Arbeitsrecht

Zu den Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs aus § 628 Abs. 2 BGB

Aktenzeichen  7 Sa 239/15

Datum:
2.2.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
AuR – 2016, 378
Gerichtsart:
LArbG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Arbeitsgerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 626 Abs. 1, Abs. 2, § 628 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Schadensersatzansprüche aus § 628 Absatz 2 BGB; abgewiesen teils, weil die Zweiwochenfrist des § 626 Absatz 2 BGB nicht eingehalten wurde, teils, weil der Arbeitnehmer den Arbeitgeber abgemahnt hatte und damit auf das Kündigungsrecht verzichtet hat. (amtlicher Leitsatz)
2. Der für ein Auflösungsverschulden des Kündigungsempfängers gemäß § 628 Abs. 2 BGB erforderlichen schuldhaften Pflichtverletzung muss das Gewicht eines zum Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB berechtigenden wichtigen Grundes zukommen (Anschluss an BAG BeckRS 2009, 60034 Rn. 32 mwN). (red. LS Alke Kayser)
3. Ein Verzug des Arbeitgebers mit der Lohnzahlung kann einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses darstellen, wenn die Lohnzahlung in nicht unerheblicher Höhe unterblieben ist oder sich der Verzug des Arbeitgebers mit der Vergütungszahlung über einen erheblichen Zeitraum erstreckt und der Arbeitnehmer diesen Fehler abgemahnt hat (Anschluss an BAG BeckRS 2002, 41249 unter A I 3 b aa). (red. LS Alke Kayser)
4. Der Schadensersatzanspruch gemäß § 628 Abs. 2 BGB setzt die Wahrung der Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB für die Kündigung voraus (Anschluss an BAG BeckRS 2001, 30196234). Leitet der Arbeitnehmer aus bestimmten Vorgängen Zweifel an der Zahlungswilligkeit des Arbeitgebers her, kommt es für den Beginn der Frist des § 626 Abs. 2 BGB auf die Kenntnis jener Tatsachen an, aus denen sich die Zahlungsunwilligkeit des Arbeitgebers ergibt (Nichtzulassungsbeschwerde verworfen durch BAG, Beschl. v. 28.06.2016 – 8 AZN 242/16). (red. LS Alke Kayser)
5. Das Kündigungsrecht gemäß § 626 Abs. 1 BGB erlischt durch Verzicht, wenn der Kündigungsberechtigte wegen eines ihm bekannten Kündigungssachverhalts eine Ermahnung oder Abmahnung ausspricht, sofern die für die Kündigung maßgebenden Umstände unverändert bleiben (Anschluss an BAG BeckRS 1986, 30717674 unter II 2 a). (red. LS Alke Kayser)

Verfahrensgang

5 Ca 917/14 2015-03-26 TeU ARBGWUERZBURG ArbG Würzburg

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Teilurteil des Arbeitsgerichts Würzburg – Kammer Aschaffenburg – vom 26.03.2015 in Ziffer 2 dahingehend abgeändert, dass die Klägerin verurteilt wird, an den Beklagten 30.000,00 € brutto zu zahlen.
2. Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin ¼, der Beklagte trägt ¾.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist statthaft, § 64 Absatz 2 b) ArbGG, sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, § 66 Absatz 1 Satz 1 und 2, 64 Absatz 6 Satz 1 ArbGG i. V. m. den §§ 519, 520 ZPO. Insbesondere ist die Klägerin auch nach der Rücknahme ihrer Klage durch das Teilurteil im erforderlichen Umfang beschwert. Das Erstgericht hat die Klägerin zur Zahlung von 30.000,00 € verurteilt. Es fehlt die Angabe, ob es sich um einen Brutto- oder um einen Nettobetrag handelt. Da allein der Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung sich auf über 5.000,00 € beläuft, ist der Beschwerdewert in Höhe von 600,00 € überschritten.
Die Berufung der Klägerin ist begründet.
Der Betrag von 30.000,00 €, den das Erstgericht ausgeurteilt hat, ist ein Bruttobetrag. Es handelt sich unstreitig um Vergütungsansprüche. Arbeitsvergütung unterliegt zum einen der Steuerpflicht, zum anderen der Sozialversicherungspflicht. Die auf die Arbeitsvergütung entfallende Lohnsteuer sowie die auf den Arbeitnehmer entfallenden Beiträge zur Sozialversicherung müssen zwar vom Arbeitgeber berechnet und abgeführt werden, Schuldner der Beiträge ist indes der Arbeitnehmer. Etwas anderes gilt allerdings, wenn die Vertragsparteien eines Arbeitsverhältnisses eine Nettolohnvereinbarung getroffen haben. In diesem Fall übernimmt der Arbeitgeber es, an den Arbeitnehmer einen festen Betrag netto zu zahlen und entrichtet die auf diesen Betrag anfallenden öffentlichrechtlichen Abzüge. Eine derartige Nettolohnabrede muss ausdrücklich erfolgt sein.
