Steuerrecht

Berücksichtigung negativer Einkünfte aus einer festen Einrichtung einer Anwaltskanzlei in Belgien über § 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 1 EStG bei der inländischen Besteuerung Abzugsfähigkeit nachträglicher Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung für Objekte, die vor der Neufassung des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG i. d. F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 veräußert wurden

Aktenzeichen  1 K 848/13

Datum:
3.6.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
EFG – 2017, 304
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
EStG EStG § 2a
EStG EStG § 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 1
EStG EStG § 18 Abs. 1
EStG EStG § 9 Abs. 1 S. 1
EStG EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1
EStG EStG § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
EStG EStG § 52 Abs. 59a S. 6
EStG EStG § 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 1
EStG EStG § 23 Abs. 1
EStG EStG § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
DBA Belgien DBA Belgien Art. 3 Abs. 2
DBA Belgien DBA Belgien Art. 5 Abs. 3 Nr. 5
DBA Belgien DBA Belgien Art. 5 Abs. 4
DBA Belgien DBA Belgien Art. 14 Abs. 1 S. 1
DBA Belgien DBA Belgien Art. 14 Abs. 1 S. 2
DBA Belgien DBA Belgien Art. 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Leitsatz

1. Auch nach der vor der Neufassung des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 gültigen Gesetzesfassung sind Aufwendungen für bislang vermietete und nach einem kurzen Leerstand veräußerte Immobilien nach dem Zeitpunkt der Beendigung der Vermietung nicht mehr als nachträgliche Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften abziehbar, wenn der Vermieter selbst die Mietverträge gekündigt hat, die Immobilien anschließend bis zur (infolge Ablaufs der früheren zweijährigen Spekulationsfrist nach § 23 Abs. 1 EStG a. F. nicht steuerbaren) Veräußerung in einem Zeitraum von vier bis zwölf Monaten leer gestanden sind und der Vermieter keinerlei objektive Unterlagen (z. B. Mietinserate usw.) beibringen kann, die dafür sprechen, dass ab dem Zeitpunkt der Beendigung der Mietverträge nicht nur die durch die tatsächliche Veräußerung objektiv bestätigte Veräußerungsabsicht, sondern auch weiter eine Einkunftserzielungsabsicht durch Vermietung und Verpachtung bestanden hat.
2. Wurde das Büro einer deutschen Anwaltskanzlei in Belgien von den belgischen Behörden unzutreffend nicht als “feste Einrichtung” i. S. d. Art. 14 Abs. 1 DBA-Belgien behandelt und deswegen in Belgien nicht besteuert, so entfällt gem. § 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 1 EStG die Freistellung der Einkünfte des Büros in Deutschland nach Art. 23 Abs. 1 Nr. 1 DBA Belgien; die auf das Büro in Belgien entfallenden negativen Einkünfte mindern folglich als Verluste die inländischen Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit.
3. Der im DBA-Belgien selbst nicht umfassend geregelte Begriff der “festen Einrichtung” ist abkommensautonom auszulegen, da der Begriff in rechtssystematisch relevanter Weise Einfluss auf die Verteilungsnormen des Art. 14 und 7 DBA-Belgien nimmt und geeignet ist, diesen Bestimmungen, je nach Auslegung, ihre Wirkung zu nehmen.
4. Ein von einer deutschen Anwaltskanzlei über viele Jahre in Brüssel angemietetes, wie eine vollwertige Kanzlei eingerichtetes, jedoch permanent nur von einer Teilzeitsekretärin betreutes Büro mit einer Fläche von insgesamt 76 qm stellt auch dann eine “feste Einrichtung” i. S. d. Art. 14 Abs. 1 DBA-Belgien dar, wenn dieses Büro nur der Repräsentanz der Kanzlei dienen sollte und sämtliche anwaltliche Tätigkeit in Deutschland erledigt wurde.
5. Die Spezialregelungen in Art. 5 Abs. 3 DBA-Belgien zum Vorliegen einer “Betriebsstätte” sind für die Auslegung des Begriffs der “festen Einrichtung” (Art. 14 Abs. 1 DBA-Belgien) nicht, auch nicht im Wege der Analogie, anwendbar.
6. Auch wenn § 50d Abs. 9 EStG erst mit dem JStG 2007 eingeführt wurde, ist § 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 1 EStG, anders als § 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 2 EStG, gem. § 52 Abs. 59a S. 6 EStG mit Rückwirkung für alle Veranlagungszeiträume anzuwenden, für die die Einkommensteuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt wurde. § 50d Abs. 9 S. 1 Nr. 1 EStG findet gleichermaßen für Einkünfte positiver wie auch negativer Natur Anwendung.

Gründe

II.
Die Klage ist begründet, soweit für die Streitjahre 1991 bis 2004 der Aufwand für den Betrieb des Büros in Brüssel nur unter dem Progressionsvorbehalt und nicht als Betriebsausgabe Berücksichtigung bei den selbständigen Einkünften gefunden hat. Dies gilt mit der Maßgabe, dass im Jahr 1999 eine Berücksichtigung positiver Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus Objekt 9 in Höhe von 3.674,26 EUR (7.186,22 DM) im Rahmen der Fehlerkorrektur des § 177 AO stattzufinden hat und der Progressionsvorbehalt wegen Erzielung ausländischer Einkünfte wegfällt.
Im Übrigen ist die Klage unbegründet.
1. Soweit die Kläger Anträge zur Berücksichtigung von Werbungskosten für das Jahr 1993 gestellt haben, waren diese dergestalt auszulegen, dass ein entsprechend erhöhter Verlustrücktrag bei der Einkommensteuerfestsetzung 1991 begehrt wird.
Nach § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG in der für 1993 geltenden Fassung können Verluste, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden, bis zu einem Betrag von insgesamt X Millionen Deutsche Mark wie Sonderausgaben vom Gesamtbetrag der Einkünfte des zweiten, dem Veranlagungszeitraum vorangegangenen Veranlagungszeitraums abzogen werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH wird über die Höhe des Verlustabzugs nach § 10d EStG nicht im Jahr der Entstehung des Verlusts, sondern im Abzugsjahr entschieden. Beschwert wird ein Steuerpflichtiger durch die Steuerfestsetzung. Bei sog. Nullbescheiden fehlt deshalb regelmäßig eine Beschwer.
Da die Steuerfestsetzung des Jahres 1993 auf 0 DM lautet, ist eine Berücksichtigung eines erhöhten, in diesem Jahr nicht abzugsfähigen Verlustes nur bei der Einkommensteuerfestsetzung des Jahres 1991 möglich.
Der Klageantrag, der für die Berücksichtigung der erhöhten Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und aus selbständiger Tätigkeit im Jahr 1993 keinen eindeutigen Antrag formuliert, war daher, bestmöglichen Rechtsschutz gewährend, entsprechend dahingehend auszulegen, als ein erhöhter Verlustabzug bei der Einkommensteuerfestsetzung 1991 begehrt wird.
2. Das Finanzamt hat zu Recht in sämtlichen Streitjahren Aufwendungen im Zusammenhang mit den veräußerten Objekten, ab Beendigung der Mietverhältnisse nicht mehr als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt.
a) Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Hierzu zählen auch Schuldzinsen, soweit diese mit einer Einkunftsart, vorliegend den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung i.S. des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 1 EStG).
