Verwaltungsrecht

Verbot erlaubnisfreier Waffen nach strafgerichtlicher Verurteilung

Aktenzeichen  M 7 K 15.5924, M 7 S 16.1830

Datum:
1.7.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
WaffG WaffG § 1 Abs. 1, Abs. 2, § 5 Abs. 1 Nr. 1 lit. b, Abs. 1 Nr. 2 lit. b, § 36 Abs. 1 S. 1, Abs. 1 S. 2, § 41 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 1 Nr. 2, § 52 Abs. 3 Nr. 8
VwGO VwGO § 80 Abs. 3

 

Leitsatz

1 Für die waffenrechtliche Zuverlässigkeit gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1b WaffG kommt es ausschließlich auf die Höhe der verhängten Strafe an. Ein Waffenbezug der konkreten Straftat ist insoweit irrelevant. (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Anforderungen, die durch § 36 Abs. 1 WaffG für eine sorgfältige Verwahrung von Waffen aufgestellt werden, gelten auch für erlaubnisfreie Waffen und Munition. Die Aufbewahrung in einem verschlossenen Wohnwagen genügt diesen Anforderungen nicht.   (redaktioneller Leitsatz)
3 Die Pflicht zur Abgabe von Waffen wird durch die Inhaftierung des Verpflichteten nicht unmöglich gemacht. (redaktioneller Leitsatz)
4 Die Begründung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit trägt in der Regel auch die Anordnung der sofortigen Vollziehung waffenrechtlicher Maßnahmen im Sinne des § 80 Abs. 3 VwGO. Eine zusätzliche Begründung ist nur ausnahmsweise erforderlich. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III.
Der Streitwert wird auf 2.500,– EUR festgesetzt.
IV.
Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren wird abgelehnt.

Gründe

I.
Der Antragsteller und Kläger (im Folgenden: Antragsteller) wendet sich im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gegen ein Waffenbesitzverbot für erlaubnisfreie Waffen und begehrt Prozesskostenhilfe für seine Klage.
Der Antragsteller ist mehrfach straffällig geworden. Die Auskunft aus dem Bundeszentralregister vom 2. November 2015 enthält 10 Eintragungen. Dabei ist der Antragteller zuletzt mit Urteil vom 27. Mai 2004 wegen Beleidigung, 2 tateinheitlicher gefährlicher Körperverletzungen, 12 tatmehrheitlicher Fälle des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und 9 tatmehrheitlicher Fälle des unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr, mit Urteil vom 22. September 2009 wegen vorsätzlichen unerlaubten Handels mit Betäubungsmitteln in 2 tatmehrheitlichen Fällen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren sowie mit Urteil vom 15. Dezember 2014 wegen Bedrohung in Tatmehrheit mit vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Sachbeschädigung in Tateinheit mit Beleidigung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt worden. Im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens wegen räuberischer Erpressung, in dem der Antragsteller beschuldigt wurde, jemanden mit einer Pistole und einem Messer bedroht zu haben, wurde sein Wohnwagen durchsucht. Dabei stellte die Polizei zum einen 27,6 g Marihuana sicher. Zum anderen wurden eine Luftdruckpistole und ein -gewehr aufgefunden und sichergestellt. Die Pistole befand sich mit den vollen Glaskartuschen in der Originalverpackung, das Gewehr in einem Futteral, an welchem ein Vorhängeschloss am Reißverschluss angebracht war. Mit dem angebrachten Zahlenschloss war das Futteral jedoch nicht verschlossen, der Reißverschluss ließ sich leicht so weit öffnen, dass das Gewehr herausgezogen werden konnte. In unmittelbarer Nähe der Drogen lagen ein Kampfmesser und ein Morgenstern zugriffsbereit. Ferner konnte eine Machete sowie eine Schleuder mit 1.500 Stahlkugeln sichergestellt werden. Bei der polizeilichen Erstvernehmung verhielt sich der Antragsteller aggressiv und versuchte zuletzt auf die Polizeibeamten loszugehen, so dass die Vernehmung abgebrochen werden musste. Die Polizei regte beim Landratsamt den Erlass eines Waffenbesitzverbotes an.
