Aktenzeichen RN 7 K 15.79
Leitsatz
1. Die Anforderung der “überwiegend eigenen Futtergrundlage” als Voraussetzung einer landwirtschaftlichen Tierhaltung im Sinn des § 201 BauGB bezieht sich auf das Verhältnis von selbst erzeugtem zu gekauftem Futter. (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB erfordert einen landwirtschaftlichen Betrieb, der auf Dauer (für Generationen) angelegt und voraussichtlich lebensfähig ist. (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine landwirtschaftliche Betätigung, die nur oder im Wesentlichen auf fremdem Grund und Boden zu verwirklichen ist, wird in aller Regel gegen eine Privilegierung im Sinn des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB sprechen. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 15.12.2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung.
Nach § 6 Abs. 1 BImSchG ist die immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu erteilen, wenn (1.) sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG und einer auf Grund des § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und (2.) andere öffentliche-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen. Zu den anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften im vorgenannten Sinn gehört auch die Vorschriften über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens nach den §§ 29 ff. BauGB. Das Vorhaben, das im baurechtlichen Außenbereich realisiert werden soll, ist bauplanungsrechtlich nicht zulässig. Es handelt sich nicht um ein privilegiertes Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB. Als sonstiges Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB kann es im Einzelfall nicht zugelassen werden, da es öffentliche Belange beeinträchtigt. Die zwischen den Parteien umstrittene Frage, ob das Vorhaben auch nicht genehmigt werden kann, weil es durch die Emission von Bioaerosolen schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG hervorrufen kann oder im Hinblick hierauf nicht ausreichend Vorsorge im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG getroffen wird, kann daher dahinstehen.
1. Bei dem geplante Vorhaben handelt es sich nicht um ein baurechtlich privilegiert im Außenbereich zulässiges Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB.
a) Das Vorhaben dient nicht einem landwirtschaftlichen Betrieb i. S. d. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Landwirtschaft ist grundsätzlich die unmittelbare Bodenertragsnutzung. § 201 BauGB bestimmt hierzu, dass Landwirtschaft im Sinne des BauGB insbesondere der Ackerbau, die Wiesen- und Weidewirtschaft einschließlich Tierhaltung ist, soweit das Futter überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden kann.
Auszugehen ist nach den vom Beklagten eingeholten Stellungnahmen des Amts für Landwirtschaft und Forsten (AELF) … vom 4.3.2013 und vom 5.3.2014, den schriftsätzlichen Ausführungen der Klägerin und ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung zunächst davon, dass die Klägerin als GbR einen landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetrieb betreibt. Insoweit hat in der mündlichen Verhandlung der Vertreter des AELF zwar ausgeführt, dass der Gesellschafter 1* … beim AELF noch als Betriebsinhaber des landwirtschaftlichen Betriebs geführt wird und die Betriebsstätte unter der Adresse … #1 gemeldet ist, während nach den Ausführungen in der mündlichen Verhandlung sich die Betriebstätte der Klägerin unter der Adresse … #2 befindet. Nach den Angaben des Vertreters der Klägerin wurden die ca. 32,3 ha landwirtschaftlichen Eigentumsflächen des Gesellschafters 1* … aber entsprechend dem Gesellschaftsvertrag aus dem Jahr 2010 in die GbR eingebracht, die GbR betreibt nunmehr den landwirtschaftlichen Betrieb. Dies entspricht auch der Stellungnahme des AELF vom 4.3.2013 im Verwaltungsverfahren.
