Aktenzeichen AN 5 K 14.00831
VwGO VwGO § 42 Abs. 2
Leitsatz
Eine subjektiv-öffentliche Rechtsposition (§ 42 Abs. 2 VwGO) für ein Unterlassungsbegehren, mit dem letztlich in die Zwangsmittelauswahl der Polizei im Rahmen der rechtmäßigen und gesetzlich vorgesehenen Anwendung unmittelbaren Zwanges eingegriffen würde, ist offensichtlich nicht gegeben. (redaktioneller Leitsatz)
Gründe
Bayerisches Verwaltungsgericht Ansbach
AN 5 K 14.00831
Im Namen des Volkes
Urteil
vom 10. März 2016
5. Kammer
Sachgebiets-Nr.: 0510
Hauptpunkte: vorbeugende Unterlassungsklage; Einsatz von Reizstoffen durch die Polizei
Rechtsquellen:
In der Verwaltungsstreitsache
…,
– Kläger –
bevollmächtigt: …
gegen
…,
vertreten durch Bayerisches Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr, …
– Beklagter –
wegen Polizeirechts
erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach, 5. Kammer, durch … und durch die ehrenamtliche Richterin …, den ehrenamtlichen Richter … aufgrund mündlicher Verhandlung vom 10. März 2016 am 10. März 2016 folgendes Urteil:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand:
Der anwaltlich vertretene Kläger ist seinen Angaben nach Vorstand des Vereins … e.V.. Dieser Verein versteht sich nach seiner Satzung als Rechtshilfeorganisation für Anhänger des Fußballvereins …
Anlässlich einer Bundesligabegegnung am 21. April 2012 zwischen den Vereinen … und … begab sich der Kläger entsprechend seiner Schilderung „zwischen die Fronten“ einer Auseinandersetzung zwischen erheblich aufgebrachten Anhängern des … und der Polizei, um deeskalierend einzugreifen. Die Gruppe der Anhänger des … habe lautstark in Richtung der Polizeibeamten geschrien, die ihrerseits versucht hätten, die Gruppe zurückzudrängen. Dem Kläger sei es gelungen, die Lage zu beruhigen, bis plötzlich ein Polizeibeamter die Kontrolle über sich selbst verloren und ohne rechtfertigenden Grund mit dem Schlagstock auf den Kläger eingeschlagen habe, ihn mit der Faust ins Gesicht geschlagen habe und ihm, als er bereits zu Boden gestürzt gewesen sei, von der Seite mit dem Reizstoffsprühgerät in das Gesicht gesprüht habe. Der Kläger habe dadurch erhebliche Verletzungen und Schmerzen an seinen Augen und im Atmungssystem erlitten. Für den Kläger bestehe jederzeit erneut die Gefahr, dass er durch den Einsatz eines Reizstoffsprühgeräts verletzt werde.
