Arbeitsrecht

Frage der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung bei Erbringung konsiliarärztlicher Leistungen

Aktenzeichen  S 2 R 954/14

Datum:
13.5.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 72177
Gerichtsart:
SG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB IV § 7
SGG § 113, § 197a
KHEntgG § 2 Abs. 1

 

Leitsatz

Ein Honorararzt ist dann selbstständig tätig, wenn die Tätigkeit stets einer individuellen Vereinbarung zwischen dem Krankenhaus und dem Honorararzt bedarf und der Honorararzt nur insoweit in die Organisation des Krankenhauses eingebunden ist, wie dies die Ausübung der ärztlichen Tätigkeit ihrem Wesen nach mit sich bringt. Es handelte sich dann nicht um ein Über-/Unterordnungsverhältnis.  (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Unter Aufhebung der Bescheide vom 13. März 2014 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 11. August 2014 wird festgestellt, dass die Tätigkeit der Beigeladenen für die Klägerin im Krankenhaus A. ab 7. Januar 2013 und im Krankenhaus A-Stadt ab 11. März 2013 eine selbstständige Tätigkeit und keine abhängige Beschäftigung ist und nicht der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.
II.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
III.
Der Streitwert wird auf 10.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässigen, insbesondere form- und fristgerechten Klagen sind begründet. Die Bescheide der Beklagten vom 13.03.2014 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 11.08.2014 waren aufzuheben und es war festzustellen, dass die Tätigkeit der Beigeladenen für die Klägerin im Krankenhaus A. ab 07.01.2013 und dem Krankenhaus A-Stadt ab 11.03.2013 eine selbstständige Tätigkeit ist und keine abhängige Beschäftigung und nicht der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt. Aufgrund des in der mündlichen Verhandlung seitens der Beklagten abgegebenen Teilanerkenntnisses war nicht mehr darüber zu entscheiden, ob die Tätigkeit der Beigeladenen für das Krankenhaus A. der Rentenversicherungspflicht unterliegt, aufgrund des angenommenen Teilanerkenntnisses war der Rechtsstreit bereits insoweit bereits erledigt.
Nach Überzeugung der Kammer liegt keine abhängige Beschäftigung der Klägerin sondern eine selbstständige Tätigkeit vor, sie unterlag insoweit nicht der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist, dies ist bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Dagegen ist eine selbstständige Tätigkeit vor allem durch das eigene Unternehmerrisiko, eine eigene Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen, insoweit ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung maßgebend (BSG vom 28.05.2008, B 12 KR 13/07 R). Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt für die Beurteilung ist zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihn getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Ein im Widerspruch zur ursprünglich getroffenen Vereinbarung stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine formlose Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG vom 30.04.2013, B 12 KR 19/11 R). Maßgebend ist die Rechtsbeziehung, so wie sie praktiziert wird und die praktische Beziehung, so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG vom 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R).
Vor diesem Hintergrund ist die Kammer im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung zu der Auffassung gelangt, dass die Merkmale für eine selbstständige Tätigkeit überwiegen. Zunächst ist Folgendes festzustellen:
Das KHEntgG regelt lediglich die Vergütungsansprüche von Krankenhäusern, enthält jedoch keine Aussage zum sozialversicherungsrechtlichen Status von den im Krankenhaus tätigen Personen (LSG Baden-Württemberg vom 20.08.2015, L 4 R 1001/15). Die Kammer geht daher davon aus, dass der Gesetzgeber eine Honorararzttätigkeit im Krankenhaus nicht ausschließen wollte. Insgesamt hat daher im Einzelfall eine konkrete Prüfung der Zusammenarbeit zwischen dem Arzt und dem Krankenhaus zu erfolgen (SG Berlin vom 03.11.2015, S 122 KR 2119/12).
