Aktenzeichen M 16 K 15.4037
Leitsatz
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden als Grundlage einer Gewerbeuntersagung ist wegen der Möglichkeit der Wiedergestattung des Gewerbes gemäß § 35 Abs. 6 GewO der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (Anschluss an BVerwG BeckRS 1995, 31220646); nachträgliche Veränderungen der Sachlage, insbesondere eine Minderung von Verbindlichkeiten, bleiben außer Betracht (Anschluss an VGH München BeckRS 2012, 59081 Rn. 15; vgl. für den Fall von Sanierungsbemühungen zum Erfordernis eines tragfähigen Sanierungskonzepts auch VGH München BeckRS 2016, 52322). (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 31. März 2016 entschieden werden, obwohl der Kläger hierzu nicht erschienen ist. Der Kläger wurde ordnungsgemäß geladen. In der Ladung wurde darauf hingewiesen, dass auch im Fall des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 13. August 2015 ist rechtmäßig. Rechte des Klägers werden deshalb nicht verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Bescheides, der das Gericht folgt, wird Bezug genommen (§ 117 Abs. 5 VwGO).
Lediglich ergänzend bleibt auszuführen, dass der Beklagte zu Recht von der Unzuverlässigkeit des Klägers i. S. d. § 35 Abs. 1 Satz 1 Gewerbeordnung (GewO) ausgegangen ist. Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Gewerbetreibender dann gewerberechtlich unzuverlässig, wenn er nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß ausüben wird. Die Unzuverlässigkeit kann sich insbesondere aus mangelnder wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, dem Vorliegen von Steuerschulden, der Verletzung von steuerlichen Erklärungspflichten, dem Vorhandensein von Beitragsrückständen bei Sozialversicherungsträgern oder aus Straftaten und Ordnungswidrigkeiten ergeben (BVerwG, U.v. 2.2.1982 – 1 C 146/80 – juris; BVerwG, B.v. 19.1.1994 – 1 B 5/94 – juris; BVerwG, B.v. 11.11.1996 – 1 B 226/96 – juris; BVerwG, B.v. 5.3.1997 – 1 B 56/97 – juris; BVerwG, B.v. 16.2.1998 – 1 B 26/98 – juris).
Für die erforderliche Prognose zur Feststellung der Unzuverlässigkeit ist aus den bereits vorhandenen tatsächlichen Umständen auf ein wahrscheinliches zukünftiges Verhalten des Gewerbetreibenden zu schließen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Zuverlässigkeit ist wegen der Möglichkeit der Wiedergestattung des Gewerbes gemäß § 35 Abs. 6 GewO der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (BVerwG, U.v. 2.2.1982 – 1 C 17/79 – juris; BVerwG, B.v. 16.6.1995 – 1 B 83/95 – juris). Nachträgliche Veränderungen der Sachlage, insbesondere eine Minderung von Verbindlichkeiten, bleiben daher außer Betracht (BayVGH, B.v. 23.10.2012 – 22 ZB 12. 888 – juris Rn. 15 m. w. N.).
Nach diesen Maßstäben ist die angefochtene Gewerbeuntersagung zu Recht ergangen. Die negative Prognose des Beklagten rechtfertigt sich im Hinblick auf die im Zeitpunkt des Bescheidserlasses vorliegenden Rückstände beim Finanzamt und der Gemeinde … sowie den vorliegenden Eintragungen im Vollstreckungsportal.
Die Klage war deshalb mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 15.000,– festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG – i. V. m. Nr. 54.2 des Streitwertkatalogs 2013).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,– übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.