Der Antragsteller befindet sich seit 1. April 2015 in Untersuchungshaft.
Das Landratsamt hörte den Antragsteller mit Schreiben vom 9. November 2015 zum Erlass eines Waffenbesitzverbotes an. Der Antragsteller ließ mit Schreiben vom 4. Dezember 2015 vortragen, dass sich das Luftdruckgewehr in einem Futteral mit einem unversehrten funktionsfähigen Zahlenschloss befunden habe. Sollte es defekt gewesen sein, so sei es nach seiner Inhaftierung aufgebrochen worden. Die Schreckschusspistole sei in einem Werkzeugkoffer aufbewahrt gewesen, der ebenso durch ein Schloss abgesichert gewesen sei. Der Morgenstern habe zwar an der Wand gehangen, dabei sei jedoch zu beachten, dass sein Wohnwagen versperrt, das Vorzelt zusätzlich mit Schlössern gesichert gewesen sei und der Campingplatz nur über eine Schranke zugänglich sei. Die Anklage der Staatsanwaltschaft halte den Vorwurf der räuberischen Erpressung nicht aufrecht. Die Stellungnahme des Antragstellers konnte bei dem Erlass des Bescheides nicht mehr berücksichtigt werden, da sie verspätet einging.
Mit Bescheid vom 4. Dezember 2015 untersagte das Landratsamt dem Antragsteller den Besitz von erlaubnisfreien Waffen und Munition sowie den Besitz aller tragbaren Gegenstände nach dem Waffengesetz unbefristet (Nrn. 1 und 2 des Bescheides). Weiter wurde dem Antragsteller aufgegeben, etwaige sich in seinem Besitz befindlichen erlaubnisfreien Schusswaffen und Munition sowie tragbare Gegenstände nach dem Waffengesetz binnen 4 Wochen ab Zustellung des Bescheides dauerhaft unbrauchbar zu machen oder einem Berechtigten zu überlassen und dies dem Landratsamt nachzuweisen (Nr. 3 des Bescheides). Der Sofortvollzug des Waffenbesitzverbots und der Abgabeverpflichtung wurde angeordnet (Nr. 4 des Bescheides). Zur Begründung führte die Behörde aus, dass bei der Durchsuchung seines Wohnwagens eine Schreckschusspistole sowie ein Luftdruckgewehr unversperrt aufgefunden worden seien. Weiter habe der Antragsteller einen sog. Morgenstern unverschlossen aufbewahrt. Der Antragsteller sitze derzeit wegen versuchter räuberischer Erpressung (u. a. unter Verwendung von Waffen) in der JVA … in Untersuchungshaft. Nach § 41 WaffG werde die tatsächliche Gewalt über Schusswaffen untersagt, wenn Tatsachen, insbesondere das bisherige Verhalten, die Annahme rechtfertige, dass Waffen missbräuchlich oder leichtfertig verwendet würden. Aufgrund des genannten Sachverhalts und auch der Vielzahl an Einträgen im Bundeszentralregister könne eine positive Zukunftsprognose nicht gesehen werden. Da nicht ausgeschlossen werden könne, dass der Antragsteller weitere Maßnahmen ergreife, die die öffentliche Sicherheit gefährdeten, werde das Waffenbesitzverbot nicht nur für erlaubnisfreie Waffen und Munition ausgesprochen, sondern umfasse zusätzlich tragbare Gegenstände. Sein bisheriges Verhalten stelle einen leichtfertigen und missbräuchlichen Umgang mit Waffen nach dem Waffengesetz dar. Um bis zum rechtskräftigen Abschluss eines möglichen Rechtsbehelfsverfahren den Besitz und den weiteren Erwerb von erlaubnisfreien Waffen und Munition sowie tragbaren Gegenständen zu unterbinden, sei gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung anzuordnen gewesen. Das private Interesse am Umgang mit (erlaubnisfreien) Waffen, zugehöriger Munition und tragbaren Gegenstände müsse hinter dem öffentlichen Interesse einer Verhinderung des unkontrollierten bzw. missbräuchlichen Umgangs mit Waffen, Munition und tragbaren Gegenständen und damit der Vermeidung von Gefahren für die öffentliche Sicherheit zurückstehen.
