Verwaltungsrecht

Wohngemeinschaft, Widerruf des Zuwendungsbescheids, Widerrufsbescheid, Teil-Widerruf, Befähigung zum Richteramt, Rechtsmittelbelehrung, Streitwertfestsetzung

Aktenzeichen  AN 4 K 15.00484, AN 4 K 16.00702

Datum:
28.4.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 47380
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayVwVfG Art. 49 Abs. 2 a BayVwVfG

 

Leitsatz

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Ansbach
Aktenzeichen: AN 4 K 15.00484
AN 4 K 16.00702
Im Namen des Volkes
Urteil
vom 28. April 2016
der 4. Kammer
Sachgebiets-Nr.: 0411
Hauptpunkte: Förderung einer WG für Demenzkranke; Verletzen der Behaltensfrist bei Auflösung der WG unabhängig von späterer Verwendungsmöglichkeit;
Rechtsquellen:
In den Verwaltungsstreitsachen

– Kläger –
gegen
Freistaat Bayern
vertreten durch: …
– Beklagter –
wegen gewerblicher Subventionen
erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach, 4. Kammer, durch … und durch … aufgrund mündlicher Verhandlung vom 28. April 2016 am 28. April 2016 folgendes
Urteil:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid zur Rückforderung einer Zuwendung zur Förderung einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft im Obergeschoß eines Wohnhauses in …. Das Parallelprojekt im Erdgeschoss des gleichen Anwesens mit einer eigenen Wohngemeinschaft ist nicht mehr Verfahrensgegenstand.
Mit Zuwendungsbescheid vom 27. Januar 2010 bewilligte das Zentrum Bayern für Familie und Soziales (ZBFS) dem Kläger für die Zeit von 1. Februar 2010 bis 30. April 2011 (Bewilligungszeitraum) eine Zuwendung bis zur Höhe von 25.290,00 EUR für das Projekt „Ambulant betreute Wohngemeinschaft für demenziell veränderte Menschen und Menschen mit geistigseelischen Schwierigkeiten in … – Obergeschoss“. Der Beklagte machte die ANBest-P vom 1. Januar 2010 zum Bestandteil des Bescheids. Als Auflagen wurden unter anderem festgelegt, dass die erworbene Küchenausstattung vor Ablauf der auf fünf Jahre festgesetzten Bindungsfrist ausschließlich für den Zuwendungszweck verwendet wird. Nach Ablauf der Bindungsfrist werde dem Kläger gestattet, über die Ausstattung frei zu verfügen (Nr. 4.1 ANBest-P 2010). Weiter wurde festgelegt, dass der Zwischenverwendungsnachweis für 2010 spätestens am 31. März 2011 sowie der Gesamtverwendungsnachweis bis spätestens 31. Juli 2011 vorzulegen ist.
Der Beklagte zahlte in der Folgezeit aufgrund des Bescheids Beträge von insgesamt 23.146,59 EUR aus. Trotz Erinnerung legte der Kläger keinen Zwischenverwendungsnachweis vor. Den Gesamtverwendungsnachweis legte der Kläger am 27. Juli 2011 vor.
Aufgrund entsprechender Hinweise des Ministeriums für Arbeit und Soziales und ferner aufgrund einer Stellungnahme des Klägers vom 22. Januar 2012 stellte das ZBFS fest, dass ein zunächst angelegter Demenzgarten durch instabile Bodenverhältnisse aufgrund starker Hanglange und der dadurch entstandenen Beschädigungen wieder aufgegeben wurde und neu angelegt werden sollte. Am 24. Januar 2014 teilte der Kläger mit, dass der Demenzgarten nicht wie geplant errichtet wurde, er den Schaden wieder gut machen wolle und einstweilen 8.000,00 EUR an die Staatsoberkasse überwiesen habe.
Am 1. November 2013 wies das Landratsamt … den Beklagten darauf hin, dass das Anwesen mit den geförderten Wohnanlagen zum 1. Juni 2013 an Frau S. verkauft worden sei.
