Aktenzeichen RN 3 K 15.1219
BayHSchG BayHSchG Art. 21
BayRaPO BayRaPO § 3
VwGO VwGO § 113 Abs. 1 S. 4
Leitsatz
1. Die Prüfungstätigkeit eines Hochschullehrers ist als Ausfluss und Ergebnis der Lehre dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 GG zuzuordnen und daher eine Klagebefugnis gegen die Annullierung einer von ihm mit gestalteten Prüfung zu bejahen. (redaktioneller Leitsatz)
2. § 3 Abs. 2 der Rahmenprüfungsordnung für die Fachhochschulen (BayRAPO) ist zu entnehmen, dass der Prüfungsausschuss als Prüfungsorgan iSv § 3 Abs. 1 BayRaPO für die Aufhebung der gesamten Prüfungsbewertungen einer Modulprüfung das zuständige Organ ist. (redaktioneller Leitsatz)
3. Art. 12 Abs. 1 GG gebietet es im Lichte des im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 GG) verankerten Grundsatzes des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit, Studierende im Falle einer Feststellung der Rechtswidrigkeit der Aufhebung der Prüfungsbewertungen nach mehr als 18 Monaten nach Ablegen und Bestehen der erneuten Prüfung in einem Modul nicht mit der Unsicherheit einer möglichen Aufhebung ihrer Prüfungsbewertungen nach Art. 48 BayVwVfG zu belasten. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Das Urteil ist in Ziffer II vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Dem Kläger kommt ein Anspruch auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Aufhebung der Prüfung/Prüfungsbewertungen der Modulprüfung „Grundlagen der Fertigungstechnik“ im Sommersemester 2014 durch den Präsidenten der Hochschule 1…nicht zu.
Die Klage erweist sich zwar als zulässig.
Für das Begehren des Klägers, die Rechtswidrigkeit der Prüfungsaufhebung der Modulprüfung „Grundlagen der Fertigungstechnik“ im Sommersemester 2014 – soweit den Kläger betreffend – festzustellen, kommt nach Auffassung des Gerichts als statthafte Klageart die Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog in Betracht.
Der hierfür erforderliche Verwaltungsakt ist in der Aufhebung der Prüfungsbewertungen in ihrer Gesamtheit durch die Schreiben des Präsidenten der Hochschule 1… vom 22. Oktober und 30. Oktober 2014 gegenüber den betroffenen Studierenden zu sehen. In diesem Verhältnis der Hochschule zu den Studierenden bzw. Teilnehmern der genannten Prüfung wird mit der umfassenden Aufhebung der gesamten Prüfung bzw. aller Prüfungsbewertungen das Prüfungsrechtsverhältnis rechtserheblich gestaltet, unabhängig davon, ob das Ergebnis einer Modulprüfung als angreifbarer Verwaltungsakt zu sehen ist.
Als „Akt“ der Aufhebung liegen alleine die Schreiben des Präsidenten der Hochschule vom 22. Oktober und 30. Oktober 2014 vor, die zwar nicht an die Teilnehmer der Prüfung „Grundlagen der Fertigungstechnik“ im Sommersemester 2014, sondern an den Vorsitzenden der Prüfungskommission und den Dekan der Fakultät Maschinenbau gerichtet sind mit dem Auftrag, eine Wiederholung der Prüfung zu organisieren. Diese Schreiben wurden jedoch über Internet und Aushang an der Hochschule bekannt gegeben und unterrichteten die Studierenden über die vollumfängliche Aufhebung ihrer Prüfung. Dadurch sollte nach dem objektiven Empfängerhorizont für die betroffenen Studenten erkennbar eine Regelung getroffen werden, welche durch hochschulinternen Aushang und Einstellen im Internet in Form der Allgemeinverfügung öffentlich bekannt gegeben wurde.
