Aktenzeichen M 16 E 16.1607
Leitsatz
Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, im Rahmen der Ermessensentscheidung über eine gaststättenrechtliche Gestattung aus besonderem Anlass nach § 12 Abs. 1 GastG dem Schutz eines nach § 30 BNatSchG gesetzlich geschützten Biotops den Vorrang zu geben. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Erteilung von gaststättenrechtlichen Gestattungen nach § 12 GastG.
Mit Anträgen vom 18. Februar 2016 beantragte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin jeweils eine Gestattung eines vorübergehenden Gaststättenbetriebs gemäß § 12 GastG in der „…“ bei … für die Veranstaltung eines Weinfests (ab 18.00 Uhr) mit Flohmarkt (tagsüber) am Samstag, den … Mai 2016, von 6.00 Uhr bis 24.00 Uhr und für ein …treffen von Freitag, den … Mai 2016, bis Sonntag, den … Mai 2016, jeweils von 8.00 Uhr bis 23.00 Uhr (Sonntag bis 18.00 Uhr). Das für den … Mai 2016 geplante Weinfest für bis zu 400 erwartete Besucher soll musikalisch durch eine Liveband untermalt werden. Als eigentlicher Veranstaltungsort ist die „…“ vorgesehen. Zur Abhaltung des Flohmarkts sowie als Parkplatz sollen zwei anliegende Wiesen im Außenbereich mitgenutzt werden. Zudem sollen ein bis zwei Zelte (jeweils 54 m²) sowie Toiletten aufgestellt werden. Das geplante …treffen für etwa 200 Besucher soll ebenfalls durch Dudelsackmusik (Freitag) und eine Liveband (Samstagabend) untermalt und es sollen ebenfalls ein bis zwei Zelte (54 m²) aufgestellt werden.
Die „…“ befindet sich auf dem Grundstück Fl.Nr. 150/2 der Gemarkung … im Außenbereich. Nach einer Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde wurde das Grundstück 1989 und 2005 wegen seines hohen ökologischen Werts in der Biotopkartierung Flachland Bayern als naturnahes Feldgehölz (…: Alter wiederbewaldeter Kiesabbau westlich …) erfasst. Im Landschaftsplan (Fachplan) der Gemeinde … sei die Fläche als Biotop und als Brut-, Nist- und Zufluchtsstätte für Tiere eingetragen. Das Feldgehölz liege inmitten von Flächen, die als Flächen für die Landwirtschaft mit besonderer Bedeutung für Ökologie, Gewässerschutz und Landschaftsbild eingestuft worden seien, es befindet sich zudem am Rand des vorgeschlagenen Landschaftsschutzgebiets „Rieder Filze“.
In der Vergangenheit wurden von der Antragsgegnerin für diverse Feste, die in der „…“ stattfanden, Gestattungen nach § 12 GastG erteilt. Auch für das Jahr 2016 wurden bereits für drei (jeweils mehrtägige) Veranstaltungen im Mai, Juni und Juli 2016 solche Gestattungen erteilt.