Gegenstand des landwirtschaftlichen Betriebs ist nach den Angaben des Gesellschafters der Klägerin und des AELF der Betrieb eines Hähnchenmaststalles, in dem ca. 90% der Feldfrüchte, die auf den fast gesamten Eigentumsflächen durchgeführten Ackerbau erzeugt werden, in der Hähnchenmast verfüttert werden. Soweit mit dem streitgegenständlichen Antrag nunmehr der Betrieb der Klägerin dahingehend erweitert werden soll, dass ein zusätzlicher Hähnchenmaststall mit 39.500 Mastplätzen errichtet wird und damit insgesamt 79.000 Mastplätze künftig vorhanden sein sollen, geht der Beklagte aufgrund der Stellungnahmen des AELF davon aus, dass damit insgesamt ein Flächenbedarf von 100,9 ha verbunden ist, um das Erfordernis einer überwiegend auf eigenen Flächen erzeugten Futterbasis für die Tierhaltung im Sinne des § 201 BauGB zu erfüllen. Die Klägerin hat die insoweit erforderliche Flächenausstattung nicht in Frage gestellt. Die hierfür zugrunde gelegte Ertragserwartung von 95dt/ha liegt nach den Ausführungen des Vertreters des AELF auch im oberen Bereich. Die Ertragserwartung bezieht sich auf den Anbau von Getreide und Körnermais. Durchschnittlich sind insoweit in Niederbayern Ertragszahlen von 70 bis 75 dt/ha (bzw. dz/ha). Die Klägerin baut nach ihren Angaben zudem auch Raps an, der laut AELF einen wesentlich geringeren Ertrag je Fläche hat.
aa) Die Klägerin konnte insoweit eine ausreichende Flächenausstattung für die Annahme einer landwirtschaftlichen Tierhaltung auf überwiegend selbst erzeugter Futterbasis nicht darlegen. Die Anforderung der „überwiegend eigenen Futtergrundlage“ als Voraussetzung einer landwirtschaftlichen Tierhaltung im Sinne des § 201 BauGB bezieht sich nur auf das Verhältnis von selbst erzeugten zu gekauften Futter (vgl. BayVGH, B. v. 4.1.2005 – Az. 1 CS 04.1598 – juris). Die Klägerin hat hierzu zwar Pachtverträge vorgelegt, wonach sich mit den Eigentumsflächen insgesamt ca. 103 ha ergeben. Unter Zugrundelegung der von der Klägerin angegebenen beabsichtigten Bewirtschaftung dieser Flächen, kann aber bereits nicht angenommen werden, dass die Tierhaltung auf überwiegend eigener Futtergrundlage erfolgt.
Die vom AELF unter Zugrundelegung von für die Klägerin günstigen Umständen (Ertragserwartung je ha, Anbau von Getreide und Körnermais etc.) für erforderlich angesehene Fläche von 100,9 ha wird mit den angegebenen zur Bewirtschaftung vorgesehenen Eigentums- und Pachtflächen, nach eigenen Angaben 101 ha, gerade so erreicht. Die Vertreter der Klägerin haben schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung aber auch angegeben, dass 5% dieser Flächen bzw. ca. 6 ha aufgrund von cross – compliance-Bestimmungen als ökologische Vorrangflächen zu nutzen und nachzuweisen sind. Nur ca. 60 ha sollen nach den Angaben für den Anbau von Weizen, 35 ha für den Anbau von Mais, Wintergerste und Raps genutzt werden. Damit bleibt die Klägerin nach ihrem eigenen Vortrag mit einer Anbaufläche von 95 ha unter der erforderlichen Fläche von 100,9 ha. Soweit auf Frage des Gerichts der Vertreter des AELF ausgeführt hat, die Klägerin könne ihrer Verpflichtung zur Stellung von ökologischen Ausgleichsflächen neben der Stilllegung der Flächen auch durch den Anbau von eiweißhaltigen Produkten wie Leguminosen erfüllen, die ggf. verfüttert werden können, ergibt sich nach dem Vortrag der Klägerin schon nicht, dass sie diese überhaupt anbauen will. Es ist aber Sache der Klägerin, die beabsichtigte Tierhaltung auf eigener Futtergrundlage plausibel darzulegen. Auf den Pachtflächen ist der Anbau von Leguminosen nach § 3 Ziffer 3 der vorgelegten Pachtverträge zudem nicht zulässig. Angebaut dürfen danach nur Mais, Winterweizen, Wintergerste und Winterraps. Unabhängig davon kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass bei Anbau von Leguminosen auf den ökologischen Ausgleichsflächen von 6 ha mit einem Ertrag je Hektar wie beim Anbau von Getreide oder Körnermais zu rechnen ist, der der Ermittlung der notwendigen Flächen vom AELF zugrunde gelegt wurde. Gleiches gilt nach