Verwaltungsrecht

Aberkennung der Fahrberechtigung

Aktenzeichen  11 CS 16.338

Datum:
7.4.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
NJW – 2016, 1836
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
StVG StVG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 1
StVG StVG § 4 Abs. 6 S. 3 Nr. 1
StVG StVG § 65 Abs. 3 Nr. 4 S. 3
VwGO VwGO § 80 Abs. 5

 

Leitsatz

1. Eine Maßnahme nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem ist nicht vorgesehen, wenn der Fahrerlaubnisinhaber durch die Rechtsänderung am 1. Mai 2014 in eine Stufe des neuen Fahreignungs-Bewertungssystems eingeordnet wurde und dann wegen einer weiteren Verkehrszuwiderhandlung ein weiterer Punkt eingetragen wird, der aber nicht zum Erreichen einer höheren Stufe führt. (amtlicher Leitsatz)

Tenor

I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 6.250,- Euro festgesetzt.
IV.
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Rechtsanwaltsbeiordnung für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe

II.
Die zulässige Beschwerde, bei deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die form- und fristgerecht vorgetragenen Gründe beschränkt ist, hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klage voraussichtlich keinen Erfolg haben wird.
Nicht durchdringen kann der Antragsteller mit seinem Einwand, die Fahrerlaubnisbehörde hätte ihn bei Erreichen von fünf Punkten durch die Ordnungswidrigkeit vom 17. Februar 2014 zunächst gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) in der ab 1. Mai 2014 geltenden Fassung (BGBl I S. 3313), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Juni 2015 (BGBl I S. 904), schriftlich ermahnen müssen, weshalb sein Punktestand gemäß § 4 Abs. 6 Satz 3 Nr. 1 StVG auf fünf Punkte zu reduzieren sei. Nach § 65 Abs. 3 Nr. 4 Satz 3 StVG führt die Einordnung nach § 65 Abs. 3 Nr. 4 Satz 1 StVG (Umrechnung des früheren Punktestands vor dem 1.5.2014 in Punkte nach dem neuen System und Einordnung in die entsprechende Stufe nach § 4 Abs. 5 StVG) allein nicht zu einer Maßnahme nach dem Fahreignungs-Bewertungssystem. Die vor dem 1. Mai 2014 eingetragenen und mit neun Punkten bewerteten Ordnungswidrigkeiten des Antragstellers ergaben durch Umrechnung gemäß der Tabelle in § 65 Abs. 3 Nr. 4 Satz 1 StVG vier Punkte nach dem neuen System. Hierdurch hatte der Antragsteller die erste Stufe nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 StVG in der ab 1. Mai 2014 geltenden Fassung erreicht. Diese Stufe umfasst den Punktestand von vier oder fünf Punkten nach dem neuen System. Hat ein Fahrerlaubnisinhaber diese Stufe mit vier oder fünf Punkten erreicht, dann verbleibt er in dieser Stufe, bis entweder neue Punkte hinzukommen und damit die zweite Stufe mit sechs oder sieben Punkten erreicht wird oder der Punktestand durch Tilgung auf weniger als vier reduziert wird. Weitere Maßnahmen werden durch eine Änderung des Punktestands innerhalb einer Stufe nicht ausgelöst. Selbst wenn sich der Punktestand durch Tilgung innerhalb einer Stufe reduziert und dann durch erneute Eintragungen wieder ansteigt, muss keine erneute Maßnahme ergriffen werden. Dies gilt auch dann, wenn die Stufe schon unter der alten Rechtslage erreicht wurde und nur die Umrechnung des Punktestands zur Einordnung in die Stufe nach der neuen Rechtslage führte. Denn es ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen ein solcher Fahrerlaubnisinhaber im Gegensatz zu den Verkehrsteilnehmern, die die Maßnahmenstufen vollständig vor oder nach der Rechtsänderung durchlaufen, ein drittes Mal auf sein Fehlverhalten hingewiesen werden müsste, um eine Verhaltensänderung hervorzurufen. Es erschiene auch nicht gerechtfertigt, den Betreffenden mit den Kosten für eine solche zusätzliche Maßnahme zu belasten.
Die Fahrerlaubnisbehörde hatte den Antragsteller auch am 13. Januar 2014 gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 StVG a. F. ordnungsgemäß wegen Erreichens von neun Punkten nach dem damaligen Punktesystem verwarnt (1. Stufe) und am 5. November 2014 nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 StVG n. F. bei Erreichen von sechs Punkten nach dem neuen System nochmals verwarnt (2. Stufe). Damit hat die Fahrerlaubnisbehörde bei Erreichen des jeweiligen Punktestands die nach dem entsprechenden Stufensystem zu diesem Zeitpunkt erforderlichen Maßnahmen ergriffen und den Antragsteller in der gebotenen Weise zwei Mal verwarnt. Einer weiteren Maßnahme in Form einer Ermahnung nach neuem Recht bedurfte es nicht (vgl. auch BayVGH, B. v. 18.1.2016 – 11 CS 15.2598 – juris Rn. 10; B. v. 10.6.2015 – 11 CS 15.814 – juris Rn. 9; B. v 7.1.2015 – 11 CS 14.2653 – juris Rn. 9, B. v. 4.5.2015 – 11 C 15.692 – juris Rn. 7 u. B. v. 8.6.2015 – 11 CS 15.718 – juris Rn. 15). Vielmehr hat der Antragsteller das Stufensystem ordnungsgemäß durchlaufen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47, § 52 Abs. 1 i. V. m. § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG und den Empfehlungen in Nrn. 1.5, 46.3 und 46.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, Anh. § 164 Rn. 14).
Für das Beschwerdeverfahren kann keine Prozesskostenhilfe gewährt und kein Rechtsanwalt beigeordnet werden, da die Beschwerde keine hinreichenden Erfolgsaussichten hat (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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