Aktenzeichen 4 K 1949/13
BewG § 138
BGB § 311b Abs. 1
Leitsatz
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Gründe
II.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
1. Die Klage ist als Untätigkeitsklage nach § 46 Abs. 1 FGO zulässig, weil das FA über die außergerichtlichen Rechtsbehelfe der Kläger zu 1. bis 5. ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat.
2. Die Klage ist jedoch unbegründet.
Zu Recht hat das FA im Streitfall die Steuer gem. § 8 Abs. 1 GrEStG nach dem Wert der von den Klägern 1. bis 5. jeweils erbrachten Gegenleistung und nicht gem. § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GrEStG nach den Werten i.S.d. §§ 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. 157 Abs. 1 bis 3 BewG bemessen.
a) Gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG unterliegt der Grunderwerbsteuer ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet.
Gem. § 8 Abs. 1 GrEStG bemisst sich die Steuer nach dem Wert der Gegenleistung. Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 3. Alt. GrEStG wird die Steuer, über Umwandlungs- und Einbringungsvorgänge gemäß den Alt. 1 und 2 der Vorschrift hinaus, auch bei anderen Erwerbsvorgängen auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage nach dem Wert i.S.d. §§ 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. 157 Abs. 1 bis 3 BewG bemessen. Während bei einer Einbringung nur solche Vorgänge gemeint sein können, bei denen eine Gesellschaft von einem ihrer Gesellschafter ein Grundstück erwirbt, erfasst der Begriff „Erwerbsvorgang auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage“ auch Erwerbsvorgänge eines Gesellschafters von einer Gesellschaft, an der er beteiligt ist. Allein die Beteiligung dieser Personen (Gesellschaft/Gesellschafter) an einem Erwerbsvorgang führt aber als solche noch nicht zur Anwendung des § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GrEStG, weil Grundstücksgeschäfte zwischen einer Gesellschaft und ihren Gesellschaftern nicht von vornherein das Gesellschaftsverhältnis betreffen. Erforderlich ist vielmehr, dass durch den Erwerbsvorgang die gesellschaftsvertragliche Grundlage berührt wird. Hiervon kann nur gesprochen werden, wenn sich im Zuge des Grundstücksgeschäfts die Beteiligungsverhältnisse des beteiligten Gesellschafters der Höhe nach verändern. Ein derartiger Erwerbsvorgang auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage liegt deshalb u.a. vor, wenn ein Gesellschafter im Rahmen der Auseinandersetzung (§ 730 des Bürgerlichen Gesetzbuchs -BGB-) ein der Gesellschaft gehörendes Grundstück übertragen bekommt und damit der Erwerber statt seines Anteils am Liquidationserlös das Grundstück erhält (vgl. hierzu Boruttau, GrEStG, 17. Auflage, § 8 Rz. 73 ff, 76).
Gem. § 311b BGB bedarf ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, der notariellen Beurkundung. Ein ohne Beachtung dieser Form geschlossener Vertrag wird seinem ganzen Inhalt nach gültig, wenn die Auflassung und die Eintragung in das Grundbuch erfolgen. Die Verpflichtung, Gesellschaftsanteile zu übertragen oder zu erwerben, ist formfrei, auch wenn das Gesellschaftsvermögen im Wesentlichen aus Grundbesitz besteht; denn der Grundstückserwerb ist nicht Vertragsgegenstand, sondern lediglich Rechtsfolge des Anteilserwerbs. Im Fall der bewussten Gesetzesumgehung ist § 311b Abs. 1 BGB jedoch anwendbar (Urteil des Bundesgerichtshofs -BGH- vom 31. Januar 1983 II ZR 288/81, BGHZ 86, 367; WM 1983, 358).