Dahingestellt kann bleiben, ob nach dem Vortrag der Beklagten die Aufhebung der Prüfungsbewertungen erst mit der Herausnahme der vergebenen Noten aus dem elektronischen Studienbuch zu sehen ist oder ob sich dies lediglich als Vollzugsakt der Entscheidung des Präsidenten darstellt. Einzelanschreiben mit Informationen des jeweiligen Prüflings über die Aufhebung seiner Prüfungsbewertung sind jedenfalls nicht erfolgt.
Sieht man – wie vorliegend angenommen – in den öffentlich bekannt gegeben Schreiben des Präsidenten der Hochschule vom 22. Oktober und 30. Oktober 2014 einen Verwaltungsakt gegenüber den betroffenen Studierenden, kann ebenfalls dahingestellt bleiben, ob die Prüfungsannullierung gegenüber dem Kläger als Prüfer und Aufgabensteller in seinem Verhältnis zur Hochschule als Verwaltungsakt und damit eine Betroffenheit in seinem Grundverhältnis gegeben ist.
Dieser Verwaltungsakt hat sich mit der Durchführung der Wiederholungsprüfung im Dezember 2014 vor Klageerhebung erledigt.
Das für eine Fortsetzungsfeststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse kann in dem Gedanken der Rehabilitation des Klägers gesehen werden, da die Schreiben des Präsidenten der Hochschule vom 22. Oktober und 30. Oktober 2014 mit Benennung der betroffenen Prüfung „Grundlagen der Fertigungstechnik“ und der betroffenen Prüfer nicht nur hochschulintern, sondern nach Angaben des Klägers auch im Internet veröffentlicht wurde.
Anders als die Beklagte meint, kann sich der Kläger für die im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage erforderliche Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO analog auch auf Art. 5 Abs. 3 GG stützen.
Ob die Prüfungstätigkeit eines Hochschullehrers unter die durch Art. 5 Abs. 3 GG geschützte Lehrfreiheit fällt, ist höchstrichterlich nicht geklärt. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 29. Mai 1973 (1 BvR 424/71, 1 BvR 325/72) ausgeführt, dass Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG dem Wissenschaftler einen gegen Eingriffe des Staates geschützten Freiraum gewährleistet, der vor allem die auf wissenschaftliche Eigengesetzlichkeit beruhenden Prozesse, Verhaltensweisen und Entscheidungen bei dem Auffinden von Erkenntnissen, ihrer Deutung und Weitergabe umfasst, sich aber mit der Frage, inwieweit die Prüfungstätigkeit eines Hochschullehrers dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 GG unterfällt und mithin der Lehre zuzurechnen ist, nicht auseinandergesetzt. Auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 13. April 2010 (1 BvR 216/07), wonach Fachhochschullehrer, denen die eigenständige Vertretung eines wissenschaftlichen Faches in Forschung und Lehre übertragen worden ist, sich auf die Freiheit von Wissenschaft, Lehre und Forschung (Art. 5 Abs. 3 GG) berufen können, beantwortet dies nicht. Das Bundesverfassungsgericht hat hier als Kern der vorbehaltslos gewährten Lehrfreiheit insbesondere die freie Wahl von Inhalt und Methode der Lehrveranstaltungen gesehen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinen Entscheidungen vom 16. Dezember 1985 (Az. 7 B 233 und 234.84, NVwZ 1986, 376) und vom 18. August 1997 (Az. 6 B 15/97 – juris – hier ging es um die Zuerkennung einer Prüfungsverhinderung) die Frage, ob die Prüfungstätigkeit eines Hochschullehrers in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 GG fällt, offen gelassen.
