Aktenzeichen 6 U 61/14
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 4 S. 1
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
KapMuG § 8 Abs. 1 S. 1
Leitsatz
1 Ein Güteantrag muss neben den formalen Anforderungen, die von den für die Tätigkeit der jeweiligen Gütestelle maßgeblichen Verfahrensvorschriften gefordert werden, weiteren Voraussetzungen genügen. (red. LS Andy Schmidt)
2 Der Güteantrag hat in Anlageberatungsfällen regelmäßig die konkrete Kapitalanlage zu bezeichnen, die Zeichnungssumme sowie den (ungefähren) Beratungszeitraum anzugeben und den Hergang der Beratung zumindest im Groben zu umreißen. Das angestrebte Verfahrensziel ist zumindest soweit zu umschreiben, dass dem Gegner und der Gütestelle ein Rückschluss auf Art und Umfang der verfolgten Forderung möglich ist. (red. LS Andy Schmidt)
Verfahrensgang
11 O 303/13 2014-11-12 Urt LGCOBURG LG Coburg
Tenor
1. Das Verfahren wird nicht ausgesetzt.
2. Das Versäumnisurteil des Oberlandesgerichts Bamberg vom 16.10.2015 wird mit folgender Maßgabe aufrechterhalten: Die Berufung der Kläger gegen das Endurteil des Landgerichts Coburg vom 12.11.2014 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage als unbegründet abgewiesen wird.
3. Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die weiteren Kosten des Berufungsverfahrens.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
In Ergänzung des Beschlusses vom 16.10.2015 wird der Streitwert für das Berufungsverfahren ab dem 05.02.2016 auf 50.602,51 € festgesetzt.
Gründe
A. Die Kläger nehmen die Beklagte unter dem Vorwurf einer fehlerhaften Kapitalanlageberatung auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Kläger zeichneten am 22.11.1996 eine treuhänderisch für sie gehaltene Beteiligung an dem X. Beteiligung Objekt – F001 – W. – KG, einem geschlossenen Fonds (im Folgenden: F001). Die Zeichnungssumme betrug 50.000,00 DM; hinzu kam ein Agio von 5% (2.500,00 DM). Der Zeichnung gingen mehrere Gespräche mit einem Mitarbeiter der Beklagten voraus. Grundlage der Gespräche war der damals aktuelle Emissionsprospekt.
Mit Schreiben vom 29.12.2011 (Anl. K 1a zum Schriftsatz des Klägervertreters vom 07.03.2014; Anlagenheft (Kläger) der 1. Instanz unter I/2) beantragten die Bevollmächtigten der Kläger bei dem als Schlichter tätigen Rechtsanwalt D. in S. in B. eine außergerichtliche Streitschlichtung. Auf den Inhalt des Schreibens vom 29.12.2011 wird Bezug genommen.
Das Landgericht Berlin hat am 29.01.2015 im Verfahren 3 OH 50/14 zu dem Emissionsprospekt der Beteiligung F001 einen Vorlagebeschluss nach dem Kapitalmustergesetz erlassen. Die Entscheidung wurde im Bundesanzeiger (Klageregister) bekannt gemacht.
Die Kläger berufen sich auf die Verletzung von Pflichten durch die Beklagte aus dem mit ihnen geschlossenen Anlageberatungsvertrag sowie eine Haftung der Beklagten aus § 826 BGB. Der Mitarbeiter der Beklagten habe sie falsch beraten. Er habe ihnen den Fonds u. a. mit der falschen Behauptung empfohlen, die X. Fonds hätten in der Vergangenheit 7% Gewinn erwirtschaftet. Zudem weise der Prospekt zahlreiche für die Beklagte erkennbare Fehler auf, über die der Mitarbeiter der Beklagten sie habe aufklären müssen. Er habe sie auch nicht über die Tatsache eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens gegen den Fondsinitiator sowie die negative Berichterstattung über den Fonds informiert. Die Schulungen der Beklagten für ihre Anlageberater seien fehlerhaft gewesen, so dass diese eine ordnungsgemäße Beratung nicht hätten durchführen können.
Beide Kläger haben einen Feststellungsantrag angekündigt, jedoch in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 21.10.2014 keinen Antrag gestellt.
Die Beklagte hat Klageabweisung sowie den Erlass eines Versäumnisurteils beantragt.
Sie hat die Zulässigkeit der Feststellungsklage sowie die geltend gemachten Beratungsfehler in Abrede gestellt und die Einrede der Verjährung erhoben.
