Aktenzeichen M 12 K 15.3334
WRV WRV Art. 137 Abs. 3, Abs. 5
BayVerf BayVerf Art. 149 Abs. 1
BayBestG BayBestG Art. 8 Abs. 1, Art. 9 Abs. 1
StGB StGB § 123, § 185, § 186, § 187
BayVwVfG BayVwVfG Art. 40, Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2
Leitsatz
1. Für eine Klage gegen ein Betretensverbot für einen kirchlichen Friedhof ist der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten eröffnet, da es sich bei der Aufgabe der Totenbestattung und der Schaffung der hierfür erforderlichen Bestattungseinrichtungen um eine gemeinsame Aufgabe der Gemeinden, der Religionsgemeinschaften und des Staates handelt. Sowohl gemeindliche als auch kirchliche Friedhöfe stellen aufgrund ihrer Widmung als öffentliche Einrichtungen iSv Art. 8 Abs. 1 BayBestG öffentliche Sachen dar, auf die die allgemeinen Grundsätze des öffentlichen Rechts Anwendung finden. (redaktioneller Leitsatz)
2. Für die Anordnung eines Hausverbotes bedarf es keiner besonderen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage; vielmehr ergibt sich die Berechtigung hierfür bereits aus dem gewohnheitsrechtlich anerkannten Grundsatz, demzufolge dem Betreiber einer öffentlichen Einrichtung oder Anstalt kraft seiner Leitungsbefugnis gegenüber den Nutzern die Befugnis zusteht, alle Maßnahmen zu treffen, die geeignet und erforderlich sind, um den ordnungsgemäßen Betrieb der Einrichtung oder Anstalt zu sichern. Hiervon eingeschlossen ist auch das Recht, zur Wahrung der Zweckbestimmung der öffentlichen Einrichtung und insbesondere zur Abwehr von Störungen des Dienstbetriebes einzelne Personen vom Zutritt zu der öffentlichen Einrichtung auszuschließen (s. auch OVG Münster NVwZ-RR 1989, 316). (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein Hausverbot muss auf einer Tatsachengrundlage beruhen, die die Prognose trägt, dass künftig mit Störungen gerechnet werden muss, zu deren Verhinderung das Hausverbot notwendig ist. Dies erfordert grundsätzlich, dass der Betroffene in der vorangegangenen Zeit den Hausfrieden gestört hat und einer zu erwartenden Wiederholung derartiger Störungen mit einem Hausverbot wirksam begegnet werden kann. (redaktioneller Leitsatz)
4. Ein wiederholter Verstoß gegen die Friedhofsordnung stellt grundsätzlich eine beachtliche Störung dar, der die widmungsgemäße Tätigkeit auf dem Friedhof beeinträchtigt. (redaktioneller Leitsatz)
5. Das Totenfürsorgerecht der Angehörigen des Verstorbenen schließt das Recht, über die Gestaltung des Grabes entscheiden zu dürfen, mit ein. Ein Friedhofsträger darf dieses Recht nur insoweit beschränken, als dies der Verwirklichung des Friedhofszwecks dient, der auf eine würdige, die Todesandacht nicht störende Grabgestaltung abzielt. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Der Bescheid der Beklagten vom 15. Mai 2015 wird aufgehoben.
II.
Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Mit Einverständnis der Beteiligten konnte über die Klage ohne weitere mündliche Verhandlung entschieden werden (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO -).
Verfahrensgegenstand ist vorliegend der Bescheid der Beklagten vom 15. Mai 2015, mit dem dem Kläger ein unbefristetes Hausverbot für den „… Friedhof“ erteilt wurde. Die Inanspruchnahme von Rechtsschutz vor den staatlichen Gerichten ist für diesen Streitgegenstand nicht ausgeschlossen. Der grundrechtlich verbürgte Rechtsschutz durch staatliche Gerichte (Art. 19 Abs. 4 GG) wird durch die verfassungsrechtliche Gewährleistung des Selbstbestimmungsrechts der Religionsgemeinschaften (Art. 140 Grundgesetz – GG – i. V. m. Art. 137 Abs. 3 Weimarer Reichsverfassung – WRV -) nämlich nur soweit eingeschränkt, als es sich um Streitigkeiten im religionsinternen Autonomiebereich handelt und auch dort nur insoweit, als die inneren Angelegenheiten der Kirche bzw. Religionsgemeinschaft den staatlichen Rechtskreis nicht berühren (vgl. BVerwG, U. v. 31.5.1990 – BayVBl. 1991, 220). Dies trifft auf die vorliegende Streitigkeit jedoch nicht zu. Wenngleich dem Kläger ein Betretensverbot für einen kirchlichen Friedhof erteilt wurde, lässt sich dessen Erlass hier nicht dem religionsinternen Autonomiebereich der Beklagten zuordnen. Bei der Aufgabe der Totenbestattung und der Schaffung der hierfür erforderlichen Bestattungseinrichtungen handelt es sich vielmehr um eine gemeinsame Aufgabe der Gemeinden, der Religionsgemeinschaften und des Staates. Sowohl gemeindliche als auch kirchliche Friedhöfe stellen aufgrund ihrer Widmung als öffentliche Einrichtungen im Sinne von Art. 8 Abs. 1 des Bestattungsgesetzes (BestG) öffentliche Sachen dar, auf die die allgemeinen Grundsätze des öffentlichen Rechts Anwendung finden (Klingshirn/Drescher/Thimet, Bestattungsrecht in Bayern, Kommentar, B 12 Rn. 13).
Der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten ist im Hinblick auf das in Streit stehende Hausverbots eröffnet. Das Verwaltungsgericht ist insoweit bereits an den entsprechenden Verweisungsbeschluss des Landgerichts München I gebunden (§ 17a Abs. 2 Satz 3 des Gerichtsverfahrensgesetzes).
Das klägerische Begehren ist nach seinem erkennbaren Rechtsschutzziel gemäß § 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass der Kläger im Wege der Anfechtungsklage die Aufhebung des verfahrensgegenständlichen Bescheides vom 15. Mai 2015 zu erreichen sucht. Seinem Begehren, die Beklagte darüber hinaus zu verpflichten, ihm Zugang zum „… Friedhof“ zu gewähren, soweit dies erforderlich ist, um Aufträge von Mitgliedern der Beklagten bearbeiten und durchführen zu können, kommt daneben keine eigenständige Bedeutung zu. Denn für die Ausübung gewerblicher Tätigkeit auf dem Friedhof bestehen nach der Beerdigungs- und Friedhofsordnung der Beklagten keine besonderen Zulassungsvoraussetzungen. Der Kläger wäre somit bereits mit Aufhebung des im streitgegenständlichen Bescheid ausgesprochenen Hausverbotes wieder dazu berechtigt, den „… Friedhof“ zu betreten und auf dem Friedhofsgelände gewerbliche Tätigkeiten zu verrichten. Eine gesonderte Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger Zugang zum „… Friedhof“ zur Durchführung bestimmter gewerblicher Tätigkeiten zu gewähren, ist zur Erreichung des Rechtsschutzziels des Klägers somit nicht erforderlich.
Die Klage ist zulässig und begründet. Das mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 15. Mai 2015 ausgesprochene Hausverbot ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
I.
Die Erteilung eines unbefristeten Hausverbots für den „… Friedhof“ ist rechtswidrig. Es ist zwar in formell rechtmäßiger Weise ergangen; das Hausverbot genügt jedoch nicht den sich aus dem materiellen Recht ergebenden Anforderungen.
1. Das Hausverbot ist formell rechtmäßig. Da mit der Erteilung des Hausverbots ein Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit des Klägers verbunden ist, hätte dieser zwar vor Erlass des Hausverbots grundsätzlich gemäß Art. 28 Abs. 1 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVG) angehört werden müssen. Die Verletzung dieser Verfahrensvorschrift ist hier jedoch nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. Abs. 2 BayVwVfG unbeachtlich, da der Kläger jedenfalls im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens Gelegenheit hatte, sich zu den entscheidungserheblichen Tatsachen zu äußern und hiervon auch mit Schriftsatz vom 15. Juni 2015 Gebrauch gemacht hat.