Mit am 12. Mai 2014 beim Verwaltungsgericht eingegangenem anwaltlichen Schriftsatz ließ der Kläger Klage erheben mit dem Antrag:
„Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im Rahmen von Einsätzen seiner Polizeikräfte bei Versammlungen, insbesondere bei Fußballspielen, chemische und ökologische Kampfstoffe mit Inhaltsstoffen wie o-Chlorbenzinylidenmalonsäuredinitril, omega-Chlorace-tophenon, Oleoresin Capsicum sowie sonstige unter die Konvention über das Verbot der Entwicklung, Herstellung und Lagerung bakteriologischer (biologischer) Waffen und Toxinwaffen sowie über die Vernichtung solcher Waffen verbotene Kampfmittel gegen Menschen einzusetzen.“
Zur Begründung wird u. a. ausgeführt: Die durch die Polizeibeamten in Bayern eingesetzten chemischen bzw. biologischen Kampfstoffe seien durch das am 10. April 1972 in London, Washington und Moskau unterzeichnete Übereinkommen über das Verbot der Entwicklung, Herstellung und Lagerung bakteriologischer (biologischer) Waffen und von Toxinwaffen sowie über die Vernichtung solcher Waffen, dem sich die Bundesrepublik Deutschland am 7. April 1983 angeschlossen habe, verboten. Dennoch setze der Beklagte die Kampfstoffe durch seine Polizeibeamten regelmäßig und im großen Umfang gegen Menschen ein, auffallend oft im Rahmen von Fußballbegegnungen. Es sei eine Vielzahl von Fällen unkalkulierbarer Schädigungen und Spätfolgen, sogar Todesfälle bekannt (Verweis auf eine Meldung in …-Online vom 26.12.2009). Bereits im Jahr 2000 sei ein Bericht für die Technikfolgenabschätzung des Europäischen Parlaments in mehreren EU-Staaten zum Anlass genommen worden, ein Verwendungsverbot für Reizstoffe zu erlassen. Reizstoffe könnten bei Versammlungen nicht so eingesetzt werden, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibe. Gegenüber Demonstranten bzw. Fußballanhängern sei es den Polizeibeamten nicht möglich, im Einsatzgeschehen gesundheitliche Vorbelastungen sowie den Einfluss von Medikamenten oder Drogen einzuschätzen. Die von Reizstoffen verursachten Panik-, Angst- und Gegenwehrreaktionen würden nicht zu einer besseren Kontrolle der Einsatzsituation führen, sondern sie würden das Risiko der Eskalation erhöhen. Daher sei grundsätzlich gesetzgeberisches Handeln geboten. Der Einsatz von Pfefferspray als Hilfsmittel körperlicher Gewalt bei Polizeikräften und zur Ausübung unmittelbaren Zwangs müsse in Deutschland verboten werden. Der Kläger sei aufgrund des Vorfalles vom 21. April 2012 psychisch derart schwer geschädigt, dass seine Sehkraft stark abgebaut habe und er nunmehr eine Lesebrille benötige, für die vor dem Vorfall noch kein Bedarf bestanden habe. Die psychischen Nachwirkungen würden dazu führen, dass der Kläger sich seit 2013 im Krankenstand befinde. Dem Kläger bleibe keine andere Möglichkeit, sich gegen die Gefahr der Wiederholung zu schützen, als die vorliegende Klage.
Der Beklagte beantragte mit Schriftsatz des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr (im Folgenden: Innenministerium) vom 30. Juli 2014,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wird u. a. ausgeführt: Der Sachvortrag des Klägers zu den Vorkommnissen am 21. April 2014 treffe zu. Allerdings seien in einem ärztlichen Attest des Hausarztes des Klägers aufgrund der Untersuchung vom 23. April 2012 Verletzungen im Bereich der rechten Schulter, im Kieferbereich und im Bereich des rechten Knies des Klägers festgestellt worden. Die Staatsanwaltschaft habe im Nachgang zu dem Polizeieinsatz vom 21. April 2012 gegen drei Beamte wegen gefährlicher Körperverletzung im Amt ermittelt, wobei der Einsatz des Einsatzmehrzwecksstocks (EMS) und des Pfeffersprays gegen den Kläger allein durch einen bestimmten Beamten erfolgt sei, die Maßnahmen der beiden anderen Beamten hätten sich gegen Dritte gerichtet. Der Beamte, der eines rechtswidrigen Pfefferspray- und EMS-Einsatzes gegen den Kläger beschuldigt worden sei, sei mit Urteil des Amtsgerichts … vom 6. November 2013 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwölf Monaten mit Bewährung wegen Körperverletzung im Amt, in einem Fall in Tateinheit mit zwei Fällen der gefährlichen Körperverletzung im Amt (mittels eines gefährlichen Werkzeugs und aufgrund gemeinschaftlicher Tatbegehung), verurteilt worden. Die hiergegen eingelegte Berufung sei hinsichtlich des Strafmaßes ohne Erfolg geblieben. Das Urteil sei noch nicht rechtskräftig. Für die Polizeien der Länder und des Bundes habe das Polizeitechnische Institut (PTI) der Deutschen Hochschule der Polizei im Jahr 2008 interne Handhabungshinweise erstellt, die bestimmte Verhaltensregelungen zur Nachversorgung beinhalten würden. Diese Handhabungshinweise sowie die Notwendigkeit und der Inhalt einer Nachversorgung würden allen bayerischen Polizeibeamten in der Aus- und Fortbildung vermittelt und in der Praxis umgesetzt. Die mit dem Antrag verfolgte (vorbeugende) Unterlassungsklage sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses des Klägers bereits unzulässig, im Übrigen sei sie auch unbegründet. Die unter den einschlägigen gesetzlichen Voraussetzungen erfolgende Verwendung von Pfefferspray sei als grundsätzlich zulässiges Zwangsmittel zu bewerten. Ein Bedarf für gesetzliche Änderungen, die der Kläger im Rahmen der Unterlassungsklage im Übrigen gar nicht beanspruchen könne, bestehe nicht. Pfefferspray werde von den sehr verantwortungsvoll dienstleistenden Polizeibeamten als ultima ratio eingesetzt. Bei geschlossenen Einheiten bedürfe es, abgesehen von Eilfällen, insbesondere Fällen der Notwehr, beim geschlossenen Einsatz des Pfeffersprays zusätzlich noch einer Freigabe dieses Einsatzmittels durch den Polizeiführer, was im Übrigen auch für den EMS-Einsatz gelte. Es werde ausdrücklich bedauert, dass der Kläger, soweit es bei den Feststellungen des Landgerichts … bleibe, im konkreten Fall Opfer eines rechtswidrigen Einsatzes geworden sei, es werde aber auch darauf hingewiesen, dass die bayerischen Polizeibeamten insgesamt im Bewusstsein der Tragweite ihrer Entscheidungen ihren Dienst professionell versehen würden. Der polizeiliche Einsatz von Pfefferspray widerspreche auch nicht den für die Bundesrepublik Deutschland geltenden internationalen Übereinkommen bzw. den zu deren Durchsetzung ergangenen nationalen Gesetzen.
In weiteren Schriftsätzen ließ der Kläger vortragen, dass zur ergänzenden Klagebegründung gebeten werde, den dem Einsatz am 21. April 2012 zugrundeliegenden Einsatzbefehl aktenkundig zu machen. Dies könne der Beklagten aufgegeben werden, gerade auch im Hinblick auf ihren Vortrag zur Zulässigkeit der Klage. Zur Frage der Beurteilung der konkreten Wiederholungsgefahr komme es ganz maßgeblich auf den Einsatzbefehl an. Dieser enthalte taktische Überlegungen, Vorgaben für Einsatzkräfte, die Leitlinien des Polizeiführers, welcher nach Angaben des Beklagten über die Anwendung unmittelbaren Zwangs, insbesondere den Einsatz von Reizstoffen entscheide, sowie Einsatzplanung und Aussagen zur Ausrüstung der Einsatzkräfte. Die Informationen seien notwendig, um die Wiederholungsgefahr tatsächlich prüfen zu können. Auch hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit, inwieweit Dritte, die sich rechtmäßig verhalten, von einer polizeilichen Maßnahme betroffen sein könnten, sei die Vorlage des Einsatzplans erforderlich. Aus den im Einsatzbefehl enthaltenen konkreten Informationen ließen sich Rückschlüsse gewinnen, wie die angeführten Rahmenbedingungen zum Einsatz von Pfefferspray konkret umgesetzt seien. Dasselbe gelte hinsichtlich des Einsatzverlaufsberichts, der ebenfalls geeignet sei, zu den dargestellten Fragen Antworten zu liefern. Die Verweigerung der Vorlage des Einsatzbefehls aus einsatztaktischen Gründen sei unverständlich. Es sei nicht ersichtlich, warum die Offenlegung der beschriebenen Informationen, ausgenommen Kennwörter für Zivilkräfte, in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren den Erfolg weiterer Polizeieinsätze gefährden sollten. Die Vorlage des Einsatzbefehls habe daher zu erfolgen.