Am 30. Dezember 2015 ließ der Antragsteller Klage gegen das erteilte Waffenbesitzverbot zum Verwaltungsgericht München erheben und beantragte mit Schriftsatz vom 26. Januar 2016
ihm für seine Klage Prozesskostenhilfe zu gewähren.
Am 21. April 2016 beantrage der Antragsteller weiter,
die aufschiebende Wirkung der Klage vom 28. Dezember 2015 gegen Ziff. 1 und 3 des Bescheides des Landratsamtes vom 4. Dezember 2015 wiederherzustellen.
Die Anordnung des Sofortvollzugs sei formell und materiell rechtswidrig erfolgt. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei nicht gemäß den Vorgaben des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ausreichend schriftlich begründet. Erforderlich sei eine auf den konkreten Fall abgestellte und nicht lediglich formelhafte, sich in allgemeinen Wendungen erschöpfende oder den Gesetzeswortlaut wiederholende Begründung. Diesen Anforderungen genüge die angegriffene Vollziehungsanordnung nicht. Der Antragsteller sei derzeit inhaftiert, womit eine Unterbindung des Besitzes von erlaubnisfreien Waffen und Munition sowie tragbarer Gegenstände rein formelhaft erscheine. Ein Umgang des Antragstellers mit den genannten Gegenständen sei de facto ausgeschlossen. Die Behörde habe sich nicht mit den Einzelheiten des Falles befasst. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei auch materiell rechtswidrig. Der zugrundeliegende Bescheid vom 4. Dezember 2015 sei rechtswidrig. § 41 WaffG räume der zuständigen Behörde die Möglichkeit ein, einer Person den Besitz von Waffen oder Munition, deren Erwerb nicht der Erlaubnis bedürfe, und den Erwerb solcher Waffen oder Munition zu untersagen, sofern es zur Verhütung von Gefahren für die Sicherheit oder zur Kontrolle des Umgangs mit diesen Gegenständen geboten sei oder der rechtmäßige Besitzer die erforderliche persönliche Eignung nicht besitze oder die ihm für den Erwerb oder Besitz solcher Waffen oder Munition erforderliche Zuverlässigkeit fehle. Zur Ausfüllung dieser offenen Rechtsbegriffe könnten die Regelvermutungstatbestände des § 5 WaffG herangezogen werden. Im Rahmen des § 41 Abs. 1 Nr. 1 WaffG sei jedoch insbesondere zu berücksichtigen, dass die Untersagung geboten im Sinne von erforderlich sein müsse, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten. Im vorliegenden Fall habe sich die Behörde in der Untersagungsbegründung darauf zurückgezogen, dass man beim Antragsteller in dessen verschlossenen Wohnwagen erlaubnisfreie Waffen gefunden habe, der Antragsteller schon mehrfach straffällig geworden sei und derzeit ein Strafverfahren gegen den Antragsteller laufe. Ein laufendes Strafverfahren dürfe nicht zum Nachteil des Antragstellers in Ansatz gebracht werden. Soweit frühere strafrechtliche Verurteilungen des Antragstellers angeführt würden, so könnten diese nur relevant sein, wenn diese gerade eine Aussage bzgl. des angeblich unverantwortlichen Umgangs des Antragstellers mit Waffen treffen würden. Dies sei im Bescheid und in der Begründung der Untersagung jedoch nicht dargelegt worden. Soweit dem Antragsteller ein Vorwurf daraus gemacht werde, dass er die erlaubnisfreien Waffen nicht verschlossen habe, so sei darauf hinzuweisen, dass sich diese gerade im verschlossenen Wohnwagen des Antragstellers befunden hätten und aufgrund der Erlaubnisfreiheit auch keine zusätzliche Verschlusspflicht bestanden habe.