Mit Bescheid vom 4. April 2016 lehnte die Antragsgegnerin nach Anhörung der Antragstellerin deren Anträge auf Erteilung der Gestattungen nach § 12 GastG für die geplanten Veranstaltungen ab.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Antragsgegnerin habe aufgrund der Häufung der in der „…“, einem naturschutzrechtlich sensiblen Ort, geplanten Veranstaltungen die untere Naturschutzbehörde im Landratsamt Rosenheim einbezogen. Diese habe in ihrer Stellungnahme vom 23. März 2016 darauf hingewiesen, dass die Durchführung derartiger Veranstaltungen in der „…“ grundsätzlich einen Verstoß gegen § 44 Abs. 1 Nr. 2 Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG – darstelle, da davon auszugehen sei, dass der einhergehende Lärm sowie die starke Beunruhigung des Gebiets viele gefährdete und deshalb gesetzlich geschützte Tierarten, vor allem Vögel (Goldammer, Bluthänfling, Waldohreule, Singdrossel, Buntspecht) und Amphibien (z. B. Laubfrosch) erheblich störten. Die untere Naturschutzbehörde habe zudem darauf hingewiesen, dass die Veranstaltung solcher Feste nach Maßgabe von § 30 Abs. 1 und 2 BNatSchG zu einer beträchtlichen Beeinträchtigung des Biotops führe, die nicht nach § 30 Abs. 3 BNatSchG ausgeglichen werden könne, ferner komme eine Befreiung gemäß § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG nicht in Betracht, da den Interessen des Biotopschutzes hier deutlich der Vorrang einzuräumen sei. Der Gemeinderat habe in seiner Sitzung vom … März 2016 beschlossen, die bisherige Gestattungspraxis der Gemeinde zu ändern und die Anträge der Antragstellerin abzulehnen. Für das geplante Weinfest liege bereits kein „besonderer Anlass“ im Sinne des § 12 Abs. 1 GastG vor. Auch für das geplante …treffen sei der erforderliche „besondere Anlass“ im Sinne des § 12 Abs. 1 GastG nicht dargetan. Auch hier fehle es an einem substantiellen eigenständigen Ereignis außerhalb der gastronomischen Tätigkeit. Vielmehr handele es sich auch bei dieser Veranstaltung um einen jährlich wiederkehrenden normalen, zeitlich beschränkten Gaststättenbetrieb. Zudem greife für die Feste der Versagungsgrund des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GastG ein. Danach sei die Gaststättenerlaubnis u. a. dann zu versagen, wenn der Gewerbebetrieb im Hinblick auf seine örtliche Lage dem öffentlichen Interesse widerspreche, insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes oder sonst erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen für die Allgemeinheit zu befürchten seien. Dies sei hier der Fall, wie sich aus der Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde ergebe. Die Ablehnung der Gestattung nach § 12 Abs. 1 GastG liege im pflichtgemäßen Ermessen der Gemeinde. Es bestünden tragfähige Gründe, die eine Versagung der Gestattung rechtfertigten. Die Gemeinde richte das ihr eröffnete Ermessen am Schutzzweck des Gesetzes aus. In § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GastG komme zum Ausdruck, dass der örtlichen Lage des Gaststättenbetriebs eine gewichtige Bedeutung zukomme, wenn sie erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen für die Allgemeinheit befürchten lasse. Dabei folge aus dem Tatbestandsmerkmal „unter erleichterten Voraussetzungen“ nicht, dass die Schutzgüter des § 4 Abs. 1 GastG außer Betracht bleiben könnten oder dass ihnen geringeres Gewicht beizumessen sei, vielmehr seien die Anforderungen des § 4 Abs. 1 Gast zu der Art und Dauer des Betriebs und den sich daraus ergebenden besonderen Nachteilen, Gefahren oder Belästigungen in Beziehung zu setzen. Im vorliegenden Fall solle die Veranstaltung nicht nur im ohnedies bereits schützenswerten Außenbereich, sondern in einem kartierten Biotop stattfinden. Die geschilderten arten- und biotopschutzrechtlichen Belange hätten daher größtes Gewicht, was dazu führe, dass die Örtlichkeit für die geplante Nutzung ungeeignet sei. Die Antragsgegnerin erkenne gleichwohl die wirtschaftlichen Interessen der Antragstellerin mit Blick auf Art. 12 GG. Hier sei jedoch auch zu berücksichtigen, dass es sich bei den konkret beantragten Festen unter Bewertung nach den Gesichtspunkten der Herkömmlichkeit, der Sozialadäquanz und der allgemeinen Akzeptanz um keine besonderen Anlässe für die örtliche Gemeinschaft handele. Einen Verstoß gegen das Gleichheitsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG sehe die Antragsgegnerin hier nicht. Sie habe infolge der fachlichen Hinweise der unteren Naturschutzbehörde ihre Gestattungspraxis für die Zukunft geändert. Neu bei der Gemeinde eingehende Anträge auf Gestattung eines vorübergehenden Gaststättenbetriebs gemäß § 12 GastG in der „…“ würden daher abgelehnt. Der Widerruf bereits erteilter Gestattungen werde derzeit ebenfalls geprüft. Im Rahmen des § 12 GastG stehe der Gemeinde ein weites Ermessen zu, das hier zugunsten des öffentlichen Interesses ausgeübt werde.
