliche Tätigkeit kaum abdecke. Der Wert der Vollstreckung sei nicht weniger bedeutsam für die Klagepartei als der Urteilsausspruch. Von der Zustellung des Anerkennungsbescheides hingen weitgehende Rechte, nämlich das Recht auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis u.a. ab. Solange das BAMF den Bescheid nicht erstelle, gehe die obsiegende Klagepartei ihrer Rechte verlustig. Ein zeitlich rückwirkender Ausgleich des Rechtsverlusts für diesen Zeitraum, d.h. der Realisierung der Ansprüche sei nachträglich nicht mehr möglich. Auf die Ausführungen im Schriftsatz der Bevollmächtigten vom 27. Dezember 2017 wird verwiesen.
6. Die Kostenbeamtin half der Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 12. Oktober 2017 nicht ab und legte ihn zur Entscheidung des Gerichts vor.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die vorliegende Gerichtsakte und die vorstehend angeführten weiteren Gerichtsakten verwiesen.
II.
Die Kostenerinnerung ist zulässig, aber unbegründet.
1. Da die vorliegende Kostenerinnerung nicht gegen den Kostenansatz nach § 19 Gerichtskostengesetz -GKGgerichtet ist, richtet sich die funktionale Zuständigkeit nicht nach § 66 Abs. 1, Abs. 6 GKG. Für die Entscheidung über die Kostenerinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss nach §§ 164, 173 VwGO i.V.m. §§ 103 ff. ZPO ist funktionell zuständig, wer die zugrundeliegende Kosten(grund)-entscheidung getroffen hat (§ 165 S. 2, § 151 S. 1 VwGO).
Die funktionelle Zuständigkeit für die zugrundeliegende Kostengrundentscheidung richtet sich nach § 5 Abs. 3 Satz 2 VwGO i.V.m. § 76 Abs. 1 AsylG. Im Ausgangsverfahren (M 24 K 16. 31757) war der Berichterstatter nach Übertragung des Rechtsstreits auf ihn zur Entscheidung als Einzelrichter zuständig.
Die Entscheidung ergeht gemäß § 150 i.V.m. § 151 i.V.m. § 165 VwGO durch Beschluss, weswegen von einer mündliche Verhandlung abgesehen worden ist (§ 101 Abs. 3 VwGO).
2. Die Kostenerinnerung ist zulässig.
2.1. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist statthaft. Er wird nicht von dem in § 80 Asylgesetz (AsylG) vorgesehenen Beschwerdeausschluss erfasst. Denn es handelt sich bei der vorliegenden Kostenerinnerung schon „nicht um eine “Beschwerde“ im Rechtssinn, weil § 165 Satz 2 VwGO über die Verweisung auf § 151 VwGO und die dort in Satz 1 geregelte Möglichkeit, eine Entscheidung des Gerichts zu beantragen, und die in Satz 3 der vorgenannten Norm angeordnete entsprechende Geltung der für Beschwerden maßgeblichen Bestimmungen §§ 147 bis 149 VwGO nur die analoge Anwendbarkeit einzelner Vorschriften des Beschwerderechts regelt“ (OVG NRW, B.v. 16.10.2014 – 11 B 789/14.A – NVwZ-RR 2015, 359, juris Rn. 8).
2.2. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist gestellt (§§ 165, 151 VwGO).
3. Die Kostenerinnerung der Beklagten ist nicht begründet. Der der Kostenfestsetzung zugrundezulegende Gegenstandswert beträgt 5.000,- €.
3.1. Im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens gemäß §§ 164, 173 VwGO i.V.m. §§ 103 ff. ZPO werden auf Antrag durch Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten des ersten Rechtszugs die zwischen den Beteiligten des Rechtsstreits untereinander zu erstattenden Kosten festgesetzt (§ 164 VwGO). Die im Kostenfestsetzungsverfahrens gemäß §§ 164, 173 VwGO i.V.m. §§ 103 ff. ZPO zu erstattenden Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten. Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts sind stets erstattungsfähig (§ 162 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 VwGO).
3.2. Grundlage des Kostenfestsetzungsverfahrens nach § 164 VwGO ist die jeweilige vorangegangene Kostenentscheidung (Kostengrund- oder Kostenlastentscheidung) in einem Urteil, in einem Beschluss oder in einem gerichtlichen Vergleich, zu dem das Kostenfestsetzungsverfahren nur die zahlenmäßige Ergänzung bildet. Nach § 161 Abs. 1 VwGO trifft das Gericht die Entscheidung über die Verteilung der Kosten des Gerichtsverfahrens zwischen den Beteiligten des Gerichtsverfahrens als Grundlage für das gegenüber dem Prozessgegner als Drittem durchzuführende Kostenerstattungsverfahren nach § 164 VwGO. Von der Kostenerstattungsfähigkeit werden nur die in § 162 VwGO genannten Kosten erfasst.
