Aktenzeichen M 25 K 15.31609
Leitsatz
1. Es kann dahin gestellt bleiben, ob im Osten der Demokratischen Republik Kongo ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt herrscht, da sich dieser nicht auf den Westen und die Hauptstadt Kinshasa erstreckt. (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die wirtschaftliche Situation in der Demokratischen Republik Kongo ist weiterhin angespannt. Die Versorgung mit Lebensmitteln ist für die Bevölkerung in Kinshasa und in den übrigen Landesteilen zwar schwierig und teuer, es herrscht jedoch noch keine akute Unterversorgung, die ein nationales Abschiebungsverbot begründen könnte. (Rn. 41, 42 und 52) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Über den Rechtsstreit konnte auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 22. März 2016 entschieden werden, obwohl die Beklagte nicht erschienen ist. Denn in der Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde darauf hingewiesen, dass auch im Fall des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden könne (§ 102 Abs. 2 VwGO). Die Beklagte ist form- und fristgerecht geladen worden.
Die Klage ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg. Der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamtes ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 und 5 VwGO).
Die Klägerin hat im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG oder auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG oder die Feststellung nationaler Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5, 7 AufenthG. Auch die vom Bundesamt nach Maßgabe des § 34 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG erlassene Abschiebungsandrohung ist nicht zu beanstanden.
1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG.
Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (GK), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe – zur Definition dieser Begriffe vgl. § 3b Abs. 1 AsylG – außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, (a) dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder (b) in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG gelten zunächst Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG), ferner Handlungen, die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylG). § 3a Abs. 2 AsylG nennt als mögliche Verfolgungshandlungen beispielhaft u.a. die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, sowie gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden. Dabei muss gemäß § 3a Abs. 3 AsylG zwischen den Verfolgungsgründen im Sinne von §§ 3 Abs. 1 und 3b AsylG und der Verfolgungshandlung bzw. den Verfolgungshandlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen.
Die Furcht vor Verfolgung ist begründet, wenn dem Ausländer die genannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich, d.h. mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen (BVerwG U. v. 20.2.2013 – 10 C 23.12, NVwZ 2013, 936).
Nach § 3c AsylG kann die Verfolgung ausgehen von (1.) dem Staat, (2.) Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder (3.) von nicht staatlichen Akteuren, sofern die in den Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
Ausgehend von diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht vor.
Das Vorbringen der Klägerin hinsichtlich der geltend gemachten Verfolgungsgefahr ist nicht glaubhaft.
Das Gericht muss sowohl von der Wahrheit – und nicht nur von der Wahrscheinlichkeit – des vom Asylsuchenden behaupteten individuellen Schicksals als auch von der Richtigkeit der Prognose drohender politischer Verfolgung bzw. Gefährdung die volle Überzeugung gewinnen. Auf die Glaubhaftigkeit seiner Schilderung und Glaubwürdigkeit seiner Person kommt es entscheidend an. Seinem persönlichen Vorbringen und dessen Würdigung ist daher gesteigerte Bedeutung beizumessen. Der Asylbewerber muss die persönlichen Umstände seiner Verfolgung und Furcht vor einer Rückkehr hinreichend substantiiert, detailliert und widerspruchsfrei vortragen, er muss kohärente und plausible wirklichkeitsnahe Angaben machen (vgl. nunmehr auch Art. 4 Richtlinie 2011/95 EU sowie bereits bislang BVerfG (Kammer), B.v. 7.4.1998 – 2 BvR 253/96 – juris). Auch unter Berücksichtigung des Herkommens, Bildungsstands und Alters muss der Asylbewerber im Wesentlichen gleichbleibende möglichst detaillierte und konkrete Angaben zu seinem behaupteten Verfolgungsschicksal machen.
Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben.
Das Vorbringen der Klägerin hinsichtlich einer bevorstehenden Bedrohung durch kongolesische Sicherheitskräfte ist nicht glaubhaft.
Das Vorbringen diesbezüglich ist völlig widersprüchlich.