Das Landgericht hat die Klage durch kontradiktorisches Endurteil vom 12.11.2014 mangels Bestehen eines Feststellungsinteresses als unzulässig abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 19.11.2014 zugestellte Urteil haben die Kläger am 19.12.2014 Berufung beim Oberlandesgericht Bamberg eingelegt, die sie nach entsprechenden Fristverlängerungen am 19.03.2015 begründet haben.
Soweit für das Berufungsverfahren noch relevant macht die Berufung geltend, dass der Schadensersatzanspruch der Kläger nicht verjährt sei. Er sei durch den Güteantrag vom 29.12.2011 hinreichend individualisiert und die Verjährung daher gehemmt worden. Der Beklagten sei es durch die Angabe der Beteiligungsnummer auch ohne die Darstellung anderer die Anlage individualisierender Tatsachen ohne weiteres möglich gewesen, den
Vorgang zuzuordnen. Der Anspruch werde im Wesentlichen mit einer nicht anlagegerechten Beratung durch die Verwendung eines falschen Prospekts begründet. Dies vereinheitliche die zugrunde liegenden Lebenssachverhalte. Eine Bezifferung der Forderung oder die Angabe einer Größenordnung sei nicht erforderlich. Dies schreibe die Schlichtungsordnung der Gütestelle D. nicht vor. Zudem genüge die Angabe der geleisteten Einlage und des Agios zur Abschätzung der ungefähren Größenordnung. Die geleisteten Kapitalbeträge nebst Agio stellten jedenfalls einen selbstständigen Streitgegenstand dar, so dass die Verjährung zumindest insoweit gehemmt sei. Die Rechtsprechung des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs sei europarechtswidrig und willkürlich. Nach der Rechtsprechung des IV. Zivilsenats genügten die im vorliegenden Fall gemachten Angaben zur hinreichenden Individualisierung des Anspruchs. Die Berufung ist zudem der Ansicht, dass der Rechtsstreit nach § 8 KapMuG auszusetzen sei. Wegen der näheren Einzelheiten – auch zur Schadensberechnung – wird auf die Berufungsbegründung (Bl. 727 ff. d. A.) sowie sämtliche weitere Schriftsätze der Klägervertreter Bezug genommen.
Die Prozessbevollmächtigten der Kläger haben in der mündlichen Verhandlung des Senats am 16.10.2015 keinen Antrag gestellt. Der Senat hat daraufhin auf Antrag der Beklagten folgendes Versäumnisurteil erlassen:
1. Die Berufung der Kläger gegen das Endurteil des Landgerichts Coburg vom12.11.2014 wird zurückgewiesen.
2. Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.
3. Dieses Urteil und das in Ziff. 1. genannte Endurteil des Landgerichts Coburg sind vorläufig vollstreckbar.
Es wird verwiesen auf das Versäumnisurteil nebst Gründen (Bl. 1236 f. d. A.).
Gegen das am 23.10.2015 zugestellte Versäumnisurteil haben die Klägervertreter am 06.11.2015 Einspruch eingelegt. Am 01.02.2016 haben die Kläger aufgrund eines gegen den Gründungskomplementär des Fonds, W., geführten Rechtsstreits Zahlung in Höhe von 2.232,68 € erhalten. Die Kläger haben den vorliegenden Rechtsstreit insoweit teilweise für erledigt erklärt und in der mündlichen Verhandlung am 05.02.2016 im Übrigen folgenden Antrag gestellt:
I. Das Versäumnisurteil vom 16.10.2015 – 6 U 61/14 wird aufgehoben.
II. Auf die Berufung der Klägerin wird das Endurteil des Landgerichts Coburg vom 12.11.2014 – 11 O 303/13 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 60.132,92 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen abzüglich einer Zahlung des Herrn W. in Höhe von 2.232,68 € am 01.02.2016, Zug um Zug gegen die schriftliche Zustimmung der Kläger zur Übertragung der Ansprüche aus der Beteiligung an der X. Beteiligung Objekt 001 – W. – KG, Vertragsnummer: 90000.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern sämtliche weiteren künftigen materiellen Schäden aus der Beteiligung an der X. Beteiligung Objekt 001 – W. – KG, Vertragsnummer: 90000 zu ersetzen.
3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Gegenleistung im Verzug befindet.
