Aktenzeichen 20 U 3804/15
BGB §§ 305b, 812 I 1
Leitsatz
1 Macht im Rahmen eines Kooperationsvertrages zwischen Handels- und Versicherungsmaklern eine Partei die Vereinbarung einer Berechnungsmethode zwischen den Parteien geltend, die zu höheren Provisionen als den von der Gegenseite berechneten führt, trägt sie für einen solch höheren Provisionsanspruch nach allgemeinen Grundsätzen die Beweislast. (red. LS Christoph Syrbe)
2 Ist nach dem Vertragsinhalt des Kooperationsvertrages der Provisionsanspruch der einen Partei vom Courtageanspruch der Gegenseite gegen den jeweiligen Produktgeber abhängig, handelt es sich bei bereits zur Auszahlung gelangten Provisionen bis zum Ablauf der Stornohaftungszeit lediglich um Vorschüsse. (red. LS Christoph Syrbe)
3 Bezüglich des Behaltendürfens solcher als Vorschuss bereits ausbezahlter Provisionen muss diejenige Partei, die den Provisionsvorschuss erhalten hat, – in gleicher Weise wie bei einem Anspruch aus § 812 I 1 BGB – darlegen und beweisen, dass dieser endgültig verdient ist und sie ihn damit behalten darf. (red. LS Christoph Syrbe)
4 Dies umfasst auch den Nachweis, dass verprovisionierte Verträge nicht gekündigt wurden bzw. die Gegenseite selbst ihre Provision erhalten hat, wobei die Gegenseite wiederum im Rahmen der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast substantiiert unter Vorlage der Kündigungen bzw. ähnlicher Unterlagen vortragen muss. (red. LS Christoph Syrbe)
Verfahrensgang
40 O 23093/13 2015-10-07 Urt LGMUENCHENI LG München I
Tenor
I.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Landgerichts München I vom 07.10.2015, Az. 40 O 23093/13, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.699,24 € nebst Zinsen in Höhe von 8% p. a. seit 04.02.2012 zu bezahlen.
2. Auf die Widerklage hin wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 12.213,58 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 7.121,10 € seit 16.01.2014 bis 28.07.2014 und in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 29.07.2014 sowie Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.683,90 € seit 03.08.2014 und aus 2.408,58 € seit 01.01.2015 zu bezahlen.
3. Auf die Widerklage hin wird die Klägerin des Weiteren verurteilt, die ab dem 01.01.2015 fälligen bzw. fällig werdenden Stornoreserven für diejenigen Versicherungsverträge, für welche die Beendigung der 60-monatigen Stornohaftzeit ab 01.01.2015 eintreten wird, zum 15. des auf die Fälligkeit folgenden Monats der Beklagten unter Vorlage einer geordneten Zusammenstellung der betroffenen Versicherungsverträge abzurechnen und die sich ergebenden Beträge an die Beklagte auszuzahlen.
4. Im Übrigen werden die Klage und die Widerklage abgewiesen.
II.
Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
III.
Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 78% und die Beklagte 22%.
IV.
Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts, soweit die Berufung zurückgewiesen wurde, sind vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
V.
Die Revision wird nicht zugelassen.
VI.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 27.165,21 € festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten über die Abrechnung und Auszahlung von Abschluss- und Bestandsprovisionen sowie durch die Klägerin einbehaltener Stornoreserven.
Die Parteien sind unabhängige Versicherungs- und Handelsmakler. Sie schlossen am 01.02.2008 einen Kooperationsvertrag (Anlage S&P 01), der die Vermittlung von Verträgen zwischen den Auftraggebern der Beklagten und von der Beklagten vorgeschlagenen Produktgebern (Versicherungen) aus dem Angebotsspektrum der Klägerin zum Gegenstand hatte. Für die Vermittlung der Verträge erhielt die Beklagte von der Klägerin Courtagen, über die die Klägerin regelmäßige Abrechnungen erteilte (§§ 5, 7 des Kooperationsvertrages). Mit Schreiben vom 24.01.2012 (Anlage S&P 03) forderte die Klägerin die Beklagte zur Zahlung des ihrer Ansicht nach zum 19.01.2012 bestehenden Sollsaldos von 5.875,49 € unter Fristsetzung bis zum 03.02.2012 auf. Eine Zahlung durch die Beklagte erfolgte nicht, so dass auf Antrag der Klägerin am 27.06.2013 vom Amtsgericht Hamburg ein Mahnbescheid über den zum 21.01.2013 zwischenzeitlich erhöhten Sollsaldo von 9.297,89 € erlassen wurde. Hiergegen legte die Beklagte Widerspruch ein und kündigte mit Schreiben vom 24.09.2013 und 31.12.2013 den Kooperationsvertrag mit der Klägerin.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass sich ein Zahlungsanspruch aus § 5 Ziffer 6 des Kooperationsvertrages ergebe. Die vorschüssig gezahlten Courtagen seien nicht endgültig ans Verdienen gelangt und zurückzuzahlen, da die zugrunde liegenden Verträge vor Ablauf der sog. Stornohaftungszeit (regelmäßig 60 Monate) storniert worden seien. Die Beklagte habe als Zahlungsempfängerin eines Vorschusses zu beweisen, dass sie diesen auch behalten dürfe.
Die Bestandsprovisionen betreffend die Verträge beim Volkswohlbund habe die Beklagte ausnahmslos falsch berechnet. Es treffe nicht zu, dass die Bestandsprovision 0,5% der eingezahlten Versicherungsbeiträge betrage, also jährlich ansteige, vielmehr beziehe sich der Prozentsatz auf den jeweils gezahlten Jahresbeitrag. Die sog. Bewertungssumme in der Provisionstabelle B 11 (= Anlage B 19) sei für die Berechnung der Abschlussprovisionen, nicht aber für die Berechnung der Bestandsprovisionen maßgeblich. Auch sei von der Beklagten nicht vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass die Anlage B 19 Vertragsbestandteil geworden sei. Zwar seien teilweise tatsächlich zu geringe Bestandsprovisionen gezahlt worden, allerdings enthielten die Abrechnungen insoweit lediglich Fehler in Höhe von insg. 295,40 €. Für Verträge bei der G., der Z., der H., der C., der DKV und der S.L. stünden der Beklagten keine Bestandsprovisionen zu. Der Vertrag bei der S.-I. sei in den Jahren 2011 bis 2013 nicht im Bestand der Klägerin gewesen und die Klägerin habe dafür selbst keine Provision bekommen. Die Provisionen für den einen Vertrag bei der Dialog habe die Beklagte erhalten, der andere Vertrag sei gekündigt worden. Der Vertrag bei der C. L. werde von einem anderen Makler betreut.