2. Für die Anordnung des Hausverbotes bedurfte es vorliegend keiner besonderen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Aus diesem Grunde kann dahingestellt bleiben, ob sich aus Ziffer II. 2 a) der Beerdigungs- und Friedhofsordnung der Beklagten eine wirksame und hinreichende Ermächtigungsgrundlage für den Erlass des Hausverbots ergibt. Die Berechtigung der Beklagten, ein Hausverbot auszusprechen, ergibt sich vielmehr bereits aus dem gewohnheitsrechtlich anerkannten Grundsatz, demzufolge dem Betreiber einer öffentlichen Einrichtung oder Anstalt kraft seiner Leitungsbefugnis gegenüber den Nutzern die Befugnis zusteht, alle Maßnahmen zu treffen, die geeignet und erforderlich sind, um den ordnungsgemäßen Betrieb der Einrichtung oder Anstalt zu sichern. Hiervon eingeschlossen ist auch das Recht, zur Wahrung der Zweckbestimmung der öffentlichen Einrichtung und insbesondere zur Abwehr von Störungen des Dienstbetriebes einzelne Personen vom Zutritt zu der öffentlichen Einrichtung auszuschließen (vgl. OVG Münster, U. v. 14.10.1988 – 15 A 188/86 – juris Rn. 7; OVG NRW, U. v. 28.11.1994 – 22 A 2478/93 – juris Rn. 8; VG Osnabrück, B. v. 21.2.2014 – 6 B 3/14 – juris Rn. 18; VG Augsburg, B. v. 10.2.2016 – Au 7 S 16.189 – juris Rn. 27).
Friedhöfe sind öffentliche Einrichtungen, die dem Zweck gewidmet sind, Verstorbenen als würdige Ruhestätte und der Pflege ihres Andenkens zu dienen (Art. 8 Abs. 1 BestG). Als Religionsgemeinschaft mit der Eigenschaft einer Körperschaft des öffentlichen Rechts im Sinne von Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 5 WRV ist die Beklagte berechtigt, die öffentliche Aufgabe der Totenbestattung wahrzunehmen und zu diesem Zweck Friedhöfe zu errichten, zu unterhalten und in eigener Verantwortung zu verwalten (Art. 149 Abs. 1 Bayerische Verfassung – BV, Art. 8 Abs. 2 BestG i. V. m. Abschnitt 1 Nr. 8 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 12. August 2009 [KWMBl. S. 285] zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 7. Februar 2012 [KWMBl. S. 59] betreffend Kirchen, Religions- und weltanschauliche Gemeinschaften mit der Eigenschaft einer Körperschaft des öffentlichen Rechts). Hieraus folgt als Annex das Recht der Beklagten, Störungen abzuwehren, um den Betrieb der von ihr errichteten öffentlichen Einrichtungen aufrechtzuerhalten und die ungestörte Durchführung der ihr zugewiesenen Aufgabe der Totenbestattung zu gewährleisten. Als Trägerin des „… Friedhof“ ist die Beklagte somit kraft ihrer Leitungsbefugnis grundsätzlich dazu berechtigt, für diesen Friedhof ein Betretungsverbot gegenüber Personen auszusprechen, bei deren Erscheinen eine widmungsgemäße Tätigkeit gefährdet oder beeinträchtigt wäre (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, U. v. 28.11.1994 – 22 A 2478/93 – juris Rn. 8; VG Gelsenkirchen, B. v. 30.6.2014 – 15 L 890/14 – juris Rn. 5).
Aufgrund seiner präventiven Zielrichtung setzt die Erteilung eines Hausverbots voraus, dass es zur Abwehr künftiger Störungen oder zum Schutz der Besucher oder Mitarbeiter der öffentlichen Einrichtung erforderlich ist. Dementsprechend muss das Hausverbot auf einer Tatsachengrundlage beruhen, die die Prognose trägt, dass künftig mit Störungen gerechnet werden muss, zu deren Verhinderung das Hausverbot notwendig ist. Dies erfordert grundsätzlich, dass der Betroffene in der vorangegangenen Zeit den Hausfrieden gestört hat und einer zu erwartenden Wiederholung derartiger Störungen mit einem Hausverbot wirksam begegnet werden kann (VG Augsburg, B. v. 10.2.2016 – Au 7 S 16.189 – juris Rn. 27; VG Osnabrück, B. v. 4.5.2012 – 6 B 44/12 – juris Rn. 24). Zwar bedarf es als Anlass für ein Hausverbot nicht notwendigerweise eines vorangegangenen strafrechtlich relevanten Verhaltens (VG Bremen, B. v. 26.3.2015 – 2 V 50/15 – juris Rn. 16). Da ein Träger öffentlicher Gewalt aber auch mit aus seiner Sicht schwierigen Menschen zurechtkommen und diese ihr Anliegen verfolgen lassen muss, kann jedoch nicht ohne weiteres auf ein Hausverbot zurückgegriffen werden. Diese Möglichkeit ist vielmehr erst dann eröffnet, wenn es durch das Verhalten des Betroffenen zu einer beachtlichen, d. h. einer mehr als nur leichten und/oder vorübergehenden Beeinträchtigung gekommen ist (vgl. VG München, U. v. 13.12.2012 – M 17 K 11.5544 – juris Rn. 18; VG Osnabrück, B. v. 21.2.2014 – 6 B 3/14 – juris Rn. 21). Dies ist etwa anzunehmen, wenn der Dienstbetrieb insbesondere durch beleidigendes, bedrohendes oder aggressives Verhalten nachhaltig gestört wird und mit einer Wiederholung derartiger Vorfälle zu rechnen ist (vgl. VG Osnabrück, B. v. 21.2.2014, a. a. O.). Grenzen für die Erteilung eines Hausverbotes können sich dabei sowohl aus dem Charakter und der Eigenart der jeweiligen Einrichtung als auch aus der von dieser wahrzunehmenden Aufgabe und den daraus resultierenden Bezügen zu dem in Betracht zu ziehenden Kreis der betroffenen Menschen ergeben. Der Erlass eines Hausverbots steht dabei im pflichtgemäßen Ermessen des Trägers der öffentlichen Einrichtung. Dieser hat sein Ermessen entsprechend dem präventiven Zweck des Hausverbots auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens, insbesondere den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten, wobei auch zu berücksichtigen ist, inwieweit die Wahrnehmung der öffentlichen Aufgabe durch die Verhängung eines Hausverbots gefördert oder auch beeinträchtigt wird (Art. 40 BayVwVfG).
3. Diesen Anforderungen wird das Hausverbot der Beklagten nicht gerecht. Weder liegen im konkreten Fall die Voraussetzungen für den Erlass eines Hausverbots gegenüber dem Kläger vor noch hat die Beklagte das ihr zustehenden Ermessen nach Maßgabe des § 114 Satz 1 VwGO ordnungsgemäß ausgeübt.
3.1. Die Voraussetzungen für den Erlass eines Hausverbots gegenüber dem Kläger sind nicht gegeben.
Die Beklagte hat die Erteilung des Hausverbotes gegenüber dem Kläger im streitgegenständlichen Bescheid vom 15. Mai 2015 darauf gestützt, dass dieser in der Vergangenheit mehrfach gegen die Satzungsbestimmungen der Beklagten verstoßen habe und hierauf auch jeweils hingewiesen worden sei. So habe der Kläger insgesamt 15 Grabstätten unbefugt auf dem „… Friedhof“ errichtet, ohne dass er für diese zuvor die nach der Satzung erforderliche schriftliche Genehmigung eingeholt hatte. Ganz offensichtlich stelle er sich somit auf den Standpunkt, dass die gültige Satzung für ihn nicht in jeder Hinsicht verpflichtend sei.
Diese Begründung vermag das gegenüber dem Kläger ausgesprochene Hausverbot nicht zu tragen. Zwar stellt ein wiederholter Verstoß gegen die Beerdigungs- und Friedhofsordnung der Beklagten (im Folgenden: Friedhofsordnung) grundsätzlich eine beachtliche Störung dar, der die widmungsgemäße Tätigkeit auf dem Friedhof beeinträchtigt. Denn die von der Beklagten in der Friedhofsordnung aufgestellten Regelungen sind für eine geordnete Bestattung und würdige Totenehrung notwendig und sollen die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Friedhof gewährleisten. Im konkreten Fall kann die Beklagte dem Kläger den mehrfachen Verstoß gegen die Friedhofsordnung jedoch nicht entgegenhalten. Denn die Friedhofsordnung der Beklagten ist aufgrund formeller Mängel bereits nicht wirksam zustande gekommen (siehe 3.1.1.). Darüber hinaus ist der Genehmigungsvorbehalt für das Aufstellen von Grabsteinen gemäß Ziffer VI. der Friedhofsordnung auch in materiellrechtlicher Hinsicht unwirksam (siehe 3.1.2.).