Zur Begründung bezieht sich das Gericht zunächst auf die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid und macht sich diese zu Eigen. Den Eindruck, den die Klägerin vor dem Bundesamt hinterlassen hat, konnte sie in der mündlichen Verhandlung nicht entkräften, vielmehr steigerte sie ihr Vorbringen vor dem Verwaltungsgereicht im Vergleich zu ihren Aussagen vor dem Bundesamt und hinterließ auf diese Weise einen völlig unglaubwürdigen Eindruck. Neben die Lücken in Bezug auf geographisches Wissen der Provinz im Ostkongo traten Schilderungen vom angeblichen Ablauf der Vergewaltigung, die in Bezug auf ihre früheren Aussagen von dem Bundesamt gesteigert sind. Die Klägerin hatte nunmehr vorgetragen, sie sei mit ihren Eltern auf dem Weg nach … gewesen, als plötzlich viele Männer gekommen seien. Sie dachte, sie seien auf der Suche nach ihrem Bruder gewesen. Ihr Vater habe sich dann dagegen gewehrt, dass sie ihren Bruder mitnehmen, sie hätten dann ihren Bruder vor den Augen ihres Vaters erschossen und sie vergewaltigt. Sie habe gesehen, wie ihr Bruder erschossen worden sei, habe aber bald darauf das Bewusstsein verloren. Das Gericht hielt ihr ihre Aussage vor dem Bundesamt entgegen, dem zufolge sie einen Bruder gehabt hätte, der aber schon 2010 verstorben sei. Den Widerspruch kann die Klägerin nicht ausräumen.
Aufgrund dessen geht das Gericht in freier Beweiswürdigung davon aus, dass die Klägerin keinesfalls über einen nennenswerten Zeitraum im Osten der Demokratischen Republik Kongo gelebt hat. Wahrscheinlich ist sie nie dort gewesen. Darauf deuten jedenfalls ihre Aussagen hin, sie sei mit ihrem Fluchthelfer innerhalb von nur zwei Tagen mit dem LKW von … nach … gefahren, was schlicht nicht möglich ist. Allein dies beweist, dass die Klägerin über die geographischen Verhältnisse in der Demokratischen Kongo und insb. die Entfernungen und die Besonderheiten im Osten der Republik nicht im Geringsten im Bilde ist. Dem zufolge geht das Gericht davon aus, dass die Klägerin auch nicht vergewaltigt worden ist, wie sie dies (im Übrigen teilnahmslos und stereotyp) behauptet hat. Darauf deutet auch ihr gesteigertes Vorbringen hinsichtlich ihres angeblich erschossenen Bruders hin. Es ist davon auszugehen, dass sich die Klägerin an die als „Massenvergewaltigung von Luvungi“ bekannt gewordenen Verbrechen von 2010 anhängt; eine tatsächliche Betroffenheit kann ihr aber aus obigen Erwägungen nicht geglaubt werden. Im Übrigen würde der Klägerin jedenfalls keine gruppenspezifische Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskommission drohen.
2. Demzufolge hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte nach Art.16 Abs. 1 GG.
3. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die hilfsweise begehrte Zuerkennung von subsidiärem Abschiebungsschutz nach § 4 AsylG (§ 60 Abs. 2, 3, 7 Satz 2 AufenthG a.F.).
Solcher ist einem Ausländer zuzuerkennen, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
1.Die Verhängung der Todesstrafe,
2.Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 AsylG). Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend (§ 4 Abs. 3 AsylG).
a) Die Voraussetzungen für die Gewährung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG liegen nicht vor. Der Klägerin droht nicht die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe.
b) Der Klägerin droht kein ernsthafter Schaden i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG. Wann eine „unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung“ vorliegt, hängt vom Einzelfall ab. Eine Schlechtbehandlung einschließlich Bestrafung muss jedenfalls ein Minimum an Schwere erreichen, um in den mit § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG insoweit identischen Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu fallen.
Abstrakt formuliert sind unter einer menschenrechtswidrigen Schlechtbehandlung Maßnahmen zu verstehen, mit denen unter Missachtung der Menschenwürde absichtlich schwere psychische oder physische Leiden zugefügt werden und mit denen nach Art und Ausmaß besonders schwer und krass gegen Menschenrechte verstoßen wird (vgl. Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl. 2013, § 60 AufenthG Rn. 35 zur Vorgängerregelung des § 60 Abs. 2 AufenthG a.F). Dies gilt gemäß §§ 4 Abs. 3 i.V.m. 3c, 3d AsylG. auch dann, wenn die Gefahr von nichtstaatlichen Akteuren ausgeht und kein ausreichender staatlicher oder quasistaatlicher Schutz zur Verfügung steht. Es müssen konkrete Anhaltspunkte oder stichhaltige Gründe dafür glaubhaft gemacht werden, dass der Ausländer im Fall seiner Abschiebung einem echten Risiko oder einer ernsthaften Gefahr einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt wäre (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, Stand 1.11.2012, § 60 AufenthG Rn. 124 zur Vorgängerregelung des § 60 Abs. 2 AufenthG a.F).