b) Ausgehend von diesen Grundsätzen bemisst sich die Grunderwerbsteuer im Streitfall nach § 8 Abs. 1 GrEStG nach dem Wert der von den Klägern 1. bis 5. erbrachten Gegenleistungen, denn der Erwerb des Anspruchs auf Übereignung eines Miteigentumsanteils von 57,35/1000 am Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an Wohnung Nr. 23 durch den Kläger zu 1., der Erwerb des Anspruchs auf Übereignung eines Miteigentumsanteils von 70,82/1000 am Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an Wohnung Nr. 17 durch die Klägerin zu 2., der Erwerb des Anspruchs auf Übereignung eines Miteigentumsanteils von 47,72/1000 am Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an Wohnung Nr. 16 durch den Kläger zu 3., der Erwerb des Anspruchs auf Übereignung eines Miteigentumsanteils von 30,86/1000 am Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an Büro Nr. 3 durch die Klägerin zu 4., sowie der Erwerb des Anspruchs auf Übereignung eines Miteigentumsanteils von 7,74/1000 am Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an Büro Nr. 1 durch die Klägerin zu 5. beruht jeweils nicht auf einer gesellschaftsvertraglichen Grundlage i. S. des § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 3 GrEStG.
aa) Mit Abschluss des notariell beurkundeten Änderungsvertrages vom 29. Januar 2010 haben die Kläger zu 1. bis 5. jeweils einen Anspruch auf Übereignung eines Miteigentumsanteils am Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an einer Wohnung bzw. einem Büro erworben. Der Erwerb dieser Ansprüche durch die Kläger unterliegt gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer. Es handelt sich um andere Rechtsgeschäfte i.S. dieser Vorschrift.
bb) Der Abschluss der privatschriftlichen Anteilsübernahmeverträge im Jahr 2009 durch die Kläger 1. bis 5., mit denen die Kläger jeweils 1000/1000 Anteile an den GdbR´s Einheiten 1, 3, 16. 17 und 23 übernommen haben, stellt hingegen keinen grunderwerbsteuerrechtlichen Erwerbsvorgang dar. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob die Anteilsübernahmeverträge hier ausnahmsweise gem. § 311b BGB der notariellen Beurkundung bedurft haben oder nicht, denn die Voraussetzungen der hier allein in Betracht kommenden Erwerbsvorgänge gem. §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 1 Abs. 1 Nr. 3 bzw. 1 Abs. 3 GrEStG sind im Streitfall nicht erfüllt. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG setzt voraus, dass dem Erwerber aus dem Verpflichtungsgeschäft ein unmittelbarer Anspruch auf Grundstücksübereignung zusteht. Im Streitfall ergibt sich der Anspruch auf Übereignung der o.g. Miteigentumsanteile aber nicht unmittelbar aus dem Anteilskauf, der Übereignungsanspruch ist vielmehr nur eine mittelbare Folge dessen (vgl. hierzu Pahlke/Franz, GrEStG, 4. Auflage, § 1 Rz. 127). Da die einzelnen GdbR´s nicht Eigentümerinnen der jeweiligen Miteigentumsanteile am Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an den jeweiligen Wohnungen waren -sie waren nicht als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen-, ist auch der Erwerbstatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG nicht erfüllt. Schließlich liegen auch die Voraussetzungen für einen Erwerb nach § 1 Abs. 3 GrEStG hier nicht vor, denn die Anteile an der jeweiligen GdbR gehen mit Abschluss der Anteilskaufverträge nicht, wie von § 1 Abs. 3 GrEStG gefordert, in die Hand der Kläger über, sondern infolge der Anwachsung unter.
cc) Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer ist im Streitfall jeweils der Wert der Gegenleistungen gem. § 8 Abs. 1 GrEStG und nicht jedoch die nach den Werten i.S.d.
§§ 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. 157 Abs. 1 bis 3 BewG bemessenen Grundbesitzwerte gem. § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GrEStG. Grund hierfür ist, dass der Abschluss des notariell beurkundeten Änderungsvertrages vom 29. Januar 2010, mit dem die Ansprüche der Kläger 1. bis 5. auf Übereignung jeweils eines Miteigentumsanteils am Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an einer Wohnung begründet worden sind, keine „Erwerbsvorgänge auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage“ darstellen.