In Beantwortung einer Anfrage des Beklagten vom 13. November 2011 zur Entwicklung der Wohngemeinschaften teilte der Kläger in einem Anhang zu einer Mail-Nachricht vom 3. November 2011 mit, dass in die Wohngemeinschaft im Obergeschoss acht Mieter eingeteilt worden seien und die Wohngemeinschaft am 21. Juli 2011 gemeinsam mit der Wohngemeinschaft im Erdgeschoss ein Sommerfest abgehalten habe. Auf weitere Nachfrage des Beklagten äußerte der Kläger in einer E-Mail am 22. Januar 2012, dass momentan eine Wohngemeinschaft mit einem Angehörigengremium im Erdgeschoss existiere. Am 8. November 2013 teilte das Landratsamt … der ZBFS mit, dass die ambulant betreute Wohngemeinschaft im Obergeschoss bereits zum 30. Juni 2011 aufgelöst worden sei und seither nur noch ein Angehörigengremium für die ambulant betreute Wohngemeinschaft im Erdgeschoss existiere.
Aus einem Aktenvermerk vom 29. Juni 2011 ergibt sich, dass der Kläger bei einem Angehörigentreffen der Wohngemeinschaft im Obergeschoss, wo deren Auflösung besprochen wurde, anwesend war.
Nach Anhörung des Klägers verfügte der Beklagte mit Bescheid vom 18. März 2014 den Widerruf des Zuwendungsbescheids vom 27. Januar 2010 mit Wirkung für die Vergangenheit. Der Widerruf wurde im Wesentlichen auf verschiedene Auflagenverstöße wie der mangelhaften Vorlage der Verwendungsnachweise, der Auflösung der Wohngemeinschaft im Obergeschoss und dem damit verbundenen Verstoß hinsichtlich der zweckentsprechenden Verwendung der finanzierten Küche, dem Verkauf des Gebäudes innerhalb der Bindungsfrist sowie Verletzung von Mitteilungs- und Aufbewahrungspflichten gestützt. Diese Bescheide wurden durch Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 20. Januar 2015 (Az. AN 4 K 14.00616) aufgehoben. Zur Begründung führte das Gericht aus, die Bescheide seien ermessensfehlerhaft. Es fehle an hinreichenden Erwägungen zum Auswahlermessen. Die Behörde hätte sich mit der Möglichkeit eines teilweisen Widerrufs auseinandersetzen müssen.
Nach Anhörung des Klägers verfügte der Beklagte mit Bescheid vom 24. Februar 2015 den teilweisen Widerruf des Zuwendungsbescheides vom 27. Januar 2010 (Förderbescheid Obergeschoss) mit Wirkung für die Vergangenheit in Höhe von 13.968,04 EUR (Ziffer I des Bescheids). Weiter forderte er den zu Unrecht ausgezahlten Zuwendungsbetrag in Höhe von 12.094,63 EUR zurück. Die Forderung betrüge noch 8.094,63 EUR (Ziffer II). Weiter legte der Beklagte fest, dass der zu erstattende Betrag in Höhe von 12.094,63 EUR vom Eintritt der Unwirksamkeit des Zuwendungsbescheides bis zum Eingang der Rückzahlung mit 6 v. H. jährlich zu verzinsen ist (Ziffer III).
Zur Begründung führt der Bescheid im Wesentlichen aus, der Kläger habe gegen folgende Auflagen verstoßen:
– Rechtzeitige Vorlage von Verwendungsnachweisen (Zwischen- und Gesamtverwendungsnachweis).
– Zweckentsprechende Verwendung der ausgezahlten Zuwendung, da ein Demenzgarten nicht errichtet wurde (Nr. 1.1 Satz 1 ANBest-P 2010).
– Wirtschaftliche und sparsame Verwendung der Zuwendung, da eingeräumte Preisnachlässe nicht in Anspruch genommen wurden (Nr. 1.1 Satz 2 ANBest-P 2010).
– Aufbewahrungspflicht von fünf Jahren nach Vorlage des Verwendungsnachweises für alle mit der Förderung zusammenhängenden Unterlagen nach Nr. 6.3 i. V. m. Nr. 7.1 ANBest-P 2010.
– Bindungsfrist von fünf Jahre für die erworbenen Ausstattungsgegenstände, da durch den Verkauf der Immobilie bzw. der Übereignung vor Ablauf der Bindungsfrist über die darin enthaltene Einbauküche anderweitig verfügt wurde (Nr. 4.1 ANBest-P 2010).
– Mitteilungspflicht gemäß Nr. 5.2 der ANBest-P 2010, da die Adressänderung und der Verkauf der Immobilie nicht unverzüglich mitgeteilt wurden.