den Erläuterungen des AELF für den von der Klägerin nach dem Vortrag in der mündlichen Verhandlung beabsichtigtem Anbau von Raps als Marktfrucht, selbst wenn man den Rückkauf von Nebenprodukten wie Öle oder Rapsextraktionsschrot als Eiweißträger berücksichtigt. Der Vertreter des AELF hat in der mündlichen Verhandlung auch zurecht darauf hingewiesen, dass der von der Klägerin angegebene Anbau von 60 ha Winterweizen auf den Pachtflächen zumindest auf Dauer nicht möglich ist, nachdem nach § 3 Ziffer 4 der vorgelegten Pachtverträge eine Kultur nie in zwei aufeinander folgenden Anbaujahren angebaut werden darf. Insgesamt ist damit schon nicht ausreichend dargelegt, dass die Klägerin mit der von ihr beabsichtigten Bewirtschaftung von Eigentums- und Pachtflächen tatsächlich einen Umfang von mindestens 100,9 ha Anbaufläche für Getreide und Mais entsprechend der zugrunde liegenden Berechnung des AELF erreicht, um die Hähnchenmast im nunmehr beabsichtigen Umfang auf überwiegend eigener Futtergrundlage im Sinne des § 201 BauGB sicherzustellen.
bb) Unabhängig davon liegt aber in Anbetracht der vorgelegten Pachtverträge und der weiteren Umstände auch kein landwirtschaftlicher Betrieb vor, bei dem auf Dauer und nachhaltig gewährleistet ist, dass die Bewirtschaftung der Hähnchenmast im vorgesehenen Umfang auf überwiegend eigener Futtergrundlage erfolgt. Neben dem Erfordernis des § 201 BauGB, dass eine Tierhaltung auf überwiegend eigener Futtergrundlage erfolgt, erfordert der Privilegierungstatbestand des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB einen landwirtschaftlichen Betrieb, der auf Dauer – nach der Rechtsprechung sogar für Generationen (vgl. BVerwG, U. v. 27.1.1967 – IV C 41.65 – juris) – angelegt und voraussichtlich lebensfähig ist.
Dem Eingriff in den zumeist naturhaft geprägten Außenbereich muss ein auf Dauer angelegter Betrieb gegenüberstehen, dem das geplante Vorhaben zu dienen bestimmt ist (vgl. BVerwG, U. v. 11.10.2012 – Az. 4 C 9/11 – juris). Es muss daher zumindest über längere Zeit erwartet werden können, dass die erforderlichen Flächen, die für einen landwirtschaftlichen Betrieb bzw. seine Erweiterung erforderlich sind, dem Betrieb zugeordnet bleiben. Zu den Merkmalen, denen insoweit indizielle Bedeutung beizumessen ist, zählt unter anderem der mehr oder minder dauernd gesicherte Zugriff auf die nutzbare Fläche, die in landwirtschaftlicher Weise Gegenstand der unmittelbaren Bodenertragsnutzung sein soll (BVerwG, Beschluss vom 3. Februar 1989 – BVerwG 4 B 14.89 – Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 253 = BauR 1989, 182). Die vorausgesetzte planmäßige und eigenverantwortliche Bewirtschaftung darf dabei nicht dadurch in Frage gestellt sein, dass dem Landwirt keine für seine Ertragserzielung benötigte Fläche dauernd zur Verfügung steht. Diese Voraussetzung wird in aller Regel eine eigentumsrechtliche oder eine anderweitige sachenrechtliche Zuordnung bedingen. Das schließt zwar nicht aus, dass ein Landwirt eine benötigte Fläche hinzupachtet. Je umfangreicher eine derartige Hinzupacht indes ist, desto unsicherer wird hingegen, ob angesichts der spezifischen Schwäche des Pachtlandes als einer nur schuldrechtlichen und von den Vertragsparteien jederzeit aufhebbaren Bindung die erforderliche Nachhaltigkeit noch gewährleistet ist. In aller Regel wird eine landwirtschaftliche Betätigung, die nur oder im Wesentlichen auf fremdem Grund und Boden zu verwirklichen ist, gegen eine Privilegierung im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB sprechen (vgl. BVerwG, B. v. 24.6.1994 – Az. 4 B 124/94 – juris). Sie wird allerdings auch nicht von vornherein ausgeschlossen. Es müssen in solchen Fällen aber in der Regel besondere Umstände hinzutreten, die die Annahme einer dauerhaften Sicherung rechtfertigen. Das Verhältnis von Eigentumsflächen zu Pachtflächen ist nur ein Indiz. Es kommt auf die Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls an (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 119. EL, Rn. 29 zu § 35 BauGB).