Der Antragsgegner nahm mit Schreiben vom 27. Juni 2016 zu dem Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO Stellung. Wie bereits in der Klageerwiderung ausgeführt, trage nach der obergerichtlichen Rechtsprechung eine im Waffenrecht festgestellte Unzuverlässigkeit wegen der besonderen Sicherheitslage im Regelfall auch die Anordnung der sofortigen Vollziehung von waffenrechtlichen Maßnahmen ohne zusätzliche Begründung. An die Begründung der sofortigen Vollziehung seien in solchen Fällen keine hohen Anforderungen zu stellen. Soweit der Antragsteller ausführe, dass aufgrund seiner derzeitigen Inhaftierung eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung durch Waffen in seinem Besitz ausgeschlossen sei, sei nicht absehbar, ob und wann der Antragsteller aus der Untersuchungshaft entlassen werde. Es könne nicht sichergestellt werden, dass die zuständige Behörde rechtzeitig hierüber unterrichtet werde. Ein Erwerb von erlaubnisfreien Waffen müsse nicht aktuell gewollt oder in absehbarer Zeit zu erwarten sein. Die Unzuverlässigkeit des Antragstellers im Sinne des Waffengesetzes sei zweifelsfrei durch die Eintragungen im Bundeszentralregister nachgewiesen und diese zeugten aufgrund der Art der begangenen und rechtskräftig verurteilten Straftaten von der Gewaltbereitschaft des Antragstellers und der damit einhergehenden Möglichkeit der missbräuchlichen Verwendung von Waffen. Bezugnehmend auf die Klageerwiderung wird weiter ausgeführt, dass auch erlaubnisfreie Schusswaffen und andere Waffen im Sinne des Waffengesetzes (u. a. Hieb- und Stoßwaffen, hier: Morgenstern) entsprechend in einem Behältnis aufzubewahren seien, das vor den Zugriffen Unberechtigter geschützt sei. Ein verschlossener Wohnwagen stelle keine ausreichende Aufbewahrung von Waffen dar. Den Regelungen der allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum Waffengesetz zu § 36 WaffG zufolge erfülle erst die Aufbewahrung von erlaubnisfreien Gegenständen nach dem Waffengesetz in einem festen, verschlossenen Behältnis oder einer vergleichbaren Sicherung den Mindeststandard (vgl. Nr. 36.2.1 WaffVwV). Insoweit habe der Antragsteller die Schusswaffen sowie den Morgenstern zumindestens leichtfertig unzureichend aufbewahrt. Aufgrund der Gewaltbereitschaft, die aus den Vorstrafen des Antragstellers und den vorliegenden Auskünften der Polizei anzunehmen sei, darüber hinaus, dass sich der Antragsteller offensichtlich seit Jahren im Rauschgiftmilieu bewege, könne nicht ausgeschlossen werden, dass er Waffen und tragbare Gegenstände nach dem Waffengesetz künftig auch missbräuchlich verwenden werde. Das derzeitig gegen ihn laufende Strafverfahren sei im Bescheid bei der vollständigen Darstellung des Sachverhalts erwähnt worden, jedoch nicht ausschlaggebend für die abschließende Entscheidung berücksichtigt worden. Nr. 3 des Bescheides vom 4. Dezember 2015 beziehe sich lediglich auf weitere, ggf. noch im Besitz des Antragstellers befindliche Waffen, welche nicht im Rahmen der Vollziehung des Durchsuchungsbeschlusses sichergestellt worden seien.
Ergänzend wird auf die Gerichts- und Behördenakte verwiesen.
II.
Die Anträge haben keinen Erfolg.
Entfaltet ein Rechtsbehelf – wie hier wegen einer behördlichen Anordnung des Sofortvollzuges nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO – keine aufschiebende Wirkung, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Bei der vom Gericht im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zu treffenden Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen, die ein wesentliches, wenn auch nicht das alleinige Indiz für und gegen die Begründetheit des einstweiligen Rechtsschutzbegehrens darstellen. Ergibt die Prüfung der Erfolgsaussichten, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreiche Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 166 VwGO i. V. m. § 114 Satz 1 ZPO).