Der Beklagte trug hierzu im Wesentlichen vor, dass die Vorlage des Einsatzbefehls nicht erforderlich sei. Die Klage sei bereits unzulässig. Der Inhalt des Einsatzbefehls sei vor diesem Hintergrund nicht entscheidungserheblich. Ein berechtigtes Interesse des Klägers an der Akteneinsicht in den Einsatzbefehl sei nicht ersichtlich. Dieser enthalte keinerlei Inhalte, die das klägerische Begehren in irgendeiner Form stützen könnten. Die einzigen Ausführungen, die der Einsatzbefehl diesbezüglich enthalte seien folgende: „Die Anwendung unmittelbaren Zwanges, insbesondere der Einsatz von Reizstoffen, erfolgt, außer in den Fällen der Notwehr oder Nothilfe, grundsätzlich auf Weisung des PF. (…) Bei der Anordnung sind die Auswirkungen der UZ-Anwendung auf den Verlauf des Gesamteinsatzes und das taktische Ziel (gebührend) zu beachten.“ Die Vorlage des Einsatzbefehls werde aus einsatztaktischen Erwägungen abgelehnt. Sie enthielten sensible innerpolizeiliche Regelungen, wie beispielsweise taktische Überlegungen, Vorgaben für Einsatzkräfte, die Leitlinien des Polizeiführers und weitere geheimhaltungsbedürftige Informationen, wie z. B. die Einsatzplanung, Aussagen zur Ausrüstung der Einsatzkräfte, Kennwörter für Zivilkräfte und Funkrufnamen mit zugehörigen Funkkanälen. Durch Verbreitung dieser Inhalte werde der Erfolg zukünftiger Einsätze gefährdet.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten, einschließlich der Sitzungsniederschrift, sowie auf die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unzulässig.
Mit der Klage begehrt der Kläger, den Beklagten zu verpflichten, es zu unterlassen, im Rahmen von Einsätzen seiner Polizeikräfte bei Versammlungen, insbesondere bei Fußballspielen, chemische und ökologische Kampfstoffe mit Inhaltsstoffen wie o-Chlorbenzinylidenmalonsäure-dinitril, omega-Chloracetophenon, Oleoresin Capsicum sowie sonstige unter die Konvention über das Verbot der Entwicklung, Herstellung und Lagerung bakteriologischer (biologischer) Waffen und Toxinwaffen sowie über die Vernichtung solcher Waffen verbotene Kampfmittel gegen Menschen einzusetzen. Dieser sehr allgemein gehaltene Klageantrag, der konkludent im Wesentlichen nur die potenzielle Gefährdung subjektiver Rechte von anderen Menschen beinhaltet, ist vorliegend letztlich nur deswegen einer gerichtlichen Überprüfung zu unterziehen, da in der Klagebegründung insofern ergänzend ausgeführt ist, dass mit dem Klagebegehren die künftige Unterlassung des Einsatzes chemischer Kampfstoffe gegen Bürger und insbesondere gegen den Kläger, der 2012 das Opfer eines rechtswidrigen Körperverletzungsdelikts und Reizstoffeinsatzes durch einen Polizeibeamten war, begehrt wird.