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Das Vorbringen hinsichtlich einer bevorstehenden Verfolgung durch kongolesische Sicherheitskräfte ist nicht glaubhaft (s.o.).
c) Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob im Osten der Demokratischen Republik Kongo ein innerstaatlich bewaffneter Konflikt herrscht, da sich dieser nicht auf den Westen und die Hauptstadt Kinshasa erstreckt.
3. Der Abschiebung der Klägerin steht auch kein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG entgegen.
a) Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG liegt nicht vor. Eine Abschiebung ist gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG unzulässig, wenn sich dies aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ergibt. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen werden. Wann eine „unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung“ vorliegt, hängt vom Einzelfall ab. Eine Schlechtbehandlung einschließlich Bestrafung muss jedenfalls ein Minimum an Schwere erreichen, um in den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu fallen.
Abstrakt formuliert sind unter einer menschenrechtswidrigen Schlechtbehandlung Maßnahmen zu verstehen, mit denen unter Missachtung der Menschenwürde absichtlich schwere psychische oder physische Leiden zugefügt werden und mit denen nach Art und Ausmaß besonders schwer und krass gegen Menschenrechte verstoßen wird (Renner/Bergmann, Ausländerrecht, 10. Aufl. 2011, § 60 AufenthG Rn. 35 f.). Es müssen konkrete Anhaltspunkte oder stichhaltige Gründe dafür glaubhaft gemacht werden, dass der Ausländer im Fall seiner Abschiebung einem echten Risiko oder einer ernsthaften Gefahr einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt wäre.
Dabei sind lediglich zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse zu prüfen. Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 AufenthG kommt nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 13.6.2013 – 10 C 13/12, juris, Rn. 24) auch dann in Frage, wenn die umschriebenen Gefahren nicht durch den Staat oder eine staatsähnliche Organisation drohen oder dem Staat zuzurechnen sind.
Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Das Vorbringen bezüglich einer drohenden Verfolgung durch kongolesische Sicherheitskräfte ist nicht glaubhaft (s.o.).
Eine unmenschliche Behandlung droht der Klägerin auch nicht aufgrund der schwierigen Lebensbedingungen im Kongo. Unzureichende wirtschaftliche Verhältnisse im Herkunftsland können in Ausnahmefällen, in denen die schlechten humanitären Verhältnisse eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben des Asylbewerbers darstellen, ein Abschiebungsverbot in diesem Sinn begründen. In ganz außergewöhnlichen Fällen können auch (schlechte) humanitäre Verhältnisse Art. 3 EMRK verletzen, wenn die humanitären Gründe gegen die Ausweisung „zwingend sind“. Dies gilt in den Fällen, in denen die schlechten Bedingungen überwiegend auf die Armut oder die fehlenden staatlichen Mittel, um mit Naturereignissen umzugehen, zurückzuführen sind. Wenn jedoch die Aktionen von Konfliktparteien zum Zusammenbruch der sozialen, politischen und wirtschaftlichen Infrastruktur führen, ist zu berücksichtigen, ob es den Betroffenen gelingt, die elementaren Bedürfnisse, wie Nahrung, Hygiene und Unterkunft zu befriedigen (EGMR U.v. 28.6.2011 – 8319/07 – Sufi und Elmi/Vereinigtes Königreich – NVwZ 2012, 681 ff.; EGMR U.v. 27.5.2008 – 26565/05 – N/Vereinigtes Königreich; BVerwG U.v. 31.1.2013 – 10 C 15/12 – juris). Unter Berücksichtigung sämtlicher Gegebenheiten des Einzelfalls ist von einem sehr hohen Niveau der Gefährdung auszugehen (BayVGH, U.v. 21.10.2014 – 13 AB 14.30285 – juris).
Die wirtschaftliche Situation in der Demokratischen Republik Kongo ist weiterhin angespannt. Der überwiegende Teil der Bevölkerung lebt am Rande des Existenzminimums. Auch innerhalb der Großfamilie gelingt es nicht immer, Härten durch wechselseitige Unterstützung aufzufangen. Die Versorgung mit Lebensmitteln ist für die Bevölkerung in Kinshasa und in übrigen Landesteilen zwar schwierig und teuer, es herrscht jedoch noch keine akute Unterversorgung (Bericht des AA über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, Stand: August 2015, S. 24).
b) Der Abschiebung der Klägerin steht auch kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG entgegen.
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen.
aa) Individuelle nur der Klägerin drohende Gefahren liegen nicht vor.
Das Vorbringen hinsichtlich einer Bedrohung ist nicht glaubhaft (s.o.).
