Verwaltungsrecht

Keine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft wegen Tätigkeiten für die EPPF in Deutschland

Aktenzeichen  AN 3 K 14.30766

Datum:
17.2.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 42927
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG §§ 3, 3a, 3b, 3c, 3d, 4
AufenthG AufenthG § 60 V, VII 1
EMRK EMRK Art. 3
GG GG Art. 1, 2

 

Leitsatz

1 Die Betätigung für eine oppositionelle Organisation im Ausland führt bei einer Rückkehr nach Äthiopien zu keinen staatlichen Repressionen. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
2 Angesichts der Unschärfen des Krankheitsbildes einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) bedarf es für die Substantiierung des Vorbringens einer Erkrankung regelmäßig der Vorlage eines gewissen Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attests. (Rn. 52) (redaktioneller Leitsatz)

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Ansbach
AN 3 K 14.30766
Im Namen des Volkes
Urteil
vom 17.02.2016
3. Kammer
Sachgebiets-Nr.: 710 01
Hauptpunkte: Äthiopien, alleinstehende Frau, Versorgungslage, exilpolitische Betätigung, EPPF, EPCOU
Rechtsquellen:
In der Verwaltungsstreitsache
…, geb. …1980
alias …, geb. …1980
… – Klägerin –
bevollmächtigt: Rechtsanwälte …
gegen
Bundesrepublik Deutschland
vertreten durch Bundesamt … Referat Außenstelle …
… – Beklagte –
wegen Verfahrens nach dem AsylG/AsylG
erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach, 3. Kammer,
durch die Einzelrichterin Richterin am Verwaltungsgericht Kokoska-Ruppert aufgrund mündlicher Verhandlung vom 10. Februar 2016 am 17. Februar 2016 folgendes Urteil:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Tatbestand:
Die nach eigenen Angaben 1980 geborene Klägerin ohne Identitätsnachweis ist äthiopische Staatsangehörige mit oromischer Volkszugehörigkeit und orthodoxe Christin. Sie spricht nach eigenen Angaben Amharisch. Land ihres gewöhnlichen Aufenthalts sei zuletzt der Libanon gewesen.
Zu ihrem Reiseweg befragt, erklärte die Klägerin, sie sei am 8. August 2012 in das Bundesgebiet der Bundesrepublik Deutschland eingereist. Am 27. August 2012 beantragte sie ihre Anerkennung als Asylberechtigte.
Sie erklärte, sie sei zwölf Jahre alt gewesen, als sie Äthiopien verlassen habe. Sie sei mit ihrer Tante nach Libanon gereist und habe dort als Haushaltshelferin bei einer arabischen Familie mit dem Namen … in … gelebt. Am 25. Juli 2012 sei sie zusammen mit der arabischen Familie von … direkt nach …/Kanada geflogen. Dort sei die Familie zwei Wochen bei Verwandten geblieben. Am 8. August 2012 seien sie mit einer kanadischen Fluggesellschaft von … nach … geflogen. In … habe sie eine Gelegenheit genutzt, um aus einem ihr unbekannten Hotel zu flüchten. Sie sei oft von ihrem Arbeitgeber vergewaltigt worden. Eine äthiopische Hotelmitarbeiterin habe sie zum Bundesamt – Außenstelle … – begleitet. Ihr Reisepass sei ihr von der arabischen Familie abgenommen worden.
Im persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaates zur Durchführung des Asylverfahrens am 9. April 2014 in … (Bl. 46 der Akte) erklärte sie, sie habe am 27. Mai 1992 ihr Land verlassen und sei nach … geflogen. Ihre Tante habe sie dort zu einer Pflegefamilie gebracht. Sie habe dort aber arbeiten müssen. Dort sei sie zwölf Jahre lang gewesen und sei dann über Syrien und die Türkei nach Griechenland gefahren. In Syrien habe sie sich 15 Tage aufgehalten. In der Türkei habe sie sich ein Jahr aufgehalten. In Griechenland sei sie sechs Jahre gewesen. Sie sei in Begleitung eines Schleusers nach Deutschland geflogen. Dies sei am 8. August 2011 gewesen. Auf Nachfrage erklärte sie, sie könne sich nicht mehr genau an das Datum der Ausreise aus Griechenland erinnern. Sie glaube, das sei im Jahr 2012 gewesen. Es könne jedoch auch sein, dass es im Jahr 2011 gewesen sei. Sie habe eine Fahrkarte von … mit dem Datum 8. August 2012. Flugunterlagen