Darüber hinaus ist die Klägerin der Ansicht, dass sich ihr Zahlungsanspruch aus einem abstrakten Schuldanerkenntnis ergebe. Die Beklagte habe den übersandten Abrechnungen nicht jeweils innerhalb der vereinbarten Frist von acht Wochen (§ 7 Ziffer 1 des Kooperationsvertrages) wirksam widersprochen. Im Übrigen seien die Bestandscourtagen aus dem Jahr 2011 verjährt.
Die Klägerin beantragte daher in erster Instanz,
die Beklagte zur Zahlung von 8.037,32 € nebst Zinsen zu verurteilen.
Die Beklagte beantragte,
die Klage abzuweisen.
Im Wege der Widerklage beantragte die Beklagte außerdem die Verurteilung der Klägerin zur Zahlung von 15.528,09 € nebst Zinsen sowie die Verurteilung der Klägerin zur Abrechnung der ab dem 01.01.2015 fälligen bzw. fällig werdenden Stornoreserven für diejenigen Versicherungsverträge, für welche die Beendigung der 60-monatigen Stornohaftzeit ab 01.01.2015 eintreten werde, zum 15. des auf die Fälligkeit folgenden Monats unter Vorlage einer geordneten Zusammenstellung sowie Auszahlung der sich ergebenden Beträge an die Beklagte.
Die Beklagte trägt vor, dass die von der Klägerin erstellten Monatsabrechnungen seit dem Jahr 2011 Fehler aufgewiesen hätten. Obwohl die Beklagte den aus ihrer Sicht unrichtigen Abrechnungen fristgerecht und substantiiert per E-Mail widersprochen habe, sei die Klägerin zu einer korrekten Abrechnung nicht bereit oder in der Lage gewesen. Die Klägerin könne sich nicht auf die fehlende Schriftform der Widersprüche berufen, da sie diese jeweils entgegen genommen und bearbeitet habe. Damit habe sie konkludent auf das Schriftformerfordernis verzichtet.
Der seitens der Klägerin geltend gemachte Sollsaldo sei aufgrund der fortlaufenden unrichtigen Abrechnungen nicht korrekt. Im Einzelnen seien in den Jahren 2011 und 2012 fällig gewordene Bestandsprovisionen nicht abgerechnet und teilweise nicht nachvollziehbare bzw. doppelte Stornobelastungen vorgenommen. Für die Jahre 2011 und 2012 ergäben sich Abrechnungsfehler über die der Beklagten zustehenden Bestandsprovisionen in Höhe von insgesamt 8.463,59 € und für das Jahr 2013 in Höhe von insgesamt 1.922,88 €. Die genannte Beträge hätte die Klägerin in die Abrechnung des laufenden Vertragssaldos einbeziehen müssen, so dass sich auf Grundlage der letzten von der Klägerin (außergerichtlich) vorgelegten Abrechnung vom 19.09.2014 (Anlage B 58) mit einem Sollsaldo von 7.142,58 € – unter Berücksichtigung eines weiteren Abzugsbetrages von 70,62 € – ein negatives Sollsaldo der Beklagten und somit ein Guthaben zu ihren Gunsten in Höhe von 3.314,51 € ergebe.
Die Provisionstabelle B 11 bzw. B 19 sei gemäß § 6 des Kooperationsvertrages in den Vertrag mit einbezogen und auch für die Berechnung der Bestandsprovisionen bei den darin genannten Versicherungen heranzuziehen. Die Bestandsprovisionen stiegen mit längerer Laufzeit der Versicherungsverträge entsprechend dem erhöhten Beitragsvolumen an. Bezüglich der erhobenen Verjährungseinrede habe die Klägerin übersehen, dass die Bestandscourtagen 2011 gemäß § 7 Ziffer 2 des Kooperationsvertrages erst im Jahr 2012 abzurechnen und fällig geworden seien und daher die am 30.12.2013 erhobene Widerklage die Verjährung gehemmt habe. Darüber hinaus hätten auch die Verhandlungen zwischen den Parteien die Verjährung gehemmt.
Im Hinblick auf die Widerklage trägt die Beklagte vor, dass ihr gemäß § 8 Ziffer 3 Satz 3 des Kooperationsvertrages Ansprüche auf Freigabe und Auszahlung der von der Klägerin einbehaltenen Stornoreserven in Höhe von 10% für diejenigen Verträge zustünden, für die die 60-monatige Stornohaftungszeit abgelaufen sei. Danach habe die Beklagte Zahlungsansprüche in Höhe von 6.532,92 für im Jahr 2013 fällig gewordene Stornoreserven auf Abschlussprovisionen sowie von 588,18 € für im Jahr 2013 fällig gewordene Stornoreserven auf Bestandsprovisionen. Für das Jahr 2014 seien weitere Stornoeinbehalte von 2.683,90 € und 2.408,58 € frei geworden und auszubezahlen. Die Widerklageforderung ergebe sich daher aus der Summe des negativen Sollsaldos von 3.314,51 € und der bereits auszuzahlenden Stornoreserven. Hinsichtlich des Antrages auf Abrechnung und Auszahlung der ab dem 01.01.2015 fällig werdenden Stornoreserven sei eine klageweise Geltendmachung erforderlich, weil die Klägerin die Ansprüche außergerichtlich und auch in der Klageschrift nicht beachtet habe. Eine Freigabe und Auszahlung der jeweils einbehaltenen Stornoreserve habe dann zu erfolgen, wenn sich der entsprechende Vertrag nicht mehr in der Stornohaftung befinde.