3.3. Das Kostenerstattungsverfahren erfolgt auf der Grundlage des Gegenstandswerts in gerichtlichen Verfahren nach dem Asylgesetz, denn das vorliegende Verfahren nach § 172 VwGO ist eine asylrechtliche Streitigkeit. Da für die vorliegende asylrechtliche Streitigkeit nach § 172 VwGO in § 30 RVG unmittelbar keine Regelung des Gegenstandswerts enthalten ist, nach Maßgabe des § 83b AsylG das vorliegende Verfahren nach § 172 VwGO gerichtskostenfrei ist, ist zur Ermittlung des Gegenstandswerts auf die allgemeine Wertvorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 2 RVG zurückzugreifen, die ihrerseits die entsprechende Anwendung des jeweiligen Kostengesetzes, vorliegend § 52 Abs. 1 GKG, vorsieht (§ 2 i.V.m. Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG [VV], § 13 RVG i.V.m. Anlage 2 zu § 13 Abs. 1 Satz 3 RVG, § 30 RVG, § 23 Abs. 1 Satz 2 RVG, § 52 Abs. 1 GKG entspr.).
3.3.1. Das vorliegende gerichtliche Vollstreckungsantragsverfahren nach § 172 VwGO, auf das sich das Kostenfestsetzungserinnerungsverfahren bezieht, ist eine Streitigkeit nach dem AsylG, denn das zugrundeliegende Erkenntnisverfahren war eine Streitigkeit nach dem AsylG. Verfahren nach dem AsylG sind nicht nur die entsprechenden Hauptsacheverfahren und Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, sondern auch sämtliche Nebenverfahren (vgl. VGHBW, B.v. 28.2.2017 – A 2 S 271/17 – juris Rn. 2 m.w.d.Rspr. und Kommentarlit.; BayVGH, B.v. 22.5.2013 – 8 C 13.30078 – juris Rn. 6).
3.3.2. In Klageverfahren nach dem AsylG (bei Beteiligung nur einer natürlichen Person in demselben Verfahren) beträgt der Gegenstandswert € 5.000, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach dem AsylG € 2.500 (§ 30 Abs. 1 S. 1 RVG). Ist der nach Abs. 1 bestimmte Wert nach dem besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Wert festsetzen (§ 30 Abs. 2 RVG).
§ 30 Abs. 1 RVG bestimmt (unmittelbar) keinen Gegenstandswert für das gerichtliche Antragsverfahren auf gerichtliche Handlungen der Zwangsvollstreckung nach § 172 VwGO, denn das gerichtliche Verfahren nach § 172 VwGO ist weder ein Klageverfahren, noch ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutze nach der Verwaltungsgerichtsordnung und gilt aber auch nicht als ein solches unter dem gebührenrechtlichen Blickwinkel. Vielmehr handelt es sich nach dem Gerichtskostengesetz um ein „Besonderes Verfahren“ (vgl. Anlage 1 – zu § 3 Abs. 2 GKG – Kostenverzeichnis: Teil 5 Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit, Hauptabschnitt 1 Prozessverfahren, Hauptabschnitt 2 Vorläufiger Rechtsschutz, Hauptabschnitt 3 Besondere Verfahren) und auch nach dem RVG stellt es ein „Besonderes Verfahren“ dar (vgl. Anlage 1 – zu § 2 Abs. 2 RVG – Vergütungsverzeichnis: Teil 3 (u.a.) Verfahren der öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeiten, Abschnitt 3 Gebühren für besondere Verfahren, Unterabschnitt 3 Vollstreckung und Vollziehung). Eine unmittelbare Anwendung des § 30 Abs. 1 RVG scheidet bei asylrechtlichen Verfahren nach § 172 VwGO aus.