habe sie nicht mehr. Von 1992 bis 2004 sei sie in … gewesen. In Griechenland sei sie im Jahr 2006 erkennungsdienstlich behandelt worden. In Griechenland habe sie eine rote Karte von der UN gehabt. Diese Karte habe alle sechs Monate verlängert werden müssen. In ihrer Anhörung gemäß § 25 AsylG am 9. April 2014 (Bl. 52 der Akte) erklärte die Klägerin, ihre Mutter sei Volkszugehörige der Gurage und ihr Vater sei Oromo. Sie selbst rechne sich zum Volk der Oromo. An ihren Reisepass könne sie sich nicht mehr erinnern. Sie habe zuletzt in Äthiopien in … gelebt. Sie habe nur noch eine Tante väterlicherseits gehabt, diese Tante sei mittlerweile an Aids verstorben. Eine Ausbildung habe sie nicht, sie habe auch keine Schule besucht. In Griechenland habe sie Gelegenheitsarbeiten ausgeführt und manchmal habe sie Hilfe von der Kirche bekommen. In Griechenland hätten aber sogar die Einheimischen keine Arbeit. Sie hätte an verschiedenen Orten gelebt. Gemeinsam mit anderen Landsleuten hätten sie Wohnungen in verschiedenen Stadtteilen gemietet. Sie habe jeweils 50,00 EUR Mietkosten bezahlen müssen. Für die Ausreise nach Deutschland habe sie 1.200,00 EUR bezahlt. Sie sei von Landsleuten unterstützt worden. Sie habe den für ihre Schleusung benutzten Reisepass gesehen, er habe einen grünen Einband gehabt. Es sei ein äthiopischer Reisepass gewesen, der in Griechenland ausgestellt worden sei. Sie habe den Pass bei der Einreise in den Händen gehabt, danach sei er ihr von dem Schlepper abgenommen worden. Probleme bei der Passkontrolle auf dem Flughafen in Griechenland habe es nicht gegeben. Einen echten äthiopischen Reisepass habe sie nie gehabt. Auf Vorhalt, dass sie angegeben habe, dass ihre Tante für sie einen Reisepass besorgt hätte, erklärte die Klägerin, sie sei damals sehr jung gewesen. Die Tante hätte den Pass gehabt und sie selbst habe diesen Pass nie gesehen.
… habe sie verlassen, weil sie Streit mit ihrem Arbeitgeber gehabt habe. Sie sei nur fünf Jahre bei einer Familie in … angestellt gewesen. Die nächsten sieben Jahre sei sie mit einem Nigerianer zusammen gewesen, der ihr auch bei der Ausreise aus dem Libanon geholfen habe. Er habe ihr auch geholfen, die Familie zu verlassen, weil sie viele Probleme mit ihrem Arbeitgeber gehabt habe. Der Nigerianer habe auch bei dieser Familie gearbeitet. Ihr sei es schließlich gelungen, mit einem Boot von der Türkei nach Griechenland zu fahren. Sie sei an der Grenze von der Polizei angehalten, bei der Polizei ärztlich untersucht worden. Sie sei dann für drei Monate verhaftet worden. Die Gefängnisse seien schmutzig und unhygienisch gewesen.
Konfrontiert mit ihrer Aussage zur Einreise aus der ersten Anhörung erklärte die Klägerin, sie sage jetzt die Wahrheit. Sie entschuldige sich dafür, dass sie damals nicht die Wahrheit gesagt habe. Die erste Version ihres Reiseweges habe sie auf Anraten von Leuten erzählt, die ihr geraten hätten, sie solle eine solche Geschichte erzählen. Heute erzähle sie aber die Wahrheit.
Zur ihrem Verfolgungsschicksal befragt, erklärte die Klägerin, sie habe keine Familie mehr in Äthiopien. Außerdem sei sie als zwölfjähriges Mädchen in Äthiopien vergewaltigt worden. Damals seien sieben Leute zu ihr nach Hause gekommen und hätten nach irgendetwas gesucht. Ihre Mutter sei auch dabei gewesen. Diese Leute hätten ihren Vater mitgenommen und sie sei von einem weiteren Mann vergewaltigt worden. Daraufhin habe ihre Mutter gesundheitliche Probleme bekommen. Ihr Vater sei damals Sekretär in der Ortsverwaltung gewesen und dort für Munition und Chemikalien zuständig. Es sei irgendetwas passiert, eine Explosion, der Vater sei in diesem Zusammenhang beschuldigt und mitgenommen worden. Ihre Mutter sei im Zusammenhang mit diesen Vorfällen eine Woche später gestorben. Ihre Mutter sei am …1992 europäischer Zeit gestorben, die äthiopische Zeitangabe könne sie hierzu nicht machen. Danach habe sich ihre Tante um sie gekümmert.