Demgegenüber ist die Klägerin der Ansicht, dass die Stornoreserve für die Gesamtheit der vermittelten Verträge gebildet worden sei und ein Auszahlungsanspruch erst dann entstünde, wenn sich kein vermittelter Vertrag mehr in der Stornohaftung befinde.
Ergänzend wird hinsichtlich des erstinstanzlichen Vorbringens auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat mit Endurteil vom 07.10.2015, berichtigt mit Beschluss vom 19.10.2015, die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben.
Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Rückzahlung nicht verdienter Bestandsprovisionen bestehe nicht. Ein diesbezüglicher Anspruch ergebe sich nicht aus § 5 Ziffer 6 des Kooperationsvertrages (Anlage S&P 01), da die Beklagte substantiiert und unter Beweisantritt dargelegt habe, dass die Abrechnungen der Klägerin im Hinblick auf die Bestandsprovisionen falsch seien und die Berechnung der einzelnen Beträge nachvollziehbar dargelegt habe. Dies habe die Klägerin lediglich pauschal und damit nicht ausreichend bestritten, wozu das Landgericht im Einzelnen näher ausführt. Soweit die Klägerin bei einem Teil der Verträge eine Kündigung und deshalb fehlende bzw. reduzierte Provisionsansprüche behaupte, sei sie den entsprechenden Nachweis durch Vorlage der Kündigungen schuldig geblieben. Ein Anspruch der Klägerin ergebe sich auch nicht aus Bereicherungsrecht, da die Beklagte dargelegt und bewiesen habe, dass die Abrechnungen der Klägerin im Hinblick auf die Bestandsprovisionen falsch seien. Auch ein abstraktes Schuldanerkenntnis der Beklagten komme nicht in Betracht, da die Beklagte den fortlaufenden Monatsabrechnungen der Klägerin widersprochen habe und die Parteien konkludent das hierfür geltende Schriftformerfordernis abbedungen hätten.
Im Rahmen der Widerklage habe die Beklagte Anspruch gegen die Klägerin auf Auszahlung des Saldos nach Korrektur der Abrechnungsfehler in Höhe von 3.314,51 €. Zudem bestehe gemäß § 8 Ziffer 3 Satz 3 des Kooperationsvertrages ein Anspruch auf Auszahlung freier Stornoreserven in Höhe von 6.532,92 €, 588,18 €, 2.683,90 € und 2.408,58 €. Der Wortlaut der Vereinbarung ziele eindeutig darauf ab, dass die Stornoreserve für jeden Vertrag separat abzurechnen und auszuzahlen sei. Verjährung sei ebenfalls nicht eingetreten, da die im Jahr 2011 anfallenden Bestandscourtagen gemäß § 7 Ziffer 2 Satz 2 des Kooperationsvertrages erst im Jahr 2012 abrechenbar und fällig gewesen seien. Die am 30.12.2013 erhobene Widerklage habe die Verjährung gehemmt, im Übrigen hätten auch die seit 2011 zwischen den Parteien geführten Verhandlungen zur Verjährungshemmung geführt.
Ergänzend wird auf die Gründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit der Berufung und rügt die Verletzung materiellen Rechts. Das Landgericht habe verkannt, dass die Beklagte weder im Zusammenhang mit der Klageforderung noch im Zusammenhang mit der Widerklage ihrer Darlegungs- und Beweislast nachgekommen sei. Das Landgericht habe sich im Rahmen der Entscheidungsgründe auch in eklatanten Widerspruch zu seiner im Rahmen des Hinweisbeschlusses vom 10.03.2015 richtigerweise geäußerten Rechtsauffassung gesetzt, wonach Zweifel bezüglich des Behaltendürfens der Provision und der Berechnungsmethode zulasten der Beklagten gingen. Nachdem die Beklagte mit der bloßen Wiederholung ihres bisherigen Vortrages im Schriftsatz vom 07.05.2015 ihrer Darlegungs- und Beweislast ersichtlich nicht nachgekommen sei, habe für die Klägerin kein Bedürfnis bestanden, ergänzend vorzutragen. Überdies habe das Landgericht verkannt, dass die Anlage B 19 überhaupt nicht wirksam in das Vertragsverhältnis einbezogen worden sei. Demgegenüber habe die Klägerin substantiiert dargelegt und insbesondere substantiiert bestritten, dass die Berechnungen der Beklagten falsch seien. Auch bezüglich eines Anspruchs aus § 812 BGB habe das Landgericht die Darlegungs- und Beweislast verkannt; ferner gingen die Ausführungen des Landgerichts zur konkludenten Abbedingung des Schriftformerfordernisses fehl, da auch die Abbedingung der Schriftform einer schriftlichen Vereinbarung bedürfe. Ein Zahlungsanspruch der Klägerin ergebe sich daher auch allein aufgrund des Vorliegens eines abstrakten Schuldanerkenntnisses.
Der mit der Widerklage geltend gemachte Anspruch der Beklagten auf Auszahlung von Stornoreserven aus § 8 Ziffer 3 Satz 3 des Kooperationsvertrages bestehe nicht. Wie bereits in erster Instanz vorgetragen sei die Stornoreserve für die Gesamtheit der vermittelten Verträge gebildet worden. Ein Auszahlungsanspruch entstehe erst dann, wenn sich kein vermittelter Vertrag mehr in der Stornohaftung befinde. Im Übrigen greife auch die von der Klägerin erhobene Einrede der Verjährung durch.