3.1.1. Die Friedhofsordnung der Beklagten ist als Satzungsrecht formell nicht wirksam zustande gekommen, da sie durch den Vorstand der Beklagten als dem für den Satzungserlass unzuständigen Organ beschlossen wurde.
Gemäß Ziffer 7 der Statuten der Beklagten vom 9. September 1951 in der Fassung der letzten Änderung vom 11. Dezember 2011 sind Organe der IKG zum einen ihr Vorstand und zum anderen die Gemeindeversammlung. Der Vorstand besorgt nach Ziffer 7 a) der Statuen der Beklagten das Rechnungs- und Kassenwesen, verwaltet das Gemeinde- und Stiftungsvermögen und hat für die Aufbringung der Mittel für die Befriedigung der Gemeindebedürfnisse Sorge zu tragen. Alljährlich hat er einen Voranschlag der Einnahmen und Ausgaben für das laufende Geschäftsjahr zu erstellen. Des Weiteren ist der Vorstand dazu berechtigt, sich eine Geschäftsordnung zu geben und einen beamteten Geschäftsführer zu ernennen. Die Gemeindeversammlung beschließt nach Ziffer 7 b) der Statuten der Beklagten hingegen über den aufgestellten Voranschlag, beurteilt die Geschäftsführung des Vorstands und hat alle Rechte, alle über die Kompetenzen des Vorstands hinausgehenden Beschlüsse einschließlich Statutenänderungen zu fassen. Die Zuständigkeit der Gemeindeversammlung erstreckt sich demnach auf alle Handlungen und Rechtsakte, für die nicht ausdrücklich der Vorstand zuständig ist.
Hiervon ausgehend obliegt die Zuständigkeit zum Erlass von Satzungsrecht, hier zur Regelung der Benutzung der Friedhöfe der Beklagten, der Gemeindeversammlung. Denn der Erlass von Satzungsrecht unterfällt nicht dem in Ziffer 7 a) der Statuten festgelegten Kompetenzbereich des Vorstandes. Insbesondere lässt sich dessen Zuständigkeit auch nicht aus der ihm obliegenden Verwaltung des Gemeinde- und Stiftungsvermögens ableiten. Denn bei dem Erlass von Rechtsnormen im Rahmen der Satzungsautonomie handelt es sich nicht um eine Maßnahme der Verwaltung. An diese in den Statuten getroffene Zuständigkeitsregelung ist die Beklagte auch gebunden. Die Friedhofsordnung ist somit aufgrund der fehlenden Organkompetenz des Vorstandes nichtig (vgl. VG München, U. v. 4.5.2006 – M 10 K 05.1870 – juris Rn. 20; BayVGH, B. v. 11.1.2007 – 4 ZB 06.1773 – juris Rn. 9).
Entgegen der Auffassung der Beklagten wurde dieser Verstoß auch nicht infolge der nachträglichen Genehmigung der für den Satzungserlass zuständigen Gemeindeversammlung am 19. Dezember 2006 geheilt. Dies ließe sich nur annehmen, wenn die Friedhofsordnung im Anschluss an die spätere Beschlussfassung durch das zuständige Organ auch ein weiteres Mal öffentlich bekannt gemacht worden wäre (vgl. zur entsprechenden Rechtslage bei nachträglicher Genehmigung durch den Gemeinderat, Hölzl/Hien, Kommentar, Stand: Juli 2002, Art. 38 GO, Seite 4). Hieran fehlt es jedoch im vorliegenden Fall. Zwar hat die Beklagte nach dem Beschluss der Gemeindeversammlung vom 19. Dezember 2006 erneut den vollständigen Satzungstext durch Aushang in einem Schaukasten im Eingangsbereich des „… Friedhof“ veröffentlicht. Die öffentliche Bekanntgabe der Friedhofsordnung erfolgte hier jedoch nicht ordnungsgemäß. Die Statuten der Beklagten enthalten selbst keine Regelungen dazu, wie Satzungen der Beklagten bekanntzumachen sind. Aus dem Rechtstaatsprinzip und dem daraus abgeleiteten Gebot der Rechtssicherheit ergeben sich jedoch bestimmte Anforderungen, die bei der Bekanntmachung von Satzungen zu wahren sind. Danach muss die Bekanntmachung alle Normbetroffenen in die Lage versetzen, vom Inhalt der Norm in zumutbarer Weise Kenntnis zu erlangen. Dem Gebot der Rechtssicherheit genügt eine Bekanntmachung nur dann, wenn sie über den Erlass der Norm informiert, den authentischen Text allgemein zugänglich macht und gleichzeitig eine einwandfreie Dokumentation des Norminhalts gewährleistet (vgl. BVerwG, U. v. 14.12.1973 – IV C 71.71 – juris Rn. 24). Diesen Anforderungen genügte die von der Beklagten gewählte Form der Bekanntmachung der Friedhofsordnung nicht. Es erscheint vorliegend bereits fraglich, ob allein die Veröffentlichung des Satzungstextes durch Aushang in dem im Eingangsbereich des „… Friedhof“ befindlichen Schaukasten ausreichend ist, um alle Normadressaten hinreichend über den Erlass der Satzung zu informieren und zugleich auch die nötige Authentizität des Satzungstextes zu gewährleisten. Selbst wenn man dies bejahen würde, weil es sich hierbei um die ortsübliche Form der Bekanntmachung handelte, ist hier dennoch von einem Bekanntmachungsfehler auszugehen. Denn Ziel der nochmaligen Veröffentlichung der Friedhofsordnung ist es gerade, den Normadressaten den gesamten Satzungstext mit genau dem Inhalt bekannt zu machen, der der Beschlussfassung des zuständigen Organs zugrunde lag. Folglich muss aus der Veröffentlichung des Satzungstextes auch ersichtlich sein, dass und mit welchem Inhalt die Beerdigungs- und Friedhofsordnung mit Beschluss der Gemeindeversammlung vom 19. Dezember 2006 genehmigt wurde. Genau dies ist hier jedoch nicht der Fall. In der aktuellen Fassung der Friedhofsordnung – die somit auch Gegenstand der damaligen öffentlichen Bekanntmachung gewesen sein muss – fehlt jede Bezugnahme auf die Genehmigung durch die Gemeindeversammlung vom 19. Dezember 2006. Vielmehr wird weiterhin lediglich auf die beiden Beschlüsse des Vorstandes vom 17. September 2002 und vom 11. April 2005 verwiesen. Wenngleich am Inhalt der Friedhofsordnung der Beklagten durch den Beschluss der Gemeindeversammlung vom 19. Dezember 2006 keinerlei Veränderungen vorgenommen wurden, so lässt allein die nochmalige Veröffentlichung des bisherigen Satzungstextes weder erkennen, dass es zu einer Genehmigung durch das zuständige Organ gekommen ist noch ob es sich bei der durch Aushang bekanntgemachten Beerdigungs- und Friedhofsordnung, um genau den Satzungstext handelte, der der Beschlussfassung des zuständigen Organs zugrunde lag.
Überdies ist vorliegend auch nicht ersichtlich, an welchem Tag die Friedhofsordnung in Kraft getreten ist. Tritt die Satzung – wie Ziffer VIII. der Friedhofsordnung der Beklagten dies vorsieht – am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft, so ergibt sich aus allgemeinen rechtstaatlichen Erwägungen, dass der Tag der öffentlichen Bekanntmachung konkret bestimmbar sein muss. Denn andernfalls bleibt für den Normadressaten ungewiss, ab welchen Zeitpunkt die in der Satzung getroffenen Regelungen für ihn Geltung beanspruchen. Vorliegend fehlt es an einem entsprechenden Vermerk über die Bekanntgabe der Satzung. Die Angabe der Beklagten, die Friedhofsordnung sei zeitnah zur Beschlussfassung vom 19. Dezember 2006, jedenfalls noch im Jahr 2007 öffentlich bekannt gemacht worden, ist hierfür unzureichend.
3.1.2. Der in Ziffer VI. der Friedhofsordnung der Beklagten enthaltene Genehmigungsvorbehalt für das Aufstellen von Grabsteinen ist darüber hinaus auch materiell unwirksam. Die dort vorgesehene Koppelung der Genehmigungserteilung an die vorherige Begleichung aller Kosten für die Bestattung und die Grabstätte erweist sich vorliegend als sachwidrig und verletzt das von der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) umfasste Bestimmungsrecht der Angehörigen bei der Ausgestaltung des Grabes.
