Aktenzeichen AN 1 K 14.01475
BGB § 1602 I BGB
Leitsatz
1 Die Gewährung des Familienzuschlags der Stufe 1 an einen Beamten wegen Aufnahme einer anderen Person (hier die Mutter) in die eigene Wohnung setzt voraus, dass die Person auch tatsächlich in derselben Wohnung lebt. Nicht ausreichend ist, wenn der Anspruchsberechtigte und die andere Person in zwei räumlich getrennten Wohnungen innerhalb eines Anwesens untergebracht sind. (redaktioneller Leitsatz)
2 Art. 36 I 2 BayBesG kann nicht analog auf die Konstellation der Aufnahme einer anderen Person in eine im selben Anwesen gelegene, zwar vom Beamten finanziell unterhaltene, jedoch nicht von ihm bewohnte Wohnung, angewendet werden. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Mit Zustimmung der Beteiligten konnte das Gericht ohne (weitere) mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die zulässige Klage war abzuweisen, weil sie unbegründet ist.
Der angefochtene Bescheid des Landesamts für Finanzen – Dienststelle W. – vom
7. August 2014 ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, da ihm kein Anspruch auf Familienzuschlag der Stufe 1 wegen Aufnahme seiner Mutter in den eigenen Haushalt zusteht (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Gemäß Art. 36 Abs. 1 Satz 2 BayBesG gehören zur Stufe 1 des Familienzuschlags auch andere als die in Satz 1 genannten (verheirateten, verwitweten oder geschiedenen) Beamten, die eine andere Person nicht nur vorübergehend in ihre Wohnung aufgenommen haben und ihr Unterhalt gewähren, weil sie gesetzlich oder sittlich dazu verpflichtet sind oder aus beruflichen oder gesundheitlichen Gründen ihrer Hilfe bedürfen.
Diese Voraussetzungen liegen beim Kläger im Hinblick auf die Aufnahme seiner Mutter in den eigenen Haushalt nicht vor.
Zwar zählt der Kläger als lediger Beamter zu den „anderen Beamten“ i. S. d. Art. 36 Abs. 1 Satz 2 BayBesG. Auch gehörte die Mutter des Klägers unzweifelhaft zum Kreis der „anderen Personen“ nach dieser Vorschrift. Jedoch fehlt es im vorliegenden Fall an dem für die Gewährung des Familienzuschlags der Stufe 1 entscheidenden Tatbestandsmerkmal des Art. 36 Abs. 1 Satz 2 BayBesG, dass der Kläger seine Mutter in seine Wohnung aufgenommen hat.
Nach den Erklärungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 17. November 2015 und den Darstellungen des hierbei übergebenen Lageplans sind die vom Kläger und damals von seiner inzwischen verstorbenen Mutter bewohnten Wohnungen räumlich getrennt. Es besteht zwischen beiden Wohnungen keine direkte überdachte Verbindung. Vielmehr musste man über den Hofraum gehen, um über den Hausplatz/Diele die Wohnung der Mutter des Klägers zu betreten. Beide Wohnungen verfügen über alle Bestandteile einer Wohnung (Küche, Bad, WC).
Nach alledem steht fest, dass es sich um zwei getrennte Wohnungen handelt. Ob sich der Kläger, wie er in der mündlichen Verhandlung bekundete, überwiegend in der Wohnung seiner Mutter und nicht in seiner eigenen Wohnung aufgehalten hat, ist rechtlich ohne Belang. Denn der Begriff „seine Wohnung“ setzt voraus, dass der Beamte (Aufnehmende) selbst in der Wohnung wohnt (vgl. Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, 55. Auflage, Stand 1.7.2015, Rn. 41 zu § 40 BBesG). Der Kläger hat aber nicht in der Wohnung seiner Mutter, sondern in seiner eigenen Wohnung gewohnt, die den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen i. S. d. § 7 Abs. 1 BGB darstellte. Hierfür spricht auch, dass dem Kläger von seinem Arbeitgeber, dem Beklagten, in dieser Wohnung ein Telearbeitsplatz eingerichtet wurde.