Die Klägerin beantragt daher:
I. Das Urteil des Landgerichts München I, Az. 40 O 23093/13, verkündet am 07.10.2015, wird aufgehoben.
II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 8.037,32 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozent p.a. aus 5.875,79 € seit dem 04.02.2014 sowie aus einem weiteren Betrag in Höhe von 2.161,83 € seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
III. Die Widerklage wird abgewiesen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil als richtig und tritt dem Berufungsvorbringen der Klägerin entgegen. Insbesondere bezeichnet sie den Klagevortrag mangels Vorlage von Abrechnungen für den gesamten Zeitraum der Geschäftsbeziehung als unsubstantiiert, bestreitet ein abstraktes Schuldanerkenntnis in Form eines Saldoanerkenntnisses und schließt sich den Ausführungen des Landgerichts an, wonach die Beklagte substantiiert und unter Beweisantritt dargelegt habe, dass die Abrechnungen der Klägerin im Hinblick auf die Bestandsprovisionen falsch seien. Zutreffend habe das Landgericht dabei auf die als Anlage B 19 vorgelegte Provisionstabelle der Klägerin als Abrechnungsgrundlage für sämtliche Provisionen abgestellt. Die Steigerung der Bestandsprovisionen entsprechend der tatsächlichen Vertragslaufzeit sei gewollt und branchenüblich. Für Versicherungsverträge bei Gesellschaften, die in der Anlage B 19 gelistet seien, könne die Beklagte Provision verlangen, soweit die Klägerin keinen Gegenbeweis führe. Bei Kündigung von Verträgen innerhalb der Stornohaftungszeit dürfe die Beklagte für jeden Monat des Bestehens des Vertrages 1/60 der ausbezahlten Abschlussprovision behalten. Bezüglich der Stornoreserven habe das Landgericht § 8 Ziffer 3 Satz 3 des Kooperationsvertrages rechtsfehlerfrei dahingehend ausgelegt, dass die jeweils terminlich fälligen Stornoreserven abzurechnen und auszuzahlen seien. Hinzu komme, dass mittlerweile die Stornohaftungszeit für alle streitgegenständlichen Verträge abgelaufen sei, zuletzt betreffend den Vertrag V.bund Nr. 3…26 (M. Kerstin) am 17.01.2016.
Ergänzend wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze samt Anlagen und auf die Hinweise des Senats vom 10.02.2016 (Bl. 241/254 d. A.) Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung der Klägerin ist nur teilweise begründet. Ein Zahlungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte ist in Höhe von 2.699,24 € zu bejahen, so dass sich die Klage entgegen dem erstinstanzlichen Urteil in dieser Höhe als begründet erweist (nachfolgend Ziffer 1). Hinsichtlich der Widerklage hat das Landgericht zutreffend einen Anspruch der Beklagten gegen die Klägerin auf Auszahlung von Stornoreserven in Höhe von insgesamt 12.213,58 € sowie auf Abrechnung und Auszahlung der ab 01.01.2015 fälligen bzw. fällig werdenden Stornoreserven bejaht; lediglich in Höhe der Summe des behaupteten negativen Sollsaldos von 3.314,51 € ist ein Zahlungsanspruch der Beklagten nicht gegeben und die klägerische Berufung folglich begründet (nachfolgend Ziffer 2).
1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung nicht verdienter Provisionen aus § 5 Ziffer 6 i. V. m. § 7 Ziffer 1 des Kooperationsvertrages (S&P 01) in Höhe von 2.699,24 €:
a) Der Senat geht zunächst von einem hinreichend substantiierten und schlüssigen Klagevortrag zur Begründung des nach Art eines Kontokorrentsaldos zusammengesetzten Forderungsbetrages aus, da die Klägerin mit der Anlage S&P 02 eine geordnete Zusammenstellung der Rechnungsposten vorgelegt hat, die rechnerisch überprüfbar ist und eine Zuordnung zu den einzelnen Geschäftsvorfällen ermöglicht (vgl. OLG Saarbrücken VersR 2000, 1017, juris Rn. 8; BGH NJW 1991, 2908, juris Rn. 13 ff.; BGH NJW 1983, 2879; Zöller/Greger, ZPO, 31. Auflage 2015, § 138 Rn. 8a). Hinzu kommt, dass sich die Klägerin vorliegend auch auf ein Saldoanerkenntnis der Beklagten berufen hat, da diese den jeweils übersandten Abrechnungen nicht rechtzeitig schriftlich widersprochen habe.
Sache der Beklagten ist es sodann, ihrerseits näher zu substantiieren, welche der Rechnungspositionen aus welchem Grund bestritten werden; in Abhängigkeit davon obliegt es ggf. wiederum der Klagepartei, ihren Vortrag noch näher zu substantiieren (vgl. OLG Saarbrücken und Zöller/Greger a. a. O.).
Vorliegend hat die Beklagte mit der Klageerwiderung vom 30.12.2013 (Bl. 18/47 d. A.) und den ergänzenden Ausführungen im Schriftsatz vom 10.03.2014 (Bl. 60/64 d. A.) einzelne Rechnungspositionen der Klägerin konkret angegriffen bzw. ergänzende Positionen geltend gemacht. Der Beklagtenvertreter hat diesbezüglich im Termin vom 16.04.2014 klargestellt, dass die Anlage K 2 (richtig wohl: S&P 02) im Übrigen – d. h. abgesehen von den aufgelisteten Abrechnungsfehlern – zutreffend sei (Bl. 78 d. A.). Vor diesem Hintergrund geht zugleich der erst in der Berufungserwiderung vom 08.04.2016 (Bl. 263 d. A.) erhobene Einwand der Beklagten ins Leere, dass der Saldovortrag in der Abrechnung vom 04.08.2011 rechnerisch mangels Vorlage der früheren Abrechnungen seit Beginn der Geschäftsbeziehung nicht prüfbar und daher zu bestreiten sei. Zu den von der Beklagten behaupteten Abrechnungsfehlern hat wiederum die Klägerin mit Schriftsatz vom 18.06.2014 (Bl. 91/101 d. A.) ergänzend Stellung genommen. Weitere Ausführungen sind auch noch in späteren Schriftsätzen beider Parteien erfolgt.
b) Hinsichtlich der Frage, wer für die streitigen Positionen im Einzelnen die Beweislast trägt, kommt ggf. ein Saldoanerkenntnis der Beklagten mit der Folge einer generellen Umkehr der Beweislast (vgl. BGH NJW-RR 1991, 1251, juris Rn. 9) in Betracht. Denn die Beklagte hat entgegen § 7 Ziffer 1 Satz 2 des Kooperationsvertrages den Abrechnungen nur per E-Mail und damit nicht schriftlich widersprochen; auch schließt § 16 Ziffer 3 und 4 des Kooperationsvertrages konkludente Vertragsänderungen durch abweichendes Verhalten grundsätzlich aus. Ob sich eine Berufung der Klägerin auf die Nichteinhaltung der Schriftform allerdings als treuwidrig darstellen könnte oder ob hier § 305b BGB zur Anwendung kommt, da die Klägerin die Widersprüche jeweils bearbeitet und per E-Mail beantwortet hat, kann letztlich dahinstehen, da die Beklagte für die einzelnen streitigen Positionen auch nach allgemeinen Grundsätzen beweispflichtig ist:
aa) Soweit die Beklagte bezüglich der Bestandsprovisionen die Vereinbarung einer Berechnungsmethode zwischen den Parteien behauptet, die zu höheren Provisionen als den von der Klägerin berechneten führt, trägt sie für einen solch höheren Provisionsanspruch nach allgemeinen Grundsätzen die Beweislast.