Es sei klar gewesen, dass ihr Vater für längere Zeit im Gefängnis bleiben würde, weil die Explosion viele Menschen umgebracht habe. Sie wisse aber nicht, ob der Vater dafür verantwortlich sei. Es habe später auch Gerüchte gegeben, wonach ihr Vater im Gefängnis umgebracht worden sei. Von ihrer Tante habe sie erfahren, dass er gestorben sei. Nach dem Tod der Mutter habe sie weiter zuhause gelebt. Die Tante habe sich um sie gekümmert. Später hätten sie das Haus verlassen müssen. Das Haus sei enteignet worden. Dann hätten sie die Reise ins Ausland organisiert. Die Tante habe das Visum für die arabische Familie besorgt, bei der sie später gearbeitet habe. Der Vater sei ca. einen Monat nach der Mutter verstorben. Den Leichnam des Vaters habe sie nicht gesehen. Auf Vorhalt, sie habe in der ersten Anhörung erklärt, dass die Mutter nach ihrem Vater verstorben sei, erklärte die Klägerin, der Vater sei nach dem Tod der Mutter gestorben. Konfrontiert mit der Aussage, dass der Vater im Jahr 1991 nach ihren Angaben in der ersten Anhörung gestorben sei und sie jetzt erkläre, dies sei im Jahr 1992 gewesen, erklärte die Klägerin, sie habe das Land 1992 verlassen und zu diesem Zeitpunkt sei auch die Mutter verstorben. Sie habe allgemeine Erinnerungslücken. Sie vergesse zum Teil, wo sie gerade sei, und leide unter starkem Stress. Konfrontiert mit dem Problem ihrer Glaubhaftigkeit, erklärte die Klägerin, sie sei in Griechenland vergewaltigt worden. Sie sei dort im fünften Monat schwanger gewesen und habe das Kind abgetrieben.
Weiterhin erklärte die Klägerin, sie sei in Deutschland politisch aktiv, sie sei Mitglied bei der EPCOU und bei der EPPF. Die Klägerin legte Fotoausdrucke aus dem Internet vor. Von einem internationalen Frauentag vom 8. März 2013 und von einer Demonstration in … der EPCOU im Jahr 2013. Bei der EPCOU sei sie für die Verpflegung verantwortlich, sie bereite das Essen vor. Für die EPPF kümmere sie sich um das Besorgen und die Bestellung der Halle in … Sie habe sich diesen Organisationen angeschlossen, um einen Beitrag zum Sturz der äthiopischen Regierung zu leisten. Sie habe in ihrem Heimatland viel Leiden erlitten. Ihre Familie sei tot und sie selbst habe dort keine Zukunft. Sie habe auch die Schule dort nicht weiter besuchen können. Sie wisse nicht, wohin sie in Äthiopien zurückkehren solle. Sie leide sehr viel unter ihren Sorgen und nehme auch Medikamente, sie leide unter seelischem Druck und leide auch unter Schlafstörungen. Die Begleiterin der Klägerin erklärte, dass die Klägerin ihr bereits seit einem Jahr bekannt sei und sie bestätigen könne, dass sie beim psychosozialen Zentrum für Flüchtlinge angemeldet sei. Dort solle sie auch entsprechende psychologische Hilfe erhalten.
Die Klägerin legte eine Bescheinigung der EPCOU vom 11. April 2014 vor (Bl. 79 der Akte), wonach sich die Klägerin für die Belange der EPCOU engagiere.
Des Weiteren legte die Klägerin im Verfahren vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eine Vielzahl von Bescheinigungen der EPPF vor,
– Teilnahmebestätigung über ein Treffen der EPCOU am 7. Juli 2012 in …
– Teilnahmebestätigung der EPCOU über eine Demonstration am 6. November 2012 in …
– Teilnahmebestätigung für ein Treffen der EPCOU am 9. Februar 2013 in …
– Teilnahmebescheinigung an einer Veranstaltung Mobile University Workshop of EPPF vom 13. und 14. April 2013
– Teilnahmebescheinigung der EPCOU über eine Demonstration am 14. Mai 2013 in …
– Teilnahmebestätigung der EPCOU über ein Treffen in … am 1. Juni 2013
– Teilnahmebestätigung der EPCOU für eine Demonstration am 17. August 2013 in …
– Teilnahmebestätigung für ein Treffen der EPCOU in … am 14. September 2013
– Wahlberechtigung für eine Wahl bei der EPPF vom 20. Oktober 2013
– Teilnahmebestätigung für eine Veranstaltung der EPCOU in … am 30. November 2013
– Teilnahmebestätigung für ein Treffen im AOL-Hostel in … vom 22. Dezember 2013
– Mitgliedsausweis der EPPF für 1. Januar 2014 bis 30. Juni 2014
– Bescheinigung der EPPF vom 14. April 2014 (Bl. 100 der Akte), wonach die Klägerin „Head of Protocol Affairs of EPPF“ sei, und zwar für das Jahr 2013/2014 aufgrund der Wahl am 20. Oktober 2013 in …
– Teilnahmebestätigung der EPCOU über ein Treffen am 8. Februar 2014 in …
Mit Bescheid vom 3. September 2014, der der Klägerin am 6. September 2014 gegen Postzustellungsurkunde zugestellt wurde, wurde der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt (Ziffer 1), der Antrag auf Asylanerkennung wurde abgelehnt (Ziffer 2), der subsidiäre Schutzstatus wurde nicht zuerkannt (Ziffer 3), es wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 4) und die Klägerin wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen, andernfalls wurde ihr die Abschiebung nach Äthiopien oder in einen anderen rücknahmebereiten oder zur Rücknahme verpflichteten Staat angedroht (Ziffer 5).