Satzungsregelungen, die wie hier die Benutzung einer öffentlichen Einrichtung zum Gegenstand haben, müssen sich innerhalb des Rahmens halten, der sich aus dem durch die Widmung vorgegebenen Zweck der öffentlichen Einrichtung ergibt. Der Friedhofsträger darf in einer Friedhofssatzung daher grundsätzlich nur sachbezogene Regelungen treffen, die nicht über den Friedhofszweck hinausgehen (vgl. Klingshirn/Drescher/Thimet, Bestattungsrecht in Bayern, Kommentar, Erl. XIII Rn. 44).
Hiervon ausgehend sind zwar sowohl der Erlass von Vorschriften für das Aufstellen von Grabstätten als auch die Einführung einer Genehmigungspflicht grundsätzlich zweckmäßig: Der Träger eines konfessionellen Friedhofs ist dazu befugt, in der Friedhofssatzung die sich aus Art. 9 Abs. 1 BestG ergebenden allgemeinen Anforderungen an die Beschaffenheit von Grabdenkmälern (Wahrung des Friedhofszwecks, der Erfordernisse des Wasserhaushalts und der öffentlichen Sicherheit) im Wege von Gestaltungsvorschriften zu konkretisieren und hierdurch Einfluss auf die Gestaltung von Grabdenkmälern nehmen. Denn der Zweck des Friedhofs, nämlich die Schaffung einer würdigen Ruhestätte zur Pflege des Andenkens der Verstorbenen, würde infrage gestellt bei einer willkürlichen, völlig dem Belieben des Benutzungsberechtigten überlassenen Ausgestaltung der Grabstätte (Klingshirn/Drescher/Thimet, a. a. O., Erl. XVI Rn. 16). Aufgrund ihrer Autonomie in Glaubens- und Kultusfragen ist es Kirchen bzw. Religionsgemeinschaften darüber hinaus unbenommen, besondere Vorgaben zur Grabdenkmalgestaltung zu machen, die sich aus der Glaubensüberzeugung herleiten lassen (vgl. BVerwG, U. v. 13.5.2004 – 3 C 26/03 – juris; BayVGH, B. v. 11.1.2007 – 4 ZB 06.1773 – juris Rn. 8). Um vor Errichtung eines Grabdenkmals prüfen zu können, ob dieses den allgemeinen und besonderen Gestaltungsanforderungen entspricht, ist auch die Aufnahme eines Genehmigungsvorbehalts in die Friedhofsordnung grundsätzlich sachgerecht.
Demgegenüber erweist es sich jedoch als sachwidrig, die Erteilung der Genehmigung für die Errichtung eines Grabdenkmals von der vorherigen Begleichung aller Kosten der Bestattung und der Grabstätte abhängig zu machen. Zwar hat die Beklagte als Friedhofsträgerin ein berechtigtes Interesse daran, dass die Kosten der Bestattung und der Grabstätte vollständig beglichen werden. Die Beklagte muss sich insoweit jedoch darauf verweisen lassen, entsprechende Kostenforderungen mittels Leistungsbescheid gegenüber den zahlungspflichtigen Mitgliedern geltend zu machen und ggf. die Zwangsvollstreckung ihrer Ansprüche zu betreiben. Sie kann hingegen nicht die für das Aufstellen von Grabsteinen bestehende Genehmigungspflicht zur Durchsetzung ihrer wirtschaftlichen Interessen verwenden. Denn der Genehmigungsvorbehalt dient allein dem Zweck, sicherzustellen, dass die aufzustellenden Grabsteine den allgemeinen und besonderen Gestaltungsvorschriften Rechnung tragen und weder dem Friedhofszweck noch den Glaubensüberzeugungen der Beklagten zuwiderlaufen. Die Genehmigung darf daher nur dann versagt werden, wenn das Grabmal nicht den Gestaltungsvorschriften entspricht. Andernfalls besteht ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Genehmigung (Klingshirn/Drescher/Thimet, Bestattungsrecht, Erl. XVI Rn. 17 f.).
Ziffer VI. der Friedhofsordnung beschränkt zudem in unzulässiger Weise das durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Recht der Verstorbenen zur Grabgestaltung. Als Nachwirkung des familienrechtlichen Verhältnisses, welches die Angehörigen mit dem Verstorbenen zu Lebzeiten verbunden hat, steht den Angehörigen des Verstorbenen das Totenfürsorgerecht zu (Klingshirn/Drescher/Thimet, Bestattungsrecht in Bayern, Erl. B6 Rn. 41). Dieses schließt das Recht, über die Gestaltung des Grabes entscheiden zu dürfen, mit ein. Nach gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung darf ein Friedhofsträger dieses Recht zur Grabgestaltung nur insoweit beschränken, als dies der Verwirklichung des Friedhofszwecks dient, der auf eine würdige, die Todesandacht nicht störende Grabgestaltung abzielt (vgl. BVerwG, U. v. 13.5.2004 – 3 C 26/03 – juris; BayVGH, B. v. 11.1.2007 – 4 ZB 06.1773 – juris Rn. 8). Darüber hinaus ist es dem Träger eines konfessionellen Friedhofs nicht verwehrt, weitere Anforderungen an die Grabgestaltung zu stellen, die zwar nicht durch den allgemeinen Friedhofszweck gefordert, jedoch mit ihm vereinbar sind; dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn es sich um Gestaltungsvorschriften handelt, die Ausfluss der regelmäßigen Glaubensüberzeugungen der Mitglieder der betreffenden Kirche oder Religionsgemeinschaft sind (s.o.). Der Vorbehalt, dass erst die Kosten der Bestattung und der Grabstätte beglichen werden müssen, dient jedoch weder der Verwirklichung des Friedhofszwecks noch handelt es sich hierbei um eine Vorschrift zum Schutz der Glaubensüberzeugungen der Beklagten. Die Regelung dient vielmehr allein der Absicherung der wirtschaftlichen Interessen der Beklagten, die jedoch einen Eingriff in das Totenfürsorgerecht nicht zu rechtfertigen vermögen.
3.2. Der Erlass des Hausverbots kommt vorliegend aber auch dann nicht in Betracht, wenn man von der Wirksamkeit der Friedhofsordnung ausgeht oder zumindest annimmt, dass das Aufstellen ungenehmigter Grabsteine einen Verstoß gegen gewohnheitsrechtlich anerkannte Rechtssätze der Beklagten begründet. Denn Zielsetzung des Hausverbots ist es nicht, vergangenes Verhalten des Klägers zu sanktionieren, sondern die Wiederholung derartiger Verstöße in Zukunft zu verhindern. Vorliegend ist jedoch nicht ersichtlich, dass die Erteilung des Hausverbots im Mai 2015 notwendig war, um vergleichbare Störungen durch den Kläger in Zukunft zu verhindern.
Hinsichtlich der prognostischen Bewertung, ob und in welchem Grade eine Gefahr für den ordnungsgemäßen Betrieb der öffentlichen Einrichtung vorlag, muss – wie allgemein im Sicherheits- und Ordnungsrecht – darauf zurückgegriffen werden, ob eine Sachlage oder ein Verhalten nach verständiger, auf allgemeiner Lebenserfahrung beruhender Beurteilung in näherer Zeit bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens den Eintritt eines Schadens für das geschützte Rechtsgut erwarten lässt (vgl. VG Düsseldorf, U. v. 28.9.2010 – 19 K 5851/09 – juris Rn. 72). Derartige Umstände hat die Beklagte zur Begründung ihres Hausverbots jedoch nicht hinreichend dargelegt. Allein die Tatsache, dass der Kläger in der Vergangenheit mehrfach die in der Satzung vorgesehene Genehmigungspflicht missachtet hat, vermag die Prognose zukünftiger Störungen im vorliegenden Fall nicht zu tragen:
Entgegen den Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid lässt sich vorliegend bereits nicht feststellen, dass die Beklagte das ungenehmigte Setzen der Grabsteine jedes Mal nach deren Errichtung gegenüber dem Kläger beanstandet hat. Nach der Schilderung des Klägers wurde er erstmals am 7. Oktober 2014 von der Beklagten darauf angesprochen, dass das Aufstellen von Grabsteinen ohne schriftliche Genehmigung unzulässig sei. Bis dahin sei es üblich gewesen, dass er die beabsichtigte Errichtung der Grabdenkmäler dem Bestattungsreferat der Beklagten lediglich angezeigte und anschließend die Grabsteine errichtete. Zwar hat die Beklagte im gerichtlichen Verfahren angegeben, dass der Kläger bereits Ende August/Anfang September 2014 im Zusammenhang mit der Errichtung des Grabdenkmals für Herrn … von der Friedhofsverwaltung darauf aufmerksam gemacht wurde, dass das Aufstellen von Grabsteinen ohne vorherige schriftliche Genehmigung unterbleiben müsse. Dass der Kläger vor diesem Zeitpunkt darauf hingewiesen wurde, dass das Aufstellen ohne Genehmigung rechtswidrig sei, wird jedoch auch von der Beklagten nicht mehr vorgetragen. Zwar ändert sich hierdurch nichts an der rechtlichen Bewertung, dass der Kläger in der Vergangenheit durch das Setzen ungenehmigter Grabsteine mehrfach die Satzung der Beklagten verletzt hat; gleichwohl ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Beklagte das Verhalten des Klägers offenbar über mehrere Jahre nicht beanstandet hat, obwohl sie hiervon Kenntnis hatte und hierdurch für den Kläger der Eindruck entstehen musste, dass von Seiten der Friedhofsverwaltung Einverständnis mit seiner Vorgehensweise bestand.