Während sich die herrschende Meinung in der Literatur dafür ausspricht, dass auch die Prüfungstätigkeit der durch Art. 5 Abs. 3 GG geschützten Lehrfreiheit zuzurechnen ist, so dass prüfende Professoren bereits aus verfassungsrechtlichen Gründen unabhängig und weisungsfrei sind (so u. a. Jarras/Pieroth, Grundgesetz, Komm., 10. Aufl., Rn. 123 zu Art. 5 GG; Grzeszik in Geis, Hochschulrecht im Freistaat Bayern, 2009, Rn. 208), wird die gegensätzliche Auffassung von Niehus vertreten. Danach ändert der Umstand, dass die Gestaltung der Hochschulprüfungsordnungen mit ihren Vorgaben für den zulässigen Prüfungsstoff „wissenschaftsrelevante Angelegenheiten“ sind, nichts daran, dass die im Einzelfall vorzunehmende Bewertung der individuellen Leistungen und Fähigkeiten des einzelnen Prüflings ein „normaler Prüfungsvorgang“ ist, der nicht durch die Wissenschafts-, Forschungs- und Lehrfreiheit des Art. 5 Abs. 3 GG modifiziert ist (so Niehus/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl., Rn. 796). Während das Verwaltungsgericht München in seiner Entscheidung vom 7. Januar 2002 (Az. M 3 K 01.2675 – juris; so auch OVG Berlin, U.v. 13.9.1984 – DVBl. 1985, 1088) die Bewertung einer Diplomprüfungsarbeit nicht als durch Art. 5 Abs. 3 GG geschützt angesehen hat, hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Entscheidung vom 12. September 1984 (Az. 7 CE 84.A 1563, DÖV 1985, 496) das Abhalten von Prüfungen dem Schutzbereich der durch Art. 5 Abs. 3 GG garantierten Freiheit der Lehre zugerechnet. Letztendlich hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 14. Oktober 2002 (Az. 7 ZB 02.1231 – juris) diese Frage offen gelassen.
Aus Sicht des Gerichts ist nach alledem die Prüfungstätigkeit eines Hochschullehrers als Ausfluss und Ergebnis der Lehre dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 GG zuzuordnen und eine Klagebefugnis des Klägers damit zu bejahen.
Die Klage erweist sich allerdings als unbegründet, denn unabhängig von der Frage der formellen und materiellen Rechtmäßigkeit der Aufhebung der gesamten Prüfung „Grundlagen der Fertigungstechnik“ bzw. der gesamten Prüfungsbewertungen durch den Präsidenten der Hochschule 1… ist eine zum Erfolg der Klage führende Rechtsverletzung des Klägers (soweit ihn betreffend) nicht gegeben.
Für die Aufhebung der Prüfung „Grundlagen der Fertigungstechnik“ im Sommersemester 2014 mit Schreiben des Präsidenten der Hochschule 1… vom 22. Oktober 2014 (Teilprüfung des Klägers) und vom 30. Oktober 2014 (Aufhebung der gesamten Prüfung), ist eine Befugnis des Präsidenten allerdings hierfür nicht ersichtlich.
Anders als die Beklagte meint, kann in den genannten Schreiben des Präsidenten, welche an den Dekan der Fakultät Maschinenbau und den Vorsitzenden der Prüfungskommission der Fakultät Maschinenbau gerichtet sind, nicht der Wille des Präsidenten gesehen werden, die Aufhebung der Prüfungsbewertungen einem anderen Organ der Hochschule zu überantworten. Vielmehr spricht der Wortlaut dieser Schreiben „Ich hebe die Teilprüfung II von Herrn Prof. Dr. … mit sofortiger Wirkung auf“ und „ … Ich behalte mir weitere Schritte bezüglich der ersten Teilprüfung – spanende Fertigung – von Herrn Prof. Dr. 2…, vor“ (Schreiben vom 22.10.2014) sowie die Äußerung „Aus diesem Grund sehe ich mich gezwungen, die Prüfung Grundlagen der Fertigungstechnik der Prof. 2… und …. aus dem Sommersemester 2014 in ihrer Gesamtheit aufzuheben“ dafür, dass der Präsident der Hochschule von seiner eigenen Zuständigkeit ausgegangen ist.
