Aktenzeichen M 4 S 16.31708
AsylG AsylG § 33 Abs. 2 Nr. 1
Leitsatz
Der Antragsteller hat das Verfahren so zu betreiben, dass er für die Behörde postalisch erreichbar ist. Ist wegen einer gröblichen Verletzung der Mitwirkungspflicht des Antragstellers eine postalische Zustellung nicht möglich, wird nach § 33 Abs. 2 Nr. 1 AsylG vermutet, dass das Verfahren nicht betrieben wird. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
I.
Die Antragstellerin – eine irakische Staatangehörige – begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen einen Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt), nach dem ihr Asylantrag als zurückgenommen gilt.
Die im Juni 2012 in das Bundesgebiet eingereiste Antragstellerin betrieb erfolglos ein Asylverfahren.
Am 7. Juli 2014 stellte sie einen Asylfolgeantrag. Mehrere Schreiben wurden an die Antragstellerin mit PZU an die von ihr genannte Adresse „…“ zugestellt. Die Antragstellerin wurde dabei auch aufgefordert, das Verfahren zu betreiben und über die Folgen des Nichtbetreibens belehrt. Auf der Postzustellungsurkunde wurde vom Postbediensteten jedes Mal angekreuzt, „Adressat unter der Anschrift nicht zu ermitteln“.
Mit Bescheid vom 30. Juni 2016 stellte die Antragsgegnerin fest, dass der Asylantrag als zurückgenommen gelte, und stellte das Asylverfahren ein (Ziff. 1). Geleichzeitig stellte sie fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziff. 2) und drohte der Antragstellerin für den Fall nicht freiwilligen Verlassens der Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche die Abschiebung in den Irak oder in einen anderen aufnahmebereiten oder zur Aufnahme verpflichteten Staat an (Ziff.3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG befristete sie auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziff. 4).
Zur Begründung führte die Antragsgegnerin an, die Antragstellerin sei seit dem 17. August 2015 untergetaucht. Daher werde nach § 33 Abs. 2 Nr. 1 AsylG vermutet, dass sie das Verfahren nicht betreibe. Der Bescheid wurde ebenfalls mit PZU zugestellt.
Die Antragstellerin erhob zur Niederschrift am 13. Juli 2016 Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes, über die noch nicht entschieden ist (M 4 K 16.31707).
Gleichzeitig beantragte sie nach § 80 Abs. 5 VwGO,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung anzuordnen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin nicht untergetaucht sei; ihre Anschrift sei der Behörde zu jeder Zeit bekannt gewesen.
Die Antragsgegnerin äußerte sich im Verfahren nicht und legte die Bundesamtsakten vor. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegte Akte des Bundesamtes sowie die Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist zulässig, er bleibt in der Sache ohne Erfolg.
1. Der Antrag ist zulässig; er wurde rechtzeitig innerhalb der 2-Wochen-Frist gestellt.
2. Der Antrag ist unbegründet.
a) Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine originäre Ermessensentscheidung. Es hat bei der Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem öffentlichen Interesse an der vom Gesetzgeber vorgesehenen sofortigen Vollziehung des Bescheides und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens dagegen nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer Interessenabwägung.
Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs überwiegt das öffentliche Interesse, weil sich der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamtes nach summarischer Prüfung als rechtmäßig erweist.
Nach § 33 Abs. 1 AsylG in der Fassung von Art. 1 Nr. 7 des Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11. März 2016 (BGBl. I, S. 390 f.) gilt der Asylantrag als zurückgenommen, wenn der Ausländer das Verfahren nicht betreibt. Nach § 33 Abs. 2 Nr. 1 bzw. Nr. 2 AsylG n. F. wird vermutet, dass der Ausländer das Verfahren nicht betreibt, wenn er einer Aufforderung zur Vorlage von für den Antrag wesentlichen Informationen gemäß § 15 oder einer Aufforderung zur Anhörung gemäß § 25 nicht nachgekommen ist oder wenn er untergetaucht ist. Dieser Tatbestand ist im Falle der Antragstellerin erfüllt.
b) Gegen den Bescheid und die Rechtmäßigkeit der angegriffenen, an die Ausreisefrist von einer Woche anknüpfende Abschiebungsandrohung, bestehen keine ernstlichen Zweifel. Das Gericht folgt zunächst den Ausführungen des Bundesamtes im angefochtenen Bescheid und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Ergänzend wird ausgeführt:
aa) Die Antragsgegnerin durfte zu Recht davon ausgehen, dass die Antragstellerin untergetaucht ist. Die Antragstellerin hat ihre Mitwirkungspflichten gröblich verletzt; ein Nichtvertreten ist nicht erkennbar. Es ist Aufgabe der Antragstellerin, ihr Asylverfahren so zu betreiben, dass sie für die Behörde postalisch erreichbar ist. Die Antragsgegnerin hat die Antragstellerin unter der ihr von der Antragstellerin genannten Adresse zur Anhörung geladen und zu einer schriftlichen Stellungnahme aufgefordert und auch entsprechend § 33 Abs. 4 AsylG belehrt. Soweit die Antragstellerin vorträgt, beide Schreiben hätten sie nicht erreicht, weil sie „falsch“ adressiert gewesen seien, ist dies auf eine gröbliche Verletzung der Mitwirkungspflicht der Antragstellerin zurückzuführen. Die Antragstellerin hat dafür Sorge zu tragen, dass sie Post unter der Anschrift, unter der sie wohnt, erreicht.
bb) Die Ablehnung mit der Folge des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung erfasst auch die Verneinung des subsidiären Schutzes und des Vorliegens von (nationalen) Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Auch insoweit hat die Antragstellerin bis zum maßgeblichen Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung nichts vorgetragen.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).