Statthafte Klageart ist insofern die allgemeine Leistungsklage in der Form der vorbeugenden Unterlassungsklage, die jedoch nur unter sehr engen Voraussetzungen zulässig ist. Zulässig ist eine solche Klage nur, wenn sich mit der dafür erforderlichen Bestimmtheit übersehen lässt, dass und welche Maßnahmen drohen. Das künftige Verwaltungshandeln muss nach Inhalt und tatsächlichen wie rechtlichen Voraussetzungen soweit bestimmt sein, dass eine Rechtmäßigkeitsüberprüfung möglich ist (vgl. BVerwG, U. v. 19.3.1974 – 1 C 7.73).
Voraussetzung der hinreichend konkreten Wiederholungsgefahr ist, dass die hinreichend bestimmte Gefahr besteht, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen eine gleichartige Entscheidung oder Maßnahme ergehen wird (vgl. VG Schwerin, U. v. 12.9.2011 – 1 A 1180/07).
Ausgehend hiervon ist festzustellen, dass der Kläger sein vermeintliches Klagerecht aus dem Vorfall im Jahr 2012 ableitet. Inmitten steht damit der Vorfall vom 21. April 2012, als der Kläger sich am Rande eines Fußballspiels in … zwischen Fußballfans und einer Polizeieinheit befand und damals von einem Polizeibeamten geschlagen und mit Reizstoff ins Gesicht gesprüht wurde. Unstreitig war diese Anwendung unmittelbaren Zwanges durch den Polizeibeamten rechtswidrig, erfüllte den Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung und neben der strafrechtlichen Ahndung wurde der Polizeibeamte aus dem Dienst entfernt.
Soweit der Kläger mit vorliegender Klage der Gefahr der Wiederholung einer solchen Maßnahme vorbeugen will, ist zunächst festzustellen, dass ein zurückliegender Eingriff zwar vorliegt. Diesem Eingriff liegt jedoch eindeutig ein rechtswidriges Handeln eines Polizeibeamten zugrunde, der seine polizeilichen Befugnisse erheblich überschritten hat; dieses Verhalten wurde auch entsprechend geahndet. Den gesamten Umständen wie auch der Einlassung des Beklagten ist zu entnehmen, dass der Vorfall aus dem Jahr 2012 ein bedauerlicher Vorfall war, wobei der Polizeibeamte rechtswidrig, also gegen das Gesetz und ohne Anweisung des Polizeiführers gehandelt hat. Dass sich ein solcher Fall tatsächlich mit der von der Rechtsprechung für die Zulässigkeit einer vorbeugenden Unterlassungsklage geforderten „Sicherheit“ wiederholen würde, ist nicht zu erwarten. Wie bereits ausgeführt, liegt dem damaligen Vorfall zugrunde, dass ein Polizeibeamter ohne Weisung und erkennbar ohne Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen unmittelbaren Zwang anwendete, den Kläger schlug und ihm Reizstoff ins Gesicht sprühte. Diese erhebliche Überschreitung seiner polizeilichen Befugnis führte auch zur strafrechtlichen Verurteilung und Entfernung aus dem Polizeidienst. Dass sich eine solche rechtswidrige Exzesshandlung eines Einzelnen wiederholen wird, ist mit Sicherheit zwar nie auszuschließen. Davon auszugehen mit der für die Beurteilung der Zulässigkeit der vorbeugenden Unterlassungsklage erforderlichen Sicherheit ist jedoch in keiner Weise. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sich Polizeibeamte bei ihrer Tätigkeit an die klare Befehlsstruktur halten, die sich an Recht und Gesetz orientiert. Die Befürchtung künftigen disziplinarrechtlich und strafrechtlich weisungswidrigen Verhaltens einzelner Beamter ist letztlich spekulativer Natur und rechtfertigt nicht die Annahme einer Wiederholungsgefahr; hierfür muss vielmehr von rechtmäßigem Handeln der Polizeibeamten ausgegangen werden.