Maßgeblich gegen die Notwendigkeit der Erteilung eines Hausverbots spricht zudem das Verhalten des Klägers nach dem 8. Oktober 2014. Zwar ist vorliegend zwischen den Parteien strittig, wann der Kläger das erste Mal auf den Verstoß gegen die Satzung hingewiesen worden ist und ob dem Kläger am 7. Oktober 2014 lediglich das Fertigstellen des Fundaments oder auch das Aufstellen der drei Grabsteine, die er an diesem Tag bei sich hatte, von Seiten des Friedhofsleiters Herrn N., gestattet worden ist. Selbst wenn man die Angaben der Beklagten als zutreffend unterstellt, so hat der Kläger zwar trotz der Ermahnung Ende August/Anfang September 2014 am 26. September 2014 sowie am 7. Oktober 2014 weitere Grabsteine ohne schriftliche Genehmigung gesetzt; zwischen den Parteien ist jedoch unstreitig, dass der Kläger jedenfalls nach den Gesprächen mit Herrn G. und Herrn N. am 7. Oktober 2014, bei denen er nochmals darauf hingewiesen wurde, dass das Aufstellen von Grabsteinen ohne Genehmigung unzulässig sei, keine weiteren Grabsteine mehr ohne schriftliche Genehmigung auf dem Friedhofsgelände errichtet hat. Angesichts des Umstandes, dass der Kläger damit in einem Zeitraum von immerhin sieben Monaten vor Erteilung des Hausverbotes Grabsteine nur noch nach Einholung der entsprechenden schriftlichen Genehmigung aufgestellt hat, drängt sich die Notwendigkeit des Erlasses eines Hausverbotes im Mai 2015 daher nicht unmittelbar auf. Die Anordnung des Hausverbots hätte daher einer nachvollziehbaren Darlegung derjenigen Gründe bedurft, aufgrund derer die Beklagte schließt, dass weitere Verstöße des Klägers gegen die Genehmigungspflicht dennoch zu erwarten sind. Eine substantiierte Auseinandersetzung mit dem Verhalten des Klägers nach dem 8. Oktober 2015 lässt sich jedoch weder den Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid noch im gerichtlichen Verfahren entnehmen.
Schließlich lässt auch das Verhalten des Klägers unmittelbar vor dem Erlass des Hausverbots weitere Verstöße gegen den Genehmigungsvorbehalt nicht erwarten. Zwar hat der Kläger zuletzt in seinen E-Mails an die Beklagte vom … März 2015, 24. März 2015 und … Mai 2015 auf eine zeitnähere Sachbearbeitung der von ihm eingereichten Genehmigungsanträge gedrängt und deutlich gemacht, dass er die Handhabung der Beklagten, eine Genehmigung erst nach vollständiger Bezahlung der Bestattungskosten zu erteilen, nicht nachvollziehen könne. Jedoch lassen seine Aussagen nicht darauf schließen, dass er beabsichtigt, sich in Zukunft eigenmächtig über diese Satzungsregelung der Beklagten hinwegzusetzen. Vielmehr hat der Kläger in seiner E-Mail vom … Mai 2015 angekündigt, dass er von dem ihm zustehenden Recht, die Satzungsbestimmungen der Beklagten durch einen Anwalt prüfen zu lassen, Gebrauch machen wolle. Dass der Kläger ohne vorherige rechtliche Überprüfung die Satzungsregelung der Beklagten nicht beachten wird, lässt sich seinen Äußerungen hingegen nicht entnehmen.
3.3. Schließlich fehlt es vorliegend auch an der notwendigen Ermessensausübung durch die Beklagte (Art. 40 BayVwVfG).
Der Ausspruch eines Hausverbots stellt auch bei einer schwerwiegenden Störung des Betriebs der öffentlichen Einrichtung keine zwingende Reaktion dar. Es handelt sich vielmehr um eine im pflichtgemäßen Ermessen stehende Entscheidung, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung zu tragen ist. Erforderlich ist daher eine Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Verhängung eines Hausverbots und den hiervon berührten privaten Belangen des Betroffenen. Maßgebliche Bedeutung kommt dabei auf der einen Seite der Art und Schwere der zu erwartenden Störung sowie deren Folgen für die ordnungsgemäße Wahrnehmung der widmungsgemäßen Tätigkeit zu. Auf der anderen Seite sind das private Interesse an der Nutzung der öffentlichen Einrichtung und insbesondere die von einem Betretensverbot betroffenen Grundrechte mit entsprechendem Gewicht einzustellen. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, ob die Wahrnehmung der öffentlichen Aufgabe durch die Verhängung eines Hausverbots ggf. auch beeinträchtigt werden kann.
Gemessen an diesen Vorgaben hält die Entscheidung der Beklagten einer am Maßstab des § 114 Satz 1 VwGO zu treffenden rechtlichen Überprüfung nicht stand. Ausgehend von der Begründung des streitgegenständlichen Bescheides vom 15. Mai 2015 ist hier davon auszugehen, dass die Beklagte den ihr bei Erlass des Hausverbots zustehenden Ermessensspielraum schon nicht erkannt hat. In den Gründen des Bescheids vom 15. Mai 2015 finden sich keine Ausführungen der Beklagten, aus denen auf das Bewusstsein von der Möglichkeit und Notwendigkeit einer Ermessensausübung im Zeitpunkt des Bescheidserlasses geschlossen werden könnte. Vielmehr hat die Beklagte bei ihrer Entscheidung allein zugrunde gelegt, dass der Erlass des Hausverbots bereits deshalb gerechtfertigt ist, weil der Kläger durch den mehrfachen Satzungsverstoß die Voraussetzungen hierfür geschaffen hat (vgl. Seite 2 letzter Absatz: „Sie haben in einer Vielzahl von Fällen gegen die Friedhofssatzung verstoßen. Die Voraussetzungen für die Verhängung eines Hausverbotes gegen Ihr Unternehmen liegen damit vor. Namens und im Auftrag meiner Mandantin erteile ich Ihnen hiermit Hausverbot.“). Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte bei ihrer Entscheidung auch das private Interesse des Klägers an der Benutzung der öffentlichen Einrichtung berücksichtigt hat und dieses im Rahmen einer Abwägung zu dem öffentliche Interesse an der Verhängung eines Hausverbots ins Verhältnis gesetzt hat, lassen sich der Begründung hingegen nicht entnehmen. Diesbezügliche Ermessenserwägungen fehlen vielmehr vollständig. Aus diesem Grunde ist hier von einem Ermessensausfall auszugehen, der zur Rechtswidrigkeit des erteilten Hausverbots führt.
3.4. Überdies erweist sich die Erteilung eines Hausverbots im vorliegenden Fall auch als unverhältnismäßig. Denn das Hausverbot dient zwar einem legitimen Ziel, ist zu dessen Erreichung jedoch weder erforderlich noch angemessen.