Den entsprechenden Nachweis hierfür vermag der Senat allein auf Grundlage des Vortrages der Beklagten in Verbindung mit der Anlage B 19 nicht als erbracht anzusehen. Insbesondere erscheint die Anlage B 19 – unabhängig von deren Einbeziehung in den Vertrag (s.u.) – nicht derart eindeutig, dass hierdurch der abweichende klägerische Vortrag, wonach für die Berechnung der Bestandsprovision der jeweilige Jahresbeitrag und nicht die für die Berechnung der Abschlussprovision maßgebliche Bewertungssumme (BWS) heranzuziehen sei, widerlegt wäre. Dies gilt umso mehr, als bei Zugrundelegung der Berechnungsmethode der Beklagten diese die Provision für die ersten Jahre nicht nur doppelt, sondern drei-, vier-, fünffach etc. bekäme, was aus Sicht des Senats nur bei einer entsprechend eindeutigen Regelung bzw. Vereinbarung angenommen werden könnte. Eine solche Regelung ergibt sich allein aus der Angabe der Bewertungssumme in einer Tabellenspalte der Anlage B 19 nicht. Hieran ändert auch die Vorlage eines Abrechnungsbeispiels einer anderen Maklerfirma durch die Beklagte (Anlage B 63) nichts. Denn zum einen handelt es sich dort um einen anderen Vertragspartner, über dessen Vereinbarungen mit der Beklagten im Einzelnen nichts bekannt ist. Zum anderen stellen die Unterlagen auch keinen zwingenden Nachweis für die behauptete Berechnungsmethode dar, da jeweils auf die einzelnen Jahresumsätze (2011, 2012 und 2015) und nicht auf den Gesamtumsatz abgestellt wird und auch ein vollständiger Überblick mangels Vorlage der Abrechnungen 2013 und 2014 nicht gewährt wird. Anders als das Landgericht meint, fehlt es auch nicht an klägerischem Vortrag zur Berechnungsmethode bei den Bestandsprovisionen; dieser findet sich vielmehr bereits im Schriftsatz vom 18.06.2014 (Bl. 92 f d. A.). Darin führt die Klägerin anhand eines Berechnungsbeispiels im Einzelnen aus, dass sich der angegebene Prozentsatz von 0,5% auf 0,5% der gezahlten Beiträge im jeweiligen Jahr (bzw. Abrechnungszeitraum) bezieht.
Soweit in der Klageerwiderung i. V. m. Anlage B 3/B 4 Abrechnungsfehler bezüglich der Berechnung der Bestandsprovisionen geltend gemacht werden, sind diese aus Sicht des Senats daher nicht nachgewiesen und es bleibt grundsätzlich bei der Berechnung der Klägerin. Allerdings hat die Klägerin diesbezüglich geringfügige Abrechnungsfehler in Höhe von insgesamt 295,40 € eingeräumt (S&P 04, Bl. 53, 93 d. A.), die zu berücksichtigen sind, nachdem eine Korrektur durch die Klägerin – soweit ersichtlich – bislang nicht erfolgt ist.
bb) Auch soweit sich die Beklagte bezüglich vermittelter Verträge bei mehreren Versicherungsgesellschaften (G./V., S.-I., Z., H., C., DKV, S.L.) gegenüber der Klägerin auf ergänzende Provisionsansprüche beruft, ist sie für das Bestehen einer diesbezüglichen Provisionsvereinbarung sowie für die Durchführung dieser Verträge grundsätzlich beweispflichtig.
Zwar sind die Versicherungsgesellschaften G./V., S.-I., H., C. und DKV in der Anlage B 19 aufgeführt, jedoch reicht dies nach Ansicht des Senats allein nicht zum Nachweis für die von der Klägerin bestrittene Einbeziehung der Anlage B 19 in den Kooperationsvertrag aus. Auch der Verweis der Beklagten auf § 6 des Kooperationsvertrages bedeutet noch keinen Nachweis, dass gerade die Anlage B 19, die auch keinerlei Datum enthält, dem Vertrag im Hinblick auf diese Regelung beigefügt und in den Vertrag einbezogen war.
Im Hinblick auf den Vertrag bei der S. -I. (Nr. 6…40 M. M.; vgl. Klageerwiderung S. 3, Bl. 20 d. A. und Anlage B 3/B 4 S. 2) lässt sich ferner auch aus der Deckungszusage der Versicherung (B 19a) kein Nachweis für eine Einbeziehung dieses Vertrages in die Provisionsvereinbarung zwischen der Klägerin und der Beklagten ableiten; der vom Landgericht im angefochtenen Urteil erwähnte Vertrag von Herrn M. M. in B 13 betrifft eine andere Versicherung (D. L.).
Ein Nachweis fehlt auch bezüglich der Versicherungsgesellschaft Swiss Life, die nicht einmal in der Anlage B 19 aufgeführt ist.