Die befürchtete Verschlimmerung einer Krankheit kann die Voraussetzung einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib oder Leben im Sinn des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG als Folge fehlender Behandlungsmöglichkeiten im Herkunftsland begründen, wenn eine Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität zu erwarten ist. Das wäre der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand der Klägerin wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlechtern würde (BVerwG, B.v. 24.5.2006 – 1 B 118/05 – NVwZ 2007, 3345). Nicht gravierende oder nicht hinreichend wahrscheinliche Gefahren sind dabei nicht ausreichend. Eine konkrete Gefahr liegt dann vor, wenn die Verschlechterung alsbald nach der Rückkehr ins Herkunftsland eintreten würde, weil der Ausländer auf die dort unzureichende Möglichkeit der Behandlung angewiesen wäre und anderswo wirksame Hilfe nicht in Anspruch nehmen könnte (vgl. hierzu auch BVerwG, U.v. 29.7.1999 – 9 C 2/99 – juris).
Auch aus den zahlreichen vorgelegten Arztbriefen und Attesten ergibt sich keine lebensgefährliche Erkrankung der Klägerin. Soweit im Fall der Klägerin eine posttraumatische Belastungsstörung attestiert wird, erschöpfen sich die Ausführungen in den Attesten (sowohl der fachärztlichen wie auch der psychologischen Atteste) entweder in bloßen Behauptungen oder sie stützen sich auf das oben widerlegte Vorbringen der Klägerin. Professionellen Standards genügt keines dieser Atteste. Das Gericht war daher nicht gehalten, im Wege der Amtsermittlung weitere Untersuchungen hinsichtlich des möglichen Vorliegens einer schweren posttraumatischen Belastungsstörung anzustellen. Eine mögliche Reiseunfähigkeit, die aber nach Ansicht des Gerichts ebenfalls in keiner Weise belegt wurde, wäre zudem nicht im asylrechtlichen Verfahren, sondern von der zuständigen Ausländerbehörde zu prüfen.
Unter Zugrundelegung der dem Gericht vorliegenden fachärztlichen und sonstigen Stellungnahmen ist das Gericht zur Überzeugung gelangt, dass bei der Klägerin eine posttraumatische Belastungsstörung nicht vorliegt.
Das Gericht ist jedoch überzeugt davon, dass die Klägerin an Depressionen leidet, nachdem sie in kurzer Zeit drei Fehlgeburten erlitten hat.
Das Gericht ist auch der Überzeugung, dass dies für das Selbstwertgefühl, aber auch die soziale Anerkennung in ihrem Kulturkreis eine schwere Beeinträchtigung bedeutet. Dies hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung auch hinsichtlich der Frauen in ihrer Asylbewerberunterkunft angedeutet. Ein nationales Abschiebungshindernis ist mit dieser Feststellung jedoch nicht verbunden.
bb) Die Klägerin kann ein Abschiebungsverbot in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht erreichen. Im Rahmen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG analog wurde bislang die Frage geprüft, ob bei Gefahren, die der Bevölkerung oder der Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein drohen und bei denen eine politische Leitentscheidung nach § 60 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG fehlt, ausnahmsweise Verfassungsrecht in Fällen einer extremen Gefahrenlage ein Abschiebungsverbot erforderlich macht. In diesem Zusammenhang wurde auch die schlechte wirtschaftliche Lage im Herkunftsland berücksichtigt. Nachdem diese Frage aufgrund der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits im Rahmen des § 60 Abs. 5 AufenthG geprüft wird und der Gefährdungsmaßstab dort weniger streng als im Rahmen des § 60 Abs. 7 Satz 1 analog AufenthG ist, liegt nach Verneinung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG auch kein Abschiebungsverbot gem. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG analog vor.
4. Die nach Maßgabe der § 34 Abs. 1, § 38 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG erlassene Abschiebungsandrohung in die Demokratische Republik Kongo ist in rechtlicher Hinsicht gleichfalls nicht zu beanstanden. Die Klägerin besitzt keinen Aufenthaltstitel und ist auch nicht als Asylberechtigte anerkannt. Gemäß § 59 Abs. 3 Satz 1 AufenthG steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten dem Erlass der Androhung nicht entgegen. Nach § 59 Abs. 3 Satz 2 AufenthG zu bezeichnende Staaten, in die eine Abschiebung nicht erfolgen darf, sind nicht ersichtlich. Die Ausreisefrist von dreißig Tagen ergibt sich unmittelbar aus § 38 Abs. 1 AsylG.
5. Die Klage war nach alledem mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung stützt sich auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.