Der Beklagte behauptet selbst nicht, die Parteien hätten eine Nettolohnabrede getroffen. Vielmehr ist zwischen den Parteien unstreitig, dass auch die in der Vergangenheit geleisteten Abschlagszahlungen brutto abgerechnet wurden.
Das Ersturteil war entsprechend zu ergänzen.
Auch die Berufung des Beklagten ist zulässig.
Sie ist statthaft, § 64 Absatz 2 b) ArbGG, sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, § 66 Absatz 1 Satz 1 und 2, 64 Absatz 6 Satz 1 ArbGG i. V. m. den §§ 519, 520 ZPO.
Die Berufung des Beklagten ist unbegründet.
Der Erlass eines Teilurteils war zulässig. Insbesondere lagen die Voraussetzungen des § 301 ZPO vor. Danach ist, wenn mehrere Ansprüche geltend gemacht werden, ein Teilurteil zu erlassen, wenn ein Anspruch entscheidungsreif ist. Der Erlass eines Teilurteils setzt zum einen voraus, dass ein teilbarer Streitgegenstand vorliegt. Dies war vorliegend der Fall. Mit der Widerklage macht der Beklagte mehrere prozessuale Ansprüche geltend. Der prozessuale Anspruch wird bestimmt durch den Antrag und den ihn begründenden Lebenssachverhalt. In diesem Sinne stellen die Ansprüche auf Zahlung einer Abfindung, auf Ausgleich des Verfrühungsschadens und auf Zahlung eines Schmerzensgeldes jeweils selbstständige prozessuale Ansprüche dar. Zwar bezieht sich der Beklagte zur Begründung der Ansprüche auf denselben Sachverhalt. Er leitet aus diesem Sachverhalt indes verschiedene Rechtsfolgen ab, wie sich aus den unterschiedlichen Anträgen ergibt.
Dem Erlass des Teilurteils stand auch nicht der ungeschriebene Rechtssatz (vgl. Zöller, Zivilprozessordnung, 31. Auflage, Rdnr. 2 zu § 301) entgegen, wonach das Teilurteil unabhängig vom Schlussurteil sein muss und sich einander widersprechende Entscheidungen ausgeschlossen sein müssen.
Der Beklagte macht zur Begründung seiner außerordentlichen Kündigung geltend, die Klägerin habe sich ihm gegenüber schikanös und diskriminierend verhalten. Auf dieselbe Begründung stützt er auch den Schmerzensgeldanspruch. Für beide Ansprüche ist es demnach erforderlich, dass das Gericht den vom Beklagten insoweit vorgetragenen Sachverhalt würdigt. Dabei ist es nicht denknotwenig ausgeschlossen, dass das Gericht in dem Verhalten der Klägerin einen Kündigungsgrund sieht oder nicht sieht und bei der Frage, ob dem Beklagten ein Schmerzensgeldanspruch zusteht, das Verhalten der Klägerin als nicht rechtswidrig erachtet. Dies mag widersprüchlich erscheinen. Eine unterschiedliche Würdigung des Verhaltens der Klägerin kann aber daran liegen, dass eine außerordentliche Kündigung und ein Schmerzensgeldanspruch an unterschiedliche Voraussetzungen geknüpft werden.
Vorliegend sind widersprüchliche Entscheidungen jedenfalls ausgeschlossen.
Das Erstgericht hat bei der Frage, ob für die außerordentliche Kündigung des Beklagten ein wichtiger Grund vorgelegen hat, den Sachvortrag des Beklagten hinsichtlich des behaupteten Mobbings zu Unrecht völlig unberücksichtigt gelassen. Das erkennende Gericht kommt, was noch ausgeführt wird, unter Berücksichtigung des vom Erstgericht übergangenen Sachvortrags des Beklagten aber ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die außerordentliche Kündigung des Beklagten nicht wirksam ist. Zu der Besorgnis, es könne zu widersprüchlichen Entscheidungen kommen, besteht kein Anlass. Im Berufungsverfahren kann offen bleiben, ob das vom Beklagten behauptete Verhalten der Klägerin vorgelegen hat und wie es zu bewerten ist.
Dem Beklagten steht weder ein Abfindungsanspruch noch die Erstattung eines Verfrühungsschadens zu, § 628 Absatz 2 BGB.