Nach Auffassung der Kammer überwiegen vorliegend die Merkmale für eine selbstständige Tätigkeit. Die Tätigkeit der Beigeladenen für die Klägerin unterschied sich von der Tätigkeit im Vergleich zu festangestellten Ärzten. Die Arbeitseinsätze der Beigeladenen erfolgten jeweils nach Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Beigeladenen. Die Beigeladene konnte daher nur dann zu einem konkreten Zeitpunkt zu einem Dienst herangezogen werden, wenn es mit ihr entsprechend vereinbart worden war. Gegen ihren Willen war eine Übernahme bestimmter Dienste nicht möglich. Die Beigeladene war daher nicht verpflichtet, Dienste zu übernehmen, sondern es wurde im Einzelfall konkret vereinbart, wann sie tätig wurde. Nach § 1 des Konsiliararztvertrages zwischen der Klägerin und der Beigeladenen erbringt die Ärztin im Fachgebiet Anästhesie und Notfallmedizin nach Absprache die vom Krankenhaus jeweils angeforderten konsiliarärztlichen Leistungen. Die Absprache erfolgt dabei zwischen Ärzten im Krankenhaus im gegenseitigen Einvernehmen. Aufgrund dessen bestand hinsichtlich der Arbeitszeit und der Dauer der Tätigkeit keine Weisungsgebundenheit der Beigeladenen. Des Weiteren spricht für eine selbstständige Tätigkeit, dass die Beigeladene in der Art und Weise der Ausübung ihrer Tätigkeit keinen Weisungen unterworfen war. Die von der Beigeladenen ausgeübte ärztliche Tätigkeit ist von hoher Eigenverantwortlichkeit geprägt, in fachlicher und medizinischer Hinsicht bestand insoweit kein Weisungsrecht gegenüber der Beigeladenen, sondern diese war vielmehr frei in der Ausübung ihrer Tätigkeit. Aus der vertraglichen Regelung ergibt sich in § 2, dass die Beigeladene in ihrer Verantwortung, in Diagnostik und Therapie unabhängig und nur dem Gesetz verpflichtet ist.
Soweit in § 3 des Vertrages geregelt ist, dass die Beigeladene sich verpflichtet, die im Krankenhaus zur Anwendung kommenden organisatorischen Regeln einzuhalten und sie sich hierbei an die Anweisungen und Vorgaben der Chefärzte hält, ist Folgendes zu berücksichtigen:
Hierbei muss klar unterschieden werden zwischen den allgemeinen Vorgaben und den Vorgaben hinsichtlich der Art und Weise der Ausübung der ärztlichen Tätigkeit. Nach dem Vortrag der Beteiligten und nach dem vorliegenden Vertrag entscheidet die Beigeladene selbstständig über die Behandlung der Patienten, eine Kontrolle der Tätigkeit erfolgt nicht, die Beigeladene entscheidet frei über die Behandlungsform, die Therapiefreiheit der Beigeladenen ist daher nicht eingeschränkt. Es bestand kein disziplinarisches Weisungsrecht, es bestand keine Einbindung in die Entscheidungshierarchien und es erfolgte keine Supervision, die Beigeladene nahm auch nicht an Schulungsveranstaltungen der Klinik teil. Die Beigeladene nahm nur an den morgendlichen medizinischen Besprechungen an den Tagen teil, an denen sie sich zur Übernahme eines Dienstes bereit erklärt hatte. Es erfolgte daher nur eine Teilnahme an diesen medizinischen Besprechungen, die für die ärztliche Behandlung notwendig waren, dagegen erfolgte keine Teilnahme an den organisatorischen Besprechungen zum Arbeitsablauf oder der Einteilung von Diensten. Des Weiteren bestand keine Verpflichtung zur Übernahme von Urlaubs- oder Krankheitsvertretungen. Die Beigeladene hatte auch keine organisatorische Funktion in der Klinik inne. Außerdem verfügte die Beigeladene über ihre eigene Haftpflichtversicherung.
Aus § 3 des vorliegenden Vertrages zwischen der Beigeladenen und der Klägerin kann daher nicht geschlossen werden, dass ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt, da diese Regelung allein im Hinblick darauf getroffen wurde, dass sich die Klinik im Hinblick auf das Organisationsverschulden nicht leisten kann, dass Letztentscheidungsrecht beim Vertretungsarzt zu belassen, aus diesen Gründen muss aus haftungsrechtlicher Sicht der Arzt daher in die Organisationsstrukturen und Entscheidungshierarchien eingebunden werden.
Insgesamt ergeben sich aus dem vorliegenden Vertrag zwischen der Klinik und der Beigeladenen keinerlei arbeitnehmertypische Regelungen. Der Vertrag wurde nach den vorliegenden Unterlagen auch tatsächlich von den Beteiligten so umgesetzt wie vereinbart.