Am 7. April 2016 erhob die Klägerin gegen diesen Bescheid Klage. Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, es seien bereits im vergangenen Jahr zwei „Events“ in der „…“ veranstaltet worden. Die Veranstaltungen seien zur vollsten Zufriedenheit der Antragsgegnerin abgelaufen. Seitens der Anwohner oder Behörden habe es keine Einwände gegeben. Die Antragsgegnerin berufe sich darauf, dass die Fläche ein Naturschutzgebiet wäre. Andere, weitaus größere „Events“, die kurz vor und kurz nach den geplanten Veranstaltungen der Antragstellerin auf derselben Fläche stattfinden würden, seien allerdings genehmigt worden. Dies sei nicht nachvollziehbar und hierdurch seien Grundrechte der Antragstellerin verletzt. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin in den Bescheidsgründen stehe bei den Veranstaltungen nicht die Gastronomie im Vordergrund, insbesondere nicht bei dem geplanten …treffen. Die Antragstellerin verlege zwei Zeitschriften über die … und die … und würde dies als Lesertreffen sehen. Die Antragsgegnerin gebe in dem Bescheid an, schon seit dem 23. März 2015 zu wissen, dass „Events“ auf dieser Fläche nicht zu empfehlen wären. Drei andere, weitaus größere „Events“ für das Jahr 2016 seien aber im Herbst 2015 noch genehmigt worden. Zudem nahm die Antragstellerin auf ihre Ausführungen in ihrem Schreiben vom 31. März 2016 an die Antragsgegnerin im Rahmen der Anhörung Bezug. Dort wurde im Wesentlichen darüber hinausgehend ausgeführt, im Gegensatz zu anderen „Events“ habe man mit nicht mehr als 400 erwarteten Teilnehmern relativ klein geplant. Auch eine kleine, ruhige Liveband ohne Verstärker hätte gespielt. § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG treffe in keiner Weise auf die geplanten „Events“ zu. Die bereits genehmigten anderen „Events“ seien weitaus größer und auch vom Schallpegel um einiges lauter. Es sei der Antragstellerin sehr wichtig, dass weder Mensch, Tier noch Umwelt in irgendeiner Weise durch sie geschädigt würden. Die Fläche sei auch immer sauber hinterlassen worden. Durch die Ablehnung der Anträge würden der Antragstellerin Nachteile entstehen, insbesondere bei dem …treffen wäre es ein sehr hoher Imageschaden (Lesertreffen für die Leser, die Gastronomie laufe hier nachweislich nur im Hintergrund ab). Aufgrund der Nähe der Termine bestehe Eilbedürftigkeit.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu verpflichten, der Antragstellerin die beantragten Gestattungen nach § 12 GastG zu erteilen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wurde durch ihre Bevollmächtigten im Wesentlichen vorgetragen, die Antragstellerin habe den erforderlichen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Ein Anspruch auf Gestattung der Veranstaltungen scheitere an § 4 Abs. 1 Nr. 3 GastG, da sie aufgrund der örtlichen Lage dem öffentlichen Interesse widersprechen würden. Die Ablehnung der Anträge stelle