Demgegenüber geht der Senat auf Grundlage der Anlage B 20 und insbesondere der eigenen E-Mail der Klägerin gemäß Anlage B 21 von dem Nachweis einer ratierlichen Provisionsvereinbarung zwischen der Klägerin und der Beklagten bezüglich der Verträge Nr. T2…75 A. Eva und Nr. T2…16 A. Wilfried bei der Z.-Versicherung aus, so dass die Beklagte insoweit den geltend gemachten Betrag von insgesamt 291,84 € (78,66 € + 213,18 €; vgl. Klageerwiderung, Bl. 20 f. d. A., letzte bzw. erste Zeile und Anlage B 3/B 4 Seite 3) beanspruchen kann.
cc) Bezüglich des Vertrages bei der C. L. Nr. 6…68K S. Andreas (vgl. Klageerwiderung S. 4, Bl. 21 d. A. und Anlage B 3/B 4 S. 4) wird der Vortrag der Beklagten, dass ein Wechsel des Versicherungsmaklers erst zum 19.03.2013 stattgefunden habe und die Bestandsprovisionen bis dahin auszuzahlen seien, durch die Anlage B 22 bestätigt. Dies erachtet der Senat mangels konkretem anderweitigen Vortrag der Klägerin zum Nachweis als ausreichend. Der Provisionsanspruch der Beklagten berechnet sich allerdings auf Grundlage des gleichbleibenden Jahresbeitrages von 1.203,72 € (monatlicher Beitrag von 100,31 €), von dem 0,75% anzusetzen sind, für die Jahre 2011 und 2012 jeweils in Höhe von 9,03 € und für 2013 anteilig (bei Zugrundelegung zwei voller Monate) in Höhe von 1,50 €. Dies ergibt einen Gesamtbetrag von 19,56 €.
dd) Hinsichtlich des Vertrages bei der Dialog Nr. 6…10 D. Silvia (vgl. Klageerwiderung S. 4, Bl. 21 d. A. und Anlage B 3/B 4 S. 5) ist angesichts der Kündigung zum 01.06.2011 davon auszugehen, dass der Beklagten für 2011 eine Bestandsprovision bis zum 01.06.2011 zusteht. Diese beläuft sich bei einem Jahresbeitrag von 672,24 € auf 2,10 €.
ee) Auf Grundlage der vertraglichen Vereinbarungen in Ziffer 5 des Kooperationsvertrages (S&P 01) ist ferner auch von einer Beweislast der Beklagten bezüglich des Behaltendürfens bereits ausbezahlter/gutgeschriebener Provisionen auszugehen. Denn nach dem Vertragsinhalt ist der Provisionsanspruch der Beklagten vom Courtageanspruch der Klägerin gegen den jeweiligen Produktgeber abhängig, teilt im Ergebnis das Schicksal der Prämie und ist (ebenso wie der Provisionsanspruch der Klägerin gegenüber den Produktgebern) erst nach Ablauf der Stornohaftungszeit und fehlender Rückbelastung durch die Produktgeber verdient, d. h. darf endgültig behalten werden und muss nicht zurückgezahlt werden. Bei der Auszahlung bzw. Gutschrift der Provisionen handelt es sich daher lediglich um Vorschüsse, bezüglich derer die Beklagte – in gleicher Weise wie bei einem Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB – darlegen und beweisen muss, dass diese endgültig verdient sind und sie diese damit behalten darf.
(1) Dies bedeutet zum einen, dass die Beklagte im Hinblick auf die von der Klägerin wegen Kündigung oder Beitragsfreistellung als storniert angesetzten Beträge bei einzelnen Versicherungsverträgen letztlich beweisen muss, dass diese Verträge nicht gekündigt wurden bzw. die Klägerin hier selbst ihre Provision erhalten hat. Da diese Informationen nur der Klägerin über die Produktgeber zugänglich sind, müsste die Klägerin hierzu allerdings zunächst im Rahmen der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast substantiiert unter Vorlage der Kündigungen bzw. ähnlicher Unterlagen vortragen, bevor dies im Anschluss von der Beklagten zu widerlegen wäre. Entsprechender Vortrag der Klägerin ist trotz Hinweises des Senats mit Beschluss vom 10.02.2016 (vgl. Bl. 248 d. A.) – mit Ausnahme des Vertrages D. L. Nr. 4…60 F. Heiko (s. Anlagenkonvolut S&P 06) – in Bezug auf folgende streitige Verträge (vgl. Klageeerwiderung S. 5 f., Bl. 22 f. d. A. und Anlage B 3/B 4 S. 7 – 9) nicht erfolgt:
– V.-bund Nr. 3…5 H. Anja,
– N. Nr. 5…12 und Nr. 5…22 L. Monika,
– N. Nr. 1…12 und Nr. 1…22 Z. Stefan,
– N. Nr. 2…22 und Nr. 2…32 H. Gabriele und
– N. Nr. 1…012 und Nr. 1…022 W. Eva.
Diese Verträge betreffen einen Betrag in Höhe von insgesamt 1.781,04 €, den die Beklagte als zu Unrecht erfolgten Stornoabzug rügt und der mithin zu berücksichtigen ist. Ebenso fehlt es zu den beiden Verträgen N. Nr. 80564381012 und Nr. 80564381022 H. Martin im Hinblick auf die vorgelegte Anlage B 27 und den Beklagtenvortrag im Schriftsatz vom 25.07.2014 (dort S. 8; Bl. 111 d. A.) an substantiiertem Vortrag der Klägerin, warum für beide Verträge jeweils 44,95 € und 55,35 € und damit ein Gesamtbetrag von 200,60 € rückbelastet wurden.
(2) Soweit die Beklagte bei einzelnen Verträgen, bei denen ihr die Provision nur gekürzt um die 10%-ige Stornoreserve gutgeschrieben wurde, bei Rückbelastung einen Stornoabzug auch in Höhe der einbehaltenen Stornoreserve rügt, erscheint ein solcher auch aus Sicht des Senats in Übereinstimmung mit dem Landgericht nicht berechtigt. Eine Rückbelastung des Provisionskontos kann nur in Höhe des gutgeschriebenen Provisionsbetrages erfolgen, die Stornoreserven wären hiervon gesondert abzurechnen, wobei im Falle der Kündigung eines Versicherungsvertrages kein Auszahlungsanspruch bezüglich der entsprechenden Stornoreserve mehr bestünde. Dies betrifft die Verträge N. Nr. 02/021175157022 K. Rudic sowie N. Nr. 80564381012 und Nr. 80564381022 H. Martin (vgl. Klageerwiderung S. 5, Bl. 22 d. A. und Anlage B 3/B 4 S. 7 f.) und damit einen von der Beklagten geltend gemachten Gesamtbetrag von 62 €.