Die Anordnung des Hausverbots dient einem legitimen Ziel, nämlich der Aufrechterhaltung des Friedhofsbetriebs und der Sicherstellung der ungestörten und widmungsgemäßen Durchführung der der Beklagten zugewiesenen Aufgabe der Totenbestattung. Zur Erreichung dieses Ziels ist die Erteilung eines Hausverbots grundsätzlich auch geeignet, da durch das Betretensverbot verhindert wird, dass der Kläger auf dem Friedhof gewerbliche Tätigkeit ausüben und Grabdenkmälern ohne Genehmigung errichten kann.
Die Erteilung des Hausverbots ist hier jedoch nicht erforderlich, um den ungestörten Friedhofsbetrieb sicherzustellen. Der Kläger hat bereits im Vorfeld zu dem Erlass des Hausverbots das von der Beklagten als Satzungsverstoß bzw. als Verstoß gegen die gewohnheitsrechtlichen Grundsätze beanstandete Setzen von Grabdenkmälern ohne Genehmigung abgestellt und sich in den letzten sieben Monaten vor Erteilung des Hausverbots entsprechend den Vorschriften der Beklagten verhalten. Die Notwendigkeit der Verhängung eines Hausverbots erscheint angesichts dessen nicht gegeben (s.o.).
Jedenfalls genügt die Erteilung des Hausverbots nicht dem Gebot der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. Dieses ist verletzt, wenn die Schwere des Eingriffs völlig außer Verhältnis zu dem damit verfolgten Zweck steht.
Vorliegend wird durch die Erteilung des Hausverbotes nicht unerheblich in die von Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit eingegriffen. Als Steinmetz ist der Zutritt zum Friedhof für den Kläger unerlässlich. Zwar ist er trotz des Hausverbots weiterhin in der Lage, Grabsteine zu entwerfen, herzustellen und mit den gewünschten Inschriften zu versehen. Infolge des Betretensverbots kann er jedoch weder Grabsteine auf dem Friedhof setzen noch ist es ihm möglich, die Bodenverhältnisse zu prüfen oder die nötigen Fundamentarbeiten auszuführen. Darüber hinaus hindert ihn das Hausverbot an der Durchführung von Reparatur- und Instandhaltungsmaßnahmen an den bereits auf dem Friedhof aufgestellten Grabstätten. Ohne Zugang zum Friedhof ist es ihm ferner nur noch eingeschränkt möglich, Kunden zu beraten und Anfragen bezüglich der Errichtung von Grabdenkmälern zu beantworten, da er hierfür die Gegebenheiten vor Ort kennen muss. Ferner ist damit zu rechnen, dass der Kläger infolge des Hausverbots bisherige Kunden verlieren wird und zugleich Neukunden davon abgehalten werden, ihn als Steinmetz zu beauftragen, da er nicht mehr in der Lage ist, die hierzu erforderlichen Arbeiten selbst durchzuführen. Zwar ist hierbei auch zu berücksichtigen, dass der Kläger mit seiner Firma nicht nur auf dem Friedhof der Beklagten gewerblich tätig ist, sondern bayernweit Aufträge von Kunden entgegennimmt. In den letzten Jahren hat der Kläger jedoch regelmäßig Aufträge von Mitgliedern der Beklagten erhalten und konnte nach seinen Angaben zuletzt sogar einen Kundenanstieg verzeichnen. Ein Wegfall dieser Kunden würde daher zu einer nicht unerheblichen Vermögenseinbuße führen. Auch der Umstand, dass es dem Kläger gestattet ist, Aufträge durch einen Subunternehmer durchführen zu lassen, mildert diese Folgen nur unwesentlich. Denn der Kläger ist zum einen weiterhin darin gehindert, die ihm erteilten Aufträge selbst durchzuführen. Zum anderen muss der Kläger für die Dienstleistung des Subunternehmers finanzielle Mehraufwendungen erbringen und ist an dessen Leistungsfähigkeit gebunden.
Ferner sind von der Anordnung des Hausverbotes auch die Belange der Mitglieder der Beklagten betroffen. Denn durch das Hausverbot wird auch in das ihnen zustehende und durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Recht auf freie Gestaltung ihrer Grabmäler beeinträchtigt. Dieses umfasst nämlich das Recht, darüber entscheiden zu können, welcher Steinmetz mit der Durchführung der erforderlichen Grabsteinarbeiten beauftragt wird (vgl. Klingshirn/Drescher/Thimet, Bestattungsrecht in Bayern, Erl. XIII Rn. 41 ff).
Auf der anderen Seite stellt auch das ungenehmigte Setzen von Grabsteinen eine schwerwiegende Beeinträchtigung des Friedhofsbetriebs dar. Der Genehmigungsvorbehalt ist notwendig, um überprüfen zu können, dass die aufzustellenden Grabdenkmäler den allgemeinen und besonderen Gestaltungsvorschriften entsprechen. Hierdurch wird sichergestellt, dass diese weder den Friedhofszweck noch die religiösen Überzeugungen der Beklagten beeinträchtigen. Die Einhaltung der Gestaltungsvorschriften ist für die Beklagte dabei von besonders hoher Bedeutung, da das Grabnutzungsrecht auf jüdischen Friedhöfen nicht lediglich auf Zeit erworben wird, sondern Grabsteine und Grabstätten auf jüdischen Friedhöfen auf ewig bestehen. Die Auflösung einer einmal errichteten Grabstätte ist nach jüdischem Glaubensrecht daher ausgeschlossen. Vorliegend ist jedoch zu berücksichtigen, dass die vom Kläger ohne Genehmigung gesetzten Grabdenkmäler den Gestaltungsanforderungen der Beklagten bis auf eine Ausnahme gerecht geworden sind. Der Kläger hat damit zwar formell gegen die Genehmigungspflicht verstoßen, in der weit überwiegenden Zahl der Fälle entsprachen die aufgestellten Grabsteine jedoch den materiellrechtlichen Vorgaben. Die Verstöße des Klägers wirkten sich damit nicht nachteilig auf den Friedhofszweck aus und gefährdeten diesen nicht. Lediglich in einem Fall war der Grabstein nicht genehmigungsfähig aufgrund des darin eingravierten Bildnisses des Verstorbenen. Dieser Verstoß kann dem Kläger jedoch nicht entgegengehalten werden. Dass das Eingravieren von Bildnissen der Verstorbenen nicht den religiösen Vorgaben der Beklagten entspricht, geht nicht aus der Satzung hervor und wurde nach den eigenen Angaben der Beklagten auch von den Rabbinern in der Vergangenheit nicht einheitlich ausgelegt. Vorliegend ist auch nicht ersichtlich, dass die Vornahme von Veränderungen auch an rechtswidrig errichteten Grabsteinen gänzlich ausgeschlossen ist. Zwar dürfen nach jüdischem Glaubensrecht einmal errichtete Grabstätten nicht wieder aufgelöst werden, so dass die vollständige Entfernung eines Grabdenkmals ausgeschlossen ist. Aus den neuen Antragsformularen der Beklagten für die Genehmigung zur Errichtung eines Grabdenkmals ergibt sich jedoch, dass ein Rückbau im Fall rechtswidrig erstellter Gräber möglich ist. Des Weiteren ist hier zu sehen, dass die Beklagte in Kenntnis der Vorgehensweise des Klägers in den vergangenen Jahren das ungenehmigte Setzen von Grabsteinen erstmals Ende August/Anfang September 2014 gegenüber dem Kläger beanstandet hat, so dass für den Kläger der Eindruck entstehen musste, dass die Beklagte hiermit einverstanden war (s.o.).
Angesichts des Umstandes, dass dem Kläger hier nur ein formeller Verstoß gegen die Genehmigungspflicht vorzuwerfen ist und der Erlass des Hausverbotes zugleich weitreichende nachteilige Folgen für den Kläger mit sich bringt, geht die Kammer bei Abwägung aller vorgenannten Umstände davon aus, dass hier die persönlichen Interesse des Klägers das öffentliche Interesse an der Verhängung eines Hausverbotes überwiegen. Der Ausspruch des Hausverbots ist daher unverhältnismäßig.
3.5. Die Beklagte konnte die fehlenden Ermessenserwägungen vorliegend auch nicht nach Maßgabe des § 114 Satz 2 VwGO im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachholen und das Hausverbot nachträglich auf die Vorfälle vom 26. September 2014 und vom 30. März 2015 stützen.