sich nicht als Verstoß gegen das aus dem allgemeinen Gleichheitssatz abzuleitende Prinzip der Selbstbindung der Verwaltung dar, dies bereits deshalb nicht, da es sich aus sich selbst heraus verbiete, aus dem Gleichheitssatz einen Anspruch auf Fehlerwiederholung (Gleichheit im Unrecht) herzuleiten. Zudem habe die Antragsgegnerin, die ihr Ermessen in der Vergangenheit nach einem bestimmten Muster ausgeübt habe, für die Zukunft hiervon abweichen und ihre Verwaltungspraxis umstellen können. Aus der Selbstbindung auf Ebene der Ermessensausübung folge regelmäßig eine Bindung an eine ausgeübte Verwaltungspraxis nur dann, wenn keine wesentlichen Besonderheiten die Abweichung rechtfertigten. Im vorliegenden Fall habe die Antragsgegnerin seit dem fachbehördlichen Hinweis der unteren Naturschutzbehörde ihre Gestattungspraxis dahingehend geändert, dass Gestattungen nach § 12 GastG in der „…“ generell nicht mehr erteilt würden. Die von der Antragstellerin genannten Gestattungen für andere Veranstaltungen seien bereits vor diesem Zeitpunkt erteilt worden. Ein Widerruf dieser bereits in der Vergangenheit erteilten Gestattungen werde verwaltungsintern geprüft. Die Fälle, in denen bereits bestandskräftig erteilte Gestattungen vorlägen, seien jedoch mit dem hier verfahrensgegenständlichen Fall nicht vergleichbar. Im Hinblick auf die Zuständigkeit der Antragsgegnerin dürfe Ähnliches gelten wie bei der Zuständigkeitsfrage bei auf Art. 18 Landesstraf- und Verordnungsgesetz – LStVG – gestützten sicherheitsrechtlichen Anordnungen. Rein örtliche Angelegenheiten der öffentlichen Sicherheit und Ordnung seien dabei dem eigenen Wirkungskreis der Gemeinde zuzurechnen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte im Klageverfahren M 16 K 16.1602 sowie auf die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der dahingehend auszulegende Antrag der Antragstellerin, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zur Erteilung der beantragten gaststättenrechtlichen Gestattungen nach § 12 Abs. 1 GastG zu verpflichten, bleibt ohne Erfolg.
Das Gericht der Hauptsache kann nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (sog. Regelungsanordnung).
Der Antrag (hier auf Erlass einer sog. Regelungsanordnung) ist dann begründet, wenn er sich gegen den richtigen Antragsgegner richtet, sowie das Bestehen eines zu sichernden bzw. zu regelnden Rechts (Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) glaubhaft gemacht sind (vgl. § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO).
Hier ist der Antrag schon bereits deshalb unbegründet, weil der Antragsgegnerin die erforderliche Passivlegitimation fehlt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 123, Rn. 47). Da sie Mitglied einer Verwaltungsgemeinschaft ist, ist diese, nicht jedoch die Antragsgegnerin als Gemeinde für die Erteilung von gaststättenrechtlichen Gestattungen nach § 12 GastG zuständig.