3.3.3. Es kann dahingestellt bleiben, ob eine analoge Anwendung des § 30 Abs. 1 RVG in Betracht kommen kann. Maßgeblich ist insoweit, dass keine Regelungslücke vorliegt, die nur mit einer analogen Anwendung des § 30 Abs. 1 RVG geschlossen werden könnte, um unbillige Ergebnisse zum Gegenstandswert bei asylrechtlichen Streitigkeiten, die nicht Klageverfahren und auch nicht Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes sind, zu vermeiden. Jedenfalls könnte bei einer Analogie des § 30 Abs. 1 RVG das asylrechtliche Verfahren nach § 172 VwGO als solches abstrakt weder einem asylrechtlichen Klageverfahren, noch gleichermaßen als solches abstrakt einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gleich erachtet werden, denn dies ließe außer Betracht, dass sich das gerichtliche Antragsverfahren auf gerichtliche Handlungen der Zwangsvollstreckung nach § 172 VwGO als Neben- bzw. Annexverfahren sich inhaltlich entweder auf einen Verpflichtungsausspruch in einem mit Urteil beendeten Klageverfahren (§ 113 Abs. 1 Satz 3, Abs. 5 VwGO) oder auf einen Verpflichtungsausspruch in einem mit Beschluss beendeten Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (§ 123 VwGO) bezieht.
3.3.4. Eine „Unbilligkeitskorrektur“ nach § 30 Abs. 2 RVG im Nachgang zu einer (analogen) Anwendung des § 30 Abs. 1 RVG oder eine (analoge) Anwendung des § 30 Abs. 2 RVG auf asylrechtliche Verfahren nach § 172 VwGO scheidet aus.
Nach § 30 Abs. 2 RVG kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Wert festsetzen, wenn der nach § 30 Abs. 1 RVG bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig ist. Das gesetzliche Erfordernis der „Unbilligkeit nach den besonderen Umständen des Einzelfalls“ schließt es aus, den Gegenstandswert des Verfahrens nach § 172 VwGO als Nebenverfahren zum vorausgegangenen Erkenntnisverfahren erfassen zu können, denn bei einem Nebenverfahren handelt es sich gerade um keine, auch keine besonderen, Umstände des Einzelfalls, vielmehr um abstrakte gesetzliche Strukturen. Auch eine pauschalierende abstrakte Betrachtung des Arbeitsaufwands des bevollmächtigten Rechtsanwalts mit der Mandatserfüllung für das Antragsverfahrens nach § 172 VwGO, aber auch die pauschalierende abstrakte Bewertung eines asylrechtlichen Nebenverfahren als Verfahrensart, das weder Klageverfahren, noch Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist, erfüllt unter dem gleichen Gesichtspunkt nicht die Voraussetzung der „auf besonderen Umständen des Einzelfalls beruhenden“ Unbilligkeit, so dass – bei analoger Anwendung des § 30 Abs. 1 RVG – eine Herabsetzung nach § 30 Abs. 2 RVG des regulär nach § 30 Abs. 1 RVG anzusetzenden – selbst bei dessen differenzierender Anwendung nach der Art des zugrundeliegenden Erkenntnisverfahrens – Gegenstandswerts ausgeschlossen ist.
3.3.5. Da die spezielle Vorschrift des § 30 Abs. 1 RVG keine unmittelbare Anwendung findet, ist auf die allgemeine Wertvorschrift des RVG, § 23 Abs. 1 RVG, abzustellen.
Zu beachten ist, dass auf das vorliegende Verfahren nach § 172 VwGO, da es eine asylrechtliche Streitigkeit ist, § 83b AsylG Anwendung findet mit der Folge, dass es gerichtskostenfrei ist. Für solchermaßen gerichtskostenfreie Verfahren sieht § 23 Abs. 1 Satz 2 RVG vor, dass die Wertvorschriften des jeweiligen Kostengesetzes entsprechende Anwendung finden zur Bemessung des Gegenstandswerts. Vorliegend ist gemäß § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit, soweit nichts anderes bestimmt ist – was vorliegend der Fall ist -, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
Für die Feststellung des Gegenstandswerts für das gerichtliche Antragsverfahren auf gerichtliche Handlungen der Zwangsvollstreckung nach § 172 VwGO als Neben- bzw. Annexverfahren ist auf das zugrundeliegende Erkenntnisverfahren abzustellen (überzeugend OVGNRW, B.v. 11.8.2010 – 8 E 555/10 – juris mit weiteren Nachweisen, auch zu abweichender Rechtsprechung; im Ergebnis auch VGHBW, B.v. 12.7.2000 – 13 S 352/00 – juris Rn. 3), das seiner Art nach ein Verpflichtungsausspruch in einem mit Urteil beendeten Klageverfahren (§ 113 Abs. 1 Satz 3, Abs. 5 VwGO) oder in einem mit Beschluss beendeten Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (§ 123 VwGO) sein kann. Gerade am Beispiel des Verpflichtungsausspruchs hinsichtlich einer zuerkannten materiell-rechtlichen Rechtsposition in einem Gerichtsurteil in einer Asylstreitigkeit zeigt sich, dass das wirtschaftliche Interesse im gerichtlichen Vollstreckungsverfahren nicht gegenüber dem zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren gemindert ist. Denn solange der gerichtliche Verpflichtungsausspruch im Nachgang nicht als Bescheid durch die Behörde der unterliegenden Beklagten umsetzt wird, aber erst an dessen Existenz nachfolgend andere (positive) Wirkungen wie z.B. die Erteilung eines Aufenthaltstitels mit Beschäftigungserlaubnis durch die Ausländerbehörde geknüpft werden, ist das wirtschaftliche Interesse im gerichtlichen Vollstreckungsverfahren gegenüber dem zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren schlechterdings nicht gemindert.