Eine Nachholung der fehlenden Ermessenserwägungen während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens scheidet vorliegend aus. Zwar kann eine Behörde gemäß § 114 Satz 2 VwGO ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsakts auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen. Im Hinblick auf den Wortlaut „ergänzen“ ist vom Anwendungsbereich der Norm jedoch weder ein völliges Auswechseln der Ermessenserwägungen noch eine vollständige Nachholung der die Ermessensentscheidung tragenden Gründe erfasst. § 114 Satz 2 VwGO schafft somit lediglich die prozessualen Voraussetzungen dafür, dass eine Behörde defizitäre Ermessenserwägungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen kann, nicht hingegen dafür, dass sie ihr Ermessen nachträglich erstmals ausübt (BVerwG, U. v. 5.9.2006 – 1 C 20/05 – NVwZ 2007, 470; U. v. 23.10.2007 – 1 C 10/07 – NVwZ 2008, 326). Ermessenserwägungen können folglich nicht nachgeschoben werden, wenn – wie hier – eine Ermessensausübung bei der ursprünglich getroffenen Entscheidung unterblieben ist.
3.6. Lediglich ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass auch, wenn man im vorliegenden Fall ein Nachschieben von Ermessenserwägungen zuließe und die Vorfälle vom 26. September 2014 und vom … März 2015 mitberücksichtigten würde, die Erteilung des Hausverbots dennoch ermessensfehlerhaft ist.
Die Beklagte hat sich vorliegend während des gerichtlichen Verfahrens schriftsätzlich darauf berufen, dass der Kläger nicht nur wiederholt gegen ihre Satzungsbestimmungen verstoßen habe, sondern darüber hinaus auch am 26. September 2014 sowie am … März 2015 zwei strafrechtsrelevante Verfehlungen begangen habe. So habe sich der Kläger am 26. September 2014 unter Überwindung eines Schließmechanismus und Entfaltung eines nicht unerheblichen Kraftaufwandes eigenmächtig Zutritt zum Friedhof verschafft, obwohl dieser feiertagsbedingt geschlossen gewesen sei. Dieser Vorgang müsse als Hausfriedensbruch im Sinne von § 123 StGB bewertet werden, da es dem Kläger nicht gestattet gewesen sei, das Tor zur Einfahrt ohne vorherige Absprache mit der Friedhofsverwaltung zu öffnen. Zugleich liege ein schwerwiegender Verstoß gegen jüdisches Glaubensrecht vor, da der Kläger durch das Aufstellen zweier Grabdenkmäler an einem der höchsten Feiertage im Judentum die Feiertagsruhe an einem besonders schützenswerten Ort schwerwiegend verletzt habe. Des Weiteren habe er mit E-Mail vom … März 2015 gegenüber dem Leiter des Bestattungsreferats ehrenrührige und unzutreffende Behauptungen in Bezug auf die Person des Friedhofsleiters, Herrn N., aufgestellt und hierdurch ebenfalls eine strafrechtliche Verfehlung verwirklicht. Die Gesamtbetrachtung der einzelnen Verfehlungen rechtfertige das erteilte Hausverbot. Im Übrigen wäre das Hausverbot bereits allein aufgrund der strafrechtsrelevanten und im Hinblick auf das jüdische Glaubensrecht besonders schwerwiegenden, die Vertrauensbeziehung zwischen dem Kläger und der Beklagten nachhaltig zerstörenden Handlungen gerechtfertigt, verhältnismäßig und damit rechtmäßig.
Diese Ausführungen der Beklagten werden von Seiten des Klägers teilweise bestritten. Nach Darstellung des Klägers sei es ihm gestattet gewesen, das Friedhofstor nicht nur zum Verlassen des Friedhofs, sondern auch zur Einfahrt zu öffnen, sollte er keinen Mitarbeiter der Friedhofsverwaltung antreffen. Zudem habe er den Aushang, auf dem auf die Schließung des Friedhofs am 26. September 2014 hingewiesen worden war, erst beim Verlassen des Friedhofs bemerkt. Das Gericht konnte vorliegend davon absehen, den Friedhofsaufseher Herrn N. diesbezüglich als Zeugen zu hören. Ebenso musste das Gericht nicht weiter aufklären, ob Herr N. gegenüber einer Kundin des Klägers einen anderen Steinmetz empfohlen hatte und die in der E-Mail vom … März 2015 getätigten Äußerungen somit als nachweislich unwahre Tatsachenbehauptungen geeignet waren, den Straftatbestand der üblen Nachrede gemäß § 186 des Strafgesetzbuches (StGB) zu erfüllen. Denn selbst wenn man die Ausführungen der Beklagten als wahr unterstellt, vermögen diese zusätzlichen Erwägungen der Beklagten die Erteilung des Hausverbots nicht zu tragen. Denn es bestehen zumindest Bedenken, ob der Ausspruch des Hausverbots notwendig ist, um vergleichbare Verstöße des Klägers zu verhindern (3.6.1.). Jedenfalls erweist sich die Erteilung eines unbefristeten Hausverbots als unverhältnismäßig (3.6.2.).
3.6.1. Die Annahme der Beklagten, dass auch in Zukunft mit vergleichbaren Störungen des Klägers zu rechnen ist, erscheint hier jedenfalls nicht zwingend. Zwar stellen die Vorfälle vom 26. September 2014 und vom … März 2015 schwerwiegende Verstöße gegen den Friedhofszweck dar. Vorliegend ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Kläger bereits seit mehreren Jahren auf dem Friedhof der Beklagten gewerblich tätig ist, wenn auch erst ab dem Jahr 2013 unter der jetzigen Firmierung. Dass der Kläger in dieser Zeit schon einmal jüdisches Glaubensrecht missachtet hat, lässt sich weder dem Vortrag des Klägers noch der Beklagten entnehmen. Ferner hat sich der Kläger für sein Verhalten am 26. September 2014 sowohl gegenüber dem Leiter der Friedhofsverwaltung als auch gegenüber dem Friedhofsleiter schriftlich entschuldigt und zugesichert hat, dass sich ein derartiger Fehler nicht wiederholen werde. Die Begründung der Beklagten lässt nicht nachvollziehbar erkennen, weshalb sie trotz des vereinzelt gebliebenen Verstoßes und der Zusicherung des Klägers dennoch von einer Wiederholung eines derartigen Verstoßes ausgeht und die Anordnung eines Hausverbotes für erforderlich erachtet.
Auch in Bezug auf das Verhalten des Klägers am … März 2015 drängt sich die Notwendigkeit eines Betretensverbots für den Friedhof zumindest nicht auf. Weder dem Vorbringen des Klägers noch der Beklagten lässt sich entnehmen, dass der Kläger in der Vergangenheit schon einmal entsprechende Vorwürfe gegenüber Mitarbeitern der Beklagten erhoben hätte. Die E-Mail vom … März 2015 erfolgte aus Sicht des Klägers als Reaktion auf einen konkreten Vorfall, nämlich ein Gespräch mit einer seiner Kundinnen. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger auch in Zukunft ähnliche Anschuldigungen gegenüber Mitarbeitern der Beklagten erheben wird, fehlen.
3.6.2. Selbst wenn man eine entsprechende Wiederholungsgefahr bejahen würde, erweist sich der Ausspruch des Hausverbots hier auch bei Berücksichtigung der Vorfälle vom 26. September 2014 und vom … März 2015 als ermessensfehlerhaft. Denn die Verhängung des Hausverbots genügt nicht dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
Wie bereits ausgeführt, dient die Anordnung des Hausverbots einem legitimen Ziel, nämlich der Aufrechterhaltung des Friedhofsbetriebs und der Sicherstellung der ungestörten und widmungsgemäßen Durchführung der der Beklagten zugewiesenen Aufgabe der Totenbestattung (s.o.). Zur Erreichung dieses Ziels ist die Erteilung eines Hausverbots grundsätzlich auch geeignet. Zwar könnte hier zweifelhaft sein, ob das Hausverbot auch das geeignete Mittel ist, um schriftliche Äußerungen des Klägers über Mitarbeiter der Beklagten, die diese in ihrer Ehre verletzen, zu verhindern. Es kann jedoch angenommen werden, dass durch das Betretensverbot ein persönlicher Kontakt des Klägers mit den Mitarbeitern der Beklagten vermieden und hierdurch zumindest neu auftretenden Konflikten vorgebeugt werden kann.
Der Erlass des Hausverbots ist jedoch auch mit Blick auf die Vorfälle vom 26. September 2014 und vom … März 2015 unverhältnismäßig im engeren Sinne.