In diese, von ihm selbst bewohnte Wohnung des Anwesens …, hat der Kläger seine Mutter aber gerade nicht aufgenommen, so dass es auch in dieser Wohnung nicht zur Bildung einer häuslichen Gemeinschaft mit seiner Mutter kommen konnte. Demgegenüber spielt es rechtlich keine Rolle, dass die Mutter des Klägers in einer anderen Wohnung im selben Anwesen wie der Kläger gewohnt und dieser aufgrund der geringen Altersbezüge seiner Mutter sämtliche anteiligen Kosten des Grundstücks und der Wohnnutzung getragen hat. Denn selbst wenn man dies unterstellt, wird die von der Mutter des Klägers bewohnte, völlig eigenständige Wohnung nicht zur Wohnung des Klägers, in die er seine Mutter aufgenommen hat.
Es verbietet sich auch, die Vorschrift des Art. 36 Abs. 1 Satz 2 BayBesG (Aufnahme in seine Wohnung) analog auf die hier gegebene Konstellation der Aufnahme der Mutter des Klägers in eine im selben Anwesen gelegene, zwar vom Kläger finanziell unterhaltene, jedoch nicht von ihm bewohnte Wohnung, anzuwenden.
Zum einen macht allein der Umstand, dass der Kläger nach seinen Bekundungen in der mündlichen Verhandlung vom 17. November 2015 entgegen den Bestimmungen des notariellen Überlassungsvertrags vom 10. Mai 1995 die gesamten laufenden Kosten der von seiner Mutter bewohnten Wohnung getragen hat, diese Wohnung nicht zu seiner Wohnung i. S. d. Art. 36 Abs. 1 Satz 2 BayBesG.
Zum anderen sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. grundlegend: Urteil vom 27.3.2014, 2 C 2/13) im Regelungsbereich des Besoldungs- und Versorgungsrechts einer analogen Anwendung besonders enge Grenzen gesetzt. Nach den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums unterliegen Besoldungsleistungen, wie hier die Gewährung eines Familienzuschlags der Stufe 1, dem Vorbehalt des Gesetzes. Sie dürfen nur zugesprochen werden, wenn und soweit sie gesetzlich vorgesehen sind (vgl. Art. 3 Abs. 1 BayBesG, § 2 Abs. 1 BBesG). Durch die Gesetzesbindung der Besoldung ist es daher auch den Gerichten verwehrt, Beamten eine gesetzlich nicht geregelte Besoldung, mithin hier dem Kläger den Familienzuschlag der Stufe 1 für die Aufnahme seiner Mutter zwar nicht in seiner Wohnung, aber im selben Anwesen, zu gewähren.
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO.
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 1 VwGO, § 708 Nr. 11 ZPO.
Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 124 a Abs. 1 VwGO nicht vorliegen.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,
Hausanschrift: Promenade 24 – 28, 91522 Ansbach, oder
Postfachanschrift: Postfach 616, 91511 Ansbach,
schriftlich zu beantragen.
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,
einzureichen.
Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 2.965,92 EUR festgesetzt.
Gründe:
Die Festsetzung des Streitwertes ergibt sich aus §§ 52 Abs. 1 GKG.
Der Streitwert für das Begehren des Klägers auf Gewährung des Familienzuschlags der Stufe 1, der ebenso wie andere Ansprüche auf erhöhte Besoldung, Versorgung oder Zulagen zu den in der Streitwertrechtsprechung der Beamtensenate des Bundesverwaltungsgerichts als Teilstatus bezeichneten Rechtspositionen gehört, war ausgehend von Nr. 10.4 des Streitwertkatalogs vom 15.12.2015 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit und den Verhältnissen im Zeitpunkt der Klageerhebung (September 2014), auf den pauschalierten Zweijahresbetrag (= 123,58 EUR x 24 Monate = 2.965,92 EUR) festzusetzen.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,
Hausanschrift: Promenade 24 – 28, 91522 Ansbach, oder
Postfachanschrift: Postfach 616, 91511 Ansbach,
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.