Dem Ansatz, bei der Ermittlung des Gegenstandswerts in einem Vollstreckungsverfahren nach § 172 VwGO auf die Höhe des beantragten festzusetzenden Zwangsgeldes unter Heranziehung des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit im Abschnitt Allgemeines, Unterpunkt Vollstreckung / weiterer Unterpunkt Selbständige Vollstreckungsverfahren [die Nummerierung wechselt im Zuge der jeweiligen Neuauflage des Streitwertkatalogs] abzustellen (so BayVGH, B.v. 18.1.2010 – 11 C 09.2813 – juris Rn. 30 ohne Begründung), wie die Erinnerungsführerin ihn vertritt, ist nicht zu folgen. Hiernach entspreche in selbständigen Vollstreckungsverfahrens der Streitwert der Höhe des festgesetzten Zwangsgeldes oder der geschätzten Kosten der Ersatzvornahme, im Übrigen betrage er ¼ des Streitwerts der Hauptsache.
Insoweit kann dahinstehen, ob diese Empfehlung des Streitwertkatalogs überhaupt das gerichtliche Vollstreckungsverfahren betrifft oder sich nur auf die Verwaltungsvollstreckung bezieht, denn jedenfalls sind die Empfehlungen des Streitwertkatalogs nachrangig gegenüber einer gesetzlichen Regelung, wie sie auch vorliegend einschlägig ist.
3.4. Bei dem zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren handelt es sich um ein Klageverfahren, für das der in § 30 Abs. 1 Satz 1 RVG vorgesehene Ausgangsbetrag bei einem Kläger 5.000,- € beträgt. Der Gegenstandswert für das vorliegende Verfahren bemisst sich nach § 23 Abs. 1 RVG, § 52 Abs. 1 GKG entspr. nach dem Wert des zugrundeliegenden Erkenntnisverfahrens und beträgt bei einem Kläger 5.000,- €.
4. Die Erinnerungsführerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, § 154 Abs. 1 VwGO.
Das (nach § 1 Abs. 2 Nr. 1, § 3 Abs. 2 Gerichtskostengesetz i.V.m. Anlage 1 Kostenverzeichnis – in Teil 5 nicht aufgeführte – und deshalb gerichtsgebührenfreie) Erinnerungsverfahren nach § 164 VwGO ist gemäß der spezielleren Vorschrift des § 83b AsylG gerichtskostenfrei.
5. Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).
Der Beschwerdeausschluss nach § 80 AsylG ist umfassend und gilt für alle Rechtsstreitigkeiten nach dem Asylgesetz (AsylG) einschließlich aller gerichtlichen Entscheidungen in Nebenverfahren (vgl. VGHBW, B.v. 28.2.2017 – A 2 S 271/17 – juris Rn. 2 m.w.d.Rspr. und Kom.lit.; BayVGH, B.v. 22.5.2013 – 8 C 13.30078 – juris Rn. 6). Dementsprechend ist nicht nur das ursprüngliche Erkenntnisverfahren eine Streitigkeit nach dem AsylG, sondern auch das Vollstreckungsverfahren nach § 172 VwGO samt der Gegenstandswertfestsetzung und das Kostenerinnerungsverfahren sind Streitigkeiten nach dem AsylG. Die „ältere“ Vorschrift des § 80 AsylG wird nicht durch die Vorschrift des § 1 Abs. 3 RVG seit ihrer Einführung durch das 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz (KostRMoG) zum 1. August 2013 verdrängt. Dass sich an dem Willen des Gesetzgebers, für Asylverfahren spezielle gerichtliche Vorschriften zu treffen und insbesondere Rechtsmittel jeglicher Art zu beschränken, durch die Einführung des § 1 Abs. 3 RVG etwas geändert haben sollte, findet in den Gesetzesmaterialien keine konkrete Stütze (vgl. BT-Drs. 17/11471, siehe ins. S. 266,154). Das Gericht schließt sich der Rechtsmeinung und den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg an (VGHBW, B.v. 28.2.2017 – A 2 S 271/17 – juris Rn. 3).