Die an die Adressaten der Schreiben gerichtete Bitte, „die notwendigen Schritte einzuleiten, um den betroffenen Studierenden eine Wiederholungsprüfung zu ermöglichen“, lässt nicht erkennen, dass die Entscheidung über die Aufhebung der Prüfungsbewertungen in ihrer Gesamtheit letztendlich einem anderen Organ überlassen bleiben sollte, sondern stellt die Aufforderung dar, seine Entscheidung umzusetzen. Dass der Präsident der Hochschule dies letztendlich auch so gesehen hat, wird aus dessen Schreiben vom 24. März 2015 an das Bayerische Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst (S. 6 des Schreibens, Blatt 146 der Behördenakte) deutlich, wonach zunächst die betroffene Teilprüfung II und sodann die gemeinsame Prüfung „durch mich als Präsident aufgehoben“ wurde.
Der Hinweis des Präsidenten auf Art. 21 Abs. 11 BayHSchG vermag seine Zuständigkeit allerdings nicht zu begründen, da Art. 21 Abs. 11 BayHSchG lediglich gegenüber dem Dekan ein Aufsichts- und Weisungsrecht im Rahmen der Aufgabe normiert, im Zusammenwirken mit dem Dekan oder der Dekanin dafür Sorge zu tragen, dass die Professoren und Professorinnen und die sonstigen zur Lehre verpflichteten Personen ihre Lehr- und Prüfungsverpflichtungen ordnungsgemäß erfüllen. Ebenso wenig liegt ein unaufschiebbarer Fall im Sinne von Art. 21 Abs. 13 BayHSchG vor, wonach der Präsident für die Hochschulleitung die unerlässlichen Entscheidungen und Maßnahmen treffen könnte (vgl. auch Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 28.5.2015 an den Klägervertreter, Bl. 6 ff. der Gerichtsakte).
Vielmehr ist gemäß § 3 Abs. 2 der Rahmenprüfungsordnung für die Fachhochschulen (RAPO) vom 17. Oktober 2001 (GVBl. S. 686) i.d. Fassung vom 1.Oktober 2010 (GVBl. S. 688) davon auszugehen, dass der Prüfungsausschuss als Prüfungsorgan im Sinne von § 3 Abs. 1 RaPO für die hier bedeutende Maßnahme einer Aufhebung der gesamten Prüfungsbewertungen einer Modulprüfung das zuständige Organ ist. Denn der Prüfungsausschuss ist insbesondere für sonstige Prüfungsangelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung (§ 3 Abs. 2 Satz 2 Ziffer 2 RaPO), die Überwachung der vorschriftsmäßigen Anwendung der Prüfungsbestimmungen (§ 3 Abs. 2 Satz 2 Ziffer 3 RaPO), sowie die Behandlung von Widersprüchen gegen Prüfungsentscheidungen sowie die Entscheidung über Beschwerden in Prüfungsangelegenheiten (§ 3 Abs. 2 Satz 2 Ziffer 4 RaPO) zuständig. Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 3 RaPO kann der Prüfungsausschuss rechtswidrige Entscheidungen anderer Prüfungsorgane beanstanden und aufheben. Da die Prüfer als Prüfungsorgan im Sinne von § 3 Abs. 1 RAPO fungieren, wäre es dem Prüfungsausschuss oblegen, dessen Bewertungen zu beanstanden und aufzuheben.
Dass der Prüfungsausschuss sich die Entscheidung des Präsidenten, die gesamte Prüfung aufzuheben, zu eigen gemacht hat, ist jedoch nicht ersichtlich. Aus dem vorgelegten Protokoll zur Sitzung des Prüfungsausschusses vom 9. Dezember 2014 zu TOP 4 „Prüfung Grundlagen der Fertigungstechnik Sommersemester 2014 – Fakultät MB“ geht lediglich hervor, dass der Prüfungsausschuss den Sachverhalt zur Kenntnis nimmt und die formalen Mängel sieht. Eine eigene Entscheidung sollte damit nicht getroffen werden, zumal der Vorsitzende der Prüfungskommission, Prof. 3…, auf die Zuständigkeit des Präsidenten gemäß Art. 21 Abs. 11 BayHSchG in diesem Rahmen hingewiesen hat.