Der Beklagte halte nach erneuter Würdigung des Sachverhalts und der Schwere der Auflagenverstöße an einem vollständigen Widerruf des Zuwendungsbescheides nicht fest. Die Leistungen seien zumindest teilweise erbracht und zweckentsprechend verwendet worden. Die Auflagenverstöße würden nicht mehr als so schwerwiegend angesehen werden, dass sie einen Widerruf der gesamten Zuwendung rechtfertigen könnten. Da aber niemals ein Demenzgarten existiert habe, seien die hierfür abgerechneten Ausgaben nicht zuwendungsfähig. Die Zuwendung sei insoweit nicht zweckentsprechend verwendet worden. Ergänzend wird auf den Inhalt des Widerrufsbescheids verwiesen.
Gegen den am 25. Februar 2015 zugestellten Bescheid erhob der Kläger am 19. März 2015 Klage und beantragte zuletzt in der mündlichen Verhandlung vom 28. April 2016 sinngemäß, den Bescheid des ZBFS vom 24. Februar 2015 aufzuheben, soweit es um einen Betrag in Höhe von mehr als 5.400,00 EUR geht.
Zur Begründung machte der Kläger geltend, die Rückforderung sei unverhältnismäßig, der Förderungsgegenstand bestehe im Wesentlichen noch. Die Wohngemeinschaft sei in Betrieb genommen und die geförderten Gegenstände seien im Wesentlichen auch angeschafft worden. Die zu späte Erbringung bzw. Einreichung verschiedener Unterlagen hätte die geförderten Projekte nicht gefährdet. Zur weiteren Begründung bezog er sich auf seine Äußerungen im Rahmen der Anhörung vom 24. Februar 2014. In diesem Zusammenhang machte der Kläger geltend, die Wohngemeinschaften seien als Familienbetrieb mit der kompletten Einbindung seiner Frau, seiner Stieftochter Frau S. und der Schwiegermutter Frau S. konzipiert und geplant gewesen. Leider sei seine Frau während dieser Zeit medikamentenabhängig geworden und hätte keinerlei Leistungen mehr erbringen können. Er sei zwar bemüht gewesen, das Projekt im Sinne der dort lebenden Personen trotzdem durchzuführen, ihm sei aber in dieser Zeit aufgrund der genannten Problematik alles über den Kopf gewachsen. Bis in den Herbst 2013 sei er praktisch handlungsunfähig und psychisch nicht in der Lage gewesen, überhaupt zu handeln. Suizidgedanken seien damals nach dem Weggang seiner Frau an der Tagesordnung gewesen. Aus Angst, alle bisher erhaltenen Zuwendungen zurückbezahlen zu müssen, hätte er leider falsche Angaben wegen des Demenzgartens gemacht. Er hätte aber schon im Interesse der dort lebenden Menschen stets vorgehabt, diesen Garten anzulegen. Er sei in dieser Zeit nicht einmal in der Lage gewesen Post zu öffnen. Zudem hätte er im Juni 2013 Hochwasser im Keller seines Anwesens gehabt, das viele Unterlagen vernichtet habe. Der Zwischenverwendungsnachweis für das Obergeschoss sei deshalb nicht vorgelegt worden, weil er ja den Gesamtverwendungsnachweis erbracht hätte. Dieser sei rechtzeitig am 27. Juli 2011 eingegangen, weshalb er der Meinung gewesen sei, dass der Zwischenverwendungsnachweis nicht mehr notwendig sei. Die in der Folgezeit dann gesendeten Briefe des Beklagten hätte er leider nicht mehr geöffnet, weshalb keine Antwort von ihm gekommen sei.
Bezüglich der nichtexistenten Wohngemeinschaft sei es so, dass er den dortigen ambulanten Pflegedienst mehrmals darauf hingewiesen hätte, dass zwei Wohngemeinschaften mit den dort lebenden Menschen betrieben werden müssten. Da er nach Aufgabe des Pflegedienstes psychisch nicht mehr in der Lage gewesen sei, das Grundstück nochmals zu betreten, hätte er sich auf die Aussagen des Pflegedienstes verlassen. Bis zum Eingang des Schreibens des Beklagten sei er davon ausgegangen, dass zwei Wohngemeinschaften separat betrieben würden. Bis zum Verkauf im Juni 2013 wäre er aufgrund der Mieteingänge (mehr als 10 Mieter) der Meinung gewesen, alles laufe bestimmungsgemäß. Auch die Käufer hätten gewusst, dass zwei ambulant betreute Wohngemeinschaften zu betreiben seien, was er in den Kaufvertrag unter Punkt III hätte explizit aufnehmen lassen. Zudem bestünde generell das Problem, dass er keine rechtliche Handhabe als Hausbesitzer gehabt habe.