Gegen eine selbstständige Tätigkeit spricht zwar, dass die Beigeladene während der Ausübung ihrer Tätigkeit auf bestimmte Art und Weise in die Organisationsstruktur der Klägerin eingebunden war und der Arbeitsort vorgegeben ist. Nach Auffassung der Kammer ergibt sich jedoch daraus nicht bereits das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung, sondern diese Umstände ergeben sich bereits aus der Natur der Sache, d. h. der Art der Tätigkeit bzw. ergeben sich aufgrund zwingender gesetzlicher Regelungen. Die Beklagte kann daher nicht pauschal allein darauf verweisen, dass Tätigkeiten von Honorarärzten in einem Krankenhaus regelmäßig als Beschäftigungsverhältnisse zu qualifizieren seien, da deren Tätigkeiten als Dienste höherer Art zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess des Arbeitgebers verfeinert seien. Auch die Tätigkeit eines Facharztes in einem Krankenhaus, der nicht in einem räumlich abgrenzbaren Bereich tätig wird, kann daher grundsätzlich selbstständig auf Honorarbasis aufgrund eines reinen Dienstvertrages erbracht werden. Es hängt damit von der Ausgestaltung im Einzelfall ab, ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt oder nicht, aufgrund dessen kann auch die Einbindung in die Organisation der Klinik allein nicht ausschlaggebend dafür sein, nachdem auch innerhalb der betrieblichen Abläufe die Leistung des Arztes auf die eine oder andere Weise erbracht werden kann. Es hat daher stets eine Prüfung im Einzelfall zu erfolgen (SG Duisburg 22.03.2013, S 21 R 1532/12 ER). Nach Auffassung der Kammer kann vorliegend im Rahmen der Gesamtabwägung jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass es sich um eine fremdbestimmte Tätigkeit der Beigeladenen handelte, vielmehr war die Tätigkeit der Beigeladenen geprägt von einem hohen Maß an Gestaltungsfreiheit und fachlicher Eigenverantwortlichkeit. Allein daraus, dass eine Zusammenarbeit mit den anderen Mitarbeitern der Klinik im medizinisch notwendigen Umfang erfolgte, kann daher nicht gefolgert werden, dass ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt. Auch daraus, dass der Arbeitsbeginn vorgegeben war, wenn die Beigeladene sich für einen Dienst bereit erklärte, folgt nicht, dass ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt. Der vorgegebene Arbeitsbeginn war aufgrund der OP-Organisation erforderlich und ergibt sich daher aus der Natur der Art der Tätigkeit. Dies spricht daher nicht für eine Eingliederung der Beigeladenen in die Arbeitsorganisation der Klägerin. Allein hieraus folgt daher nicht, dass ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt.
Des Weiteren kann vorliegend nicht maßgeblich darauf abgestellt werden, ob ein unternehmerisches Risiko vorliegt. Zwar ist das unternehmerische Risiko ein Abwägungsmerkmal im Bereich des § 7 SGB IV, hierbei hat jedoch auch entscheidende Bedeutung, um was für eine Art von Tätigkeit es sich handelt. Vorliegend handelt es sich jedoch von vornherein nicht um eine Tätigkeit, die einen erheblichen Kapitaleinsatz oder Investitionen voraussetzt. Aufgrund der Art der Tätigkeit der Beigeladenen war es nicht erforderlich, dass sie eigene Arbeitsmittel zur Ausübung ihrer Tätigkeit einsetzen musste, die erforderlichen Arbeitsmittel befanden sich bereits vor Ort bei der Klägerin. Die Beklagte kann daher nicht maßgeblich darauf abstellen, dass ein solches unternehmerisches Risiko bei der Beigeladenen nicht vorliegt, insbesondere nachdem diese auch die bei der Klinik vorhandene Infrastruktur kostenlos nutzen konnte. Der Einsatz eigenen Kapitals bzw. eigener Betriebsmittel ist keine notwendige Voraussetzung für eine selbstständige Tätigkeit. Dies ergibt sich schon daraus, weil ansonsten geistige oder andere betriebsmittelarme Tätigkeiten nie selbstständig ausgeübt werden könnten (BSG vom 30.10.2013, B 12 R 3/12 R). Ein unternehmerisches Risiko ergibt sich außerdem auch nicht daraus, dass die Beigeladene nicht die Sicherheit hat, Aufträge von der Klinik zu erhalten. Das Risiko, nicht durchgehend und kontinuierlich arbeiten zu können, ist auch das Risiko jedes Arbeitnehmers, der auf Abruf tätig wird (LSG Baden-Württemberg vom 15.12.2015, L 11 R 2083/15).