Zur Begründung wurde ausgeführt, aus dem Vorbringen der Klägerin ergäben sich keine ausreichenden Hinweise darauf, dass sie sich aus begründeter Furcht vor politischer Verfolgung außerhalb ihres Heimatstaates aufhalte. Sie stütze ihr Asylbegehren ausschließlich darauf, dass sie als zwölfjähriges Mädchen vergewaltigt worden sei und dass sie keine Familie mehr in Äthiopien habe. Dabei handele es sich um eine abstrakte Furcht vor Verfolgung, die durch keine konkreten Tatsachen oder Ereignisse glaubhaft gemacht worden seien, weshalb die behauptete Verfolgungsfurcht der Klägerin als nicht begründet anzusehen sei. Aus dem Vortrag der Klägerin zu der angeblich erfolgten Vergewaltigung ergebe sich, dass dieser Überfall vielmehr ein kriminelles Delikt eines Einzelnen gewesen sei, dem kein staatlicher bzw. politischer Verfolgungscharakter innegewohnt habe. Eine Gefahr der Wiederholung sei demnach auszuschließen, insbesondere habe die Klägerin nichts Entsprechendes vorgetragen. Außerdem sei der gesamte Sachvortrag vom zeitlichen Ablauf her nicht glaubhaft. Bereits die Nennung des Datums 19. Juni 1992, an dem ihre Mutter gestorben sei, erscheine erlernt, denn sie habe am Anfang der Anhörung angegeben, ihr Heimatland am 27. Mai 1992 verlassen zu haben, nachdem ihre Mutter gestorben gewesen sei. Auf mehrere Nachfragen habe sie nicht erklären können, wann genau ihre Mutter verstorben sei. Sie habe auch nicht glaubhaft machen können, ob ihre Mutter vor oder nach dem Tod ihres Vaters gestorben sei. Noch bei der Befragung bei der Regierung von Mittelfranken habe sie andere Zeitangaben angegeben, die mit den Daten während der Anhörung nicht übereingestimmt hätten. Der Sachvortrag sei unstimmig und ohne die nötige Konkretheit gewesen und habe damit nicht die notwendige Überzeugungskraft gehabt. Ein Indiz dafür, dass der Sachvortrag von der Klägerin konstruiert worden sei, seien ihren Angaben zum Reiseweg nach Deutschland gewesen, die widersprüchlich, unsubstantiiert und damit unglaubhaft seien. Denn zunächst habe sie bei der Regierung von Mittelfranken angegeben, dass sie mit ihren arabischen Arbeitgebern nach Deutschland gekommen sei. Sie habe bei dieser Familie 22 Jahre gearbeitet und sei von ihrem arabischen Arbeitgeber öfter vergewaltigt und misshandelt worden. Bei der Befragung habe sie deshalb nach einer ärztlichen Untersuchung verlangt. Erst bei ihrer Anhörung beim BAMF habe sie angegeben, dass sie mit einem Schlepper aus Griechenland nach Deutschland geflogen sei und zuvor sechs Jahre in Griechenland gelebt habe. Davor habe sie zwölf Jahre in … als Hausmädchen gearbeitet. Sie habe nicht angegeben, dass sie von ihrem Arbeitgeber vergewaltigt worden sei. Auch habe die Klägerin nicht darlegen können, ob sie am 8. August 2011 oder am 8. August 2012 mit dem Schlepper nach Deutschland gekommen sei. Sie habe diese Widersprüchlichkeiten und lückenhaften Angaben mit Gedächtnislücken begründet. Die Ungereimtheiten seien von der Klägerin nicht geklärt worden.
Auch die von der Klägerin erwähnten Kontakte zu EPPF und EPCOU in Deutschland führten zu keinem anderen Ergebnis. Aus den Angaben der Klägerin zu der Innehabung des Amtes des „Head of Protocol Affairs of EPPF“ ergebe sich keine exponierte exilpolitische Tätigkeit. Denn sie habe sich in dieser Funktion seither nicht sichtbar betätigt. Es sei lediglich erklärt worden, dass sie gewählt worden sei. Angaben darüber, was dieser Titel beinhalte, seien nicht gemacht worden. Hinweise auf eine exponierte politische Tätigkeit, die eine eventuell auch für das äthiopische Regime gefährlich werdende Breitenwirksamkeit erreichen könne, seien ihrem Vorbringen nicht annähernd zu entnehmen. Die Klägerin sei daher allenfalls als politische Mitläuferin einzustufen. Sonstige Hinweise dafür, dass ihr Verhalten als gegen die äthiopische Regierung gerichtet aufgefasst werden könnte und ihr daher Verfolgung drohe, seien nicht ersichtlich.
