Verkehrsrecht

Umschreibung einer serbischen Fahrerlaubnis der Klassen C1, C1E, C und CE

Aktenzeichen  M 6 K 18.1378

Datum:
21.3.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 55985
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
FeV § 28 Abs. 3
FeV § 29 Abs. 3 S. 1 Nr. 2
FeV § 31 Abs. 1
FeV § 31 Abs. 3
StVG § 2

 

Leitsatz

Ausweislich der Eintragungen in Spalte 11 des serbischen Führerscheins des Klägers wurde seine serbische Fahrerlaubnis der Klassen C1, C1E, C und CE am Tage der Ausstellung des Führerscheins am 10. August 2011 bis zum 10. August 2021 verlängert. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger seinen Wohnsitz aber unbestritten bereits in der Bundesrepublik Deutschland. Soweit die Eintragung in Spalte 11 irrtümlich erfolgt ist, wäre dies durch die serbische Fahrerlaubnisbehörde durch Ausstellung eines neuen Führerscheins zu korrigieren.  (Rn. 16 – 17) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

1. Mit Einverständnis der Parteien konnte der Rechtsstreit ohne weitere mündliche Verhandlung im schriftlichen Verfahren entschieden werden (§ 101 Abs. 2 VwGO). § 117 Abs. 4 VwGO findet in diesem Fall keine Anwendung (BVerwG, B.v. 14.2.2003 – 4 B 11/03 – juris).
2. Die gem. § 75 VwGO zulässig erhobene Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Umschreibung seiner serbischen Fahrerlaubnis, § 113 Abs. 5 VwGO.
2.1 Gem. § 31 FeV ist eine Fahrerlaubnis gem. § 2 Straßenverkehrsgesetz – StVG – unter den erleichterten Bedingungen des § 31 Abs. 1 FeV (nur) zu erteilen, wenn der Antragsteller Inhaber einer Fahrerlaubnis ist, die in einem in Anlage 11 aufgeführten Staat und in einer in der Anlage 11 aufgeführten Klasse erteilt worden ist und die zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland berechtigt oder dazu berechtigt hat. Nach § 29 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FeV ist die Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland insbesondere dann ausgeschlossen, wenn der Inhaber zum Zeitpunkt der Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis seinen ordentlichen Wohnsitz (§ 7 FeV) im Inland hatte. Gem. § 31 Abs. 3 FeV hat der Antragsteller den Besitz der ausländischen Fahrerlaubnis durch den nationalen Führerschein nachzuweisen. Außerdem hat er seinem Antrag auf Erteilung einer inländischen Fahrerlaubnis eine Erklärung des Inhalts beizugeben, dass seine ausländische Fahrerlaubnis noch gültig ist. Die Fahrerlaubnisbehörde ist berechtigt, die Richtigkeit der Erklärung zu überprüfen.
2.2 Die Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 FeV i.V.m. § 29 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FeV liegen nicht vor, da der Kläger nicht im Besitz einer serbischen Fahrerlaubnis der Fahrerlaubnisklassen C1, C1E, C und CE ist, die ihn zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland berechtigt oder dazu berechtigt hat. Ausweislich der Eintragungen in Spalte 11 seines serbischen Führerscheins wurde seine serbische Fahrerlaubnis der Klassen C1, C1E, C und CE am Tage der Ausstellung des Führerscheins am 10. August 2011 bis zum 10. August 2021 verlängert. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger seinen Wohnsitz aber unbestritten bereits in der Bundesrepublik Deutschland.