Ein steuerrechtlich anzuerkennender wirtschaftlicher Zusammenhang von Schuldzinsen mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung des BFH gegeben, wenn ein objektiver Zusammenhang dieser Aufwendungen mit der Überlassung eines Vermietungsobjektes zur Nutzung besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung dieser Nutzungsüberlassung gemacht werden. (Fussnote 1:vgl. BFH, Urteil vom 16. September 2015 IX R 40/14, BFH/NV 2016, 294)
Mit der erstmaligen (d.h. tatsächlichen) Verwendung einer Darlehensvaluta zur Anschaffung eines Vermietungsobjektes wird die maßgebliche Verbindlichkeit diesem Verwendungszweck unterstellt. Schuldzinsen, die auf Verbindlichkeiten entfallen, welche in der beschriebenen Weise der Finanzierung von Anschaffungskosten eines zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzten Wohngrundstücks dienen und mithin durch diese Einkünfte veranlasst sind, können auch nach einer nicht steuerbaren Veräußerung der Immobilie grundsätzlich weiter als (nachträgliche) Werbungskosten abgezogen werden, wenn und soweit die Verbindlichkeiten durch den Veräußerungserlös nicht getilgt werden können. (Fussnote 2:vgl. BFH, Urteil vom 16. September 2015 IX R 40/14, BFH/NV 2016, 294)
Auch auf ein Refinanzierungs- oder Umschuldungsdarlehen gezahlte Schuldzinsen können im Einzelfall durch die (frühere) Einkünfteerzielung veranlasst sein. Die Berücksichtigung nachträglicher Schuldzinsen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung steht unter dem Vorbehalt der vorrangigen Schuldentilgung; denn ein Veranlassungszusammenhang von nachträglichen Schuldzinsen mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist zu verneinen, wenn die Schuldzinsen auf Verbindlichkeiten entfallen, die durch den Erlös aus der Veräußerung des Immobilienobjektes hätten getilgt werden können. (Fussnote 3:BFH, Urteile vom 8. April 2014 IX R 45/13, BFHE 244, 442, BStBl II 2015, 635; vom 20. Juni 2012 IX R 67/10, BFHE 237, 368, BStBl II 2013, 275; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen –BMF– vom 27. Juli 2015, BStBl I 2015, 581, unter 1.)
Für die Berücksichtigung nachträglicher Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung gelten nach der von Seiten des BFH erfolgten Neuausrichtung seiner Rechtsprechung, die in Anbetracht des Einbezugs privater Veräußerungserlöse in die Besteuerung (Fussnote 4:BFH, Urteil vom 20. Juni 2012 IX R 67/10 (BFHE 237, 368, BStBl II 2013, 275; vom 8. April 2014 IX R 45/13, BFH/NV 2014, 1151) erfolgte, zweierlei Ausnahmen.
So kommt eine Berücksichtigung dann nicht in Betracht, wenn ein einmal begründeter wirtschaftlicher Veranlassungszusammenhang eines Darlehens mit Einkünften i.S. des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zwischenzeitlich nicht mehr besteht, und zum anderen, wenn der Veräußerungserlös nicht zur Tilgung der im Zusammenhang mit der Vermietungseinkunft stehenden Darlehen verwendet wurde.
So ist in dem die Änderung der Rechtsprechung zur Berücksichtigung nachträglicher Schuldzinsen bei Vermietung und Verpachtung einleitenden Urteil IX R 67/10 dargelegt, dass ein Veranlassungszusammenhang von nachträglichen Schuldzinsen mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, entsprechend der rechtlichen Behandlung nachträglicher Schuldzinsen auf Betriebsschulden, nach Aufgabe oder Veräußerung des Betriebs als Betriebsausgaben (Fussnote 5:s. BFH, Urteile vom 28. März 2007 X R 15/04, BFHE 217, 507, BStBl II 2007, 642; vom 19. August 1998 X R 96/95, BFHE 187, 21, BStBl II 1999, 353) dann zu verneinen ist, wenn die Schuldzinsen auf Verbindlichkeiten entfallen, die durch den Veräußerungspreis des Immobilienobjektes hätten getilgt werden können (sog. Grundsatz des Vorrangs der Schuldentilgung). In diesem Fall beruht die Entscheidung des Steuerpflichtigen, im Veräußerungszeitpunkt noch valutierende Darlehensschulden nicht oder nicht im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten zurückzuführen, auf einer privaten Motivation, die den ursprünglichen Veranlassungszusammenhang überlagert. (Fussnote 6:vgl. Jachmann/Schallmoser, Deutsches Steuerrecht 2011, 1245, 1249) Ein fortdauernder Veranlassungszusammenhang von nachträglichen Schuldzinsen mit früheren Einkünften i.S. des § 21 EStG kann ferner dann nicht mehr angenommen werden, wenn der Steuerpflichtige zwar ursprünglich – etwa mit Blick auf eine dauerhaft angelegte Vermietung des maßgeblichen Objektes – mit Einkünfteerzielungsabsicht gehandelt hat, (Fussnote 7:zur Typisierung der Einkünfteerzielungsabsicht vgl. BFH, Urteil vom 30. September 1997 IX R 80/94, BFHE 184, 406, BStBl II 1998, 771; zur Übernahme der Typisierung durch den Gesetzgeber s. die Neuregelung des § 21 Abs. 2 EStG i.d.F. des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 (BGBl I 2011, 2131) sowie die hierzu gegebene Gesetzesbegründung in BRDrucks 54/11, 51) seine Absicht zu einer (weiteren) Einkünfteerzielung jedoch bereits vor der Veräußerung des Immobilienobjektes aus anderen Gründen weggefallen ist.
Die Rechtsprechungsänderung erfolgte, um den Änderungen, die mit der Neufassung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 einhergingen, Rechnung zu tragen.
Nicht angezweifelt wurde dabei die Fortgeltung der beschränkten Abziehbarkeit nachträglicher Schuldzinsen, wie sie vor dem Hintergrund der Regelung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG in den Fassungen vor 1999 galt. (Fussnote 8:Vgl. BFH, Urteil vom 20. Juni 2012 IX R 67/10, BFHE 237, 368, BStBl II 2013, 275 dort Ziff. II. 2.a) der Gründe)
Ohne dass es auf eine Rechtsprechungsänderung angekommen wäre, schied die Annahme eines – kreditfinanzierten – nichtsteuerbaren Verlustes in der privaten Vermögenssphäre von jeher bereits dann aus, wenn der Steuerpflichtige während der Vermietungstätigkeit Aufwendungen mit Kredit finanzierte, die als Werbungskosten sofort abziehbar sind (z.B. Erhaltungsaufwendungen, sonstige Hauskosten), da die während der Vermietungstätigkeit (der Widmung des Gebäudes zur Einkünfteerzielung) getätigten sofort abziehbaren Werbungskosten nur die Einkunftssphäre betreffen. Der insoweit durch die tatsächliche Verwendung des Kredits geschaffene wirtschaftliche Zusammenhang mit der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung bleibt auch nach der Veräußerung des Wirtschaftsgutes bestehen und die nach Aufgabe der Vermietungstätigkeit anfallenden Kreditzinsen sind für derartige Zusammenhänge von jeher als nachträgliche Werbungskosten abziehbar. (Fussnote 9:Vgl. BFH, Urteil vom 16. September 1999 IX R 42/97 FR 2000, 104)
Weiterhin zu berücksichtigen ist die ständige Rechtsprechung des BFH zur Berücksichtigung von Aufwendungen für Vermietungsobjekte, die nach vorheriger (auf Dauer angelegter) Vermietung leerstehen. Danach ist Aufwand auch während der Zeit des Leerstands als Werbungskosten abziehbar, solange der Steuerpflichtige den ursprünglichen Entschluss zur Einkünfteerzielung im Zusammenhang mit dem Leerstand der jeweiligen Wohnung nicht endgültig aufgegeben hat. Die Einzelfallumstände, aus denen sich der endgültige Entschluss zu vermieten ergibt, sind in erster Linie ernsthafte und nachhaltige Vermietungsbemühungen des Steuerpflichtigen. Für die Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit der Vermietungsbemühungen als Voraussetzungen einer (fort-) bestehenden Einkünfteerzielungsabsicht, deren Feststellung und Würdigung im Wesentlichen dem FG als Tatsacheninstanz obliegt, trägt der Steuerpflichtige die Feststellungslast. (Fussnote 10:Vgl. zuletzt BFH, Urteil vom 13. Januar 2015 IX R 46/13, juris, DStZ 2015, 289)
b) Vorstehende Auslegungsgrundsätze zugrunde legend, kommt für die im Jahr 1990 veräußerten Objekte weder eine Berücksichtigung der nach Kündigung der Mietobjekte angefallenen Werbungskosten in Betracht, so dass sich die Kürzungen der Betriebsprüfung für die Jahre 1989 von 9.886 DM, 1990 von … DM und 1991 von … DM als jeweils rechtmäßig erweisen, noch kommt für spätere Jahre die Berücksichtigung nachträglicher Schuldzinsen, auch unter Einbezug der neuen Rechtsprechung des BFH in Betracht.
aa) So ist die Rechtsprechungsänderung für die drei im Jahr 1990 veräußerten Objekte bereits deshalb nicht einschlägig, weil die Gesetzesänderung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 für diese VuV-Objekte keine Relevanz zu erlangen vermochte.
bb) Hinzukommt, dass selbst unter Berücksichtigung der Rechtsprechungsänderung, ein Einbezug von Werbungskostenüberhängen grundsätzlich nicht in Betracht kommt, weil nach den tatsächlichen Umständen hinsichtlich dieser Objekte die Einkunftsart Vermietung und Verpachtung durch die Kläger vorzeitig beendet wurde.
