Bankrecht

Schadensersatz aus einem Treuhandvertrag

Aktenzeichen  2 O 378/15

Datum:
26.2.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 136566
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München II
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 280 Abs. 1 S.2

 

Leitsatz

Schadensersatzpflicht durch Verletzung der Vertragspflicht aus einem Treuhandvertrag, bei jedem Konto, auf das der Darlehensbetrag überwiesen werde, dafür zu sorgen, dass er unwiderrufliche gemeinsame Bankvollmacht hat. (Rn. 20 – 21) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 750.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 30.12.2014 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 9.455,74 € zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage (hinsichtlich der Zinsen) abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Gründe

Die Klage ist begründet.
Der Kläger kann aus abgetretenem Recht einen Schadensersatzanspruch der Zedentin gegen den Beklagten in Höhe von 750.000,00 € geltend machen.
Die vom Kläger geltend gemachte Verzinsung kann er erst ab dem 30.12.2014 verlangen. Erst ab da befand sich die Beklagte in Verzug. Insoweit war die Klage abzuweisen.
I.
1. Der Kläger ist aktivlegitimiert. Er hat die von ihm behauptete Abtretung durch Vorlage der schriftlichen Abtretungsvereinbarung vom 17.09.2011 (Anlage K 9) nachgewiesen.
2. Der Beklagte hat sich gegenüber der Zedentin schadensersatzpflichtig gemacht. Er hat die ihm obliegende Vertragspflicht nicht erfüllt, wodurch der Zedentin ein Schaden in Höhe von 750.000,00 € entstanden ist.
Gegenstand des Treuhandvertrages war u.a das Schreiben des Beklagten vom 11.08.2009 (Anlage K 3). Darin sicherte der Beklagte der Zedentin zu, bei jedem Konto, auf das der Darlehensbetrag überwiesen werde, habe er vorher dafür gesorgt, dass er unwiderrufliche gemeinsame Bankvollmacht habe (ohne ihn könne der Betrag nicht abfließen) – zumindest während der Dauer des Darlehensvertrages und dessen ordnungsgemäßen Abwicklung. Dieser von ihm selber eingegangenen Verpflichtung ist der Beklagte nicht nachgekommen. Er hat den Darlehensbetrag ohne die von ihm zugesagte Sicherung an die … AG überwiesen. Nach der Behauptung des Beklagten überwies die … AG einen Betrag von 1.430.000 CHF, in dem die Darlehenssumme von 750.000 € der Zedentin enthalten gewesen sei, auf ein Anderkonto der S- I. AG (SIS) bei der Privatbank … Z. AG. Von dort sei diese gesamte Summe, aufgeteilt in kleinere Beträge, ab September 2009 an verschiedene Empfänger weitergeleitet worden und zwar von einem Herrn Ro. Ra. unter Beteiligung weiterer Mittäter. Der Abfluss des Geldes von der … AG war also ohne die Mitwirkung des Beklagten möglich. Nach § 5 Nr. 2 des Darlehensvertrages (B 23) war zwar das Darlehen dem Darlehensnehmer zur freien Verfügung gewährt. Der Beklagte war aber aufgrund des Treuhandevertrages (B23) verpflichtet, die ordnungsgemäße Abwicklung des Darlehens sicherzustellen. Außerdem hatte er im Schreiben vom 11.08.2009, das Vertragsinhalt wurde, zugesagt, dass ohne ihn der Betrag nicht abfließen kann. Diese Zusage war nicht beschränkt auf das Bankkonto der … AG.
Damit hat der Beklagte seine vertragliche Verpflichtung verletzt, dafür Sorge zu tragen, dass der Darlehensbetrag ohne seine Zustimmung nicht abfließen kann.