Daran vermögen auch die vorgelegten Stellungnahmen der serbischen Fahrerlaubnisbehörde nichts zu ändern. Ihnen mag zu entnehmen sein, dass eine Verlängerung der Fahrerlaubnis nicht gewollt war und die Eintragung in der Spalte 11 aus Unkenntnis oder Unachtsamkeit erfolgt ist. Die Auslegung amtlicher Urkunden richtet sich – wie die Auslegung von Bescheiden und Willenserklärungen schlechthin – aber nach dem objektiven Empfängerhorizont. Werden Eintragungen in der Spalte 11 vorgenommen, die von den früheren Angaben abweichen, bringt dies zum Ausdruck, dass (auch) eine Entscheidung über die Geltungsdauer der Fahrerlaubnis getroffen wurde. War dies nicht gewollt, müsste diese Entscheidung von der serbischen Fahrerlaubnisbehörde durch Ausstellung eines neuen Führerscheins korrigiert werden, in dem die – sofern vorhanden – vormalige Befristung der Fahrerlaubnis in der Spalte 11 eingetragen ist. Eine Befristung der Gültigkeit des Führerscheins wäre demgegenüber in Spalte 4b einzutragen gewesen (vgl. BayVGH, B.v. 17.2.2011 – 11 CE 10.3110 – juris Rn. 27). Dass die Befristung der Fahrerlaubnis auf den 10. August 2021 schon im vormaligen Führerschein des Klägers eingetragen war, hat auch dieser nicht vorgetragen und liegt angesichts der Übereinstimmung der mit der Gültigkeitsdauer des Führerscheines auch fern. Handelt es sich demnach um eine Verlängerung der Fahrerlaubnis, steht diese einer Erteilung im Sinne des § 29 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FeV gleich. Unter diese Vorschrift fallen alle Maßnahmen der Fahrerlaubnisbehörden, die die Rechtstellung des Betroffenen erweitern, ohne dass es insoweit von Bedeutung wäre, ob diese Erweiterung von einer inhaltlichen Prüfung abhing oder nicht. Die Regelungen zur Anerkennung von Fahrerlaubnissen folgen dem Grundsatz, Hoheitsmaßnahmen von Drittstaaten nur dann im Inland anzuerkennen, wenn der Betroffene wegen seiner damaligen Wohnsitznahme eine besondere Nähe zu dem Drittstaat aufwies. Ausschlaggebend ist damit nur, dass dem Betroffenen neue Rechte gewährt wurden. Eine Erweiterung der Rechtstellung tritt aber nicht nur bei einer inhaltlichen Erweiterung der Rechtsstellung ein, wie dies bei der Erteilung weiterer Fahrerlaubnisklassen der Fall ist, sondern auch bei einer zeitlichen Erweiterung in Form des Anhebens der Gültigkeitsdauer einer Fahrerlaubnis. Aus diesem Grund ist auch ohne Bedeutung, ob zugunsten des Klägers davon auszugehen ist, eine Überprüfung der Eignung des Klägers sei nach serbischem Recht auch bei einer Verlängerung der Fahrerlaubnis nicht erforderlich, da der Kläger kein Berufskraftfahrer sei. Nichts anderes ergibt sich auch aus der vom Kläger zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichts Neustadt vom 27. Juni 2005 (4 K 197/05.NW). Gegenstand dieser Entscheidung war, worauf die Beklagte zu Recht hinweist, eine bloße Ersetzung des Führerscheins ohne Veränderung der Gültigkeitsdauer von Führerschein und/oder Fahrerlaubnis, wie sie für Mitgliedstaaten der Europäischen Union nunmehr in Art. 11 Abs. 5 der Richtlinie 2006/126/EG geregelt ist. Den hier zu entscheidenden Fall der Verlängerung einer befristet erteilten Fahrerlaubnis lässt das Gericht gerade offen.
2.3 Zu einem anderen Ergebnis käme man aber auch dann nicht, wenn man aus der Gesamtschau der vorgelegten Dokumente von einer Erneuerung des Führerscheins ohne inhaltliche Veränderung der zugrunde liegenden Fahrerlaubnis ausginge.
2.3.1 In diesem Fall stünde fest, dass die Eintragungen in der Spalte 11 unzutreffend sind. Dem Führerschein ließe sich in diesem Fall aber nicht entnehmen, ob die Fahrerlaubnis der o.g. Klassen befristet erteilt wurde, und wenn ja, zu welchem Zeitpunkt die Fahrerlaubnis dieser Klassen erlischt. Solange diese Tatsachen nicht durch Vorlage eines keine Zweifelsfragen aufwerfenden serbischen Führerscheins (vgl. § 31 Abs. 3 Satz 1 FeV) geklärt sind, hat der Kläger alleine deswegen keinen Anspruch auf Erteilung des Fahrerlaubnis der Klassen C1, C1E, C und CE aus § 31 Abs. 3 FeV i.V.m. § 2 Abs. 2 StVG. Die Nichterweislichkeit der die Umschreibung begründenden Tatsachen geht dabei zu Lasten des Antragstellers (BVerwG, U.v. 20.4.1994 – 11 C 60/92 – DVBl 1994, 1192 zur Vorgängervorschrift des § 15 StVZO).