Aus diesem Grund trat die Kammer auch dem Antrag nicht näher, Einsatzplan bzw. Einsatzbefehl betreffend den Vorfall aus dem Jahr 2012 beizuziehen, da diese Unterlagen hinsichtlich der Exzesshandlung eines einzelnen Beamten naturgemäß keine Erkenntnisse enthalten; eine entsprechende Behauptung wurde auch von Klägerseite nicht substantiiert vorgetragen. Anderes ist auch nicht im Ansatz der in diesem Zusammenhang auszugsweise durch den Beklagten wiedergegebenen Passage zum unmittelbaren Zwang aus diesem Einsatzbefehl zu entnehmen, wonach die Anwendung unmittelbaren Zwanges, insbesondere der Einsatz von Reizstoffen, außer in den Fällen der Notwehr oder Nothilfe grundsätzlich auf Weisung des PF erfolge.
Soweit die Klage generell auf die Verpflichtung des Beklagten gerichtet ist, es zu unterlassen, chemische und ökologische Kampfstoffe bei Polizeieinsätzen wie Versammlungen, insbesondere Fußballspielen, gegen Menschen einzusetzen und die Klagebefugnis damit begründet wird, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit für die Organisation Rot-Schwarze-Hilfe und als Fußballfan wie auch andere Menschen mittelbar und unmittelbar vom Einsatz von Pfeffersprays betroffen sein können, ist die Klage ebenfalls unzulässig.
Mit der Klage wird letztlich begehrt, den Einsatz von Reizstoffen, deren Einsatz im Rahmen des unmittelbaren Zwanges in Art. 61 Abs. 3 PAG ausdrücklich gesetzlich normiert ist, bei den genannten Veranstaltungen zu unterlassen.
Eine subjektiv öffentliche Rechtsposition (§ 42 Abs. 2 VwGO) für dieses Unterlassungsbegehren, mit dem letztlich in die Zwangsmittelauswahl der Polizei im Rahmen der rechtmäßigen und gesetzlich vorgesehenen Anwendung unmittelbaren Zwanges eingegriffen würde, ist offensichtlich nicht gegeben. Insgesamt ist vielmehr festzustellen, dass dieses Klagebegehren letztlich darauf gerichtet ist, allgemeine Rechtsfragen der Zulässigkeit des Einsatzes bestimmter Reizstoffe durch den Beklagten in einer Vielzahl nicht konkretisierter Einsatzlagen zu klären. Dieses Begehren jedoch ist einer verwaltungsgerichtlichen Klärung nicht zugänglich. Das Begehren stellt sich vielmehr als eine Art Popularklage dar, für die der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet ist.
Damit ist die Klage insgesamt unzulässig, ohne dass es eines Eingehens auf deren Begründetheit bedarf, wobei im Rahmen der Begründetheit der Umstand einen wichtigen Gesichtspunkt darstellt, dass der Gesetzgeber in Anwendung unmittelbaren Zwanges den Einsatz solcher Reizstoffe ausdrücklich zulässt und dass im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Rahmen der Gefahrenabwehr mitunter durchaus in gewissem Maße auch Grundrechtsbeeinträchtigungen unmittelbar oder mittelbar Betroffener hinzunehmen sind. Soweit in diesem Zusammenhang auf das Protokoll über das Verbot der Verwendung von erstickenden, giftigen oder ähnlichen Gasen sowie von bakteriologischen Mitteln im Kriege vom 17. Juni 1925 durch die Klägerseite aufmerksam gemacht wird, ist darauf hinzuweisen, dass dieses Protokoll eindeutig nicht für die innerstaatliche Gefahrenabwehr gilt (vgl. BVerwG, B. v. 22.9.1988 – 1 B 108/88).
Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,
Hausanschrift: Promenade 24-28, 91522 Ansbach, oder
Postfachanschrift: Postfach 616, 91511 Ansbach,
schriftlich zu beantragen.
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München;
Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München, oder in
in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen.
Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Der Antragsschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach,
Hausanschrift: Promenade 24-28, 91522 Ansbach, oder
Postfachanschrift: Postfach 616, 91511 Ansbach,
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.