Voraussetzung für einen solchen Anspruch eines Arbeitnehmers ist, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer durch ein vertragswidriges schuldhaftes Verhalten den Anlass für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegeben hat. Der Grund für den Anspruch aus § 628 Absatz 2 BGB ist das sog. Auflösungsverschulden. Hat der Arbeitnehmer, der einen Anspruch nach § 628 Absatz 2 BGB geltend macht, gekündigt, muss diese Kündigung berechtigt und wirksam sein und ihren Grund in einem vertragswidrigen Verhalten des anderen Vertragsteils haben, also in dessen Auflösungsverschulden. Dabei genügt nicht jede geringfügige schuldhafte Vertragsverletzung, vielmehr muss ihr das Gewicht eines wichtigen Grundes zukommen und zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung nach § 626 Absatz 1 BGB berechtigen (vgl. Bundesarbeitsgericht – Urteil vom 22.01.2009 – 8 AZR 808/07; juris).
Ein solches Auflösungsverschulden ist vorliegend nicht gegeben.
Der Beklagte hat zwar unter dem 06.08.2014 eine außerordentliche und fristlose Kündigung erklärt. Diese Kündigung ist indes unwirksam.
Der Beklagte stützt die Kündigung zum einen darauf, dass die Klägerin mit der Zahlung von Arbeitsvergütung im Verzug war, zum anderen macht der Beklagte geltend, er sei von der Klägerin schikaniert und diskriminiert worden. Weder der eine noch der andere Vorwurf können die Kündigung des Beklagten rechtfertigen.
Es kann für den Arbeitnehmer allerdings einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung seines Arbeitsverhältnisses an sich darstellen, wenn der Arbeitgeber mit seiner Lohnzahlung in Verzug ist. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Lohnzahlung in nicht unerheblicher Höhe unterblieben ist oder sich der Verzug des Arbeitgebers mit der Vergütungszahlung über einen erheblichen Zeitraum erstreckt und der Arbeitnehmer diesen Fehler abgemahnt hat (vgl. Bundesarbeitsgericht – Urteil vom 17.01.2002 – 2 AZR 494/00; juris).
Die Klägerin war zum Zeitpunkt des Zugangs der außerordentlichen Kündigung am 11.08.2014 jedenfalls mit der Zahlung von 30.000,00 € brutto im Verzug. Nach dem Arbeitsvertrag schuldete die Klägerin dem Beklagten zum Ende eines jeden Quartals eine Abschlagszahlung auf die Provision in Höhe von 10.000,00 €. Die Klägerin hat diesen Betrag weder am 31.12.2013 noch am 31.03.2014 und am 30.06.2014 an den Beklagten geleistet. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig.
Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, dem Beklagten stehe der Anspruch auf den Abschlag nicht zu, weil er Provisionen in dieser Höhe nicht ins Verdienen gebracht habe, sondern bereits in den Jahren 2012 und 2013 zu viel an Abschlagszahlungen erhalten habe. Zwar ist dieser Einwand grundsätzlich geeignet, den Anspruch auf Zahlung eines vereinbarten Abschlags entfallen zu lassen. Es widerspräche dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB), etwas zu verlangen, von dem bereits feststeht, dass es umgehend zurückgewährt werden muss.
Die Klägerin hat indes nicht dargelegt und nachgewiesen, dass den dem Beklagten gezahlten Abschlagszahlungen nicht Provisionsansprüche in entsprechender Höhe gegenüberstehen. Zwar hat die Klägerin für die Jahre 2012 und 2013 Abrechnungen vorgelegt, nach denen der Beklagte 47.825,20 € zu viel erhalten hätte.
Der Beklagte bestreitet indes die Richtigkeit der Abrechnungen.
Die Abrechnungen sind nicht ordnungsgemäß. Zum einen ergibt sich daraus nicht, welche einzelnen Geschäfte die Klägerin berücksichtigt hat. Zum anderen sind vom ermittelten Umsatz Kosten abgezogen worden, die nach dem Arbeitsvertrag offensichtlich nicht hätten abgezogen werden dürfen. Nach der vertraglichen Regelung dürfen (nur) die direkten Kosten in Abzug gebracht werden. Das sind Kosten, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem jeweiligen Geschäft stehen. Dagegen sind allgemeine Betriebsaufwendungen keine direkten Kosten. Die Abrechnungen der Klägerin lassen teilweise nicht erkennen, ob es sich um direkte Kosten in diesem Sinne handelt, teilweise handelt es sich offensichtlich nicht um direkte Kosten, beispielsweise bei den Kosten für das Büro in C-Stadt.
