Aktenzeichen M 10 K 16.2888
VwGO VwGO § 40 Abs. 1, § 173
BayVwZVG BayVwZVG Art. 25 Abs. 1, Abs. 2
FGO FGO § 33 Abs. 1 Nr. 2
Leitsatz
Richtet sich die Klage gegen eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung (hier: Pfändungs- und Einziehungsverfügung) aus einem Leistungsbescheid und ist gemäß Art. 25 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 BayVwZVG das Finanzamt zur Vollstreckung nach Maßgabe der Bestimmungen der AO berufen, ist nach Art. 25 Abs. 2 S. 2 BayVwZVG iVm § 33 Abs. 1 Nr. 2 FGO der Rechtsweg zu den Finanzgerichten eröffnet (Anschluss an VG Ansbach BeckRS 2004, 32142; VG Leipzig BeckRS 9998, 30584; vgl. auch VG München BeckRS 2016, 52459). (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Der Verwaltungsrechtweg ist unzulässig.
II.
Der Rechtsstreit wird an das Finanzgericht München verwiesen.
III.
Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Gründe
I.
Der Kläger begehrt sinngemäß die Feststellung der Nichtigkeit einer vom Beklagten erlassenen Pfändungs- und Einziehungsverfügung.
Auf Vollstreckungsersuchen der Zentralen Bußgeldstelle im Bayerischen Polizeiverwaltungsamt … vom 1. Juli 2015 pfändete der Beklagte (Finanzamt München, Abteilung Erhebung) mit Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 8. September 2015 wegen Abgabenrückständen des Klägers in Höhe von insgesamt 142,82 Euro (einschließlich Gebühren und Auslagen) dessen gegenwärtige und zukünftige Ansprüche gegen die … Kreditbank AG (Drittschuldnerin) und ordnete die Einziehung bei Fälligkeit an (§§ 309 ff. Abgabenordnung – AO). Mit Schreiben vom 1. Oktober 2015 legte der Kläger „Widerspruch“ gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 20. November 2015 als unzulässig verwarf.
Mit Schreiben vom 30. Juni 2016, eingegangen am 1. Juli 2016, hat der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht München erhoben mit der Forderung der Feststellung der Nichtigkeit der Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 8. September 2015 nebst sofortiger Rückerstattung des illegal eingezogenen Betrags in Höhe von 142,82 Euro zzgl. einer Aufwandspauschale in Höhe von 80,00 Euro.
Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, es liege kein vollstreckbarer Titel vor; es handele sich um eine rechtswidrige Selbsttitulierung. Zudem seien die erforderlichen Formvoraussetzungen, insbesondere die Schriftform, nicht gewahrt. Insgesamt gebe es keine Rechtsgrundlage für eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung.
Mit Schreiben vom 7. Juli 2016 wies das Verwaltungsgericht darauf hin, dass es beabsichtige, den Rechtsstreit an die Finanzgerichtsbarkeit zu verweisen, und gab den Parteien insoweit Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen.
Unter dem 13. Juli 2016 erklärte sich der Beklagte mit der Rechtswegverweisung einverstanden. Der Kläger hat sich binnen gesetzter Frist nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags des Klägers wird auf den Inhalt der Gerichtakte sowie der vom Beklagten vorgelegten Behördenakte verwiesen.
II.
Nach § 173 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i. V. m. § 17a Abs. 2 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) ist die Unzulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs festzustellen und der Rechtsstreit an das zuständige Finanzgericht München zu verweisen.
Für das vorliegende Verfahren ist nicht der Verwaltungsrechtsweg, sondern der Rechtsweg zu den Finanzgerichten eröffnet.
Nach § 40 Abs. 1 VwGO ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderem Gericht ausdrücklich zugewiesen sind.
Eine solche Zuweisung ist im vorliegenden Fall nach der Finanzgerichtsordnung (FGO) gegeben:
Der Kläger begehrt sinngemäß die Feststellung der Nichtigkeit der Pfändungs- und Einziehungsverfügung des Beklagten vom 8. September 2015.
Da diese Maßnahme der Zwangsvollstreckung vorliegend auf einem Leistungsbescheid des Staates (Bußgeldbescheid der Zentralen Bußgeldstelle im Bayerischen Polizeiverwaltungsamt vom 26.3.2016) beruht, sind insoweit die Finanzämter zu ihrer Durchführung berufen; für das Verfahren der Finanzämter gelten die Vorschriften der Abgabenordnung entsprechend (Art. 25 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz – VwZVG – i. V. m. §§ 249 ff. Abgabenordnung – AO).
Soweit nicht ein anderer Rechtsweg ausdrücklich gegeben ist, findet hierbei die Finanzgerichtsordnung Anwendung (Art. 25 Abs. 2 Satz 2 VwZVG). Damit wird eine Rechtswegzuweisung vorgenommen (§ 33 Abs. 1 Nr. 2 FGO) vor dem Hintergrund, in diesen Fällen den Finanzämtern die ihnen vertraute Verfahrensordnung zuzuweisen (VG Ansbach, B. v. 10.11.2004 – AN 11 K 04.01535 – juris; VG Leipzig, B. v. 24.2.1998 – NVwZ-RR 1999,158).
Der Rechtsstreit ist daher nach Anhörung der Beteiligten von Amts wegen an des nach §§ 35, 38 Abs. 1 FGO sachlich und örtlich zuständige Finanzgericht München zu verweisen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt gemäß § 173 VwGO i. V. m. § 17b GVG der Entscheidung des Finanzgerichts vorbehalten.