So gilt es zu berücksichtigen, dass die bestehenden Mietverträge, nach den Feststellungen der Betriebsprüfung, die weder bestritten noch widerlegt wurden, von Seiten der Kläger gekündigt worden sind und im Anschluss ein Leerstand erfolgte. Gründe für die Kündigungen, insbesondere Gründe, die darauf schließen ließen, dass die Kündigungen nicht im Zusammenhang mit der Aufgabe einer Vermietungsabsicht stünden, haben die Kläger auch auf Nachfrage in der Aufklärungsanordnung des Gerichts vom 13. Oktober 2014 nicht genannt. Im Anschluss an die Kündigungen standen die Wohnungen vier und zwölf Monate leer, ohne dass erkennbare Bemühungen unternommen worden wären, diese erneut zu vermieten.
Eine, nach Vortrag der Kläger, nach wie vor erwogene Möglichkeit der Vermietung, hat sich in keiner Weise in einer nach außen nachvollziehbaren Handlung objektiviert. Nach den Feststellungen der Betriebsprüfung sind nach Kündigung der Wohnungen und in der Zeit ihres Leerstandes aktiv ausschließlich Verkaufsbemühungen erfolgt, die letztlich dann auch zu einem Verkauf der Objekte führten. Die Kläger haben hierzu erklärt, dass dem Betriebsprüfer sämtliche Belege zur Verfügung gestellt worden seien. Dies ernst nehmend, lässt sich nur davon ausgehen, dass die Kläger tatsächlich keinerlei Vermietungsbemühungen in den Zeiten des Leerstandes betrieben haben.
In der Folge kann objektiv auch nur davon ausgegangen werden, dass die Kläger ihre Absicht der Nutzung dieses Immobilienvermögens durch Vermietung mit Kündigung der Mietverträge aufgegeben haben, zugunsten einer, von nun an ausschließlich verfolgten Absicht der Nutzung dieses Immobilienvermögens durch Umschichtung im Wege der Veräußerung. Mit Wegfall der Einkünfteerzielungsabsicht durch Vermietung, nach außen durch die aktive Kündigung der Mietverträge dokumentiert, ist mangels Vorliegen der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung eine Geltendmachung von Aufwand insoweit nicht mehr möglich.
cc) Auch eine anderweitige Berücksichtigung der von den Klägern geltend gemachten Zinsaufwendungen erschließt sich nicht.
Zwar haben die Kläger drei Objekte veräußert. Anhaltspunkte, dass sie dadurch einen gewerblichen Grundstückshandel begründet hätten, lassen sich jedoch nicht finden. Entsprechende Feststellungen wurden weder von der Betriebsprüfung getroffen, noch von den Klägern dargelegt, noch sind sie aus den Akten erkennbar. Da die Vermögensumschichtungen der Immobilien nach der im Streitzeitraum geltenden Rechtslage im privaten Vermögensbereich erfolgten, kommt auch keine anderweitige Möglichkeit der Berücksichtigung nachträglicher Schuldzinsen im Zusammenhang mit diesen Objekten in Betracht.
dd) Doch selbst wenn man, zu Gunsten der Kläger, nicht von der Aufgabe der Vermietung dieser Objekte ausgehen wollte, käme eine Berücksichtigung nachträglicher Schuldzinsen nicht in Betracht, da es insoweit an den tatsächlichen weiteren Voraussetzungen fehlt.
So wurden die Kläger unter Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung aufgefordert unter Vorlage von Unterlagen darzulegen, welche Darlehen (Vorlage der Darlehensverträge) zur Anschaffung der Vermietungsobjekte (Angabe und Nachweis des Anschaffungszeitpunkts), in deren Zusammenhang ein nachträglicher Schuldzinsenabzug begehrt wird (separat für jedes Vermietungsobjekt), aufgenommen wurden und in welcher Höhe die Darlehen zum Zeitpunkt des Verkaufs noch valutierten (Abrechnungen der jeweiligen Banken).
Die im Anschluss erfolgten Ausführungen und vorgelegten Unterlagen der Kläger lassen nicht erkennen, welcher konkrete Aufwand im Zusammenhang mit den VuV-Objekten finanziert wurde, insbesondere nicht, ob, respektive dass die Finanzierung von Erhaltungsaufwand erfolgt wäre, was auch eine nachgängige steuerliche Berücksichtigung einräumte.
Auch aus den Akten lässt sich hierzu nichts feststellen, da auch der Betriebsprüfer vermerkt hat, er habe Anlass und Höhe der Darlehen nicht weiter überprüft.
Da Konto und Festkredit ohne konkrete Zweckangabe sind, lässt sich auch hieraus nicht erschließen, welcher konkrete Zusammenhang mit den Vermietungsobjekten bestand.
Ebenso wenig sind konkrete Erkenntnisse dazu verfügbar, wieviel für die Objekte erlöst wurde und was mit dem Erlös konkret geschah.
Es lässt sich eine Feststellung, dass die Verkaufserlöse nicht zur Tilgung der im Zusammenhang mit der Finanzierung der zu ihrer Anschaffung aufgenommenen Darlehen ausgereicht hätten, unter Berücksichtigung der vorliegenden Unterlagen ebenso wenig treffen, wie eine Feststellung, dass Darlehen nach deren Veräußerung verblieben seien, die zur Finanzierung sofort abzugsfähiger Werbungskosten dieser Objekte gedient hätten.
Dieses Feststellungsdefizit geht zu Lasten der Kläger, auch wenn es hierauf nach Ansicht des Senats, der eine Berücksichtigung von Schuldzinsen für diese Objekte aus anderen Gründen bereits nicht für möglich hält, letztlich nicht ankommt.
ee) Nach den vorliegenden Unterlagen wurden die weiteren sechs VuV-Objekte erst ab dem Jahr 1997 veräußert, wobei zu einem Objekt weder das Veräußerungsdatum noch sonstige Daten näher bekannt sind.
Auch für diese Objekte kommt die Berücksichtigung von nachträglichen Werbungskosten nicht in Betracht.
3. Für diese ab dem Jahr 1997 veräußerten Vermietungsobjekte liegen die Voraussetzungen für einen nachträglichen Schuldzinsabzug nicht vor.
a) Soweit diese Objekte vor dem 1.1.1999 veräußert wurden, ist auch hier die Rechtsprechungsänderung nicht einschlägig, weil die Gesetzesänderung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 für sie keine Relevanz zu erlangen vermochte.
b) Hinzukommt, dass die von den Klägern vorgelegten Unterlagen es unabhängig davon nicht erlauben, zuverlässig einen konkreten rechtlich fixierbaren Zusammenhang zwischen den von den Klägern als nachträgliche Werbungskosten geltend gemachten Zinsen mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung herzustellen.
So fehlt es hinsichtlich zweier Objekte vollständig an Angaben über den erzielten Verkaufspreis und dessen Verwendung.
Soweit im Zusammenhang mit anderen Objekten Unterlagen vorgelegt wurden erlauben diese nicht einen Zusammenhang mit nachträglichen Werbungskosten aus VuV herzustellen, da nicht nachzuvollziehen ist, in welchem Umfang die Verkäufe tatsächlich zu nicht ausgeglichenen Darlehensvaluta geführt haben.