Zum Vorliegen von Abschiebungshindernissen wurde festgestellt, dass nicht verkannt werde, dass die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln nicht in allen Landesteilen Äthiopiens – insbesondere im Süden und Südosten – und nicht zu jeder Zeit gesichert sei und dass nach den letzten Erkenntnissen rund 3,7 Mio. Äthiopier und somit knapp 5% der Gesamtbevölkerung Nahrungsmittelhilfen benötigten. Nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes seien die Existenzbedingungen vor allem für die Landbevölkerung äußerst hart und ohne Hilfe sogar potenziell lebensbedrohend. Für Rückkehrer ohne eigenes Vermögen, ohne Unterstützung durch die Familie oder ohne besonders gesuchte Qualifikationen sei es in der gegenwärtigen Wirtschaftslage Äthiopiens schwierig, eine wirtschaftliche Existenz zu gründen. Da es auch keine staatliche Sozialversorgung gebe, sei das Risiko in solchen Fällen groß, in wirtschaftliche Not zu geraten. Dies gelte vor allem für Alleinstehende, die in Äthiopien über keinerlei familiäre Bindungen mehr verfügten. In Bezug auf die Klägerin könne von einer derart extrem zugespitzten Gefahrenlage, bezogen auf die allgemeinen Lebensverhältnisse in Äthiopien aber nicht ausgegangen werden. Zu beachten sei insbesondere, dass nach den allgemein bekannten familiären und gesellschaftlichen Strukturen in Äthiopien vom Vorhandensein gegenwärtiger Hilfe durch Familie, Großfamilie, Clan oder andere sich unterstützenden Netzwerke auszugehen sei. Gegenteilige Behauptungen widersprächen grundsätzlich sowohl diesen Erkenntnissen als auch der allgemeinen Lebenserfahrung. Außerdem sei der Sachvortrag der Klägerin nicht glaubhaft gewesen, so dass davon auszugehen sei, dass die weiteren über funktionierende familiäre Strukturen für den Fall ihrer Rückkehr verfügen könne.
Gegen diesen Bescheid ließ die Klägerin durch ihre Bevollmächtigten mit einem Schriftsatz, der am 12. September 2014 beim Verwaltungsgericht Ansbach einging, Klage erheben.
Zur Begründung wurde ausgeführt, die Androhung einer Abschiebung der Klägerin sei ungeachtet vom Ausgang des Asylverfahrens wegen Verstoßes gegen Art. 1 und 2 GG sowie Art. 3 EMRK unzulässig, da eine Abschiebung zu Gefahren für Leib, Leben und Freiheit der Klägerin führen würde.
Die Klägerin beantragte zunächst,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 3. September 2014 zu verpflichten, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen sowie die Klägerin als Asylberechtigte anzuerkennen,
hilfsweise, der Klägerin den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen und weiterhin
hilfsweise festzustellen, dass bei der Klägerin Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bzw. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.
Die Beklagte beantragte mit Schreiben vom 27. September 2014,
die Klage abzuweisen.
Mit Beschluss vom 9. Dezember 2015 wurde die Verwaltungsstreitsache auf die Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen.
Mit Schreiben ihres Bevollmächtigten, das am 2. Februar 2016 beim Verwaltungsgericht Ansbach einging, ließ die Klägerin ergänzend vortragen, wie sie bereits im Vorverfahren ausgeführt habe und auch nochmals im Rahmen der mündlichen Verhandlung darlegen werde, sei sie in Äthiopien politisch aktiv gewesen und aufgrund dieser Aktivitäten bereits Verfolgungshandlungen aufgrund ihrer politischen Überzeugungen ausgesetzt gewesen. Die Klägerin habe Äthiopien vorverfolgt verlassen. Aus diesen Gründen greife zugunsten der Klägerin ein herabgestufter Wahrscheinlichkeitsmaßstab ein. Ihr sei die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, wenn im Falle ihrer Rückkehr die Wiederholung von Verfolgungsmaßnahmen nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden könnte. Dies sei im vorliegenden Fall gegeben. Die Klägerin sei auch weiterhin nachhaltig und exponiert exilpolitische aktiv. Hierzu wurden weitere Nachweise vorgelegt:
– Dankesschreiben der EPCOU, Bogen, über die Teilnahme der Klägerin an einer Veranstaltung zur Spendensammlung vom 5. April 2014
– Pressebericht aus den … Nachrichten vom 21. April 2014 über eine Protestaktion von Asylbewerbern aus verschiedenen Herkunftsländern am … in …, Gegenstand waren die Verhältnisse für Asylbewerber in Deutschland
– Dankesschreiben des „Netsebraq Magazine“, … wegen eines Beitrags in dieser Zeitung vom 2. Mai 2014
– Teilnahmebestätigung für eine Demonstration der EPCOU am 3. Dezember 2014 in …
– Teilnahmebestätigung für eine Mitgliederversammlung am 17. Januar 2015 in …
– Mitgliederbescheinigung der EPCOU vom 12. September 2015.
Die regierungskritischen exilpolitischen Tätigkeiten der Klägerin seien den äthiopischen Behörden zur Kenntnis gelangt. Die Exilszene in der Bundesrepublik Deutschland werde vom äthiopischen Geheimdienst überwacht. Dies habe sich in den letzten Jahren noch weiter verstärkt. Hierzu wurde verwiesen auf den Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 17. Juni 2014, Äthiopien, update: Aktuelle Entwicklungen bis Juni 2014.