Zwar stellt der Erwerb des Anspruchs auf Übertragung eines Miteigentumsanteils am Grundstück von 63,16/1000 verbunden mit dem Sondereigentum an Wohnung Nr. 2 durch den Kläger zu 3. mit Auseinandersetzungsvertrag vom 30. Januar 2009 einen Erwerbsvorgang auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage dar, weil der Kläger zu 3. diesen Anspruch im Rahmen der Auseinandersetzung der A-GbR statt seines Anteils am Liquidationserlös erhalten hat.
Jedoch hat der Anspruch auf Übereignung des Miteigentumsanteils von 57,35/1000 am Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an Wohnung Nr. 23 nicht dem Kläger zu 1., der Anspruch auf Übereignung eines Miteigentumsanteils von 70,82/1000 am Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an Wohnung Nr. 17 nicht der Klägerin zu 2., der Anspruch auf Übereignung eines Miteigentumsanteils von 47,72/1000 am Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an Wohnung Nr. 16 hat nicht dem Kläger zu 3., der Anspruch auf Übereignung eines Miteigentumsanteils von 30,86/1000 am Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an Büro Nr. 3 nicht der Klägerin zu 4. und der Anspruch auf Übereignung eines Miteigentumsanteils von 7,74/1000 am Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an Büro Nr. 1 nicht der Klägerin zu 5 zugestanden. Vielmehr haben diese Ansprüche jeweils der X GmbH und der Y GmbH als Gesellschafter im Rahmen der Auseinandersetzung der A-GbR statt ihres Anteils am Liquidationserlös zugestanden. Diese haben ihre Übereignungsansprüche mit notarieller Urkunde vom 30. Januar 2009 auf die ihnen gehörenden GdbR´s Einheiten 1, 3, 16, 17, und 23 übertragen.
Auch haben die Kläger 1. bis 5. mit Abschluss der Anteilskaufverträge -deren Formwirksamkeit unterstelltnur 1000/1000 Anteile an der jeweiligen GdbR, jedoch keine weiteren Gesellschaftsanteile an der A-GbR erworben. Grund hierfür ist, dass die GdbR´s Einheiten 1, 3, 16, 17, und 23 ihrerseits keine Gesellschafter der A-GbR gewesen sind. Denn mit Abschluss des Auseinandersetzungsvertrages vom 30. Januar 2009 haben die GdbR´s keine Gesellschaftsanteile an der A-GbR, sondern lediglich jeweils einen Anspruch auf Übertragung eines Miteigentumsanteile am Grundstück, jeweils verbunden mit dem Sondereigentum an einer Wohnung erworben. Dabei ist ohne Bedeutung, dass am 14. Dezember 2010 auch die Kläger zu 1. bis 5. als Gesellschafter der Grundstückseigentümerin A-GbR im Grundbuch eingetragen worden sind. Auch ist ohne Belang, dass die Kläger 1. bis 5. in der notariellen Urkunde vom 29. Januar 2010 in Rz. 4 als Gesellschafter der A-GbR bezeichnet worden sind. Weder die Grundbucheintragung, noch die Nennung in der notariellen Urkunde haben dazu geführt, dass die Kläger Gesellschafter der A-GbR geworden sind.
dd) Folgerichtig ergeben sich die grunderwerbsteuerrechtlichen Bemessungsgrundlagen – entsprechend der Sachbehandlung durch das FA in den jeweiligen Grunderwerbsteuerbescheiden – aus der seitens des Klägers zu 1. erbrachten Gesamtgegenleistung i.H.v. 492.380 €, der seitens des Klägers zu 2. erbrachten Gesamtgegenleistung i.H.v. 475.000 €, der seitens des Klägers zu 3. erbrachten Gesamtgegenleistung i.H.v. 333.290 €, der seitens des Klägers zu 4. erbrachten Gesamtgegenleistung i.H.v. 212.150 € sowie der seitens des Klägers zu 5. erbrachten Gesamtgegenleistung i.H.v. 61.700 € (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 13. September 1995 II R 80/92, BStBl II 1995, 903), aus der sich die jeweils festgesetzte Grunderwerbsteuer ergibt.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.