Die für eine Berücksichtigung erforderlichen Feststellungen können auch nicht durch die Ausführungen unter Ziff. 1.9 im Betriebsprüfungsbericht zu den Jahren 1995 bis 1998 ersetzt werden. Der Betriebsprüfer vermerkt dort unter Ziff. 5 “Im Rahmen der BP wurde beantragt Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten zu berücksichtigen (1995: … DM; 1996: … DM; 1997: … DM); 1998: kein). Die angefallenen Schuldzinsen sind durch Anschaffungsdarlehen für bereits veräußerte Immobilien angefallen. Lt. der bisherigen Rechtsprechung ist eine steuerliche Berücksichtigung von Schuldzinsen als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nur dann möglich, wenn und soweit diese Schuldzinsen auf sofort abzugsfähigen Werbungskosten während der Vermietungsphase entfallen… Der insofern geltend gemachte Aufwand bezieht sich, wie aus der Anlage zur Einkommensteuererklärung 1996 hervorgeht, auf die im Jahr 1990 veräußerten Objekte. Dies geht auch aus der Anlage zur Einkommensteuererklärung 1997 hervor, welcher sich auf den Betrag von … DM bezieht, welcher im Rahmen der BP zu den VuV-Einkünften 1997 strittig war und ausschließlich die veräußerten Objekte betreffen soll. Dass für diese Objekte bereits aus grundsätzlichen Erwägungen kein nachträglicher Werbungskostenabzug in Betracht kommt, wurde bereits unter Ziff. II. 2. der Gründe ausgeführt.
Weiter hinzukommt, dass gerade für die Jahre 1998 und 1999, in welchem der Kläger offensichtlich seine letzten “Bauherrenobjekte” veräußert hat, keinerlei Bankunterlagen vorliegen, die über den Verbleib von Anschaffungsaufwand aus den VuV-Objekten Aufschluss gewähren könnten. Auch ist nichts über die Neuordnung des Darlehensvertrages über … DM mit der Darlehensnummer XY bekannt, dessen Laufzeit am 30. Juni 1998 endete.
Die objektive Beweislast (Feststellungslast) für das Vorliegen des wirtschaftlichen Zusammenhangs mit einer Einkunftsart als Voraussetzung für den steuermindernden Abzug der geltend gemachten Aufwendungen trägt der Steuerpflichtige.
Es geht zu Lasten der Kläger, dass ungeachtet der vorgelegten Unterlagen nicht nachvollzogen werden kann, dass die von den Klägern geltend gemachten Zinsaufwendungen im Zusammenhang und, wenn ja, in welchem, mit ehemaligen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung stehen.
4. Die negativen Einkünfte aus dem Betrieb des Büros in Brüssel sind gem. § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG in den jeweiligen Streitjahren zu berücksichtigen.
Gemäß Art. 14 Abs. 1 des DBA Belgien können Einkünfte, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus einem freien Beruf bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, dass die Person für die Ausübung ihrer Tätigkeit in dem anderen Staat regelmäßig über eine feste Einrichtung verfügt (Satz 1). Verfügt sie über eine solche feste Einrichtung, so können die Einkünfte in dem anderen Staat besteuert werden, jedoch nur insoweit, als sie der Tätigkeit, die über diese feste Einrichtung ausgeübt wird, zugerechnet werden können (Satz 2).
Zwar hat der Kläger, nach Auffassung des Senats, in den Streitjahren durch den Betrieb des Büros in Brüssel Einkünfte aus einer “festen Einrichtung” im Sinne des Art. 14 DBA Belgien erzielt. Da die belgischen Behörden jedoch, belegt durch die die amtlichen Bescheinigungen vom 27. August 2008 und 31. März 2010, von einem anderen Abkommensverständnis ausgehen und die Einkünfte nach DBA als in Belgien nicht steuerbar qualifizieren, entfällt gem. § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG deren Freistellung nach Art. 23 Abs. 1 Nr. 1 DBA Belgien und führt zu deren Berücksichtigung bei der inländischen Bemessungsgrundlage der Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit.
a) Der entscheidende Senat vertritt die Auffassung, dass das vom Kläger in sämtlichen Streitjahren in Brüssel unterhaltene Büro als “feste Einrichtung” im Sinne des Art. 14 DBA Belgien zu qualifizieren ist und Belgien damit – nach deutschem Abkommensverständnis – die Einkünfte aus diesem Büro zugewiesen sind.
aa) Der Begriff “feste Einrichtung” bedarf für den Streitfall der konkreten Festlegung, da mit streitentscheidend ist, ob das Büro nach Art seiner Nutzung – wie vom Kläger bestritten – überhaupt als “feste Einrichtung” im Sinne des Abkommens zu qualifizieren ist und damit überhaupt geeignet ist, ein Besteuerungsrecht Belgiens für dort erwirtschaftete Gewinne respektive Verluste auszulösen.
bb) Das DBA Belgien selbst regelt den Begriff der “festen Einrichtung” im Gegensatz zu demjenigen der “Betriebsstätte” nicht umfassend. (Fussnote 11:vgl. Straka in Debatin/Wassermeyer DBA Belgien Art. 14 Rdz. 13)
aaa) Für den Fall einer fehlenden abkommensrechtlichen Definition bestimmt Art. 3 Abs. 2 DBA Belgien, wie auch Art. 3 Abs. 2 OECD-Musterabkommen (MA), dass ein Begriff die Bedeutung erhält, welche ihm nach innerstaatlichem Recht zukommt, wenn der Zusammenhang nichts anderes erfordert.
Eine innerstaatliche Bedeutung kommt danach nicht zum Tragen, wenn der Zusammenhang innerhalb des Abkommens eine sogenannte abkommensautonome Auslegung (Fussnote 12:z.B BFH, Urteil vom 28. April 2010, I R 81/09, BStBl II 2014, 754, allgemein Dürrschmitt in Vogel/Lehner DBA Art. 3 Rz. 116a) erfordert.
Die Festlegung, ob der Zusammenhang eine abkommensautonome Auslegung erfordert, ist durch Auslegung zu ermitteln.
bbb) Der Senat teilt die Ansicht des Klägers, dass für den Begriff der “festen Einrichtung” eine abkommensautonome Auslegung zu wählen ist, da der Begriff in rechtssystematisch relevanter Weise Einfluss auf die Verteilungsnormen des Art. 14 und 7 DBA-Belgien nimmt und geeignet ist, diesen Bestimmungen, je nach Auslegung, ihre Wirkung zu nehmen. (Fussnote 13:vgl. Dürrschmitt in Vogel/Lehner DBA Art. 3 Rz. 116c)
cc) Zur Auslegung des Begriffs der “festen Einrichtung” geht der BFH in Anlehnung an sein Urteil vom 11. April 1990 (Fussnote 14:BFH, Urteil vom 11. April 1990 I R 82/86, BFH/NV 1991, 143) davon aus (Fussnote 15:BFH, Urteil vom 28. Oktober 2009 I R 99/08, BStBl II 2011, 1019), dass der Begriff der “festen Einrichtung” für die freiberufliche Tätigkeit im Wesentlichen dem Begriff der “Betriebsstätte” im Bereich der Unternehmensgewinne entspricht. Dazu wird ausgeführt  (Fussnote 16:BFH, Urteil vom 11. April 1990 I R 82/86, BFH/NV 1991, 143 ), dass es sich bei der “festen Einrichtung” gewissermaßen um die Betriebsstätte eines Freiberuflers handelt (Fussnote 17:BFH Urteile vom 12. Oktober 1978 I R 69/75, BStBl. II 1979, 64; vom 22.März 1966 I 65/63, BFHE 85, 456, 459, BStBl. III 1966, 463) ), für die ein Verfügungsrecht des selbständig Tätigen vorausgesetzt wird. (Fussnote 18:BFH, Urteil vom 3. Februar 1988 I R 369/83, BFHE 152, 485, 487, BStBl. II 1988, 486) Der Nutzende muss eine Rechtsposition innehaben, die ihm ohne seine Mitwirkung nicht ohne weiteres entzogen oder die ohne seine Mitwirkung nicht ohne weiteres verändert werden kann. (Fussnote 19:BFH, BStBl. II 2011, 1019; BFH, Urteil vom 3. Februar 1993 I R 80-81/91, BStBl. II 1993, 462)
Eine feste Einrichtung erfordert dabei nicht nur eine Einrichtung, die Grundlage einer Unternehmertätigkeit sein kann. (Fussnote 20:BFH, BStBl. II 1993, 462 ) Die Geschäftseinrichtung oder Anlage muss vielmehr auch in zeitlicher Hinsicht von gewisser Dauer sein. Denn durch den Begriff der festen Einrichtung drückt sich eine besonders intensive Verwurzelung der selbständigen Arbeit mit dem Ort ihrer Ausübung aus. Eine entsprechende Verwurzelung kann aber nur angenommen werden, wenn der Bezug der Tätigkeit zum Ort ihrer Ausübung auf eine gewisse Dauer angelegt ist. (Fussnote 21:BFH, Urteil vom 28.06.2006 I R 92/05, BStBl II 2007, 100 ) Eine Einrichtung, die nur vorübergehend der selbständigen Tätigkeit zu dienen bestimmt ist, ist nicht “fest”. Nach der Rechtsprechung des BFH ist hierfür eine Zeitspanne von mindestens sechs Monaten anzusetzen. (Fussnote 22:BFH, Urteil vom 19. Mai 1993 I R 80/92, BFHE 171, 297, BStBl II 1993, 655)
dd) Diese Voraussetzungen berücksichtigend sind die als vollwertige Kanzlei ausgestatteten Räume des Klägers in Brüssel ohne vernünftige Zweifel als “feste Einrichtung” im Sinne des DBA Belgien zu qualifizieren. Es handelt sich dabei um auf Dauer angemietete Räumlichkeiten, durch die ein Bezug der anwaltlichen Tätigkeit des Klägers zu Belgien auf Dauer geschaffen wurde. Dies bereits schon dann, wenn man – wie es der Kläger gerne möchte – allein davon ausgeht, dass die Räumlichkeiten nur der Repräsentanz der M. Kanzlei gedient haben. Die Frage der konkreten Tätigkeit in den Räumen vermag, nach Ansicht des Senats, allein Bedeutung dafür zu erlangen, in welcher Höhe Einnahmen durch anwaltliche Betätigung in Brüssel dem belgischen Staat zuzuordnen sind.