Die Klägerin sei eine exponierte Person der politischen Opposition und ihr drohe bei einer Rückkehr nach Äthiopien eine Verfolgungsgefahr in Form von willkürlicher Verhaftung und Inhaftierung, unfaire Gerichtsverfahren, Folter und Misshandlungen bis hin zur Todesstrafe. Aus diesen Gründen sei bei der Klägerin zumindest aufgrund ihrer exponierten und engagierten exilpolitischen Aktivitäten eine asylrelevante Verfolgungsgefahr gegeben, so dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft vorlägen. Außerdem habe die Klägerin als alleinstehende Frau und ohne belastbaren familiären Rückhalt in Äthiopien keine wirtschaftliche Existenzmöglichkeit. Es wurde angeregt, die Auskünfte der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 13. Oktober 2009 mit dem Titel „Äthiopien: Rückkehr einer jungen alleinstehenden Frau“ sowie vom 13. Juli 2010 mit dem Titel „Äthiopien: Homosexualität“ zum Gegenstand des Verfahrens zu machen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Behörden- und Gerichtsakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die im Hauptantrag auf die Verpflichtung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 Asylgesetz (AsylG) beschränkte Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
Der streitgegenständliche Bescheid vom 3. September 2014 ist im Umfange des Klagebegehrens rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Ihr steht weder ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG in Verbindung mit § 60 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) (Hauptantrag) noch auf Zuerkennung des subsidiären Flüchtlingsstatus nach § 4 Abs. 1 AsylG in Verbindung mit § 60 Abs. 2 Satz 1 AufenthG oder auf Feststellung des Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG (Hilfsanträge) zu.
1. Vorliegend ist kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gem. § 3 Abs. 4, Abs. 1 AsylG i. V. m. § 60 Abs. 1 AufenthG gegeben.
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling i. S. d. Abkommens über die Rechtstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung, wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischer Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
Ergänzend hierzu bestimmt § 3 a AsylG die Verfolgungshandlungen, § 3 b AsylG die Verfolgungsgründe, § 3 c AsylG die Akteure, von denen Verfolgung ausgehen kann, § 3 d AsylG die Akteure, die Schutz bieten können und § 3 e AsylG den internen Schutz.
§ 3 a Abs. 3 AsylG regelt ausdrücklich, dass zwischen den in § 3 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. den in § 3 b AsylG genannten Verfolgungsgründen und den in § 3 a Abs. 1 und Abs. 2 AsylG als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen muss.
Ausschlussgründe, wonach ein Ausländer nicht Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, sind in § 3 Abs. 2 und 3 AsylG geregelt.
Gemäß § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des AufenthG.
Unter Würdigung dieser Voraussetzungen steht bei Zugrundelegung der verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung (§ 77 Abs.1 AsylG) zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Klägerin im Falle ihrer Rückkehr nach Äthiopien nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit dem Schutzbereich des § 3 Abs. 1 AsylG i. V. m. § 60 Abs. 1 AufenthG unterfallende Gefährdungen drohen.
Sie hat selbst schon nicht vorgetragen, dass sie aus politischen Gründen ihr Heimatland verlassen hat. Vielmehr erklärte sie, dass sie im Jahr 1992 nach europäischer Zeitrechnung als zwölfjähriges Mädchen mithilfe ihrer Tante in den Libanon als Pflegekind bzw. zur Aufnahme einer Arbeitstätigkeit reiste.
Die demnach nicht vorverfolgt aus Äthiopien ausgereiste Klägerin hat nach Auffassung des Gerichts unter Zugrundelegung der verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen im Falle ihrer Rückkehr nach Äthiopien auch wegen der in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübten exilpolitischen Betätigung nicht mit einer im Rahmen des § 60 Abs. 1 AufenthG zu berücksichtigenden Rückkehrgefährdung zu rechnen.
Dem Auswärtigen Amt liegen keine Erkenntnisse vor, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Organisation im Ausland bei Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt. Grundsätzlich kommt es darauf an, ob eine Organisation von den äthiopischen Stellen als terroristisch angesehen wird, wie zum Beispiel der OLF und Ginbot 7, und welche Art exilpolitischer Aktivität festgestellt wird (u. a. führende Position, Organisation gewaltsamer Aktionen). Von Bedeutung ist insbesondere auch, ob und wie sich eine zurückgeführte Person anschließend in Äthiopien politisch betätigt. Die bloße Asylantragstellung im Ausland bleibt, soweit bekannt, ohne Konsequenzen (Auswärtiges Amt, Lagebericht Äthiopien vom 4.3.2015, II 1.9.). Insgesamt ist den zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Auskünften zu entnehmen, dass die äthiopische Regierung die Aktivitäten der äthiopischen Diaspora beobachtet bzw. durch die Auslandsvertretungen und im Ausland wohnhaften TPLF-Mitglieder beobachten lässt. Spitzenpolitiker von Exilparteien, die der Regierung missliebig sind, müssen deshalb im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien mit Verfolgung rechnen. Auch herausgehobenen Aktivisten, die sich im Ausland gegen die Regierung aussprechen (zum Beispiel durch öffentliche Statements oder die Veranstaltung von Treffen), drohen in Äthiopien Verfolgungen aufgrund revolutionärer Absichten. Aktivitäten einfacher Parteimitglieder werden danach hingegen von den äthiopischen Behörden nicht registriert, da den Behörden dazu die Ressourcen fehlen. Solche Personen können nach Auffassung der Kooperation Asylwesen (D-A-CH Äthiopien/Somaliland Mai 2010) unbehelligt nach Äthiopien reisen. Es sind allerdings Einzelfälle bekannt geworden, in denen es trotzdem zu Verhaftungen kam. Andererseits sind zahlreiche Fälle von Mitgliedern von Exilparteien bekannt, die nach ihrer Rückkehr nach Äthiopien nicht belangt worden sind.