Nach § 1 Abs. 2 der Gaststättenverordnung vom 23. Februar 2016 (GVBl. S. 39) sind für die Ausführung des § 12 GastG zwar die Gemeinden zuständig. Sie erfüllen diese Aufgabe aber im übertragenen Wirkungskreis. Nach Art. 8 Abs. 1 GO umfasst der übertragene Wirkungskreis der Gemeinden alle Angelegenheit, die das Gesetz den Gemeinden zur Besorgung namens des Staates oder anderer Körperschaften des öffentlichen Rechts zuweist. Die Antragsgegnerin gehört einer Verwaltungsgemeinschaft an. Nach Art. 4 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgemeinschaftsordnung – VGemO – nimmt die Verwaltungsgemeinschaft alle Angelegenheiten des übertragenen Wirkungskreises ihrer Mitgliedsgemeinden wahr, ausgenommen den Erlass von Satzungen und Verordnungen. Nach Art. 4 Abs. 1 Satz 3 VGemO kann das Staatsministerium des Innern durch Rechtsverordnung allgemein bestimmen, dass einzelne Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises bei den Mitgliedsgemeinden verbleiben. In § 1 Nr. 10 der Verordnung über Aufgaben der Mitgliedsgemeinden von Verwaltungsgemeinschaften vom 30. April 1995 (GVBl S. 259) ist dies aber nur für die Anordnung von Ausnahmen von der Sperrzeit für einzelne Betriebe nach § 11 der Gaststättenverordnung vorgesehen. Soweit es um den Rechtsschutz gegen eine Gestattung nach § 12 GastG geht, ist also die Gemeinde nicht die richtige Antragsgegnerin bzw. Beklagte. Die Klage und Antrag wären gegen die Verwaltungsgemeinschaft zu richten (vgl. VG Würzburg, U. v. 31.7.2009 – W 4 K 09.103 – juris Rn. 26; nachfolgend BayVGH, B. v. 14.10.2009 – 8 ZB 09.2334 – juris Rn. 16). Angesichts der speziellen Regelungen zur Übertragung der Vollzugszuständigkeit für die Ausführung von § 12 GastG (vgl. § 1 Abs. 1 und 2 Gaststättenverordnung) und der diesbezüglichen ausdrücklichen Ausnahmeregelung in § 1 Nr. 10 der Verordnung über Aufgaben der Mitgliedsgemeinden von Verwaltungsgemeinschaften (nur) in Bezug auf Ausnahmen von der Sperrzeit verbleibt auch kein Raum für eine allgemeine Abgrenzung, ob eine sicherheitsrechtliche Aufgabe im Bereich des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes – LStVG – in den eigenen oder übertragenen Wirkungskreis der Gemeinde fällt, was von Seiten der Antragsgegnerin diesbezüglich geltend gemacht wurde.
Der Antrag wäre jedoch im Übrigen auch unbegründet.
Die Antragstellerin begehrt eine Regelung, die die Hauptsache in vollem Umfang vorwegnimmt. In einem solchen Fall kann eine vorläufige Regelung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO nur ergehen, wenn ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache spricht und die ohne einstweilige Anordnung zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar wären (vgl. z. B. BayVGH, B. v. 16.9.2011 – 22 CE 11.2174 – juris Rn. 3).
Hier ist bereits zweifelhaft, ob die ohne einstweilige Anordnung zu erwartenden Nachteile für die Antragstellerin unzumutbar wären. Die bloße Dringlichkeit (wegen der Planung der Veranstaltungen) allein wäre hierfür nicht ausreichend (vgl. hierzu auch VG München, B. v. 8.9.2011 – M 16 E 11.4178 – juris Rn. 18; VG Würzburg, B. v. 28.8.2015 – W 6 E 15.768 – juris Rn. 27 f.). Eine Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz der Antragstellerin wurde nicht dargelegt. Soweit von der Antragstellerin geltend gemacht wird, in Bezug auf das Lesertreffen (…treffen) drohe ein sehr hoher Imageschaden, könnte dies ggf. einen unzumutbaren Nachteil darstellen.
Unabhängig davon liegt jedoch auch der erforderliche hohe Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache nicht vor. Die Antragstellerin hat nach der im einstweiligen Rechtsschutz gebotenen Prüfung der Sach- und Rechtslage keinen Anspruch auf Erlass der beantragten Gestattungen nach § 12 Abs. 1 GastG.
Nach § 12 Abs. 1 GastG kann aus besonderem Anlass der Betrieb eines erlaubnisbedürftigen Gaststättengewerbes unter erleichterten Voraussetzungen vorübergehend auf Widerruf gestattet werden.
In Bezug auf das geplante Weinfest am … Mai 2016 dürfte es bereits an einem besonderen Anlass im Sinne von § 12 Abs. 1 GastG fehlen.