Soweit die Beklagte eine Zuständigkeit der Prüfungskommission im Sinne von § 3 Abs. 3 RaPO zur Aufhebung der Prüfungsbewertungen und dessen Umsetzung durch den Vorsitzenden der Prüfungskommission mit Löschen der Bewertungen der Prüfung „Grundlagen der Fertigungstechnik“ im elektronischen Studienbuch sieht, ist jedoch entgegenzuhalten, dass sowohl der Dekan der Fakultät Maschinenbau als auch der Vorsitzende der Prüfungskommission in ihren E-Mails vom 30. Oktober 2014 mit dem Wortlaut u. a. „Nur der Präsident in seiner Funktion hat die Möglichkeit, überhaupt zu agieren“, „Die Wiederholung der Prüfung ist durch uns umzusetzen“, „Der Präsident hatte keine andere Wahl als die Prüfung aufzuheben“, selbst davon ausgegangen sind, dass der Präsident der Hochschule zur Aufhebung der Prüfung bzw. Prüfungsbewertungen in ihrer Gesamtheit befugt ist und sie lediglich den Auftrag des Präsidenten, eine Wiederholungsprüfung zu ermöglichen, umzusetzen haben (vgl. auch E-Mail des Vorsitzenden der Prüfungskommission an die Prüfer vom 3.11.2014). Aus den vorliegenden E-Mails lässt sich jedoch nicht erkennen, dass die Prüfungskommission als das nach Auffassung der Beklagten zuständige Organ überhaupt über die Aufhebung der Prüfungsbewertungen entscheiden sollte. Vielmehr sollte die Prüfungskommission, ihren übertragenen Aufgaben gemäß § 3 Abs. 3 RAPO entsprechend, die Durchführung der Wiederholungsprüfung organisatorisch umsetzen.
Was die materielle Rechtmäßigkeit der Aufhebung der Prüfungsbewertungen anbelangt, spricht Einiges dafür, dass die Anforderungen an die Studierenden zu hoch waren, insbesondere was die zeitlichen Gegebenheiten anbelangt (nach Prof. Dr. Ing. 4… ist die Zahl der Prüfungsfragen in beiden Prüfungsteilen für die zur Verfügung stehende Zeit zu hoch – Gutachten vom 20.11.2014). Ebenfalls ein Indiz hierfür mögen die erheblich gestiegenen Durchfallquoten in der Modulprüfung „Grundlagen der Fertigungstechnik“ im Wintersemester 2013/2014 mit 83% und im Sommersemester 2014 mit 84% sein. Auch soweit der Gutachter Prof. Dr. Ing. 4… eine fehlende inhaltliche Passung der Modulbeschreibung des Moduls „Grundlagen der Fertigungstechnik“ zum Prüfungsteil II sieht, fällt auf, dass nunmehr die Modulbeschreibung „Grundlagen der Fertigungstechnik“ insbesondere „spanlose Fertigungsverfahren“ ab dem Wintersemester 2014/2015 entsprechend angepasst wurde.
Unabhängig jedoch von der formellen und materiellen Rechtmäßigkeit der Aufhebung der Prüfungsbewertungen durch den Präsidenten der Hochschule 1…, hat nach Auffassung der Kammer vorliegend das Recht des Klägers aus Art. 5 Abs. 3 GG hinter dem Grundrecht der Studierenden aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG (Recht auf faires Verfahren) zurückzutreten. Denn die Lehrfreiheit aus Art.5 Abs. 3 GG ist nicht unbegrenzt. Gegenüber anderen, ebenfalls verfassungsrechtlich geschützten Werten, kommt ihr nicht schlechthin der Vorrang zu, sondern ist die notwendig werdende Grenzziehung zwischen dem Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit und dem Schutz gleichfalls verfassungsrechtlich geschützter Werte im Wege der Güterabwägung vorzunehmen (vgl. BayVGH, Urt. v. 14. Oktober 2002, Az. 7 ZB 02.1231-juris). Dabei muss die Abwägung den Wertprinzipien der Verfassung, insbesondere der Bedeutung der miteinander kollidierenden Grundrechte und dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unter Wahrung der Einheit des Grundgesetzes Rechnung tragen (so Leibholz/Rinck, GG, Komm., Stand: Mai 2011, Rn. 1104 zu Art. 5 Abs. 3).