4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger vorgerichtliche Kosten der Rechtsverfolgung i. H. v. 1.638,15 € nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen sowie die Klägerin von den weiteren vorgerichtlichen Kosten der Rechtsverfolgung i. H. v. 2.619,02 € freizustellen.
Die Beklagte hat der teilweisen Erledigungserklärung nicht zugestimmt und beantragt, das Versäumnisurteil vom 16.10.2015 aufrechtzuerhalten.
Sie ist der Ansicht, dass die Voraussetzungen für eine Aussetzung des Verfahrens nach § 8 KapMuG nicht vorliegen und dass die Forderung der Kläger verjährt sei. Wegen der Einzelheiten wird auf die Berufungserwiderung (Bl. 916 ff. d. A.) sowie die weiteren Schriftsätze des Beklagtenvertreters verwiesen.
B. Der Einspruch gegen das Versäumnisurteil vom 16.10.2015 ist zulässig, weil er form- und fristgerecht eingelegt worden ist, § 339 Abs. 1, § 340 ZPO. Der Prozess ist damit in die Lage zurückversetzt worden, in der er sich vor Eintritt der Säumnis befunden hat, § 342 ZPO.
II. Das Berufungsverfahren ist nicht auszusetzen, weil die Voraussetzungen für eine Aussetzung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG nicht vorliegen. Für die Entscheidung des Streitfalls kommt es auf die Vorlagefrage nicht an.
1. Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 KapMuG setzt das Prozessgericht nach der Bekanntmachung des Vorlagebeschlusses im Klageregister von Amts wegen das Verfahren bis zur Entscheidung über die Feststellungziele im Musterverfahren aus, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von den geltend gemachten Feststellungszielen abhängt. Nach der Begründung des Gesetzesentwurfs vom 29.02.2012 (BT-Drucksache 17/8799 S. 20) dürfen nur solche Verfahren ausgesetzt werden, deren Ausgang von den geltend gemachten Feststellungszielen abhängt. Diese Abhängigkeit sei abstrakt zu beurteilen; deshalb genüge es, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von den Feststellungzielen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit abhängen könne. Es sei nicht erforderlich, dass die Entscheidung nach Klärung sämtlicher übriger Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsfragen nur noch von den Feststellungszielen abhänge. Dem Prozessgericht werde ein gewisser Beurteilungsspielraum eingeräumt. Es könne auf die Verfahrenssituation zum Zeitpunkt der Bekanntmachung des Vorlagebeschlusses Rücksicht nehmen und müsse nicht sogleich aussetzen.
2. Im vorliegenden Fall sind auch bei der gebotenen abstrakten Beurteilung der Abhängigkeit die Voraussetzungen für eine Aussetzung nicht gegeben. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Beschl. v. 02.12.2014 – XI ZB 17/13 – zit. nach juris) sieht auch der Senat eine Aussetzung dann als unzulässig an, wenn der Rechtsstreit ohne Rückgriff auf die Feststellungziele eines Musterverfahrens entscheidungsreif ist. Dann hängt die Entscheidung unzweifelhaft nicht vom Ausgang des Musterverfahrens ab (BGH a. a. O. Tz. 13). Eine gleichwohl erfolgte Aussetzung begegnet im Hinblick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes sogar verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BGH a. a. O. Tz. 14). Vorliegend ist der Rechtsstreit entscheidungsreif. Der Anspruch der Klägerin ist verjährt (vgl. nachfolgend unter Ziffer IV.). Auf die Feststellungsziele in dem Musterverfahren, die sich bislang ausschließlich auf den Inhalt des Prospekts beziehen, kommt es nicht an. Der von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin gestellte Erweiterungsantrag im Hinblick auf Fragen der Verjährung (Anl. zum Schriftsatz des Klägervertreters vom 27.07.2015; Anlagenheft (Kläger) der 2. Instanz) ist bislang nicht durch Beschluss in das Musterverfahren einbezogen worden. Eine Abhängigkeit des vorliegenden Rechtsstreits hiervon kommt daher schlechterdings nicht in Betracht (vgl. OLG Celle, Urt. v. 24.09.2015 – 11 U 89/14, Tz. 83 – zit. nach juris).
III. Es braucht nicht mehr entschieden zu werden, ob die Auffassung des Landgerichts zutrifft, dass die zunächst erhobene Feststellungsklage mangels Feststellungsinteresses unzulässig war. Denn die Kläger haben mit – der Beklagten am 05.02.2016 zugegangenem – Schriftsatz vom 04.02.2016 ihre Klage auf einen Leistungsantrag umgestellt; dies ist nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässig.