Dies zugrunde legend ist die Nachhaltigkeit und Dauerhaftigkeit des Betriebes, wie er nun mit der Errichtung eines weiteren Hühnermaststalles entstehen soll, als landwirtschaftlicher Betrieb nicht ausreichend gewährleistet. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin nach den Angaben in der mündlichen Verhandlung bereits jetzt die auf den ca. 32 ha Eigentumsflächen angebauten Feldfrüchte in der bestehenden Hühnermast verfüttert. Für den geplanten erweiterten Betrieb ergibt sich insgesamt ein Flächenbedarf von 100,9 ha, um eine Tierhaltung auf überwiegend eigener Futtergrundlage i. S. d. § 201 BauGB anzunehmen. Damit liegt der Anteil der Eigentumsflächen des künftigen Betriebs unter einem Drittel. Die Flächen für den zusätzlichen Maststall müssen sämtlich hinzugepachtet werden. Insoweit ergibt sich auch, dass aus den Antragsunterlagen und auch sonst nichts dafür ersichtlich ist, dass die Klägerin ursprünglich den beabsichtigten erweiterten Betrieb mit zwei Mastställen als landwirtschaftlichen Betrieb führen wollte. Es ergab sich vielmehr im Laufe des Genehmigungsverfahrens, dass infolge der Änderung des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB eine Genehmigung auf der Grundlage dieser Vorschrift nicht mehr in Betracht kam und eine Genehmigung nur mehr im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes möglich erschien. Eine dann vorgenommene Änderung des Betriebskonzepts zur Erreichung einer Genehmigung ist zwar für sich genommen unschädlich und nachvollziehbar, im Rahmen der Gesamtabwägung aller Umstände zur Frage der Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit des Betriebs ist aber auch dies in die Beurteilung mit einzustellen. Im Hinblick auf den Inhalt der vorgelegten Pachtverträge ist zugunsten der Klägerin zu berücksichtigen, dass diese nach den Bestimmungen zur Kündbarkeit eine Laufzeit von mindestens 15 Jahren haben, was für sich genommen dafür spricht, dass die Flächen dem Betrieb längere Zeit zur Verfügung stehen. Andererseits liegt die Schwäche schuldrechtlicher Vereinbarungen gerade auch darin, dass sie einvernehmlich jederzeit ohne größere Hindernisse wieder aufgelöst oder vom Umfang her geändert werden können. Dies zeigt sich hier bereits darin, dass die vorgelegten Pachtverträge zwischen Abschluss und Konkretisierung durch die vorgelegten sog. Antrittsprotokolle (die nach den Pachtverträgen – § 4 Nr. 2 – an sich über den Zustand der Pachtflächen verfasst werden sollen) im Hinblick auf den Umfang der Pachtflächen bereits geändert wurden. So hatte z.B. der vorgelegte Pachtvertrag mit Herrn 2* … noch eine Fläche von 50 ha zum Inhalt, die im gerichtlichen Verfahren vorgelegten „Antrittsprotokolle“, mit denen erstmals die vertragsgegenständlichen Flurstücke zumindest für den Zeitpunkt des Pachtantritts konkretisiert wurden, dagegen nur mehr eine Fläche von 29,85 ha zum Gegenstand. Ob diese konkret benannten Flurstücke auf Dauer Gegenstand des Pachtverhältnisses sein sollen, ist zumindest nicht