Es lässt sich somit derzeit nicht feststellen, dass der Beklagte zur Rückzahlung der Abschlagszahlungen verpflichtet wäre.
Gleichwohl kann die Kündigung nicht auf den Zahlungsverzug der Klägerin gestützt werden.
Der Beklagte hat, wie das Erstgericht zu Recht entschieden hat, die Zweiwochenfrist des § 626 Absatz 2 BGB nicht eingehalten.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der das erkennende Gericht folgt, setzt der Schadensersatzanspruch nach § 628 Absatz 2 BGB die Wahrung der Zwei-Wochen-Frist des § 626 Absatz 2 BGB voraus (vgl. Bundesarbeitsgericht – Urteil vom 26.07.2001 – 8 AZR 739/00; juris).
Befindet sich der Arbeitgeber im Zahlungsverzug, kann es sich um einen echten Dauertatbestand handeln mit der Folge, dass die Ausschlussfrist erst mit Beendigung dieses Zustandes beginnt. Der Pflichtverstoß bei Zahlungsverzug setzt sich mit jedem weiteren Tag fort, und je länger der Verzug dauert, desto gewichtiger ist das Fehlverhalten des Arbeitgebers. Um einen abgeschlossenen Kündigungssachverhalt mit Fortwirkung handelt es sich dagegen, wenn der Arbeitnehmer aus bestimmten Vorgängen den Vorwurf herleitet, die Vertrauensgrundlage sei nachhaltig zerstört oder es bestünden nach wie vor – ohne Hinzutreten weiterer Ereignisse – Zweifel an der Zahlungswilligkeit des Arbeitgebers (vgl. Bundesarbeitsgericht a. a. O.). Im letzten Fall kommt es für die Einhaltung der Zweiwochenfrist darauf an, wann der Kündigende von den Tatsachen Kenntnis erhielt, aus denen sich die fehlende Zahlungswilligkeit des Arbeitgebers ergab. Dagegen kommt es nicht darauf an, wann der Arbeitnehmer diese Schlussfolgerung gezogen hat. Insbesondere wird der Lauf der Zweiwochenfrist nicht dadurch (neu) in Gang gesetzt, dass der Arbeitnehmer eine Abmahnung ausspricht.
Im vorliegenden Fall liegt ein abgeschlossener Kündigungssachverhalt mit Fortwirkung vor.
Die Klägerin hatte dem Beklagten bereits mit E-Mail ihres Prozessvertreters vom 27.01.2014 ihre Auffassung mitgeteilt, die Leistung von Abschlagszahlungen setze voraus, dass bereits Provisionsansprüche ins Verdienen gebracht worden seien. Unter dem 09.02.2014 teilte der Prozessvertreter der Klägerin dem Beklagten mittels einer tabellenmäßigen Aufstellung mit, dass und in welchem Umfang sich der Umsatz des Beklagten seit 2011 verringert habe, und wies ihn darauf hin, dass eine Überzahlung erfolgt sei. Darüber hinaus wurde dem Beklagten in derselben E-Mail wegen der von ihm geltend gemachten Zahlungsansprüche eine kompetente juristische Überprüfung bzw. eine gerichtliche Klärung empfohlen. Schließlich machte die Klägerin mit Schreiben vom 17.07.2014 eine Provisionsüberzahlung von 57.825,20 € geltend. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war klar, dass die Klägerin keine Abschlagszahlungen auf Provisionen mehr leisten werde.
Eine auf den Zahlungsverzug in Höhe von 30.000,00 € gestützte außerordentliche Kündigung hätte somit bis spätestens 31.07.2014 erklärt werden müssen. Die Kündigung des Beklagten ging der Klägerin indes erst am 11.08.2014 zu.
Etwas anderes ergibt sich nicht unter dem Gesichtspunkt, dass der Zahlungsverzug Teil des vom Beklagten behaupteten Mobbings gewesen sei. Auch wenn die Klägerin die Zahlung der Provisionsabschläge im Ergebnis zu Unrecht verweigerte, wie sich nicht zuletzt aus dem Teilurteil ergibt, kann dies nicht als Ausdruck von Schikane betrachtet werden. Vielmehr stand und steht die Klägerin auf dem rechtlichen Standpunkt, dass Abschlagszahlungen voraussetzen, dass Provisionen verdient worden sind, was nach ihrer Berechnung nicht der Fall war. Das Verbot der Schikane schließt nicht aus, dass sich ein Arbeitgeber auf einen aus seiner Sicht gegebenen rechtlichen und tatsächlichen Standpunkt beruft.