Der Beklagte hat den ihm obliegenden Entlastungsbeweis (§ 280 I S. 2 BGB), dass er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten habe, nicht geführt. Nach seiner vertraglichen Zusage hätte es zu einer Weiterleitung des Geldes ohne seine Zustimmung bzw zu einer Überweisung des Geldes auf ein Konto, für das der Beklagte keine Bankvollmacht hatte, nicht kommen dürfen. Aus welchen Gründen es doch dazu gekommen ist, wird vom Beklagten nicht dargelegt. Auf die behauptete kriminelle Handlung eines Ro. Ra. kann sich der Beklagte nicht berufen. Seine Pflichtverletzung wird dadurch nicht entschuldigt. Die vertragliche Verpflichtung des Beklagten sollte gerade das nun vom Beklagten behauptete Abhandenkommen des Geldes verhindern. Aus dem Verteidigungsvorbringen des Beklagten und dem Schreiben der … AG vom 29.10.2010 an die Zedentin (K20) geht vielmehr hervor, dass der Beklagte die Weiterleitung des Geldes auf ein Konto freigab, für das er keine Mitverfügungsmacht hatte.
Aufgrund dieser Vertragspflichtverletzung ist der von der Zedentin angelegte Geldbetrag nach den eigenen Angaben des Beklagten abhanden gekommen. Dadurch ist der Zedentin ein Schaden in Höhe des von ihr investierten Betrages von 750.000,00 € entstanden. Diesen Schaden hat der Beklagte zu ersetzen.
3. Ein Mitverschulden gemäß § 254 I BGB trifft den Kläger bzw die Zedentin nicht. Es sind hierfür keine Anhaltspunkte vorhanden. Bei der Entstehung des Schadens hat kein Verschulden der Zedentin mitgewirkt. Der Schaden ist hier allein durch die Vertragsverletzung des Beklagten entstanden. Der Beklagten hat die von ihm zugesagte vertragliche Verpflichtung nicht eingehalten. Die Zedentin trifft dabei kein Mitverschulden. Für die Zedentin war es auch nicht voraussehbar, dass sich der Beklagte nicht vertragstreu verhalten wird. Ein Verlustrisiko sollte nach den Zusagen des Beklagten gerade ausgeschlossen werden.
4. Der Kläger bzw. die Zedentin müssen sich nicht etwaige anderweitige Ansprüche gegen Dritte, insbesondere gegen den Wirtschaftsprüfer Ziffer, anrechnen lassen. Zum einen liegt keine teilweise Erfüllung des Schadensersatzanspruchs vor. Zum anderen handelt es sich um eine gesamtschuldnerische Haftung.
Der Kläger muss auch nicht seine etwaigen Ersatzansprüche gegen Dritte an den Beklagten abtreten. Der Beklagte ist hier auf einen Gesamtschuldnerausgleich nach § 426 BGB zu verweisen, so dass der Beklagte keinen Abtretungsanspruch gemäß § 255 BGB hat (Palandt/Grüneberg, BGB, 75. A., § 255 Rz 2). Der Beklagte hat auch keinen Anspruch auf Abtretung eines Anspruchs gegen die … AG aus dem Darlehensvertrag. Die … AG ist insolvent. Die Gefahr, dass der Kläger einen doppelten Ausgleich, also durch den Beklagten und durch die … AG, erhält ist nicht gegeben.
5. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB. Allerdings befindet sich der Beklagte erst seit 30.12.2014 in Verzug. Der Beklagte war mit Schreiben des Klägervertreters vom 16.12.2014 (K8) zur Zahlung bis 29.12.2014 aufgefordert worden. Deswegen war die Klage, soweit der Kläger Zinsen ab 17.08.2009 verlangt, abzuweisen.
Der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ergibt sich aus § 280 Abs. 1 BGB. Die Höhe der Rechtsanwaltskosten ist angesichts der Bedeutung und Schwierigkeit der Sache angemessen.
6. Die Klageerweiterung im Schriftsatz vom 24.12.2015 erfolgte nach Schluss der mündlichen Verhandlung. Sie ist damit unzulässig, da Sachanträge in der mündlichen Verhandlung zu stellen sind (§§ 261 II, 297 ZPO; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 36. A., § 296a Rz 1; Zöller/Greger, ZPO, 29. A.m, § 296a Rz 2a).
II.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

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