eindeutig geregelt. Hinzu kommt, dass diese Flächen ca. 45 km vom Betrieb der Klägerin entfernt liegen, auch wenn nach der Auskunft des Vertreters des AELF bei einem Marktfruchtbau eine Bewirtschaftung grundsätzlich machbar ist. Von diesen Flächen stehen zudem nach den Unterlagen des AELF nur 12,56 ha im Eigentum des Verpächters 2* … 17,29 ha hat der Verpächter 2* … selbst angepachtet, was die Zuordnung der Flächen zum Betrieb der Klägerin für längere Zeit zusätzlich als nicht gesichert erscheinen lässt. Die vorgelegten Verträge sind zudem nach Auskunft des AELF in der Landwirtschaftsverwaltung unüblich, beispielsweise dahingehend, dass der Pachtzins jährlich neu festgelegt wird (§ 5 Nr. 1 der vorgelegten Pachtverträge). Einen marktüblichen Preis gibt es nach Auskunft des Vertreters in der mündlichen Verhandlung nicht. Eine Regelung für den Fall, dass sich die Parteien nicht auf den Pachtpreis einigen, enthalten die Verträge auch nicht. Auch die fehlende Regelung über den Pachtpreis während der Vertragslaufzeit begründet daher Zweifel dahingehend, dass die Pachtverhältnisse über die Flächen, für die für den Zeitpunkt des Pachtantrittes eine Antrittsprotokoll verfasst wurde, dem Betrieb tatsächlich über längere Zeit zur Verfügung stehen. Die Pachtverträge, die bereits im Jahr 2014 abgeschlossen wurden, wurden bisher auch der Kreisverwaltungsbehörde gegenüber nicht angezeigt. § 2 des Landpachtverkehrsgesetzes sieht insoweit vor, dass dies innerhalb eines Monats nach Vertragsabschluss zu geschehen hat. Bei Gesamtwürdigung der vorgenannten Umstände und des Verhältnisses der Eigentumsflächen (ca. 32 ha) zu den Pachtflächen (ca. 70 ha) ergibt sich, dass nicht hinreichend gesichert erscheint, dass der erweiterte Betrieb tatsächlich ein Mastbetrieb ist, der auf Dauer und nachhaltig die Tierhaltung überwiegend auf eigener Futtergrundlage betreibt. Es handelt sich daher nicht um einen landwirtschaftlichen Betrieb, dessen Erweiterungsvorhaben nach der gesetzgeberischen Grundentscheidung des § 35 BauGB bevorzugt dem Außenbereich zugewiesen ist.
b) Das Vorhaben fällt auch nicht unter § 35 Abs. 1 Nr. 4 Alt. 2 BauGB. Danach sind Vorhaben, die wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung nur im Außenbereich ausgeführt werden sollen, baurechtlich privilegiert zulässig. Dies kommt zwar für Hähnchenmastställe aufgrund der damit verbundenen Emissionen grundsätzlich in Betracht. Die Privilegierung gilt nach der Einschränkung der Vorschrift in der seit 20.9.2013 geltenden Gesetzesfassung aber nicht für die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB nicht unterfällt, und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVPG unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind. Der geplante Stall für 39.500 Masthähnchen unterfällt bereits für sich der Pflicht einer standortbezogenen UVP-Vorprüfung nach § 3 b Abs. 1 UVPG i.V.m. Nr. 7.3.3 der Anlage 1 zum UVPG, so dass es auf eine Zusammenrechnung mit dem bereits bestehenden Stall nicht ankommt.