Die außerordentliche Kündigung kann auch nicht auf den Vorwurf gestützt werden, die Klägerin habe den Beklagten schikaniert und diskriminiert. Allerdings hat der Beklagte Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass dies der Fall war. Zu nennen sind hier verschiedene E-Mails, die der Geschäftsführer O… an den Beklagten gerichtet hat und die in ihrer Diktion nicht hinzunehmen sind. Beispielhaft sind zu nennen die E-Mails vom 07.02.2013 (Bl. 165 d. A.), 13.09.2013 (Bl. 169 d. A.), 10.10.2013 (Bl. 172 d. A.) oder 05.11.2013 (Bl. 167 d. A.). Nicht erklärt hat die Klägerin auch nicht, wieso sie die Kundenkarte des Beklagten für die Firma S…, noch dazu ohne Rücksprache mit dem Beklagten, hat sperren lassen und seine Mitgliedschaft bei K… storniert hat.
Im vorliegenden Rechtsstreit kann indes dahinstehen, inwieweit die Klägerin gegen die Persönlichkeitsrechte des Beklagten verstoßen hat.
Soweit sich der Beklagte auf Vorgänge bezieht, die vor dem 23.07.2014 gelegen haben, ist davon auszugehen, dass er auf das Recht, zu kündigen, verzichtet hat.
Der Beklagte hat die Klägerin unter dem 23.07.2014 abgemahnt. Er hat sämtliche inkriminierten Vorfälle aufgelistet und dies mit dem Hinweis verbunden, er werde, wenn die Klägerin ihr Verhalten nicht ändere, das Arbeitsverhältnis fristlos kündigen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der das erkennende Gericht folgt, kann der Kündigungsberechtigte sowohl bei der ordentlichen wie bei der außerordentlichen Kündigung auf ein auf bestimmte Gründe gestütztes und konkret bestehendes Kündigungsrecht verzichten. Der Verzicht auf ein entstandenes Kündigungsrecht ist ausdrücklich oder konkludent durch eine empfangsbedürftige Willenserklärung des Kündigungsberechtigten möglich. Vor Ablauf der Ausschlussfrist des § 626 Absatz 2 BGB ist ein Verzicht nur dann anzunehmen, wenn der Kündigungsberechtigte eindeutig seine Bereitschaft zu erkennen gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Das Kündigungsrecht erlischt durch Verzicht insgesamt, wenn der Kündigungsberechtigte wegen des ihm bekannten Kündigungssachverhaltes eine Ermahnung oder Abmahnung ausspricht, sofern sich die für die Kündigung maßgebenden Umstände später nicht noch ändern (vgl. Bundesarbeitsgericht – Urteil vom 31.07.1986 – 2 AZR 559/85; juris).
Diese für eine außerordentliche Kündigung des Arbeitgebers entwickelte Rechtsprechung gilt auch in den Fällen, in denen es um das Kündigungsrecht des Arbeitnehmers geht.
Die Kündigung könnte daher nur auf ein rechtswidriges Verhalten der Klägerin nach der Abmahnung gestützt werden.
Solche Gründe liegen nicht vor.
Es ist nicht ersichtlich, inwieweit die Ankündigung der Klägerin vom 30.07.2014, sie werde ab 01.08.2014 einen Verpflegungsmehraufwand zahlen, schikanös war. Der Beklagte leitet daraus ab, die Klägerin habe ihre nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Spesenerstattung kürzen wollen. Diese Deutung ergibt sich weder aus dem Anschreiben der Klägerin vom 30.07.2014 noch sind sonstige Umstände vorgetragen, aus denen sich ergibt, die Klägerin habe die vertragsgemäße Spesenerstattung nicht mehr leisten wollen.
Das Gleiche gilt im Hinblick auf die Anfrage von Frau D… vom 31.07.2014. Es war der Klägerin nicht verwehrt, bei der Bearbeitung der Tankrechnungen beim Beklagten nachzufragen, wenn Unklarheiten bestanden. Dass die Klägerin insoweit zu Unrecht die Zahlung verweigerte, hat der Beklagte nicht schlüssig vorgetragen. Insbesondere fehlt ein Sachvortrag dazu, wann die Zahlung fällig war bzw. dass die Klägerin ankündigte, sie werden den Tankbetrag nicht erstatten.
Da somit eine wirksame außerordentliche Kündigung des Beklagten nicht vorliegt, bestehen Ansprüche aus § 628 Absatz 2 BGB nicht.
Vielmehr war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97 Absatz 1, 269 Absatz 3 Satz 2 ZPO.
Für die Zulassung der Revision besteht kein gesetzlich begründeter Anlass, § 72 Absatz 2 ArbGG.

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