ee) Dementgegen qualifizieren die belgischen Behörden die Kanzlei in Brüssel, ausweislich der vorgelegten Bestätigungen, nicht als “feste Einrichtung” im Sinne des DBA Belgien.
An der Echtheit der vorgelegten Bestätigungen bestehen auch nach Ansicht des Finanzamts keine Zweifel.
Der Senat hält die Bestätigungen auch ihrem Inhalt nach für eindeutig. Es gab daher keinerlei Veranlassung Beweiserhebungsersuchen des Klägers zum Inhalt der Bestätigungen oder zu deren Zustandekommen nachzugehen.
Soweit das Finanzamt einwendet, den Bestätigungen sei nicht zu entnehmen, welche Sachverhaltselemente im Einzelnen die belgischen Behörden ihrer Bestätigung zu Grunde gelegt hätten, trifft dies zwar zu, vermag aber letztlich insoweit keine Bedeutung zu erlangen, als offensichtlich ist, dass die belgischen Behörden den Sachverhaltskomplex Unterhalt der Kanzlei in Brüssel ihrer Beurteilung zugrunde gelegt haben und über diesen Sachverhaltskomplex durch eine Begehung und durch eingereichte Steuererklärungen dem Grunde nach informiert waren. Damit ist auszuschließen, dass die belgischen Behörden einen anderen Sachverhalt als den Betrieb der Kanzlei in Brüssel ihren Bestätigungen zugrunde gelegt haben. Die Gewichtung, welcher einzelnen Sachverhaltselemente sich die letztlich seitens der belgischen Behörden erfolgte Wertung gründet, kann für die Entscheidung des Streitfalls dahingestellt bleiben, da es insoweit allein auf den von den belgischen Behörden gefundenen Rechtsfolgenausspruch ankommt.
So ist angesichts des Vortrags der Kläger mit Schriftsatz vom 12. November 2014 nebst Unterlagen gesichert, dass den belgischen Behörden der Sachverhalt in Form von Steuererklärungen in Belgien zur Kenntnis gebracht worden ist und sie auf Basis dieser Kenntnisse zu ihrer Entscheidung gelangt sind. Ebenso wenig bestehen vernünftige Zweifel daran, dass im Jahr 1998 eine Begehung der Brüsseler Kanzlei durch die belgischen Finanzbehörden stattgefunden hat.
Im Gegensatz zum Finanzamt sieht der Senat keine Möglichkeit der Auslegung, dass die Bestätigungen, welche für die Jahre 1990 bis 2006 rechtlich relevant sind, allein Folge einer Anwendung innerstaatlichen belgischen Rechts über die Abzugsfähigkeit dort erwirtschafteter Verluste sein könnten. Zwar bergen sowohl der zweite, wie auch der dritte Rechtsfolgenausspruch der Bestätigungen die Möglichkeit, es könne sich um die Anwendung innerstaatlichen Rechts handeln insoweit, als keine Steuerpflicht als Nichtansässiger in Belgien bestehe und ein Verlustvortrag für die Jahre 1990 bis 2006 nicht in Frage komme. Demgegenüber eindeutig bezieht sich jedoch der erste der drei Rechtsfolgenaussprüche darauf, dass “die Kanzlei” nicht als in Belgien ansässig im Hinblick auf die Anwendung des DBA Belgien/Deutschland angesehen wird. Selbst wenn der Rechtsfolgenausspruch über die fehlende Ansässigkeit im Sinne des DBA Belgien über innerstaatliche belgische Rechtsnormen hergeleitet worden sein sollte, handelte es sich um eine Auslegung des DBA Belgien insoweit, als hinsichtlich der Ansässigkeit eine Anwendung innerstaatlichen Rechts Belgiens möglich sei.
Die rechtlichen Argumente, die unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Normen – wie Art. 14, Art. 5, Art 3 Abs. 2 DBA Belgien und an Art. 3 Abs. 2 DBA Belgien anknüpfend gegebenenfalls nationale Normen – die belgischen Behörden zu dem von ihnen gefundenen abkommensrechtlichen Ergebnis geführt haben, konnten für die Urteilsfindung dahingestellt bleiben, da es hierauf im Einzelnen nicht ankommt.
ff) Der Senat hält die von den belgischen Behörden in ihren Bestätigungen vertretene Ansicht der “Nichtansässigkeit” der “Kanzlei” im Sinne des DBA Belgien für nicht zutreffend.
Zu einem derartigen von den belgischen Behörden in ihrem Rechtsfolgenausspruch vertretenen Abkommensverständnis könnte man dann gelangen, wenn man einerseits die eine Betriebsstätte ausschließenden leges speziales des Art. 5 Abs. 3 DBA Belgien auf das Vorliegen einer “festen Einrichtung” für analog anwendbar hält, und zudem die Art des Betreibens der Kanzlei in Belgien in den Streitjahren sich dergestalt qualifizierte, als sie dem Zweck diente zu werben, Informationen zu erteilen, oder durch ähnliche Tätigkeiten vorbereitender oder helfender Art geprägt war.
aaa) Die Frage, ob der Begriff der “Betriebsstätte” auch dann für die “feste Einrichtung” im Sinne des Art. 14 DBA Belgien auslegungsbestimmend ist, wenn es darum geht, dass ein DBA, wie Art. 5 Abs. 3 DBA Belgien, entsprechend dem MA in Art. 5 Abs. 4 MA, Einschränkungen zur Annahme einer “Betriebsstätte” bereithält, indem die Ausübung bestimmter Tätigkeiten in den zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten das Vorliegen einer Betriebsstätte wiederum ausschließt, wurde bislang noch nicht höchstrichterlich entscheiden.
bbb) Allein eine schlichte Auslegung des Begriffs der “festen Einrichtung” unter Berücksichtigung des Gesetzeszusammenhangs vermag nicht dazu zu führen, die Ausnahmeregelungen des Art. 5 Abs. 3 Nr. 5 DBA Belgien auch auf den Begriff der “festen Einrichtung” anzuwenden. Denn es verbietet sich generell, eine Auslegung des Abkommens entgegen dessen Wortlaut vorzunehmen, und das Abkommen verwendet die Begriffe “feste Einrichtung” und “Betriebsstätte” mit offensichtlich unterschiedlicher Bedeutung.
So setzt Art. 5 Abs. 3 Nr. 5 DBA Belgien seinem Wortlaut nach zunächst das Vorliegen einer festen (Geschäfts-) Einrichtung voraus. Unabhängig vom Vorliegen einer solchen “festen Einrichtung” wird dann eine Qualifikation als “Betriebsstätte” ausgeschlossen, wenn in der “festen Einrichtung” bestimmte, der gewerblichen Tätigkeit lediglich dienende oder vorbereitende Arbeiten ausgeübt werden. Die Regelung des Art. 5 Abs. 3 Nr. 5 DBA Belgien macht damit deutlich, dass das Abkommen den Begriffen “feste Einrichtung” und “Betriebsstätte” durchaus unterschiedliche Bedeutung zumisst, als zwar das Bestehen einer “Betriebsstätte” per Ausnahmeregelung negiert wird, in der Ausnahmeregelung aber gleichwohl vom Bestehen einer “festen Einrichtung” ausgegangen wird.
