Verwaltungsrecht

Abgewiesene Klage eines malischen Staatsangehörigen gegen Abschiebungsanordnung nach Italien

Aktenzeichen  M 7 K 15.50713

Datum:
15.6.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 34a Abs. 1 S. 1
AsylVfG AsylVfG § 27a, § 34a Abs. 1 S. 1
AufenthG AufenthG § 60a Abs. 2
GG GG Art. 2 Abs. 2 S. 1
Dublin III-VO Dublin III-VO Art. 18 Abs. 1 lit. b, Art. 25 Abs. 2

 

Leitsatz

Systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Italien, die einer Abschiebung einer alleinstehenden männlichen Person entgegenstehen würden, liegen nicht vor. (redaktioneller Leitsatz)
Ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis ist gegeben, wenn ein Ausländer aus gesundheitlichen Gründen nicht transportfähig ist oder das ernsthafte Risiko besteht, dass sich sein Gesundheitszustand unmittelbar durch die Ausreise oder Abschiebung oder deren unmittelbare Folge wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern wird (hier verneint). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Mit dem Einverständnis der Beteiligten kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamtes ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Das Bundesamt hat zu Recht die Abschiebung des Klägers nach Italien angeordnet. Gem. § 27 a AsylVfG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In diesem Fall prüft die Beklagte den Asylantrag nicht, sondern ordnet die Abschiebung in den zuständigen Staat an (§ 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG).
Das Gericht verweist auf die zutreffenden Ausführungen in dem Bescheid des Bundesamtes vom 1. August 2015 (§ 77 Abs. 2 AsylG). Insbesondere hat das Bundesamt auch zutreffend ausgeführt, dass systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Italien, die einer Abschiebung des Antragstellers als alleinstehender männlicher Person entgegenstehen, nicht vorliegen.
Es liegt auch kein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis vor. Das Bundesamt hat im Rahmen einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG die (rechtliche und tatsächliche) Durchführbarkeit der Abschiebung und damit sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollzugshindernisse zu prüfen, so dass daneben für eine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde für die Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG kein Raum verbleibt (vgl. BVerfG, B.v. 17.9.2014 – 2 BvR 732/14 – juris Rn. 11 mit Verweis auf die gefestigte und einheitliche obergerichtliche Rechtsprechung). Ein aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG folgendes inlandsbezogenes Abschiebungshindernis liegt vor, wenn der Ausländer aus gesundheitlichen Gründen nicht transportfähig ist oder aber das ernsthafte Risiko besteht, dass sich sein Gesundheitszustand unmittelbar durch die Ausreise oder Abschiebung oder unmittelbare Folge davon wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern wird (vgl. BayVGH, B.v. 28.10.2013 – 10 CE 13.2257 – juris Rn. 6; B.v. 8.2.2013 – 10 CE 12.2396 – juris Rn. 11). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Mit dem internistischen Attest vom 10. August 2015 wird dem Kläger eine 2012 abgelaufene Tuberkulose mit narbigen Veränderungen im rechten Oberlappen und Schmerzen bei pleuraler Vernarbung bescheinigt. Als Therapie wird aber nur die Behandlung mit einem Schmerzmittel, z. B. Ibuprofen, vorgeschlagen („empfehlenswert“). Ein Abschiebungshindernis ist aus diesem Attest nicht erkennbar. Wie der Kläger in dem persönlichen Gespräch beim Bundesamt auch angegeben hat, hat er offenbar keine größeren Beschwerden. Soweit dem Kläger in der ärztlichen Stellungnahme vom 25. März 2015 ein depressives Syndrom diagnostiziert wird, ist diese Diagnose aus den getroffenen Feststellungen schon nicht nachvollziehbar. Es wird zwar ein Vorfall im Jahr 2012 geschildert, die gegenwärtigen Beeinträchtigungen bzw. die medizinischen Aussagen sind aber nur stichpunktartig aufgeführt und nicht begründet. Für die Diagnose depressiver Episoden aller Schweregrade wird gewöhnlich eine Dauer von mindestens zwei Wochen verlangt. Aus der ärztlichen Stellungnahme vom 25. März 2015 ergibt sich weiter kein Hinweis darauf, dass eine Rückführung nach Italien nicht möglich sein sollte. Es handelt sich auch um keine aktuelle Stellungnahme, so dass auch hier gilt, dass der Kläger keine größeren Beschwerden hat, da er selbst beim Bundesamt (am 26. Mai 2015) angegeben hat, dass er keinerlei Beschwerden oder Erkrankungen habe.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Das Verfahren ist gem. § 83 b AsylG gerichtskostenfrei.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

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