Insgesamt lässt sich wohl den zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Auskünften und Stellungnahmen zur Überzeugung des Gerichts entnehmen, dass jedenfalls Personen, die sich hier in der Bundesrepublik Deutschland exponiert und politisch überzeugt, d. h. nicht nur auf das Asylverfahren abzielend, betätigt haben und sich nicht nur als einfache Mitglieder oder bloße Mitläufer gerieren, bei einer Rückkehr nach Äthiopien mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen haben, zumal der äthiopische Staat in der Bundesrepublik Deutschland die Aktivitäten äthiopischer Staatsangehöriger überwacht (ebenso BayVGH, U. v. 25.2.2008 – 21 B 07.30363; OVG Nordrhein-Westfalen, U. v. 17.8.2010 – 8 A 4063/06.A in juris).
Bei den Tätigkeiten für die EPPF hier in der Bundesrepublik Deutschland fällt auf, dass die Exponiertheit zunimmt, d. h. dass jede Veranstaltung, jede Demonstration, jede Tätigkeit sofort unmittelbar ins Internet gesetzt wird, Personen sich völlig ohne Scheu ablichten lassen bzw. unter ihrer Namensnennung politische Statements in Exilzeitungen abgeben, obwohl ihre aufenthaltsrechtliche Situation hier in der Bundesrepublik Deutschland völlig unklar ist, sie also eigentlich damit rechnen müssen, bei negativem Ausgang ihres Asylverfahrens nach Äthiopien abgeschoben zu werden. Insoweit erscheinen diese Handlungen eigentlich wenig nachvollziehbar, es sei denn, äthiopische Asylbewerber hier in der Bundesrepublik Deutschland kennen die Grenzen des Erlaubten ziemlich genau, d. h. es ist in der äthiopischen Community bekannt, welches Verhalten von den äthiopischen Behörden im Rahmen des Asylverfahrens als tolerabel angesehen wird und davon ausgegangen werden kann, dass bei einer Rückkehr nach Äthiopien die zur Schau gestellte politische Einstellung nicht fortgeführt wird. Die Betätigung der Klägerin für die EPPF hat sich in keiner Weise über die der Masse äthiopischer Staatsangehöriger in der Bundesrepublik Deutschland abgehoben, so dass die Klägerin bei einer Rückkehr nach Äthiopien nicht mit politisch motivierten Verfolgungshandlungen zu rechnen hat.
Daran vermag auch das ihr für den Zeitraum 2013/2014 übertragene Amt des „Head of Protocol Affairs of EPPF“ nichts zu ändern. Die Klägerin machte keinerlei Angaben, die auf ein regimekritisches Engagement im Rahmen der Arbeit für die Exilgruppen hinweisen.
2. Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylG i. V. m. § 60 Abs. 2 AufenthG zu. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 ist ein Ausländer subsidiär schutzberechtigt, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AsylG), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AsylVfG) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AsylG). In diesem Rahmen sind gemäß § 4 Abs. 3 AsylG die §§ 3 c bis 3 e AsylG entsprechend anzuwenden.
Vorliegend sind keine Gründe ersichtlich oder vorgetragen, dass der Klägerin bei einer Rückkehr in ihr Heimatland ein ernsthafter Schaden in diesem Sinne droht.
3. Auch nationale Abschiebungsverbote sind nicht gegeben.
a. Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 – EMRK – (BGBl. 1952 II, S. 686) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
Mangels Erkennbarkeit diesbezüglicher Anhaltspunkte ist festzustellen, dass diese Voraussetzungen vorliegend nicht erfüllt sind.
b. Ebenso wenig besteht im Falle der Klägerin ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
Es ist nicht beachtlich wahrscheinlich, dass für die Klägerin im Falle ihrer Rückkehr nach Äthiopien eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.
Eine solche ergibt sich weder aus der Tatsache, dass die Klägerin anführt, sie sei als alleinstehende Frau nicht in der Lage, ihr Existenzminimum in Äthiopien zu sichern, noch aus dem Vortrag, sie leide infolge einer erlittenen Vergewaltigung an psychischen Problemen.
