Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Bestimmtheit eines auf Rückbau gerichteten Klageantrages; Gleichbehandlung bei Rückbauten

Aktenzeichen  483 C 6753/11 WEG

Datum:
22.4.2016
Fundstelle:
ZMR – 2016, 579
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
GVG § 23 Nr. 2c
WEG § 14 Nr. 1, § 15 Abs. 3, § 43 Abs. 1 Nr. 1
BGB § 1004
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2

 

Leitsatz

1 Der auf einen Rückbau gerichtete Klageantrag muss den betroffenen Ort bzw. die Fläche – ggf. unter Bezugnahme auf einen Plan – und die zurückzubauenden Gegenstände konkret benennen. Entsprechendes gilt für den Antrag auf Wiederherstellung bestimmter baulicher Elemente (zB Lüfter). (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Geltendmachung eines Rückbauanspruchs kann daran scheitern, dass dieser nicht auch gegen andere in gleicher Weise betroffene Miteigentümer geltend gemacht wird (Fortführung BGH NJW-RR 2013, 335).  (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1) Die Klage wird abgewiesen.
2) Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3) Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
4) Der Streitwert wird auf 40.000 € festgesetzt

Gründe

1) Das AG München ist örtlich und sachlich ausschließlich zuständig nach § 23 Nr. 2 c GVG und §§ 43 I Nr. 1, 62 I WEG n. F., weil das Grundstück in München liegt.
2) Hinsichtlich der Klageanträge Ziffer 1 und 2 im Schriftsatz vom 6. März 2013 ist die Klage unzulässig. Es liegen entgegen § 253 II Nr. 2 ZPO nicht vollstreckbare Klageanträge vor. In Antrag 1 a ist schon keine Sondereigentumseinheit oder andere Örtlichkeit genannt und auch auf keinen Plan Bezug genommen. Es ist nicht ersichtlich, auf welcher konkrete Fläche ein Rückbau erfolgen soll, und welche konkreten Gegenstände zurückgebaut werden sollen. Gem. Seite 6 unten der Teilungserklärung dürfen ja die Räume im Dachgeschoss/Dachspitz zu Nichtwohnzwecken ausgebaut werden, und zwar ohne Begrenzung der m²-Zahl. Die Beklagten zu 1 und 2 haben zulässig eingewandt, dass ja eine Nutzung als Architekturbüro möglich wäre, der derzeitige Nutzer der Wohnung ist auch Architekt. Es gibt auch mehrere Dachterrassen, so dass bei Antrag 1 b nicht klar ist, welche konkrete Dachterrasse zurück gebaut werden soll. Bezüglich der Dachterrassen kommt es daher nicht mehr darauf an, dass selbst bei einem Rückbau auf eine Fläche von 50 m² zuzüglich 10% zwei Dachterrassen auch verbleiben könnten, soweit sich die Beklagten dafür entscheiden, dass die 50 m² plus 10% im Süden verbleiben. Das gleiche gilt hinsichtlich der im Antrag 1 c genannten Fenster sowie im Antrag 1 d genannten Rauchkamine. Hier ist unklar, welche konkreten Kamine betroffen sind.
Bei Antrag 2 ist auch nach Auffassung der Klägerin für die Beklagten eine Nutzung zu Nichtwohnzwecken zulässig. Es ist jedoch völlig unklar, wie denn die in dem Antrag 2 angegebene Zuführung zu Nichtwohnzwecken konkret aussehen soll, und auf welcher konkreten Fläche die Beklagten zu 1 und 2 eine Zuführung vornehmen sollen. Insoweit kommt allenfalls ein Unterlassungsanspruch in Betracht, soweit eine unzulässige Wohnnutzung vorliegen sollte.
Nicht vollstreckbar ist auch der Sachantrag Ziffer 1 b im Schriftsatz vom 11. Juli 2014. Wiederum ist nicht angegeben, an welchem konkreten Ort eine funktionsfähige Lüftung über Dach wiederhergestellt werden soll.
3) Die Klage ist betreffend die Beklagten zu eins und zwei auch unbegründet. Der Klägerin stehen gegenüber der Beklagten keine Rückbauansprüche nach § 1004 BGB i. V. m. §§ 15 III, 14 Nr. 1 WEG zu.
a) Zum Sachantrag im Schriftsatz vom 2. Januar 2014:
Die Klägerin hat im Termin v. 17.03.2016 deutlich gemacht, dass es insoweit nicht um Auskunft geht, sondern um die Vorlage von Unterlagen seitens der Beklagten zu 1 und 2. Im Hinblick darauf, dass die Beklagten zu eins und zwei im laufenden Rechtsstreit alle Unterlagen und Informationen der Klägerin zur Verfügung gestellt haben, die in den Terminen vom 16. Januar 2014 und 17. November 2014 von der Klägerin als relevant angesehen wurden, ist nicht ersichtlich, welche konkreten Unterlagen die Beklagten zu eins und zwei jetzt noch der Klägerin zur Verfügung stellen sollten. Hinzukommt, dass gemäß § 6 und 9 der Teilungserklärung auch Ausbaurechte bestehen, die gem. § 9 k (S. 10) der Teilungserklärung übertragbar sind. Gem. Anlagen B 1-3 wurden diese Rechte auch auf die Beklagten zu 1 und 2 übertragen. Eine Unwirksamkeit dieser Rechte ist nicht ersichtlich.
b) Zum Sachantrag 1 a im Schriftsatz vom 11. Juli 2014:
Hinsichtlich des Antrags 1 a ist nicht ersichtlich, dass das Einziehen einer Zwischendecke nicht erlaubt ist. § 6 der Teilungserklärung erlaubt ja einen Ausbau der Flächen im DG/Dachspitz. Ebenso wenig ist ersichtlich, inwieweit durch eine solche Maßnahme die Mitglieder der Klägerin über die Grenze des § 14 Nr. 1 WEG beeinträchtigt sein sollten.
c) Schließlich würde die Geltendmachung eines Rückbauanspruchs durch die Klägerin auch daran scheitern, dass nur die Beklagten zu 1 und 2, nicht jedoch die Eigentümerin Ziegler in Anspruch genommen wurde, die gleicharte bauliche Veränderungen im Dachgeschoss/Dachspitz vorgenommen hat. Es gelten die Grundsätze aus BGH 30.11.2012 – V ZR 234/11. Aus dem Vorgehen zu Top 6 der ETV v. 06.05.2014 können die Mitglieder der Klägerin bzw. diese keine Rechte herleiten. Die Eigentümerin Ziegler ist keine rechtserhebliche Verpflichtung eingegangen. Rückbauansprüche wären auch mit der Einrede der dreijährigen Verjährung betreffend die Eigentümerin Ziegler behaftet. Die Klägerin konnte letztlich auch nicht mehr plausibel machen, was sie gegen die vorgenommenen Ausbauten zu Wohnflächen hat. Die Vernichtung von öffentlich genehmigtem Wohnraum wäre heute in München auch nicht mehr vertretbar.
Die Klage war daher insgesamt abzuweisen.
4) Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 I, 91 a ZPO. Bestehen bzw. bestanden keine Ansprüche gegen den Beklagten zu 1 und 2, waren solche auch nicht gegenüber der Beklagten zu 3 ersichtlich. Bei weiterer streitiger Durchführung gegenüber der Beklagten zu 3 wäre die Klage auch abgewiesen worden. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte zu drei den tatsächlich vorgenommenen Ausbau beauftrag oder geduldet hat.
Der Streitwert wurde gemäß § 49 a Abs. 1 Gerichtskostengesetz festgesetzt.
5) Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit gründet sich auf § 709 ZPO.

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