Ein besonderer Anlass liegt vor, wenn die betreffende gastronomische Tätigkeit an ein kurzfristiges, nicht häufig auftretendes Ereignis anknüpft, das außerhalb der gastronomischen Tätigkeit selbst liegt. In jedem Fall muss die beabsichtigte gastronomische Tätigkeit als Annex eines eigenständigen anderen Ereignisses erscheinen. Maßgebend ist eine Gesamtwürdigung des Vorhabens und seines (angeblichen) Anlasses (vgl. BVerwG; U. v. 4.7.1989 1 C 11/88 – juris LS u. Rn. 16; vgl. auch VG München, B. v. 8.9.2011 – M 16 E 11.4178 – juris Rn. 21). Ein besonderer Anlass in diesem Sinne dürfte für das geplante …treffen anzunehmen sein, da hier das „Lesertreffen“ im Vordergrund stehen dürfte (so nach dem Vortrag der Antragstellerin) und nicht die Bewirtung. Anders dürfte es sich jedoch bei dem geplanten Weinfest verhalten, da hier – nach der eingereichten Beschreibung („Weinfest mit Flohmarkt“) das Weinfest im Vordergrund zu stehen scheint, dies jedenfalls ab dem geplanten Beginn des Weinfests um 18.00 Uhr. Sofern der Flohmarkt zu diesem Zeitraum noch andauern sollte, wäre er im Verhältnis zum Weinfest wohl nur als Annex anzusehen.
Es kann auch dahinstehen, ob die beantragten Gestattungen bereits deshalb zu versagen gewesen wären, weil der Versagungsgrund des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GastG gegeben wäre, da die Erteilung einer Gestattung nach § 12 GastG auch bei Vorliegen der Voraussetzungen im Ermessen der Behörde liegt. Die Ausübung dieses Ermessens kann das Gericht gemäß § 114 Satz 1 VwGO nur eingeschränkt auf Ermessensfehler überprüfen und lediglich im Falle einer Ermessensreduzierung auf Null bestünde ein Anspruch auf Erteilung der begehrten Gestattungen.
Ermessensfehler sind hier jedoch nicht ersichtlich. Auch der Fall einer Ermessensreduzierung auf Null liegt nicht vor. Die Antragsgegnerin hat nach Maßgabe der eingeholten naturschutzfachlichen Stellungnahme ihre bisherige Erteilungspraxis für gaststättenrechtliche Gestattungen für den Bereich der „…“ in nicht zu beanstandender Weise eingestellt. Die untere Naturschutzbehörde hatte dargelegt, dass es sich bei der Fläche um ein eingetragenes Biotop handele, das dem gesetzlichen Schutz des § 30 BNatSchG unterliegt, und dass bei Abwägung der Interessen (im Hinblick auf die Möglichkeit einer Befreiung nach § 67 BNatSchG) dem Biotopschutz deutlich der Vorrang zu geben sei, da die Feste nicht ausgerechnet an einem naturschutzrechtlich streng geschützten Bereich ausgelebt werden müssten. Da Feste in dem gesetzlich geschützten Feldgehölz wegen ihrer negativen Auswirkungen mit dem Schutz der heimischen Tiere und Pflanzen allgemein nicht mehr vereinbar seien, war die Antragsgegnerin gebeten worden, in dem Feldgehölz keine weiteren Feste mehr zu genehmigen. Die Darlegungen der Fachbehörde sind auch nachvollziehbar.