Hier gebietet Art. 12 Abs. 1 GG im Lichte des im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 GG) verankerten Grundsatzes des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit, die Studierenden im Falle einer Feststellung der Rechtswidrigkeit der Aufhebung der Prüfungsbewertungen nach mehr als 18 Monaten nach Ablegen und Bestehen der erneuten Prüfung im Modul „Grundlagen der Fertigungstechnik“ im Dezember 2014 nicht mit der Unsicherheit einer möglichen Aufhebung ihrer Prüfungsbewertungen nach Art. 48 BayVwVfG zu belasten. Denn mit der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Aufhebung der Prüfungsbewertungen wäre kraft der gerichtlichen Entscheidung nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO nicht mehr der Regelungsgehalt des hier streitgegenständlichen Verwaltungsakts (Aufhebung aller Prüfungsbewertungen der Modulprüfung „Grundlagen der Fertigungstechnik“ im Sommersemester 2014) maßgeblich, sondern die Rechtslage, die ohne Geltung des gerichtlich als rechtswidrig festgestellten erledigten Verwaltungsakts besteht (vgl. Kopp/Schenke, Komm. VwGO, 20. Aufl., Rn. 148 zu § 113). Würden danach die ursprünglichen Prüfungsbewertungen (Nichtbestehen von 84% der Prüflinge) wieder aufleben, könnte das entscheidende Konsequenzen nach sich ziehen, z. B. für Prüflinge, die die Modulprüfung als Wiederholer mitgeschrieben haben (im Hinblick auf die Durchfallquote im Semester zuvor – Wintersemester 2013/2014 – mit 83% dürfte dies kein geringer Anteil sein). Nach § 26 Abs. 1 RaPO i. V. m. § 15 Abs. 1 APO kann nämlich eine Modulprüfung, die mit der Note „nicht bestanden“ bewertet wurde, einmal wiederholt werden. Eine zweite Wiederholung ist in höchstens vier Prüfungen möglich. Sollte ein Prüfling diesen Umfang bereits ausgeschöpft haben, könnte dies zum endgültigen Nichtbestehen führen. Auch wären Konsequenzen denkbar für Studenten, die ihre Bachelorprüfung bereits erfolgreich abgeschlossen haben. Diese Rechtsunsicherheit mit allen möglichen Auswirkungen wäre für die betroffenen Studierenden nach mehr als drei Semestern nach Ablegen der erneuten Modulprüfung unzumutbar und nicht hinnehmbar.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708, 711 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg zu stellen (Hausanschrift: Haidplatz 1, 93047 Regensburg; Postfachanschrift: Postfach 110165, 93014 Regensburg).
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof einzureichen (Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 340148, 80098 München).
Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Allen Schriftsätzen sollen jeweils 4 Abschriften beigefügt werden.
Hinweis auf Vertretungszwang: Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich alle Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt bereits für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird, die aber noch beim Verwaltungsgericht vorgenommen werden. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder die anderen in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts können sich auch durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen; Einzelheiten ergeben sich aus § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
Gründe:
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,– EUR übersteigt, oder wenn die Beschwerde zugelassen wurde.
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg einzulegen (Hausanschrift: Haidplatz 1, 93047 Regensburg; Postfachanschrift: Postfach 110165, 93014 Regensburg). Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Allen Schriftsätzen sollen jeweils 4 Abschriften beigefügt werden.