(3) Bezüglich des Vertrages WWK Nr. 2…18 K. Manfred (Stornoabzug 1.052,90 €; vgl. Klageerwiderung S. 5, Bl. 22 d. A. und Anlage B 3/B 4 S. 7) sieht der Senat den klägerischen Vortrag im Schriftsatz vom 18.06.2014 zu den verschiedenen Gutschriften und Stornobeträgen (dort S. 7; Bl. 97 d. A.) als ausreichend und nicht von der Beklagten im Schriftsatz vom 25.07.2014 (dort S. 5 f; Bl. 108 f d. A.) als widerlegt an. Der von der Beklagten geltend gemachte Betrag von 1.052,90 € ist mithin entgegen dem erstinstanzlichen Urteil nicht zu berücksichtigen.
(4) Hinsichtlich der weiteren von der Beklagten behaupteten Abrechnungsfehler, bei denen insbesondere unterschiedliche Berechnungen durch die Parteien geltend gemacht werden, hat der Senat mit Beschluss vom 10.02.2016 (vgl. Bl. 249 f. d. A.) den Hinweis erteilt, dass er sich derzeit außerstande sehe, ohne das von der Beklagten für die Richtigkeit ihrer Berechnungen angebotene Sachverständigengutachten zu entscheiden. Dies betreffe folgende Verträge, die insgesamt einen von der Beklagten zu ihren Gunsten geltend gemachten Betrag von 2.466,28 € umfassten (vgl. Klageerwiderung S. 5 f., Bl. 22 f. d. A. und Anlage B 3/B 4 S. 7 f.):
– D. L. Nr. 4…1 M. M., Fehlbetrag 109,02 €
– D. L. Nr. 4…7 S. F.-Moritz, Fehlbetrag 147,24 €
– V.bund Nr. 3…8 W. Alexander, Fehlbetrag 375,02 €
– H. Nr. R-0…9-01 F. Heiko, Fehlbetrag 276,66 €
– H. Nr. R-0…3-01 F. Roswitha, Fehlbetrag 164,08 €
– V.bund Nr. 3…3 B. Josef, Fehlbetrag 202,97 €
– V.bund Nr. 3…0 K. Sabrina, Fehlbetrag 146,92 €
– V.bund Nr. 3…6 K.Sabrina, Fehlbetrag 672,85 €
– V.bund Nr. 3…60 D.Daniel, Fehlbetrag 69,78 €
– V.bund Nr. 3…40 D. Silvia, Fehlbetrag 118,33 €
– N. Nr. 5…22 L. Monika, Fehlbetrag 183,41 €.
Hierzu hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 08.04.2016 (dort S. 5 f.; Bl. 266 f. d. A.) ergänzend vorgetragen und anhand von Berechnungsbeispielen näher erläutert, dass die Beklagte bei Kündigung von Verträgen innerhalb der Stornohaftungszeit im Ergebnis für jeden Monat des Bestehens des Vertrages 1/60 der ausbezahlten Abschlussprovision behalten dürfe. Dem ist die Klägerin nicht entgegen getreten. Auf Grundlage des ergänzenden Vortrages erscheinen dem Senat die von der Beklagten angestellten Berechnungen nunmehr nachvollziehbar, der Einholung eines Sachverständigengutachtens bedarf es nicht. Insbesondere ist auch aus Sicht des Senats bei der Berechnung die ausbezahlte Abschlussprovision (ohne Stornoreserve) zugrunde zu legen, da die Stornoreserven – wie oben unter (2) dargelegt – gesondert abzurechnen sind.
Dies bedeutet, dass bezüglich der vorgenannten Verträge – wenn man die beiden Verträge bei der H. (Nr. R-0…69-01 F. Heiko und Nr. R-0…73-01 F. Roswitha) zunächst außen vor lässt – Abrechnungsfehler in Höhe von insgesamt 1.790,80 € zu berücksichtigen sind. Diese Summe berechnet sich aus den von der Beklagten oben angegebenen Fehlbeträgen, wobei bei dem Vertrag D. L. Nr. 4…1 M. M. bei richtiger Berechnung ein Fehlbetrag von 84,69 € (Vertrag 26 Monate im Bestand, daher Stornoabzug in Höhe von 413,72 € anstelle des klägerischen Abzuges von 498,41 €) und bei dem Vertrag V.bund Nr. 3…83 B. Josef ein Fehlbetrag von 175,97 € (Vertrag 42 Monate im Bestand, daher Stornoabzug von 393,59 € anstelle des klägerischen Abzuges von 569,56 €) anzusetzen ist. Bezüglich der beiden Verträge bei der H. Versicherung sieht der Senat hingegen unter Bezugnahme auf die grundsätzliche Darlegungs- und Beweislast der Beklagten (s. o.) den klägerischen Vortrag im Schriftsatz vom 18.06.2014 zu den Gutschriften (dort S. 8; Bl. 98 d. A.) als ausreichend und von der Beklagten im Schriftsatz vom 25.07.2014 (dort S. 7; Bl. 110 d. A.) als nicht hinreichend widerlegt an, da die auch von der Beklagten zugestandenen Gutschriften ohne Erklärung geblieben sind.
c) Zusammenfassend ist daher bei der Berechnung der Höhe des Klageanspruchs auf Grundlage der letzten Provisionsabrechnung Nr. 1…79/2014 vom 19.09.2014 (Anlage B 58) mit einem Sollsaldo von 7.142,58 € von folgenden Abzugsbeträgen auszugehen:
– von der Klägerin eingeräumte geringfügige Abrechnungsfehler bei den Bestandsprovisionen in Höhe von insgesamt 295,40 € (S&P 04)
– ratierliche Provision bezüglich der Verträge Nr. T2…75 A. Eva und Nr. T2…16 A. Wilfried bei der Z.-Versicherung in Höhe von insgesamt 291,84 €
– Bestandsprovision bezüglich des Vertrages bei der C. L. Nr. 6…68K S. Andreas in Höhe von insgesamt 19,56 €
– Bestandsprovision bezüglich des Vertrages bei der Dialog Nr. 6…10 D. Silvia in Höhe von 2,10 €
– Stornobeträge in Höhe von 1.781,04 € und 200,60 €, bezüglich derer kein substantiierter Vortrag der Klägerin mehr erfolgt ist
– Rückbelastungen in Höhe einbehaltener Stornoreserven von insgesamt 62 €
– weitere Abrechnungsfehler in Höhe von 1.790,80 €.