Es sei lediglich der Demenzgarten nicht wie vorgesehen und gefördert eingerichtet worden. Sämtliche anderen beantragten und geförderten Beträge seien bestimmungsgemäß verwendet und bezahlt worden.
Ein Verkauf des Anwesens sei die einzige Lösung gewesen, den Fortbestand der Wohngemeinschaften zu sichern. Der Pflegedienst sowie Frau S. hätten Anfang 2012 bereits entsprechende Angebote erhalten und die Bereitschaft signalisiert, das Anwesen kaufen zu wollen und in der entsprechenden Form weiter zu betreiben. Dies sei die Grundvoraussetzung für einen Verkauf gewesen und sei auch in den Kaufvertrag, der im Juni 2013, leider sehr spät, zustande gekommen sei, mit aufgenommen worden. Von Anfang an sei das Anwesen nicht unter Gewinnaspekten verkauft worden, sondern im Sinne der Mieter, wie sich aus einem Verkauf zu 230.000,00 EUR einerseits und einem Wertgutachten über einen Wert von 560.000,00 EUR andererseits ergebe. Der Kläger hätte auch während der Zeit bis zum Verkauf durch private Einlagen, die er sich als Darlehen von der Familie besorgt habe, in Höhe von 20.000,00 EUR stets versucht, die Wohngemeinschaften am Leben zu halten. Gerade der Verkauf an die Familie S. hätte sicherstellen sollen, dass das Objekt nicht anderweitig genutzt werde. Auch die Einbauküchen seien niemals entgegen den Förderbestimmungen anderweitig verwendet worden. Der im Oktober 2013 bei ihm eingegangene Erlös aus dem Verkauf des Grundstücks sei für die Bezahlung sämtlicher noch ausstehender offener Rechnungen verwendet worden. Es sei nichts mehr davon übrig. Er sei gerade wieder dabei, Fuß zu fassen und habe nach 15-monatiger Suche seit Januar 2013 ein festes Anstellungsverhältnis gefunden. Er sei alleinerziehend und räume gerade sein Leben mit sämtlichen Altlasten auf, was bei der Entscheidung berücksichtigt werden sollte. Den geforderten Betrag könne er niemals aus seinem Einkommen bezahlen.
Der Beklagte erwiderte mit Schriftsatz vom 16. April 2015 und beantragte,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt der Beklagte aus, die Gesichtspunkte des Urteils des VG Ansbach vom 20. Januar 2015 seien in die Widerrufs- und Rückforderungsentscheidung einbezogen worden. Der Widerruf sei nur noch teilweise erfolgt, nämlich insoweit, als die Zuwendung für den Demenzgarten bestimmt gewesen sei, soweit geringere tatsächliche Ausgaben vorgelegen hätten und soweit die Küche ab dem 1. Juli 2011 nicht mehr genutzt worden sei. Zur Begründung nimmt der Beklagte ergänzend auf die Begründung des angefochtenen Bescheids Bezug.
Im Übrigen wird auf die Gerichtsakte, insbesondere die Sitzungsniederschrift und die beigezogenen Behördenakten des Beklagten sowie die beigezogene Gerichtsakte des Verfahrens unter dem Aktenzeichen VG AN 4 K 14.00616, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zuletzt betragsmäßig auf 2.694,63 EUR beschränkte Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der angegriffene Bescheid vom 24. Februar 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der Beklagte durfte den Förderbescheid vom 27. Januar 2010 zu Recht in der zuletzt angegriffenen Höhe widerrufen.
I.
Nach Art. 49 Abs. 2 a Satz 1 BayVwVfG kann ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zweckes gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, „auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden, 1. wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird; 2. wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat“.
Die Ausschlussfrist von einem Jahr gemäß Art. 49 Abs. 2 a Satz 2, 48 Abs. 4 BayVwVfG war bei Bescheiderlass nicht abgelaufen. Sie beginnt erst zu laufen, wenn sowohl die vollständige Kenntnis des für die Entscheidung über den Widerruf erheblichen Sachverhalts als auch die Erkenntnis der Rechtswidrigkeit bei dem zum Widerruf innerbehördlich zuständigen Bediensteten vorliegt. Hierzu gehören auch die für die Ermessensausübung wesentlichen Umstände (BVerwG B.v. 19.12.1984 – Gr. Sen. 1, 2/84 – NJW 1985, 819, 821; BayVGH B.v. 24.10.2008 – 9 ZB 05.3209 – BayVBl 2010, 543). Der streitgegenständliche Bescheid ist jedenfalls innerhalb der Jahresfrist seit der letzten Stellungnahme des Klägers vom 26. Februar 2014 ergangen.