Nach diesen Grundsätzen ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO abzulehnen, da die summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage im für die Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (vgl. BVerwG, U.v. 6.12.1978 – 1 C 19.77 – juris Rn. 13) ergibt, dass der Bescheid des Antragsgegners vom 4. Dezember 2015 rechtmäßig ist und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Damit überwiegt das öffentliche Interesse am Sofortvollzug das private Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Ferner besteht ein besonderes Vollzugsinteresse, das der Antragsgegner den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO genügend schriftlich begründet hat. Weiter ist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren abzulehnen, da die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WaffG kann die zuständige Behörde jemandem den Besitz von Waffen oder Munition, deren Erwerb nicht der Erlaubnis bedarf, und den Erwerb solcher Waffen oder Munition untersagen, wenn Tatsachen bekannt werden, die die Annahme rechtfertigen, dass dem rechtmäßigen Besitzer oder Erwerbswilligen die für den Erwerb oder Besitz solcher Waffen oder Munition erforderliche Zuverlässigkeit fehlt. Dabei beurteilt sich der Begriff der Zuverlässigkeit ebenso nach § 5 WaffG wie im Bereich der erlaubnispflichtigen Waffen (vgl. BayVGH, B.v. 22.1.2014 – 21 ZB 13.1781 – juris Rn. 13 ff. m. w. N.). Das erteilte Waffenbesitzverbot kann daher sowohl auf den absoluten Unzuverlässigkeitstatbestand des § 5 Abs. 1 Nr. 1b WaffG als auch auf den absoluten Unzuverlässigkeitstatbestand des § 5 Abs. 1 Nr. 2b WaffG gestützt werden.
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1b WaffG besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, die rechtskräftig wegen vorsätzlichen Straftaten zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden sind, wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung zehn Jahre noch nicht verstrichen sind. Der Antragsteller ist mit Urteil des Amtsgerichts Weilheim vom 22. September 2009, rechtskräftig seit 21. Januar 2010, wegen vorsätzlichen unerlaubten Handelns mit Betäubungsmitteln in zwei tatmehrheitlichen Fällen zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt worden. Damit besitzt er die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 1b WaffG nicht. Es ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetzeswortlaut, dass es nicht auf die Art der begangenen Straftat ankommt, sondern auf die Höhe der verhängten Strafe. Es ist deshalb nicht entscheidend, ob die konkrete Straftat einen Waffenbezug hat (vgl. BVerwG, B.v. 21.7.2008 – 3 B 12/08 – juris Rn. 5; vgl. BT-Drs. 14/7758 S. 54). Weiter ist der Antragsgegner zu Recht davon ausgegangen, dass beim Antragsteller Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er Waffen oder Munition nicht sorgfältig verwahren werden wird (§ 5 Abs. 1 Nr. 2b WaffG).
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2b WaffG stellt es einen absoluten Unzuverlässigkeitsgrund dar, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass Personen mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden. Bei der auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen zu erstellenden Prognose ist der allgemeine Zweck des Gesetzes zu berücksichtigen, beim Umgang mit Waffen und Munition die Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu wahren (§ 1 Abs. 1 WaffG), nämlich zum Schutz der Allgemeinheit diese vor den schweren Folgen eines nicht ordnungsgemäßen Umgangs mit Waffen zu bewahren (vgl. BT-Drs. 14/7758, S. 51). Die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, sind nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten Vertrauen darin verdienen, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umgehen. Dabei ist in Anbetracht des vorbeugenden Charakters der gesetzlichen Regelungen und der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehen, für die gerichtlich uneingeschränkt nachprüfbare Prognose nach § 5 Abs. 1 Nr. 2b WaffG keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit erforderlich, sondern es genügt vielmehr eine hinreichende, auf der Lebenserfahrung beruhende Wahrscheinlichkeit, wobei ein Restrisiko nicht hingenommen werden muss (vgl. BayVGH, B.v. 22.12.2014 – 21 ZB 14. 1512 – juris Rn. 12; B.v. 4.12.2013 – 21 CS 13.1969 – juris Rn. 14 mit Hinweis auf st. Rspr. des BVerwG z. B. B.v. 31.1.2008 – 6 B 4/08 – juris sowie B.v. 2.11.1994 – 1 B 215/93 – Buchholz 402.5 WaffG Nr. 71).