Hinzukommt, dass es einer derartigen Ausnahmeregelung wie des Art. 5 Abs. 3 Nr. 5 DBA Belgien nicht bedürfte, wenn bereits die innergesetzliche Auslegung vorgäbe, nicht von einer Betriebsstätte/festen Einrichtung auszugehen, wenn dort nur Tätigkeiten untergeordneter Art ausgeübt würden. Insofern kann auch die einschränkende Auslegung des Begriffs der “festen Einrichtung” nicht dazu führen, zu einem Verständnis zu gelangen, dass von einer solchen nicht auszugehen sei, wenn dort nur der Haupttätigkeit dienende oder untergeordnete Tätigkeiten ausgeübt werden.
Insofern stellt Art. 5 Abs. 3 Nr. 5 DBA Belgien ähnlich Art. 5 Abs. 4 MA ein lex specialis (Fussnote 23:Vgl. Görl in Vogel/Lehner DBA Art. 5 Abs. 4 Rdz. 85 ) zum gemeinhin gültigen Begriff der Betriebsstätte dar.
ccc) Eine einschränkende Auslegung des Begriffs der “festen Einrichtung” unter Berücksichtigung der Ausschlussregelungen des Art. 5 Abs. 3 DBA Belgien käme daher nur in Betracht, wenn eine analoge Anwendung dieser Ausschlussregelungen für den Streitfall respektive generell auch für die abkommensrechtliche Feststellung einer “festen Einrichtung” an sich geboten wäre.
(1) Die Heranziehung einer Gesetzesanalogie stellt für das Steuerrecht die absolute Ausnahme dar. Sie setzt eine “planwidrige Unvollständigkeit des positiven Rechts” voraus, die nur dort als gegeben angesehen wird, wo das Gesetz, gemessen an seiner eigenen Absicht und der ihm immanenten Teleologie, unvollständig, also ergänzungsbedürftig ist und wo seine Ergänzung nicht etwa einer gesetzlich gewollten Beschränkung auf bestimmte Tatbestände widerspricht. (Fussnote 24:BFH, Urteil vom 14. September 1994 I R 136/93, BFHE 175, 406, BStBl II 1995, 382; vom 22. Dezember 2011 III R 5/07, BStBl II 2012, 1025) Rechtspolitische Unvollständigkeiten, d.h. Lücken, die nicht dem Gesetzesplan widersprechen, sondern lediglich vom Rechtsanwender als rechtspolitisch unerwünscht empfunden werden, können entsprechend dem Prinzip der Gewaltenteilung hingegen nicht von den Gerichten geschlossen werden. Sie zu schließen, bleibt Aufgabe des Gesetzgebers.
(2) Anhaltspunkte für eine derartige Unvollständigkeit finden sich in den Materialien zum Abschluss des DBA nicht. Insbesondere im Schlussprotokoll zum Abschluss des DBA Belgien vom 11. April 1967 in der Fassung des Zusatzabkommens vom 5. November 2002 (Fussnote 25:BGBl. II 2003, 2. 1615 ) wurden keine Vereinbarungen zur Bedeutung des Begriffs der “festen Einrichtung” oder der Reichweite der Anwendbarkeit des “Betriebsstättenbegriffs” in diesem Zusammenhang getroffen.
(3) Die nahezu wortgleiche Formulierung des Art. 14 DBA Belgien und des bis zum Jahr 2000 gültigen Art. 14 OECD-Musterabkommen (MA) rechtfertigt es zur Auslegung des Begriffs der “festen Einrichtung” eines Freiberuflers und zur Möglichkeit der Bildung eines Analogieschlusses die für das MA gefundenen Grundsätze heranzuziehen. (Fussnote 26:vgl. auch Malinsiki in Debatin/Wassermeyer DBA Belgien Art. 14 Rdz 4 )
Wassermeyer  (Fussnote 27:Wassermayer in Debatin/Wassermeyer MA Art. 14 Rz. 66 ) führt hierzu aus, dass der Steuerausschuss der OECD keine Notwendigkeit gesehen habe, den Ausdruck der “festen Einrichtung” zu definieren, weil er davon ausgegangen sei, dass der Ausdruck in analoger Anwendung der Kriterien des Art. 5 Abs. 1 bis 7 MA nach den Maßgaben zur Qualifikation einer “Betriebsstätte” auszulegen sei.
Andererseits bezog sich der Steuerausschuss der OECD bei der Rechtfertigung der fehlenden Definition für die “feste Einrichtung” auf als typisch erachtete feste Einrichtungen und nannte dabei neben der Praxis eines Arztes, dem Büro eines Architekten auch die Kanzlei eines Rechtsanwalts (Fussnote 28:Hemmelrath in Vogel/Lehner DBA Art. 14 Rz 21, ebenso Wassermayer in Debatin/Wassermeyer MA Art. 14 Rz. 66, beide mit Verweis auf den OECD MA-Kommentar Art. 14 Ziff. 4) als derartige typische feste Einrichtungen. Aus dieser Aufzählung wird deutlich, dass allein aufgrund des Vorhalts von Räumlichkeiten, die für einen freien Beruf besonders ausgestattet wurden, von einer entsprechenden freiberuflichen Betätigung und damit vom Bestehen einer festen Einrichtung ausgegangen wurde.
Hemmelrath (Fussnote 29:Hemmelrath in Vogel/Lehner DBA Kommentar Art. 14 Rz. 21) vertritt hierzu passend die Einschränkung, dass lediglich die Grundsätze über die Betriebsstätte des gewerblichen Unternehmens heranzuziehen seien und dies nur insoweit, als sich Gewerbebetrieb und freiberufliche Tätigkeit nicht in ihrem Wesen unterschieden. (Fussnote 30:Hemmelrath in Vogel/Lehner DBA Kommentar Art. 14 Rz. 6)
Hinzukommt, dass der aktuelle MA-Kommentar zu Art. 5 unter 1.1. letzter Satz vermerkt (Fussnote 31:Vogel/Lehner DBA Text OECD Kommentar Art. 5 Ziff. 1.1), dass erst die Streichung des Art. 14 MA bedeute, dass nunmehr (ab 2000) die Definition der “Betriebsstätte” auf das, was vorher eine “feste Einrichtung” war, anwendbar wurde. Im Umkehrschluss lässt sich hieraus folgern, dass ohne Streichung des Art. 14 MA (noch) nicht sämtliche Definitionskriterien der Betriebsstätte auch für die “feste Einrichtung” als einschlägig gelten können.
Hierzu fügt sich, dass zwar die im Jahr 1996 eingesetzte Arbeitsgruppe (Arbeitsgruppe 1996) zu Zweifelsfragen und praktischen Schwierigkeiten bei der Anwendung des Art. 14 MA zu dem Ergebnis gelangte, dass es bei genauerer Betrachtung keine praktischen Unterschiede zwischen Art. 14 MA und Art. 7 MA gebe und dass praktische Unterschiede, insoweit sie existierten, keine sachliche Rechtfertigung beanspruchen könnten. (Fussnote 32:Hemmelrath in Vogel/Lehner DBA Art. 14 Rz. 2) Der MA-Kommentar 2008 (Fussnote 33:Vogel/Lehner DBA Text OECD Kommentar 2008 Art. 7) weist allerdings in seiner Ziff. 1 darauf hin, dass Art. 7 MA die Fortsetzung und Ergänzung des “Betriebsstättenbegriffs” darstellt und dass der Frage, welcher Gewinn im anderen Staat zu versteuern ist (Art. 7 MA), die Frage vorauszugehen hat, ob im anderen Vertragsstaat eine abkommensrechtlich relevante “Betriebsstätte” existiert. Insofern bedeutsam ist, dass der aktuelle MA-Kommentar zu Art. 5 unter 1.1. (Fussnote 34:Vogel/Lehner DBA Text OECD Kommentar Art. 5 Ziff. 1.1) feststellt, dass der Begriff der “Betriebsstätte” ursprünglich dafür gedacht gewesen sei, den gewerblichen Tätigkeiten vorbehalten zu sein. Die Streichung des Artikel 14 spiegle die Tatsache wider, dass keine Unterschiede beabsichtigt waren zwischen dem in Artikel 7 MA verwendeten Begriff der “Betriebsstätte” und dem in Art. 14 MA verwendeten Begriff der “festen Einrichtung” oder der Art der Gewinnermittlung oder der Steuerberechnung, je nachdem, ob Art. 7 MA oder Artikel 14 MA anwendbar sei.