II.
Der, auch von den Beteiligten als solcher angenommene, rechtmäßige Förderbescheid vom 27. Januar 2010 konnte nur durch Widerruf und nur unter den Voraussetzungen des Art. 49 Abs. 2 a BayVwVfG rückwirkend aufgehoben werden. Die Voraussetzungen lagen mit den Auflagenverstößen sowie mit der zweckwidrigen Mittelverwendung für Küche und Demenzgarten vor.
1. Der Beklagte macht Auflagenverstöße geltend, die einen Widerruf nach Art. 49 Abs. 2 a Satz 1 Nr. 2 BayVwVfG an sich bereits tragen können. Hierzu gehört insbesondere der fehlende Zwischenverwendungsnachweis, der Verstoß gegen die mit Auflage auferlegte Aufbewahrungsfrist von Unterlagen sowie die Veräußerung der Immobilie innerhalb der Bindungsfrist. Der Kläger hat die Immobilie mitsamt Kücheneinrichtung vor Ablauf der Bindungsfrist von fünf Jahren veräußert sowie die Mitteilungspflichten hierzu und zur Adressänderung verletzt. Im Rahmen der Vorlage des Zwischenverwendungsnachweises hätte er die Auflösung der Wohngemeinschaft sowie die Änderung seiner Anschrift mitteilen müssen. Weiter hat er die Bindungsfrist in Bezug auf die mit der Zuwendung beschafften Gegenstände sowie die Verpflichtung, alle Belege und Verträge sowie alle sonst mit der Förderung zusammenhängenden Unterlagen fünf Jahre nach Vorlage des Verwendungsausweises aufzubewahren und auf Verlangen vorzulegen (Nr. 6.3. i. V. m. Nr. 7.1 der zum Gegenstand des Zuwendungsbescheids gemachten ANBest-P 2010), nicht eingehalten.
2. Hinsichtlich der Anschaffung der Küche ist die Förderung teilweise nicht zweckentsprechend verwendet worden. Die Wohngemeinschaft wurde ab 1. Juli 2011 aufgelöst. Damit wurde zugleich die Bindungsfrist für die zweckentsprechende Verwendung der Küche nicht eingehalten. Für die Voraussetzungen des Widerrufs genügt dabei die objektiv zweckwidrige Verwendung. Auf ein Verschulden des Geförderten kommt es nicht an.
Die von dem Beklagten festgestellten Umstände, sind dabei hinreichende Grundlage dafür, dass der Beklagte von einer Auflösung der Wohngemeinschaft und damit von einer nicht mehr zweckentsprechenden Verwendung der Einbauküche ausgehen durfte. Es kommt dabei insbesondere nicht darauf an, dass die Küche auch nicht anderweitig verwendet wurde, denn für das Gesetz ist eine nicht zweckentsprechende Verwendung ausreichend.
3. Der angefochtene Bescheid gründet ferner auf die zweckwidrige Verwendung der bewilligten Mittel für den Demenzgarten. Insoweit hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung die betragsmäßige Beschränkung der Klage gestaltet und die Errichtung des Demenzgartens nicht mehr problematisiert. Unabhängig davon stützt auch die zweckwidrige Mittelverwendung insoweit den Widerrufsbescheid.
Bei dem im Förderbescheid vom 27. Januar 2010 als solchen benannten Demenzgarten handelt es sich um eine besondere Gartenanlage mit Blick auf die Bedürfnisse von Demenzkranken. Die konkrete Ausgestaltung wird in den Projektunterlagen beschrieben. Zu den Besonderheiten des Gartens sollten insbesondere spezielle Grünanlagen mit Hochbeeten gehören, die durch ihren Duft die Erinnerung unterstützen und durch ihre Anlage kein Bücken der Bewohner erfordern. Solche wesensentscheidenden Merkmale wurden gerade nicht angelegt. Der Kläger hatte dies in der Vergangenheit außerdem zugestanden.
III.