Dies ergibt eine Klageforderung in Höhe von 2.699,24 €, so dass die Berufung der Klägerin insoweit Erfolg hat, im Übrigen hinsichtlich der Klage jedoch zurückzuweisen ist.
d) Der Zinsanspruch bestimmt sich nach §§ 286, 288 BGB.
2. Im Rahmen der Widerklage hat das Landgericht zu Unrecht einen überschießenden Betrag aus Abrechnungsfehlern in Höhe von 3.314,51 € zugesprochen, so dass die Berufung insoweit ebenfalls begründet ist. Im Übrigen hat das Landgericht jedoch zutreffend einen Anspruch der Beklagten gegen die Klägerin auf Auszahlung von Stornoreserven in Höhe von insgesamt 12.213,58 € sowie auf Abrechnung und Auszahlung der ab 01.01.2015 fälligen bzw. fällig werdenden Stornoreserven bejaht.
a) Ein überschießender Betrag aus Abrechnungsfehlern, der von der Beklagten im Rahmen der Widerklage noch geltend gemacht werden könnte, besteht – wie oben unter Ziffer 1 dargelegt – nicht.
b) Hinsichtlich der Stornoreserven ist § 8 Ziffer 3 Satz 3 des Kooperationsvertrages in Übereinstimmung mit dem Landgericht dahingehend auszulegen, dass die jeweils fälligen Stornoreserven abzurechnen und auszubezahlen sind. Für die von der Klägerin vertretene Auffassung, dass ein Auszahlungsanspruch erst dann bestehe, wenn sich kein (einziger) vermittelter Vertrag mehr in der Stornohaftung befinde, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Vielmehr spricht der Wortlaut „… sobald und soweit EKE-Finance für die entsprechenden Verträge selber keine Stornohaftung gegenüber den Produktgebern mehr trägt“ eindeutig für eine separate Abrechnung der einzelnen Verträge nach Ausscheiden der Beklagten.
Die Höhe der auszuzahlenden Stornoreserven ergibt sich aus § 8 Ziffer 3 Satz 1 des Kooperationsvertrages und beträgt – wie von der Beklagten in ihren Berechnungen nach einzelnen Verträgen aufgeschlüsselt und zugrunde gelegt – jeweils 10% der Abschlussprovision. Auch der Klägervertreter hat im Termin am 14.01.2015 hinsichtlich der theoretischen Berechnung der Höhe des Stornoreservekontos bestätigt, dass es sich immer um 10% der Abschlussprovision handele (Bl. 144 d. A.), so dass die Berechnungen der Beklagten aus Sicht des Senats nachvollziehbar und zutreffend sind. Die Klägerin selbst hat weder eigene Abrechnungen hinsichtlich der einbehaltenen Stornoreserven vorgelegt noch die Berechnungen der Beklagten konkret angegriffen, insbesondere lässt sich auch aus der als Anlage S&P 10 vorgelegten Haftungszeitstatistik diesbezüglich nichts Abweichendes entnehmen.
Vor diesem Hintergrund ergeben sich im Jahr 2013 frei werdende Stornoreserven in Höhe von 6.532,92 € und damit ein Auszahlungsanspruch der Beklagten in entsprechender Höhe.
Gleiches gilt für den geltend gemachten Auszahlungsanspruch bezüglich der einbehaltenen Stornoreserven auf Bestandsprovisionen in Höhe von 588,18 € sowie der im Jahr 2014 frei werdenden Stornoreserven von 2.683,90 € und 2.408,58 €.
Verjährung ist bezüglich der einbehaltenen Stornoreserven auf Bestandsprovisionen aus dem Jahr 2011 – wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat – nicht eingetreten, da die Bestandsprovisionen gemäß § 7 Ziffer 2 Satz 2 des Kooperationsvertrages einmal jährlich rückwirkend abgerechnet werden und der Auszahlungsanspruch damit erst zu Beginn des Jahres 2012 fällig geworden ist. Die am 30.12.2013 erhobene Widerklage hat damit die Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB rechtzeitig gehemmt.
Insgesamt ergibt sich damit ein Zahlungsanspruch der Beklagten in Höhe von 12.213,58 €.
c) Auch der Feststellungsantrag bezüglich der Abrechnung und Auszahlung der ab 01.01.2015 frei werdenden Stornoreserven erweist sich als begründet. Für das Jahr 2015 bis Januar 2016 wurden diese von der Beklagten mit voraussichtlich 3.599,80 € beziffert (Bl. 138 d. A.). Dies wurde mit Schriftsatz vom 08.04.2016 nochmals bestätigt (Bl. 267 f. d. A.) und im Übrigen – von der Klägerin unwidersprochen – mitgeteilt, dass mittlerweile die Stornohaftungszeit für alle streitgegenständlichen Verträge, zuletzt für den Vertrag V.bund Nr. 3…26 (M. Kerstin) am 17.01.2016, abgelaufen sei.
d) Der Zinsanspruch bestimmt sich nach §§ 286, 288, 291 BGB.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen dafür liegen nicht vor (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Revisionsgerichts.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren bestimmt sich nach § 47 GKG, § 3 ZPO. Danach sind zum einen die im Rahmen der Klage und Widerklage geltend gemachten Zahlungsbeträge von 8.037,32 € und 15.528,09 € zusammenzurechnen. Zum anderen ist der Auskunfts- und Auszahlungsanspruch bezüglich der ab 01.01.2015 frei werdenden Stornoreserven mit den von der Beklagten angegebenen 3.599,80 € zu bewerten, nachdem nicht nur Auskunft, sondern zugleich auch Zahlung beantragt wurde. Damit ist der Streitwert auf insgesamt 27.165,21 € festzusetzen.