Durch die Anordnung des Hausverbots wird sowohl in die Berufsausübungsfreiheit des Klägers als auch in das Recht der Mitglieder der Beklagten auf freie Gestaltung ihrer Grabmäler nicht unerheblich eingegriffen (s.o.). Hinsichtlich der Würdigung der mehrfachen Verstöße des Klägers gegen die Genehmigungspflicht wird ebenfalls auf die obigen Ausführungen Bezug genommen.
Im Hinblick auf den Vorfall vom 26. September 2014 ist vorliegend festzustellen, dass die Verletzung der Feiertagsruhe eine schwerwiegende Verletzung jüdischen Glaubensrechts darstellt. Dies gilt umso mehr, als der Kläger gewerbliche Tätigkeit auf einem Friedhof verrichtet hat. Die Wahrung der Feiertagsruhe auf einem Friedhof ist nach jüdischem Glaubensrecht von besonderer Bedeutung. Denn hierbei handelt es sich um einen besonders schutzbedürftigen Ort, der in seiner Funktion mit einer Synagoge gleichzusetzen ist und daher in besonderer Weise Raum für die Ausübung religiöser Riten bietet. Darüber hinaus hat sich der Kläger vorliegend eigenmächtig Zutritt zum Friedhof verschafft, wofür er einen Schließmechanismus überwinden und einen nicht unerheblichen Kraftaufwand entfalten musste. Folgt man den Angaben der Beklagten steht vorliegend zudem die Verwirklichung des Straftatbestandes des Hausfriedensbruchs gemäß § 123 StGB im Raum. Auf der anderen Seite kann jedoch nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich der Kläger für sein Verhalten mehrfach entschuldigt hat. Darauf hingewiesen hat der Kläger betont, dass es sich aus seiner Sicht um ein Missverständnis handelte und er nicht absichtlich jüdisches Glaubensrecht verletzt hat.
Des Weiteren stellt auch das Aufstellen ehrenrühriger Behauptungen gegenüber Mitarbeitern der Beklagten eine erhebliche Beeinträchtigung des Friedhofsbetriebs dar. Denn die Mitarbeiter der Beklagten müssen in der Lage sein, ungestört ihre Aufgaben im Rahmen der Friedhofsverwaltung wahrnehmen zu können. Dennoch lässt sich hier nicht feststellen, dass ein ordnungsgemäßes Tätigwerden von Seiten der Friedhofsverwaltung angesichts des bisherigen Verhaltens des Klägers grundsätzlich ausgeschlossen ist. Entgegen dem Vorbringen der Beklagten kann vorliegend nicht davon ausgegangen werden, dass zwischen dem Kläger und den Mitarbeitern der Friedhofsverwaltung eine besonders vertrauensvolle Zusammenarbeit erforderlich wäre, welche durch das Verhalten des Klägers nicht mehr möglich ist. Denn Vertragsbeziehungen bestehen lediglich zwischen dem Kläger und den Mitgliedern der Beklagten, nicht jedoch zwischen dem Kläger und der Beklagten. Die vom Kläger einzureichenden Anträge auf Genehmigung der Aufstellung eines Grabdenkmals können überdies auch schriftlich eingereicht werden, ohne dass es hierfür eines persönlichen Kontakts zwischen dem Kläger und den Mitarbeitern der Beklagten bedarf. Persönlicher Kontakt zwischen dem Kläger und den Mitarbeitern der Friedhofsverwaltung dürfte sich daher im Wesentlichen darauf beschränken, dass dem Kläger die Einfahrt auf das Friedhofsgelände nur möglich ist, wenn das Zufahrtstor von einem Mitarbeiter der Friedhofsverwaltung geöffnet wird.
Da die Verstöße des Klägers relativierend zu sehen sind und der Kläger Einsichtsfähigkeit gezeigt hat, geht die Kammer bei einer Gesamtbetrachtung aller Umstände davon aus, dass die persönlichen Interessen des Klägers hier überwiegen. Jedenfalls aber ist die Anordnung eines unbefristeten Hausverbots als unverhältnismäßig anzusehen. Der Kläger hat sich für sein Verhalten entschuldigt und Einsichtsfähigkeit gezeigt. Die Erteilung eines zeitlich unbegrenzten Hausverbotes zur Einwirkung auf den Kläger ist daher unverhältnismäßig.
4. Schließlich geht die Kammer davon aus, dass die Erteilung des Hausverbotes im Mai 2015 auch rechtsmissbräuchlich war, § 242 BGB analog.
Die Beklagte kann vorliegend weder das ungenehmigte Setzen von Grabsteinen noch die beiden Vorfälle vom 26. September 2014 und … März 2015 als Gründe für den Erlass des Hausverbotes heranziehen. Ihre Geltendmachung als Gründe für den Ausspruch des Hausverbots verstößt vorliegend gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, da die Beklagte die vorgenannten Umstände als Gründe für die Erteilung des Hausverbotes bereits verbraucht hat. Im Nachgang zu seiner eigenmächtigen Zutrittsverschaffung zum „… Friedhof“ am 26. September 2014 wurde der Kläger von Seiten der Friedhofsverwaltung am 7. Oktober 2014 auf diesen Vorfall angesprochen und sein Verhalten beanstandet. Bei dem Gespräch mit dem damals zuständigen Leiter des Bestattungsreferats G. wurde der Kläger ebenfalls ermahnt, keine Grabsteine ohne vorherige schriftliche Genehmigung durch die Friedhofsverwaltung zu errichten. Mit dieser Abmahnung hat die Beklagte konkludent zum Ausdruck gebracht, dass der Kläger erst im Fall einer erneuten Zuwiderhandlung gegen die Vorschriften der Beklagten mit rechtlichen Konsequenzen rechnen muss. Bei Zugrundelegung des objektiven Empfängerhorizonts kann die Abmahnung der Beklagten daher nur dahingehend verstanden werden, dass die Beklagte von ihrer Befugnis, aufgrund der bereits begangenen Verstöße rechtliche Maßnahmen zu ergreifen – wie insbesondere ein Hausverbot zu erlassen – keinen Gebrauch machen wird. Darüber hinaus hat die Beklagte sowohl in Kenntnis des Vorfalls vom 26. September 2014 als auch in Kenntnis des Vorfalls vom … März 2015 dem Kläger weiterhin schriftliche Genehmigungen für die Errichtung von Grabsteinen erteilt. Durch dieses Verhalten hat die Beklagte gleichfalls nach außen hin zu erkennen gegeben, dass sie auch in Betracht seiner bisherigen Verstöße eine weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger nicht ausschloss und die begangenen Verstöße offenbar nicht als derart scherwiegend gewichtete, als dass hierauf mit der Erteilung eines Betretensverbots hätte reagiert werden müssen. Zwar weist die Beklagte in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass der Kläger die Genehmigungsanträge nicht im eigenen Namen, sondern im Namen seiner Kunden gestellt hat; mit Erteilung der entsprechenden Genehmigung hat die Beklagte jedoch auch gebilligt, dass die Errichtung des Grabsteins durch den Kläger ausgeführt wird. Außer den bereits abgemahnten Vorfällen sind keine weiteren Zuwiderhandlungen des Klägers, die den Erlass eines Hausverbots rechtsfertigen könnten, hinzugetreten. Auch von Seiten der Beklagten wird nicht geltend gemacht, dass der Kläger nach dem 7. Oktober 2014 nochmals Grabsteine unter Missachtung der Feiertagsruhe oder der Genehmigungspflicht gesetzt hat. Die Beklagte hat damit die geschilderten Vorfälle als Gründe für den Erlass eines Hausverbots verbraucht. Dies gilt umso mehr als die Beklagte in Bezug auf den Vorfall vom 26. September 2014 über sieben Monate und in Bezug auf den Vorfall vom … März 2015 über einen Monat zugewartet hat, bis sie das Hausverbot ausgesprochen hat. Denn die Beklagte verhält sich widersprüchlich, wenn sie das wiederholte, ungenehmigte Setzen von Grabsteinen sowie die Vorfälle vom 26. September 2014 und vom … März 2015 einerseits als derart schwerwiegend gewichtet, dass sie hierauf das erteilte Hausverbot stützt, es andererseits aber zulässt, dass der Kläger in den Monaten vor der Erteilung des Hausverbots weiterhin gewerblicher Tätigkeit auf dem „… Friedhof“ nachgeht.
II.
Nach alledem war der Klage deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.
III.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
…
…
…
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 5.000 festgesetzt(§ 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz -GKG-).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,– übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.