Das Ermessen wurde korrekt ausgeübt und der Bescheid ist auch sonst nicht unverhältnismäßig. Der Beklagte hat den Widerrufsbetrag auf einen Teil der Fördersumme beschränkt. Der Höhe nach widerrufen wurden der Anteilsbetrag für den Demenzgarten insgesamt sowie der Anteilsbetrag für die Küche teilweise. Der Beklagte durfte insbesondere die Widerrufshöhe des Betrages für die Küche ab Auflösung der Wohngemeinschaft für den gesamten restlichen Zeitraum der Behaltensfrist nach Tagen errechnen.
Der Widerruf steht, wie sich aus dem Wortlaut des Art. 49 Abs. 2 a Satz 1 BayVwVfG („kann“) ergibt, im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde. Beim Widerruf der Bewilligung öffentlicher Zuschüsse ist anerkannt, dass die Bewilligung regelmäßig (im Sinne eines intendierten Ermessens) zu widerrufen ist. Dies folgt aus den haushaltsrechtlichen Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (Art. 7 BayHO). Der Beklagte hat die Umstände des Einzelfalls zugunsten des Klägers dahingehend berücksichtigt, dass nur ein Teil widerrufen wird. Vom Kläger angegriffen wird lediglich die Höhe des Widerrufs, zuletzt hinsichtlich eines Teilbetrags in Höhe von 2.694,63 EUR.
1. Dabei ist zunächst festzuhalten, dass sich bei einem teilweisen Widerruf die Bestimmung der Höhe der widerrufenen Summe nicht automatisch aus einem Verhältnis der Zeitanteile von zweckmäßiger und zweckwidriger Verwendung ergibt. Systematisch folgt dies bereits aus der Möglichkeit, dass auch Auflagenverstöße Gründe für einen Widerruf sein können.
Die im Förderbescheid geregelte fünfjährige Behaltensfrist ist Grundlage der gewährten Förderung. Wird diese verletzt, steht auch die gesamte Förderung in Frage. Entsprechendes gilt für die Frage der zweckmäßigen Verwendung. Die Behörde muss im Rahmen des Auswahlermessens bestimmen, inwieweit ein Verstoß so schwer wiegt, dass er zu einem Widerruf ganz oder teilweise führt.
Entscheidet sich die Behörde für einen nur teilweisen Widerruf, ist eine angemessene Widerrufshöhe festzulegen. Für dessen Bestimmung muss sie alle Umstände des Einzelfalles berücksichtigen. Die Dauer der zweckmäßigen Verwendung spielt dabei eine gewichtige, aber keine alleinige Rolle.
2. Für den teilweisen Widerruf der Fördersumme wurde hinsichtlich der Höhe der gesamte Betrag für die Förderung des Demenzgartens sowie ein Teilbetrag für die Förderung der Küche, nämlich ab der Auflösung der Wohngemeinschaft, in rechtlich nicht zu beanstandender Weise zugrunde gelegt. Auch die vom Kläger vorgebrachten Punkte können diese Beurteilung nicht erschüttern.
Nichts anderes ergibt sich aus dem Umstand, dass die zweckwidrige Verwendung der Kücheneinrichtung auf einer Entscheidung des Angehörigengremiums der Wohngemeinschaft beruht. Wie bereits dargelegt, ist die Pflicht zur zweckgemäßen Verwendung verschuldensunabhängig.
Es kommt daher nicht darauf an, ob der Kläger nur verringerte Einflussmöglichkeit auf die Auflösung der Wohngemeinschaft hatte. Der Förderbescheid vom 27. Januar 2010 richtet sich an den Kläger. Dementsprechend treffen ihn die Pflichten aus dem Bescheid. Wie der Kläger die Einhaltung der Pflichten gewährleistet, unterliegt seiner Organisationsverantwortung und seinem Risiko. Es ist im eigenen Interesse des Geförderten, sich die Einflussmöglichkeit zu sichern, damit Förderung und Projekt nicht gefährdet werden. Umgekehrt ist auch der Beklagte haushaltsrechtlich gehalten, die Verwendung der Mittel für den geförderten sicherzustellen.
3. Die Rückforderungshöhe wird auch nicht deswegen unverhältnismäßig, weil das Obergeschoss nach dem Auflösungsbeschluss zeitweise wieder belegt wurde.