2.3.2 Nach Ansicht des Gerichts wäre in diesem Fall außerdem § 28 Abs. 3 FeV analog heranzuziehen, da es der Intention des Verordnung widerspräche, für die Umschreibung von Fahrerlaubnissen aus Drittstaaten der Anlage 11 zur FeV, zu deren Anerkennung der Gesetzgeber aus europäischen Recht gerade nicht verpflichtet ist, geringe Voraussetzungen aufzustellen, als für Fahrerlaubnisse der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Die aus dem Unionsrecht herrührende Verpflichtung zur gegenseitigen Anerkennung folgt hier einer Harmonisierung der Rechtsvorschriften, so dass jeder Mitgliedstaat davon ausgehen kann und muss, Fahrerlaubnisse würden von anderen Mitgliedstaaten nur unter den Voraussetzungen der RL 2006/126/EG ausgestellt. § 28 Abs. 3 FeV beruht wiederum auf Art. 7 der RL 2006/126/EG. Die Erneuerung der Fahrerlaubnis der Klassen C, CE, C1, C1E, D, DE, D1, D1E bei Ablauf ihrer Gültigkeitsdauer wird in Art. 7 der Abs. 3 UA 1 a) der Richtlinie von der „anhaltenden Erfüllung der Mindestanforderungen an die körperliche und geistige Tauglichkeit für das Führen der betreffenden Fahrzeuge gemäß Anhang III“ abhängig macht, die Gültigkeitsdauer einer Fahrerlaubnis dieser Klassen gem. Art. 7 Abs. 2 b) der RL 2006/126/EG auf fünf Jahre beschränkt. Gem. Art. 7 Abs. 2 d) der Richtlinie kann schließlich mit der Erneuerung eines Führerscheins eine neue Gültigkeitsdauer für eine andere Klasse (nur) beginnen, wenn die Erneuerung den in dieser Richtlinie festgelegten Bedingungen entspricht.
Die serbische Fahrerlaubnis vom 10. August 2011 berechtigte den Kläger gem. § 28 Abs. 3 FeV analog damit – unbeschadet der obigen Ausführungen – allenfalls bis zum 10. August 2016 zum Führen eines Kraftfahrzeugs der Klassen C1, C1E, C und CE in der Bundesrepublik Deutschland. Dem steht nicht entgegen, dass Art. 7 Abs. 2 b) der RL 2006/126/EG unmittelbar nur für ab dem 19. Januar 2013 ausgestellte Fahrerlaubnisse gilt und daher für vor diesem Zeitpunkt ausgestellte Fahrerlaubnisse Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie Anwendung findet, der durch den Bundesgesetzgeber nicht ordnungsgemäß umgesetzt worden ist (vgl. BVerwG, U.v. 6.9.2018 – 3 C 31/16 – juris = NJW 2019, 100). Im Hinblick auf die in der Anlage 11 zur FeV genannten Staaten trifft den Bundesgesetzgeber die Verpflichtung aus Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie gerade nicht.
Bei seinem hilfsweisen Vorbringen, § 31 FeV gestatte auch die Umschreibung von Fahrerlaubnissen, die früher zum Führen von Kraftfahrzeugen berechtigt haben, übersieht der Kläger, dass sich § 31 FeV auf die Regelung in § 29 FeV bezieht. Die Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland erlischt nach dieser Vorschrift sechs Monate nach der Begründung eines Wohnsitzes im Inland, wenn die Frist nicht nach § 29 Abs. 1 Satz 5 FeV auf maximal 12 Monate verlängert wird. § 31 FeV soll damit nur die Umschreibung von Fahrerlaubnissen ermöglichen, die nach der Regelung des § 29 FeV nicht (mehr) zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland berechtigen, nicht aber die Umschreibung von ungültig gewordenen oder nicht mehr zum Führen von Kraftfahrzeugen berechtigenden ausländischen Fahrerlaubnissen gestatten. Eine § 30 Abs. 2 FeV entsprechende Regelung kennt § 31 FeV nicht.
3. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 i.V.m. §§ 708 der Zivilprozessordnung – ZPO.

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