Vorsichtig und sachgemäß im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2b WaffG ist der Umgang mit Waffen und Munition nur dann, wenn alle Sicherungsmöglichkeiten ausgenutzt werden (vgl. BayVGH, B.v. 4.12.2013 – 21 CS 13.1969 – juris Rn. 15). Die Anforderungen, die der Gesetzgeber an eine sorgfältige Verwahrung stellt, werden durch § 36 WaffG festgelegt. Nach § 36 Abs. 1 Satz 1 WaffG hat derjenige, der Waffen oder Munition besitzt, die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um zu verhindern, dass diese Gegenstände abhandenkommen oder Dritte sie unbefugt an sich nehmen. Schusswaffen dürfen nur getrennt von Munition aufbewahrt werden, sofern nicht die Aufbewahrung in einem Sicherheitsbehältnis mit besonderem Schutzniveau erfolgt (§ 36 Abs. 1 Satz 2 WaffG). Diese Pflichten gelten auch für erlaubnisfreie Waffen und Munition (vgl. OVG Hamburg, B.v. 13.4.2011 – 3 BF 86/10.Z – juris Rn. 9; Nr. 36.2.1 WaffVwV).
Der Antragsgegner ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Antragsteller seine erlaubnisfreien Waffen (§ 1 Abs. 2 WaffG) und Munition in dem Wohnwagen nicht ordnungsgemäß aufbewahrt hat und sein Verhalten die Prognose zulässt, dass er sich auch künftig nicht an waffenrechtliche Vorschriften halten werde. So war die erlaubnisfreie Gaspistole zusammen mit den Gaskartuschen unverschlossen in der Originalverpackung aufbewahrt. Auch das Luftdruckgewehr konnte dem Futteral entnommen werden, ohne dass das vorhandene Zahlenschloss betätigt werden musste. Die Einwände des Antragstellers, dass die Schreckschusspistole in einem verschlossenen Werkzeugkoffer aufbewahrt worden sei und das Luftdruckgewehr sich in einem abgeschlossenen Futteral befunden habe und das Schloss möglicherweise aufgebrochen worden sei, sind nach den vorgefundenen tatsächlichen Verhältnissen, die durch Bilder in der Akte belegt sind, nicht zutreffend. Soweit der Antragsteller – insbesondere im Hinblick auf die Aufbewahrung des Morgensterns – vorträgt, dass sich die Gegenstände im verschlossenen Wohnwagen befunden hätten, genügt dies nicht, um den Sicherheitsvorschriften des § 36 Abs. 1 WaffG zu entsprechen. Die offen in den Räumlichkeiten eines dauernd bewohnten Gebäudes oder – wie hier – eines Wohnwagens liegenden Waffen sind auch bei abgeschlossenem Haus bzw. Wohnwagen nicht sorgfältig aufbewahrt (vgl. BayVGH, B.v. 24.2.2016 – 21 ZB 15.1949 – juris Rn. 20).
Die Waffenbehörde hat das ihr bei der Entscheidung nach § 41 Abs. 1 WaffG zukommende Ermessen erkannt und es im Sinne von Art. 40 BayVwVfG im Rahmen der gesetzlichen Grenzen ausgeübt, insbesondere zweckentsprechend zur Abwehr der auch von erlaubnisfreien Waffen und Munition ausgehenden Gefahren (BT-Drs. 14/7758, S. 76). Sie bei ihrer Entscheidung zu Recht berücksichtigt, dass der Antragsteller mehrfach rechtskräftig verurteilt worden ist, es sich um erhebliche Verurteilungen handelte und der Antragsteller auch bereits mehrfach wegen vorsätzlicher Körperverletzung (darunter auch gefährliche Körperverletzung) verurteilt wurde. Dass der Antragsteller aggressiv und gewaltbereit ist, zeigt auch sein Verhalten bei der polizeilichen Vernehmung am 1. April 2015, bei der er zuletzt auf die Polizeibeamten losgehen wollte, so dass die Vernehmung abgebrochen werden musste. Im Hinblick auf den Zweck des Waffengesetzes, den Umgang mit Schusswaffen und Munition zu begrenzen und den zuverlässigen und sachkundigen Umgang mit Waffen zu gewährleisten, um die naturgemäß aus dem Besitz und Gebrauch von Waffen resultierenden erheblichen Gefahren einzugrenzen und überwachen zu können (BayVGH, B.v. 19.3.2010 – 21 CS 10.59 – juris Rn. 14), ist das strafbewehrte Besitz- verbot (vgl. § 52 Abs. 3 Nr. 8 WaffG) ein geeignetes Mittel der Gefahrenabwehr. Ein milderes Mittel, das gleichermaßen geeignet wäre, Gefahren zu begegnen, die auch von erlaubnisfreien Waffen und Munition im Besitz des nicht zuverlässigen Antragstellers ausgehen, ist nicht ersichtlich.