Damit ist klargestellt, dass die Unterscheidung in “Betriebsstätte” und “feste Einrichtung” ursprünglich insoweit durchaus planvoll erfolgte, als die “Betriebsstätte” und deren begriffliche Festlegung den gewerblichen Einkünften vorbehalten sein sollte, und dass erst die Arbeitsgruppe 1996 der Ansicht Gestalt gab, dass derartige Unterschiede (künftig) nicht sinnvoll oder wünschenswert seien.
(4) Vorstehendes berücksichtigend und den Umstand miteinbeziehend, dass – anders als im Falle des MA im Jahr 2000 – die Eigenständigkeit des Art. 14 DBA Belgien nicht aufgegeben wurde, hält der Senat eine analoge Anwendung des Ausschlusstatbestandes des Art. 5 Abs. 3 Nr. 5 DBA Belgien auf die feste Einrichtung des Art 14 DBA Belgien nicht für möglich.
Der Umstand, dass für das Vorliegen einer festen Einrichtung eines Freiberuflers – anders als für die Betriebsstätte – keine Ausnahmetatbestände gebildet wurden, für die bereits das Vorliegen einer solchen ausgeschlossen wird, lässt sich auch als dem Wesen der Ausübung des freien Berufes geschuldet interpretieren und ist damit nicht eindeutig als Planwidrigkeit des Gesetzgebers auszumachen.
Typischerweise lässt sich für den Fall, dass ein freiberuflich Tätiger über Räume verfügt, die für die Ausübung seiner Tätigkeit geeignet und entsprechend auch eingerichtet sind, davon ausgehen, dass die freiberufliche Tätigkeit dort auch ausgeübt wird. Denn anders als bei vielen gewerblichen Tätigkeiten liegt der Fokus der freiberuflichen Betätigung in deren Ausübung in hierfür speziell eingerichteten Räumen, wie etwa bei einem Arzt in dessen Praxis, bei einem Rechtsanwalt in dessen Kanzlei oder dem Planungsbüro eines Architekten in dessen Architekturbüro. Sich an diese Lebenswirklichkeit anlehnend, sind auch die Regelbeispiele des MA-Kommentars zum Verständnis der festen Einrichtung gewählt – Praxis, Kanzlei, Planungsbüro –.
In diesem Punkt wesensmäßig verschieden stellt sich das Ausüben einer gewerblichen Tätigkeit dar. Der Unterhalt von Räumen ist dabei nicht zwingend der gewerblichen Betätigung an sich geschuldet, sondern kann typischerweise auch lediglich eine begleitende Maßnahme darstellen, wie die Präsentation von Waren und Gütern oder deren Lagerung. Es kommt hinzu, dass sich im Fall der gewerblichen Einkünfte das Unterhalten von Räumlichkeiten nur zu Hilfszwecken (z.B. Lagerung oder Präsentation von Waren) in eindeutiger Weise auch nach außen kommuniziert.
Dementgegen ist nach außen nicht erkennbar, wenn ein für den anwaltlichen Betrieb voll eingerichtetes Büro nicht der Anwaltstätigkeit, sondern der Erledigung von Hilfstätigkeiten dient. Ebenso wenig erschließt sich, inwiefern eine Anwaltskanzlei als typische Möglichkeit der Betätigung in Form einer “Repräsentanz” üblich sein sollte. Die Leistungen von Anwälten werden üblicherweise wegen ihrer fachlichen Kompetenz in Anspruch genommen und nicht wegen des Vorhalts repräsentativer Räume. Selbst wenn also eine Repräsentanz an einem anderen Standort gewollt ist, kann diese – der Art der Anwaltstätigkeit geschuldet – nur dann repräsentativ sein, wenn dort auch ein fachlich kompetenter Anwalt tätig ist und damit anwaltliche Tätigkeit ausgeübt wird.
Insofern bedarf es eines erkennbaren Akts des Gesetzgebers – wie etwa die Abschaffung des Art. 14 im MA – um die abkommensrechtlichen Begriffe der “festen Einrichtung” und der “Betriebsstätte” unterschiedslos auch unter Berücksichtigung der für die Betriebsstätte geschaffenen “Ausnahmetatbestände” zu interpretieren.
ddd) Selbst wenn man von der Möglichkeit einer analogen Anwendung des Art. 5 Abs. 3. Nr. 5 DBA Belgien auf den Streitfall ausgehen wollte, lässt sich aus Sicht des erkennenden Senats nach den tatsächlichen Feststellungen nicht zu dem Ergebnis gelangen, dass das Brüsseler Büro des Klägers nur Hilfstätigkeiten gedient habe.
In dem Brüsseler Büro war in den Streitjahren zwar in unterschiedlicher zeitlicher Ausprägung, gleichwohl aber durchgängig, ein Anwalt präsent. Auch wenn diese Anwälte nicht forensisch tätig waren, waren sie, ihren Zeugenaussagen entsprechend, ihrer Ausbildung gemäß tätig und leisteten in der Brüsseler Kanzlei Dienste, die nach der damals gültigen Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGebO) zumindest als Rat, Auskunft (§ 20) oder Gutachten (§ 21 BRAGebO) abrechenbar waren. Dass diese Tätigkeiten Teil des Aufgabenbereichs deutscher Mandate waren, macht sie nicht zu anwaltlichen Hilfstätigkeiten, sondern allenfalls zu Teilarbeiten des Mandats selbst.
So trägt auch der Kläger wiederholt vor, dass eine Zurechnung der Tätigkeit in Brüssel zu deutschen Mandaten im Rahmen der Aufteilung der Einkünfte nach Art. 7 DBA Belgien in Erwägung zu ziehen sei.
Eine Aufteilung insoweit hat der Senat nicht konkret veranlasst, da es hierfür keine Notwendigkeit in Anbetracht der anderweitigen, das Urteil tragenden Gründe gab und es hierauf letztlich auch nicht ankommt.
Vorstehendes (Ziff. II. 4. a) aa)–ff) der Gründe) voraussetzend, vermag die Auslegung des Begriffs der “festen Einrichtung” nicht dazu zu führen, dass ein Besteuerungsrecht Belgiens für das in Brüssel situierte Anwaltsbüro bereits deshalb entfiele, weil – wie der Kläger vorträgt – dort nur der Anwaltstätigkeit in M. dienende Vor- oder Hilfsarbeiten durchgeführt worden wären, da es nach dem vom Senat gewählten Auslegungsverständnis des Begriffs der “festen Einrichtung” i.S. des Art. 14 DBA Belgien hierauf nicht ankommt.
b) Die in den amtlichen Bescheinigungen vom 27. August 2008 und 31. März 2010 dokumentierte Rechtsansicht der belgischen Behörden, wonach mit Rücksicht auf das DBA Belgien die “Kanzlei” in den Streitjahren nicht als in Belgien ansässig qualifiziert würde, und die vorstehend nach deutschem Rechtsverständnis vertretene Auffassung, führt zu einem negativen Qualifikationskonflikt insoweit, als die jeweils vertretenen Ansichten zu einer doppelten Nichtbesteuerung (Fussnote 35:Lehner in Vogel/Lehner Grundlagen Rz. 71, 158) respektive Nichtberücksichtigung der Verluste führen. So sind die Einkünfte – im Streitfall durchweg negative – einerseits nach deutscher Rechtsauffassung nach Art. § 23 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 DBA Belgien freizustellen und andererseits bleiben sie in Belgien in Ermangelung der Annahme eines Besteuerungsrechts nach DBA unberücksichtigt.
aa) Eine Vereinheitlichung der Rechtsansicht im Rahmen eines Verständigungsverfahren stand für den Streitfall nicht zur Verfügung, da Art. 25 DBA Belgien, welcher die Durchführung eines Verständigungsverfahrens regelt, nur dann zur Anwendung gelangen kann, wenn eine Doppelbesteuerung zu besorgen ist. Im Streitfall führen die unterschiedlichen Sichtweisen jedoch zu einer doppelten Nichtbesteuerung.
bb) Allerdings sieht § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG vor, dass die Freistellung von Einkünften, ungeachtet eines Doppelbesteuerungsabkommens, dann nicht gewährt wird, wenn der andere Staat die Bestimmungen des Abkommens so anwendet, dass die Einkünfte in diesem Staat von der Besteuerung auszunehmen sind oder nur zu einem durch das Abkommen begrenzten Steuersatz besteuert werden können.
aaa) Im Streitfall kann dahin gestellt bleiben, aufgrund welcher Sachverhaltsannahmen die belgischen Behörden zu der Ansicht gelangt sind, die Einkünfte des Brüsseler Büros des Klägers seien mit Rücksicht auf das DBA Belgien in Belgien nicht steuerbar.