Das ergibt sich bereits daraus, dass mit entsprechender vollständiger Begründung in der konkreten Sachlage auch ein Widerruf insgesamt möglich gewesen wäre. Schon die Entscheidungsgründe in der Streitsache AN 4 K 14.00616 haben lediglich auf das Fehlen von Erwägungen zu einem teilweisen Widerruf abgestellt. Ist eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über den Widerruf der gesamten Höhe möglich, so wird ein teilweiser Widerruf allenfalls dann unangemessen, wenn die Widerrufshöhe willkürlich bestimmt wurde.
Die Überprüfung der zweckgemäßen Verwendung durch den Beklagten kam zu Ergebnis, dass die Wohngemeinschaft ab dem 1. Juli 2011 aufgelöst und danach auch nicht mehr betrieben wurde. In dem Wohnhaus sollten zwei selbstständige Wohngemeinschaften betrieben werden, die mit zwei selbstständigen Förderbescheiden gefördert wurden. Dies hatte bei Erlass der Förderbescheide insbesondere für die Förderhöchstsumme Relevanz. Eine teilweise Belegung des Obergeschosses ist nicht von Belang, wenn dort keine selbstständige Wohngemeinschaft betrieben wurde. Ausweislich der Behördenakte hat der Kläger das Fehlen einer selbstständigen Wohngemeinschaft im Obergeschoss Anfang 2012 eingestanden. Weitere Vermerke in der Akte bestätigen das Fehlen einer selbstständigen Wohngemeinschaft im Juli 2012 und im November 2013. Im Übrigen oblag es laut Förderbescheid dem Kläger, die korrekte Verwendung nachzuweisen. Unabhängig von den weiteren Umständen und auch mit Rücksicht auf die Erkrankung des Klägers in dem in Betracht kommenden Zeitraum konnte der Beklagte eine teilweise Verwendung der Räume im Obergeschoss durch Mieter auch des Erdgeschosses unberücksichtigt lassen.
4. Auch die gesamte Rückforderung des auf den vorgesehenen Demenzgarten entfallenden Förderbetrages war nicht unverhältnismäßig. Die tatsächlich errichteten Gartenanlagen verfehlen, wie bereits dargelegt, die Besonderheiten, die einen Demenzgarten ausmachen. Daher die übereinstimmende Wertung der Parteien, dass ein Demenzgarten nicht errichtet wurde. Das Erreichen des Förderzwecks war Aufgabe des Klägers.
Ergänzend wird auf die Begründung des angefochtenen Bescheides verwiesen, § 117 Abs. 5 VwGO.
Nach alledem ist die Klage abzuweisen.
Der Kläger trägt gemäß § 154 Abs. 1 VwGO als unterliegender Teil die Kosten des gerichtlichen Verfahrens.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,
Hausanschrift:
Promenade 24 – 28, 91522 Ansbach, oder
Postfachanschrift:
Postfach 616, 91511 Ansbach,
schriftlich zu beantragen.
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift:
Ludwigstraße 23, 80539 München;
Postfachanschrift:
Postfach 34 01 48, 80098 München, oder in
in Ansbach:
Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen.
Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Beschluss:
Der Streitwert bis zur Abtrennung des Verfahrens AN 4 K 16.00702 wird auf 8.094,63 EUR und danach auf 2.694,63 EUR festgesetzt.
Die Höhe der Streitwertfestsetzung ergibt sich aus der Höhe des streitigen Widerrufsbetrages.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,
Hausanschrift:
Promenade 24 – 28, 91522 Ansbach, oder
Postfachanschrift:
Postfach 616, 91511 Ansbach,
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
… und im Verfahren AN 4 K 16.00702 folgenden Beschluss:
1. Von der Streitsache AN 4 K 15.00484 wird das Verfahren insoweit abgetrennt und unter dem neuen Az. AN 4 K 16.00702 fortgeführt, als es einen Betrag in Höhe von mehr als 5.400,00 EUR betrifft.
2. Das Verfahren AN 4 K 16.00702 wird eingestellt.
3. Der Kläger trägt die Kosten des eingestellten Verfahrens.
4. Der Streitwert für das eingestellte Verfahren wird auf 5.400,00 EUR festgesetzt.
Rechtsmittelbelehrung
Nummern 1, 2 und 3 des Beschlusses sind unanfechtbar.
Gegen die Streitwertfestsetzung (Nr. 4 des Beschlusses) steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,
Hausanschrift:
Promenade 24 – 28, 91522 Ansbach, oder
Postfachanschrift:
Postfach 616, 91511 Ansbach,
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

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