IV. Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Dementsprechend war sie mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Klage unbegründet ist (vgl. Zöller-Heßler a. a. O., § 528 Rn. 32).
Es kann dabei offen bleiben, ob die Beklagte ihre Beratungspflichten verletzt hat und ob eine eventuelle Pflichtverletzung kausal für den geltend gemachten Schaden geworden ist. Auch die Frage, ob die Beklagte fehlerhafte Schulungsveranstaltungen durchgeführt hat und ob und wie sich dies gegebenenfalls auf die Beratung im vorliegenden Fall ausgewirkt hat, kann dahinstehen. Etwaige Schadensersatzansprüche der Kläger aus § 280 Abs. 1 BGB bzw. § 826 BGB sind jedenfalls kenntnisunabhängig mit Ablauf des 02.01.2012 verjährt.
1. Die kenntnisunabhängige Verjährungsfrist des § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB, die gemäß Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB am 01.01.2002 zu laufen begonnen hat, ist am Ende des 02.01.2012 und damit vor Einreichung der Klage am 13.06.2013 abgelaufen. Der Güteantrag vom 29.12.2011 hat die Verjährung bereits deshalb nicht wirksam i. S. v. § 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB gehemmt, weil er den geltend gemachten Anspruch nicht hinreichend individualisiert.
2. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 18.06.2015 – III ZR 189/14, III ZR 191/14, III ZR 198/14 und III ZR 227/14; Beschl. v. 13.08.2015 – III ZR 358/14; Urt. v. 20.08.2015 – III ZR 373/14; Urt. v. 03.09.2015 – III ZR 347/14; Urt. v. 15.10.2015 – III ZR 170/14; Urt. v. 28.10.2015 – IV ZR 405/14; Urt. v. 03.12.2015 – III ZR 231/14), die das Bundesverfassungsgericht durch Nichtannahmebeschlüsse vom 10.09.2015 (1 BvR 1816 -1819/15) bestätigt hat, hat der Güteantrag neben den formalen Anforderungen, die von den für die Tätigkeit der jeweiligen Gütestelle maßgeblichen Verfahrensvorschriften gefordert werden, weiteren Voraussetzungen zu genügen. Er muss zwar nicht in jeder Beziehung den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO für eine Klageerhebung entsprechen. Er muss für den Schuldner aber erkennen lassen, welcher Anspruch gegen ihn geltend gemacht werden soll, damit er prüfen kann, ob eine Verteidigung erfolgversprechend ist und ob er in das Güteverfahren eintreten möchte. Dementsprechend muss der Güteantrag einen bestimmten Rechtsdurchsetzungswillen des Gläubigers unmissverständlich kundgeben und hierzu die Streitsache darstellen sowie das konkrete Begehren erkennen lassen. Der verfolgte Anspruch ist hinreichend genau zu bezeichnen. Auch wenn insoweit keine allzu strengen Anforderungen zu stellen sind, weil das Güteverfahren in erster Linie auf eine außergerichtliche gütliche Beilegung des Rechtsstreits abzielt und keine strikte Antragsbindung wie im Mahn- oder Klageverfahren besteht, kommt hinzu, dass die Gütestelle durch den Antrag in die Lage versetzt werden muss, als neutraler Schlichter und Vermittler im Wege eines Schlichtungsversuchs einen Vergleichsvorschlag zu unterbreiten. Dies setzt voraus, dass sie ausreichend über den Gegenstand des Verfahrens informiert wird. Maßgebend für die Individualisierung ist sonach nicht allein die Perspektive des Antragsgegners, sondern auch die Sicht der Gütestelle, an die sich der Güteantrag in erster Linie richtet, damit diese im Sinne einer gütlichen Einigung zwischen den Anspruchsparteien tätig wird.
Nach diesen Grundsätzen hat der Güteantrag in Anlageberatungsfällen regelmäßig die konkrete Kapitalanlage zu bezeichnen, die Zeichnungssumme sowie den (ungefähren) Beratungszeitraum anzugeben und den Hergang der Beratung zumindest im Groben zu umreißen. Ferner ist das angestrebte Verfahrensziel zumindest soweit zu umschreiben, dass dem Gegner und der Gütestelle ein Rückschluss auf Art und Umfang der verfolgten Forderung möglich ist; eine genaue Bezifferung der Forderung muss der Güteantrag seiner Funktion gemäß demgegenüber grundsätzlich nicht enthalten.
Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an. Die von den Klägern unter Bezugnahme auf Lindner (jurisPR – BGHZivilR 20/2015 Anm. 1) vorgebrachte Kritik teilt der Senat nicht.
Es ist nicht ersichtlich, dass der Bundesgerichtshof diese Erwägungen bei seiner Entscheidung nicht bedacht hätte. Auch einen Verstoß gegen das Europarecht vermag der Senat nicht zu erkennen. Europarechtliche Vorgaben dazu, welche Anforderungen im Zusammenhang mit der Hemmung der Verjährung an die Individualisierung von Güteanträgen gestellt werden können, sind der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie nicht zu entnehmen.
3. Der Güteantrag vom 29.12.2011 genügt den vorstehend dargelegten Maßstäben nach Auffassung des Senats nicht.
Aus dem Antrag ergeben sich die Person der Antragsteller, die Höhe der Zeichnungssumme und die konkret gezeichnete Kapitalanlage. Weitere individualisierende Angaben sind nicht vorhanden. Weder wird mitgeteilt, wann Beratung und Zeichnung erfolgt sind, noch welcher konkrete Vermittler der Beklagten tätig war. Der Antrag enthält zwar Ausführungen zu „Aufklärungspflichtverletzungen bzw. Täuschungen“. Diese weisen aber keinen Bezug zum konkreten Beratungshergang in dem der Gütestelle vorgelegten Einzelfall auf.
Auch das angestrebte Verfahrensziel wird in dem Güteantrag nicht ausreichend beschrieben. Dem Antrag ist nur zu entnehmen, dass „die antragstellende Partei“ den „gesamten durch den Beteiligungsabschluss ursächlich entstandenen Schaden geltend“ macht. Die Antragsteller seien „so zu stellen, als ob keine Beteiligung zustande gekommen wäre“. Die Größenordnung des konkret erhobenen Anspruchs ist daraus für die Beklagte (als Antragsgegnerin) und erst recht für die Gütestelle nicht ansatzweise zu erkennen. In dem Antrag ist hierzu ausgeführt, dass der Schaden „sämtliche aufgebrachten Kapitalbeträge sowie entgangenen Gewinn und gegebenenfalls vorhandene sonstige Schäden (z. B. aus Darlehensfinanzierung oder Steuerrückzahlungen)“ umfasse. Wie die Kläger den entgangenen Gewinn konkret bemessen und inwieweit es sich tatsächlich um eine vollständig oder teilweise (darlehens-) finanzierte Beteiligung handelt, geht aus dem Antrag indessen nicht hervor. Umgekehrt kann die Höhe des Schadens wegen erfolgter Ausschüttungen und (eventuell) Steuervorteilen aber auch erheblich von der Zeichnungssumme abweichen. Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang ein bestimmter Fonds schadensmindernde Ausschüttungen geleistet hat, mag dem in Anspruch genommenen Vertriebsunternehmen noch bekannt sein. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist aber erforderlich, dass auch der Gütestelle ein Rückschluss auf Art und Umfang der verfolgten Forderung möglich ist. Ein solcher Rückschluss ist auf der Grundlage des vorliegenden Güteantrags nicht möglich. Dass die Größenordnung des geltend gemachten Anspruchs vorliegend nicht ansatzweise erkennbar ist, zeigt sich insbesondere daran, dass dem Güteantrag nur ein Schaden in einer Größenordnung von 25.564,59 € zuzüglich 5% Agio zu entnehmen ist. Tatsächlich werden mit der Klage Schäden in Höhe von über 60.000,00 € geltend gemacht.
Auch die Mitteilung der Beteiligungsnummer ändert nichts, weil es – anders als beim Mahnverfahren (vgl. BGH, Urt. v. 10.12.2015 – III ZR 128/14, Tz. 9, 10 – zit. nach juris) – nicht allein auf die Perspektive der Beklagten ankommt, sondern auch die Sicht der Gütestelle, an die sich der Güteantrag in erster Linie richtet, maßgebend ist, damit diese im Sinne einer gütlichen Einigung zwischen den Parteien tätig werden kann. Die Gütestelle kann aus der Angabe der Beteiligungsnummer eine Individualisierung nicht vornehmen. Zudem kann auch die Beklagte aus der bloßen Angabe der Beteiligungsnummer die Größenordnung des geltend gemachten Schadens, insbesondere die Höhe der Darlehensforderung, den entgangenen Gewinn und die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten, nicht ersehen.
4. Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 28.10.2015 (IV ZR 405/14) steht dieser Bewertung nicht entgegen. Abgesehen davon, dass der IV. Zivilsenat seiner Entscheidung ausdrücklich die Maßstäbe zugrunde legt, die der III. Zivilsenat aufgestellt hat (Urt. v. 28.10.2015 – IV ZR 405/14, Tz. 12, 13 u. 18 – zit. nach juris), war dort Gegenstand der Bewertung ein Güteantrag, der auf ein diesem beigefügtes vorprozessuales Schreiben Bezug nahm, in dem alle erforderlichen Angaben enthalten waren, insbesondere auch solche zur Größenordnung des geltend gemachten Anspruchs. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Anders als die Berufung meint, wird vorliegend zudem ein Anspruch aus fehlerhafter Anlageberatung geltend gemacht. Die Beklagte schuldete den Klägern aufgrund des zwischen ihnen bestehenden Anlageberatungsvertrags gerade eine solche Beratung. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Beratung anhand des Emissionsprospekts erfolgt ist und dass die Beratungsfehler teilweise auf Prospektfehlern beruhen sollen. Denn der Zeichnungsentschluss der Kläger ist nach dem Klagevortrag nicht etwa allein aufgrund einer Übersendung und Kenntnisnahme des Prospekts, sondern aufgrund von individuellen Beratungsgesprächen getroffen worden (vgl. die Schriftsätze des Klägervertreters v.09.04.2014, S. 10 ff. = Bl. 390 ff. d. A. und v. 10.10.2014, S. 6 ff. = Bl. 635 ff. d. A.) . Zudem machen die Kläger geltend, dass die behaupteten Beratungsfehler auch auf einer falscher Schulung der Berater durch die Beklagte beruhen würden.
5. Soweit die Berufung hilfsweise ausführt, dass die Verjährung zumindest hinsichtlich der im Güteantrag angegebenen Summe der eingebrachten Kapitalbeträge in Höhe von 25.564,59 € nebst 5% Agio gehemmt sei, trifft dies nicht zu. Für die Frage der Hemmung ist auf den prozessualen Anspruch abzustellen. Dieser ist hinreichend zu individualisieren. Dazu genügt – wie oben ausgeführt worden ist – die bloße Angabe des eingebrachten Kapitals nicht. Zudem handelt es sich bei der Summe des eingebrachten Kapitals nicht um einen selbstständigen Streitgegenstand, sondern um einen bloßen Rechnungsposten im Rahmen der Schadensberechnung. Aus dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 26.02.2015 (III ZR 53/14 Tz. 4 – zit. nach juris) folgt nichts anderes. Den entgangenen Gewinn als selbstständigen Streitgegenstand haben die Kläger gerade nicht hinreichend individualisiert. Aus dem Gesagten folgt zugleich, dass auch die Rechtsprechung zur Teilklage nicht einschlägig ist.
C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 543 Abs. 2 ZPO. Der Bundesgerichtshof hat die Frage, welche Anforderungen an die Individualisierung von Güteanträgen in Kapitalanlageberatungsfällen zu stellen sind, durch die zitierten Urteile und Beschlüsse geklärt. Grundsatzbedeutung scheidet somit aus. Der Senat weicht auch nicht von der seither ergangenen Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte sowie der des Bundesgerichtshofs ab, so dass auch kein Fall der Divergenz vorliegt.
Bei der Berechnung des Streitwerts erhöht der geltend gemachte entgangene Gewinn den Streitwert als Nebenforderung nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 08.05.2012 – XI ZR 261/10 Tz. 14; Beschl. v. 27.06.2013 – III ZR 143/12, Tz. 6 ff.; Beschl. v. 29.01.2015 – III ZR 41/14, Tz. 3). Bis zur Zustellung der Antragsänderung an die Beklagte am 05.02.2016 verbleibt es daher bei der Wertfestsetzung des Senats im Beschluss vom 16.10.2015 (Bl. 1033 d. A. = 80% von 50.602,51 €). Ab dem 05.02.2016 ist der Streitwert auf 50.602,51 € festzusetzen (49.102,51 € + 1.500,00 €). Die Teilerledigungserklärung über 2.232,68 € wirkt sich nicht mehr aus, weil am 05.02.2016 noch entstandene Gebühren aus dem höchsten Streitwert angefallen sind.