Denn unterschiedslos, ob sie davon ausgehen, dass der Begriff der “festen Einrichtung” nach Art. 14 DBA Belgien nach Art. 3 Abs. 2 DBA Belgien nicht abkommensautonom, sondern innerstaatlich auszulegen ist, oder unter Annahme einer analogen Anwendbarkeit des “Betriebsstätten”– Begriffs des Art. 5 Abs. 3 Nr. 5 DBA Belgien zu dem Ergebnis gelangten, es läge keine “feste Einrichtung” vor, handelt es sich jeweils um eine sich von Deutschland unterscheidende Anwendung des DBA Belgien und damit um eine Anwendung der Bestimmungen des Abkommens i.S. von § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG, die zur Folge hat, dass die Einkünfte in Belgien nicht besteuert werden.
bbb) Auch wenn § 50d Abs. 9 EStG erst mit dem Jahressteuergesetz 2007 (JStG 2007) eingeführt wurde, findet die Bestimmung des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG auf den Streitfall Anwendung. Der für den Streitfall einschlägige § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG ist, anders als § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG, gemäß § 52 Abs. 59a Satz 6 EStG mit Rückwirkung für alle Veranlagungszeiträume anzuwenden, für die die Einkommensteuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt wurde. Im Fall des Klägers sind die Einkommensteuerveranlagungen seit 1989 noch nicht bestandskräftig abgeschlossen, so dass § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG zur Anwendung kommen kann.
ccc) Soweit mit Blick auf den Vorlagebeschluss des BFH vom 10. Januar 2012 (Fussnote 36:I R 66/09, BFH/NV 2015, 1250 Az. Beim BVerfG 2 BvL 1/12) zu § 50d Abs. 8 EStG verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Anordnung der Rückwirkung der Bestimmung des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG geäußert werden (Fussnote 37: z.B. Hahn-Joecks in Kirchhof/Söhn/Mellinghof § 50d K 5), vermögen derartige Bedenken dessen Anwendung für den Streitfall nicht entgegenzustehen. Denn für den Streitfall vermag sich § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG für den Kläger ausschließlich begünstigend auszuwirken. Gegen die rückwirkende Inkraftsetzung begünstigender Steuergesetze bestehen generell keine verfassungsrechtlichen Bedenken. (Fussnote 38:vgl. Drüen in Tipke/Kruse § 4 AO Rz. 18 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hierzu) Inwiefern die auch belastende Rückwirkung als verfassungswidrig zu qualifizieren ist, kann im Streitfall nicht geprüft werden, da es an einem entsprechenden Sachverhalt mit Belastungswirkung im Streitfall fehlt.
Hinzukommt, dass das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 15. Dezember 2015 in der Sache 2 BvL 1/12 die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 50d Abs. 8 EStG nicht zu teilen vermochte.
ddd) An einem Normverständnis, wonach § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG gleichermaßen für Einkünfte positiver wie auch negativer Natur Anwendung findet, ergeben sich, aus Sicht des erkennenden Senats, keine vernünftigen Zweifel. Ein derartiges Normverständnis ergibt sich neben dem Wortlaut des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG, welcher lediglich auf die “Einkünfte” abhebt und damit keine einseitige Ausrichtung auf positive oder negative Einkünfte vornimmt, auch aus den Motiven des Gesetzgebers, welcher zur Begründung der Einführung des § 50d Abs. 9 EStG in der Bundestags-Drucksache 16/2712 vom 25. September 2006 unter Ziff. 38 ausführt, dass im Fall von Verlusten die allgemeinen Vorschriften des deutschen Steuerrechts gelten. Zu den allgemeinen Vorschriften gehört für den Streitfall § 2 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 1, § 4 EStG, wonach die mit der Einkunftsart “selbständige Tätigkeit” zusammenhängenden Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben innerhalb dieser Einkunftsart zu berücksichtigen sind. Einschränkungen aus § 2 Abs. 5a EStG i.V.m. §§ 3 Nr. 40, 3c EStG ergeben sich für den Streitfall nicht.
Im Schrifttum (Fussnote 39:Schmidt/Loschelder 34. Aufl. § 50d Rz. 56; Hahn-Joecks in Kirchhof/Söhn/Mellinghof § 50d K 7; Gosch in Kirchhof EStG 14. Aufl. § 50d Rz. 41b) wird die Möglichkeit der Anwendung des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 EStG auf Verluste ebenfalls bejaht.
eee) Nachdem durch das Jahressteuergesetz 2009 (JStG 2009) die Einschränkung des Verlustabzugs durch § 2a Abs. 1 EStG für sämtliche offenen Fälle (vgl. § 52 Abs. 3 Satz 2 EStG) (Fussnote 40:vgl. auch Gosch in Kirchhof EStG 14. Aufl. § 50d Rz. 3) ohnehin mit Rückwirkung auf Verluste aus Drittstaaten beschränkt wurde und zu den Drittstaaten im Sinne der Vorschrift nach § 2a Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 EStG nicht die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, wie Belgien, zählen, kommt eine nur eingeschränkte Berücksichtigung der negativen Verluste des Klägers aus Brüssel nicht in Betracht. Ungeachtet dessen ist eine Anwendung des § 2a EStG auf Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit grundsätzlich nicht vorgesehen.
Die Möglichkeit der Anwendung des § 2a EStG ist auch nicht Voraussetzung für die Berücksichtigung von ausländischen Verlusten im Inland. Denn § 2a EStG gibt lediglich Einschränkungen vor, in welcher Art ausländische Verluste für bestimmte Arten der Erzielung von Einkünften Berücksichtigung finden können. Soweit derartige Einschränkungen nicht greifen, finden die allgemeinen Regelungen Anwendung.
fff) Rechtsfolge des § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr 1 EStG für den Streitfall ist daher, dass die negativen Einkünfte nicht nach Art. 23 Abs. 1 Nr. 1 DBA Belgien freigestellt werden, sondern in die Bemessungsgrundlage der inländischen Einkünfte als Betriebsausgaben, gegebenenfalls unter Anrechnung ausländischer Steuer, miteinzubeziehen sind. Letzteres kommt für den Streitfall nicht in Betracht, da die belgischen Behörden die Einkünfte als nicht steuerbar behandelt haben, so dass eine Anrechnung ausländischer Steuer nicht zur Disposition steht.
5. Nach § 177 Abs. 2 AO sind für den Fall, dass die Voraussetzungen für die Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids zugunsten des Steuerpflichtigen vorliegen, soweit die Änderung reicht, zuungunsten und zugunsten des Steuerpflichtigen solche materiellen Fehler zu berichtigen, die nicht Anlass der Aufhebung oder Änderung sind. Wie sich im Rahmen des Klageverfahrens herausgestellt hat, wurde die Mitteilung über Beteiligungseinkünfte am Objekt 9, welche den Austritt des Klägers zum 30. September 1999 angibt und Vermietungseinkünfte für 1999 von 7.186,22 DM feststellt, noch nicht in die Einkommensteuerfestsetzung 1999 miteinbezogen. Eine Berücksichtigung hat zusammen mit der Änderung, die zugunsten der Kläger weitere Betriebsausgaben von … EUR bei den Einkünften aus selbständiger Tätigkeit des Jahres 1999 zulässt, zu Lasten der Kläger zu erfolgen.
6. Von den Kosten des Verfahrens tragen nach § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO die Kläger 30 % und der Beklagte 70%.
7. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten und über den Vollstreckungsschutz folgt aus § 151 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
8. Die Revision wird zur Klärung grundsätzlicher Fragen im Zusammenhang mit dem Begriff der “festen Einrichtung” nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.

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