Der Klägerin kann sich auch nicht auf die Überleitungsvorschrift des § 245 Abs. 4 BauGB berufen, wonach für Zulassungsanträge über Anlagen zur Tierhaltung, die dem § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB unterfallen, § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB in der bis zum 20.9.2013 geltenden Fassung anzuwenden ist, soweit bei der zuständigen Behörde vor Ablauf des 4.7.2012 ein Antrag eingegangen ist. Die Klägerin hat hier den Genehmigungsantrag erst nach diesem Stichtag mit Schreiben vom 26.11.2012 gestellt.
2. Das Vorhaben kann auch nicht als sonstiges Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB zugelassen werden, da es öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB beeinträchtigt. Dabei handelt es sich eine Rechtsfrage, bei der der Behörde kein Beurteilungs- oder Ermessensspielraum zukommt, so dass es nicht darauf ankommt, ob die Behörde die entsprechenden Belange bislang geprüft hat, wie die Klägerin rügt.
Dem Vorhaben steht als öffentlicher Belang nach § 35 Abs. 3 Nr. 1 BauGB entgegen, dass der Flächennutzungsplan für den Bereich des Vorhabens eine Fläche für die Landwirtschaft festsetzt. Soweit die Klägerin insoweit einwendet, nur unter besonderen Voraussetzungen sei eine konkrete standortbezogene Aussage mit dem Gewicht eines öffentlichen Belangs anzunehmen, so greift dies nicht durch. Eine solchermaßen gesteigerte Anforderung an die Darstellung im Flächennutzungsplan wäre nur dann erforderlich, wenn es um ein privilegiertes Vorhaben im Sinne von § 35 Abs. 1 BauGB ginge (vgl. BayVGH, B.v. 16.04.2015 – 15 ZB 13.2647- juris; OVG Münster, B.v. 17.3.2016 – 2 A 1170/15 – juris). Wie ausgeführt handelt es sich hier jedoch nicht um ein privilegiertes Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB, sondern um ein sog. sonstiges Vorhaben i.S.d. § 35 Abs. 2 BauGB. Einem solchen sonstigen Vorhaben im Außenbereich i. S. v. § 35 Abs. 2 BauGB kann die Darstellung einer Fläche für die Landwirtschaft im Flächennutzungsplans grundsätzlich ohne besondere Einschränkungen entgegen gehalten werden.
Dem Vorhaben im Außenbereich steht darüber hinaus entgegen, dass es die Erweiterung einer Splittersiedlung im Sinne des § 35 Abs. 3 Nr. 7 BauGB befürchten lässt. Diese Frage hängt grundsätzlich nicht von der Nutzung der Anlage ab, insbesondere ist der Begriff der „Siedlung“ nicht auf zum Wohnen bestimmte Räumlichkeiten beschränkt. Er erfasst auch gewerbliche Anlagen (vgl. Jäde in Jäde/Dirnberger/Weiß, Bausetzbuch, 7. Aufl., Rn. 227 zu § 35 BauGB). Durch die Errichtung des Stalles würde die vorhandene Bebauung in den Außenbereich hinein ausgedehnt und damit die Splitterbebauung erweitert.
Nachdem das Vorhaben in baurechtlicher Hinsicht nicht genehmigungsfähig ist, war die Klage sowohl im Hauptantrag als auch im Hilfsantrag abzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Nachdem der Beigeladene keinen Antrag gestellt hat, waren ihm weder Kosten aufzuerlegen (§ 154 Abs. 2 VwGO) noch entsprach es der Billigkeit, seine außergerichtlichen Kosten für erstattungsfähig zu erklären (§ 162 Abs. 3 VwGO).
Die Entscheidung bezüglich der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
Gründe für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht liegen nicht vor (§ 124a Abs. 1 VwGO).