Die Beklagte kann sich für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung auch nicht maßgeblich darauf berufen, dass eine Abrechnung nach Stunden erfolgt. Zwar spricht eine Abrechnung nach Stunden grundsätzlich eher für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung. Insoweit muss jedoch auch die Art der Tätigkeit berücksichtigt werden. Hier ist vorliegend zu berücksichtigen, dass bei der von der Beigeladenen ausgeübten Tätigkeit des Anästhesisten Operationen unterschiedlicher Art vorgenommen werden und diese daher auch von sehr unterschiedlicher Dauer sein können. Allein der Umstand, dass eine Abrechnung nach Stunden erfolgt und nicht pro Operation, spricht daher nicht zwingend für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung (vgl. SG Berlin 10.02.2012, S 208 KR 102/09).
Soweit vorgetragen wird, dass die Beigeladene auch für andere Auftraggeber tätig wird, ist zunächst festzustellen, dass grundsätzlich verschiedene sozialversicherungsrechtliche Sachverhalte getrennt voneinander zu beurteilen sind. Dennoch kann ein Tätigwerden für mehrere Auftraggeber auch ein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit sein (LSG Baden-Württemberg vom 22.01.2016, L 4 R 2796/15).
Insgesamt ist daher maßgebend, dass nach den vertraglichen Vereinbarungen vorliegend eine freie Mitarbeit der Beigeladenen gegen Zahlung eines Honorars vorgesehen war und die Tätigkeit der Beigeladenen sich daher von der Tätigkeit von festangestellten Ärzten unterschied. Insgesamt wird aus den Regelungen des vorliegenden Vertrags der Wille der Vertragsparteien erkennbar, eine Zusammenarbeit im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit zu vereinbaren und dies auch tatsächlich so zu vollziehen.
Zwar sind in erster Linie ausschlaggebend und vorrangig gegenüber der rechtlichen Ausgestaltung ihrer Beziehung und den dabei von den Beteiligten verwendeten Bezeichnungen stets die tatsächlichen Gegebenheiten des Einzelfalls und das sich aus ihm ergebende Gesamtbild der Tätigkeit. Nur wenn die tatsächliche Ausgestaltung in etwa gleichermaßen für eine abhängige also auch für eine selbstständige Beschäftigung sprechen, hat der in einer vertraglichen Vereinbarung zum Ausdruck kommende übereinstimmende Wille der Beteiligten, ob nach ihrer Vorstellung ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis oder eine selbstständige Dienstleistung vorliegt, ausschlaggebende Bedeutung, wenn dies nicht zwingende Vorschriften des Sozialversicherungsrechts verletzt (§ 7 SGB IV Rn. 75 Kasseler-Kommentar). Vorliegend überwiegen nach Auffassung der Kammer bereits die Merkmale für eine selbstständige Tätigkeit, so dass außerdem auch der Wille der Beteiligten, eine selbstständige Tätigkeit zu vereinbaren, zusätzlich zu berücksichtigen ist und insgesamt für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit spricht.
Die Kammer sieht es daher als wesentliches Merkmal vorliegend für eine selbstständige Tätigkeit an, dass die Tätigkeit der Beigeladenen stets einer individuellen Vereinbarung zwischen ihr und der Klägerin bedurfte. Es handelte sich daher nicht um ein Über-/Unterordnungsverhältnis, sondern es erfolgten einvernehmliche Regelungen zwischen der Beigeladenen und der Klägerin. Die Beigeladene war nur insoweit in die Organisation der Klägerin eingebunden, wie dies die Ausübung ihrer Tätigkeit als Anästhesistin ihrem Wesen nach mit sich brachte.
Dass kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung oder Urlaubsansprüche bestanden, ist hingegen kein ausschlaggebendes Kriterium für eine selbstständige Tätigkeit. Solche Rechte und Pflichten sind zwingende nicht abdingbare Rechtsfolgen eines Arbeitsverhältnisses. Daher kommt vertraglichen Vereinbarungen, die einen Verzicht hierauf vorsehen, nur allenfalls sehr geringe Bedeutung zu (LSG Berlin 26.11.2014, L 9 KR 154/12).
Insgesamt überwiegen somit die Merkmale für eine selbstständige Tätigkeit, so dass von einer selbstständigen Tätigkeit der Beigeladenen für die Klägerin in beiden Krankenhäusern auszugehen ist und keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht.
Nach alledem waren die Klagen begründet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und § 162 Abs. 3 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 197a SGG und § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) und berücksichtigt, dass es sich um zwei durch Beschluss des Sozialgerichts nach § 113 SGG miteinander verbundene Klagen handelt.

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