Soweit die Bevollmächtigte des Antragstellers vorgetragen hat, dass die Untersagung geboten sein müsse, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten, verwechselt sie die gesetzlichen Anforderungen von § 41 Abs. 1 Nr. 1 WaffG und § 41 Abs. 1 Nr. 2 WaffG. Nur bei § 41 Abs. 1 Nr. 1 WaffG muss ein Waffenverbot zur Verhütung von Gefahren für die Sicherheit geboten sein. § 41 Abs. 1 Nr. 2 WaffG formuliert eigenständige Verbotsvoraussetzungen, u. a. die hier vorliegende waffenrechtliche Unzuverlässigkeit des Antragstellers. Ein Waffenverbot ist auch nicht deshalb entbehrlich, weil sich der Antragsteller derzeit in Haft befindet. Der Antragsgegner hat zu Recht ausgeführt, dass es für ihn nicht absehbar sei, ob und wann der Antragsteller aus der Haft, die derzeit auch nur als Untersuchungshaft besteht, entlassen werde. Mit dem Erlass eines sofortigen Waffenverbots hat die Behörde sichergestellt, dass es dem Antragsteller nicht mehr ermöglicht wird, erlaubnisfreie Waffen und Munition zu besitzen. Sicherheitslücken müssen gerade im Hinblick auf die zahlreichen Verurteilungen des Antragstellers sowie seine Gewaltbereitschaft nicht hingenommen werden. Soweit die Behörde in Nr. 3 des Bescheides angeordnet hat, dass der Antragsteller etwaige weitere sich in seinem Besitz befindliche erlaubnisfreie Schusswaffen und Munition sowie tragbare Gegenstände nach dem Waffengesetz abgeben muss, ist ihm diese Pflicht durch die Inhaftierung nicht unmöglich gemacht. Ist er noch im Besitz solcher Gegenstände, die durch die Durchsuchung der Polizei nicht aufgefunden wurden oder sich nicht im Wohnwagen befunden haben, so ist es ihm zumutbar, sie einem Berechtigten zu überlassen oder sie durch einen solchen abzugeben.
Der angefochtene Bescheid enthält auch eine ausreichende Begründung im Sinne des § 80 Abs. 3 VwGO. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs (vgl. B.v. 23.11.1998 – 21 ZS 98.2036 – juris Rn. 3 m. w. N.) trägt eine im Waffenrecht festgestellte Unzuverlässigkeit wegen der besonderen Sicherheitslage im Regelfall auch die Anordnung der sofortigen Vollziehung von waffenrechtlichen Maßnahmen ohne zusätzliche Begründung, weil Waffen in Händen von unzuverlässigen Personen für die Gemeinschaft nicht hinnehmbare Gefahren darstellen. An die Begründung der sofortigen Vollziehung sind in solchen Fällen keine hohen Anforderungen zu stellen. Nur im Ausnahmefall ist eine über die Darlegung der Unzuverlässigkeit hinausgehende Begründung erforderlich. Besondere Umstände, die den Sofortvollzug ausnahmsweise entbehrlich erscheinen lassen, sind vorliegend jedoch nicht ersichtlich.
Damit ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 2 i. V. m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i. V. m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist mangels Erfolgsaussichten der Klage abzulehnen. Die Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag ist gerichtskostenfrei.

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