So wird auch allgemein in der Bekanntmachung des Staatsministeriums des Innern zum Vollzug des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes vom 8. August 1986, Az. IC2-2105-1/16 (MABl 1986, 361) zu Art. 19 LStVG (Veranstaltung von Vergnügungen) ausgeführt, dass erhebliche Beeinträchtigungen der Natur oder Landschaft (vgl. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 LStVG) insbesondere eintreten können, wenn die Veranstaltung auf oder in der Nähe von geschützten oder ökologisch wertvollen Flächen durchgeführt wird oder wenn sie während der Brut- und Aufzuchtszeit von Vögeln (15. März bis 15. Juli) in Gebieten mit bedeutenden Brutstätten (z. B. Feuchtwiesen, Feldgehölzen) stattfinden soll.
Es ist daher nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin nach dieser Vorgabe durch die untere Naturschutzbehörde aus sachlichen Gründen im Hinblick auf die örtliche Lage des geplanten Gaststättenbetriebs – dem Gesetzeszweck folgend (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GastG) – nunmehr im Rahmen der Ermessensausübung den öffentlichen naturschutzrechtlichen Interessen den Vorrang vor den sonstigen betroffenen Interessen einräumt, zumal sie eine Häufung von Veranstaltungen an diesem naturschutzrechtlich sensiblen Bereich festgestellt hat. Ein sachlicher Differenzierungsgrund i. S. v. Art. 3 Abs. 1 GG liegt daher vor und die Antragsgegnerin ist nicht zur Beibehaltung ihrer bisherigen Ermessenspraxis verpflichtet. Eine Bindung an die Entscheidungspraxis früherer Jahre besteht nicht. Die Antragstellerin kann auch nicht darauf vertrauen, dass die Antragsgegnerin eine frühere Ermessenspraxis nicht für die Zukunft abändert. Gegen eine solche Änderung bestehen grundsätzlich keine rechtlichen Bedenken (vgl. BayVGH, B. v. 3.9.2015 – 22 CE 15.1926 – juris Rn. 19).
Ein Anspruch auf die Erteilung der beantragten Gestattungen im Wege einer Ermessensreduzierung auf Null folgt auch nicht aus Gründen der Gleichbehandlung mit anderen Veranstaltern, deren in der „…“ geplante Veranstaltungen von der Antragsgegnerin in der Vergangenheit bereits genehmigt wurden. Ein Verstoß der Antragsgegnerin gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) lässt sich nicht feststellen. Die Fallgestaltungen unterscheiden sich deutlich in Bezug auf den Zeitpunkt der jeweiligen Antragstellung. Die Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde stammt nicht vom 23. März 2015, wie die Antragstellerin meint, sondern vom 23. März 2016, wie die Antragsgegnerin in dem streitgegenständlichen Bescheid ausgeführt hat. Eine Erteilung von gaststättenrechtlichen Gestattungen durch die Antragsgegnerin trotz Kenntnis der naturschutzfachlichen Stellungnahme ist daher nach Aktenlage nicht erfolgt. Zudem hat die Antragsgegnerin auch angegeben, dass der Widerruf der bereits erteilten Gestattungen geprüft wird. Es gäbe zudem keine „Gleichheit im Unrecht“ wenn frühere Gestattungen zu Unrecht erteilt worden sein sollten (vgl. z. B. BayVGH, B. v. 23.11.2011 – 22 CS 11.2600 – juris Rn. 4; BayVGH, B. v. 10.2.2004 – 14 CS 03.2898 – juris Rn. 17).
Es ist auch nicht ersichtlich, dass die mit den geplanten Veranstaltungen einhergehenden Störungen im Biotopbereich durch den Erlass von Auflagen verhindert werden könnten, da es in allen Fällen bereits allein durch die Anwesenheit der Besucher zu einer größeren Lärmentwicklung und Beunruhigung des Gebiets kommen würde. Dies soll jedoch nach der naturschutzfachlichen Stellungnahme gerade verhindert werden. Die Versagung stellt sich damit auch nicht als unverhältnismäßig dar.
Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG; Nr. 1.5 Satz 2 Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 18. Juli 2013 (vgl. BayVGH, B. v. 3.9.2015 – 22 CE 15.1926 – juris Rn. 22).