Die Klägerin ist ohne Identitätsnachweis in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Es kann daher nicht nachvollzogen werden, ob sie aus Äthiopien direkt im Jahre 2012 nach Deutschland geflogen ist, oder ob ihre Angaben zu der Ausreise aus dem Heimatland 1992, dem Aufenthalt in Libanon sowie die anschließenden Aufenthalte in Syrien, der Türkei und Griechenland der Wahrheit entsprechen. Zulasten der Klägerin sind ihre falschen Angaben zur Einreise nach Deutschland in ihrer ersten Anhörung bei der Zentralen Rückführungsstelle Nordbayern am 14. August 2012 zu werten, bei der sie angab, sie sei gemeinsam mit ihrer Arbeitgeberfamilie über Kanada nach Deutschland eingereist und ihr sei in … die Flucht vor dem gewalttätigen Arbeitgeber gelungen. Sie verlangte damals sogar eine ärztliche Untersuchung, erklärte jedoch in ihrer Anhörung vor dem Bundesamt am 9. April 2014, sie habe auf Anraten anderer Asylbewerber diese Geschichte nur erfunden. Zweifel an der Schilderung ihrer persönlichen Geschichte bestehen auch deshalb, weil sie am 14. August 2012 zunächst erklärte, ihre Mutter sei nach dem Tod ihres Vaters gestorben. In ihrer Anhörung am 9. April 2014 erklärte sie sodann, der Vater sei nach dem Tod Mutter verstorben. Sie erklärte diesen Widerspruch mit Erinnerungslücken. Sie leide unter starkem Stress. In der Gesamtschau entsteht eher der Eindruck, dass die Angaben zu den Ursachen ihrer Ausreise komplett erfunden sind, weshalb die Einzelrichterin der Klägerin nicht glaubt, dass es sich bei ihr um eine alleinstehende junge Frau handelt, die für den Fall einer Rückkehr nach Äthiopien sich dort keine Existenz aufbauen könnte. Vielmehr ist davon auszugehen, dass jedenfalls die weitere Familie der Klägerin noch in Äthiopien lebt. Daher würde sie bei einer Rückkehr nach Äthiopien, wenn sie denn nicht selbst Arbeit finden würde, von ihrer Familie Unterstützung erfahren. Das Existenzminimum der Klägerin wäre gesichert und somit keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit zu befürchten. Im Übrigen scheint sich die Versorgungslage in Äthiopien insgesamt leicht verbessert zu haben. So ist nach aktuellen Presseberichten trotz einer Dürreperiode nicht mit einer Hungersnot zu rechnen (… Nachrichten vom 16.2.2016 „Sieg über den Hunger“).
Der Vortrag der Klägerin zum Bestehen einer Traumatisierung infolge einer erlittenen Vergewaltigung ist nicht geeignet, das Bestehen eines Abschiebungsverbotes im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu begründen.
Zwar ist eine posttraumatische Belastungsstörung grundsätzlich geeignet, wegen einer konkret zu befürchtenden erheblichen bis lebensbedrohlichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes für den Fall der Rückkehr nach Äthiopien aufgrund der dort möglicherweise bestehenden unzureichenden Behandlungsmöglichkeiten ein Abschiebungsverbot zu begründen (BVerwG, U. v. 9.9.1997 – 9 C 48/96, InfAuslR 1998, 125; BVerwG, U. v. 29.10.2002 – 1 C 1/02, DVBl. 2003, 49).
Für das Vorliegen einer derartigen psychischen Beeinträchtigung fehlt es vorliegend sowohl am Vortrag als auch an der entsprechenden Vorlage fachärztlicher Bescheinigungen. Erforderlich ist, dass sich nachvollziehbar ergibt, auf welcher Grundlage der Facharzt eine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Hierzu gehören Angaben, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss geben über die Schwere der Krankheit, der Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie). In dieser Situation war das Gericht nicht gehalten, weitere Ermittlungen zum Gesundheitszustand der Klägerin anzustellen (zur Substantiierung eines Sachverständigenbeweisantrags vergleiche BVerwG, U. v. 11.9.2007 – 10 C 8/07 -, juris Rn. 15).
4. Auch die im angefochtenen Bescheid enthaltene Ausreiseaufforderung unter Abschiebungsandrohung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Voraussetzungen der §§ 34, 38 AsylG, 59 AufenthG liegen vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs.1, 154 Abs. 1 VwGO.
Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83 b AsylG.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach
Hausanschrift: Promenade 24-28, 91522 Ansbach, oder
Postfachanschrift: Postfach 616, 91511 Ansbach,
zu beantragen.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Berufung kann nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder das Urteil von einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.
Der Antragsschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Beschluss:
Der Gegenstandswert beträgt 5.000,00 Euro (§ 30 Abs. 1 Satz 1 RVG).
Diese Entscheidung ist gemäß § 80 AsylG nicht mit der Beschwerde angreifbar.

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