Aktenzeichen 4 U 114/17
Leitsatz
Verfahrensgang
23 O 500/16 2017-05-05 Urt LGBAYREUTH LG Bayreuth
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Bayreuth vom 05.05.2017, Az. 23 O 500/16, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO auf Kosten der Klägerin zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Der Streitwert für das Berufungsverfahren soll auf 67.913,90 € festgesetzt werden.
3. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme; FRIST: 02.10.2017.
Gründe
I.
Die Klägerin verlangt Ausgleich von Versicherungsleistungen (im Einzelnen: LGU S. 3 oben) aus abgetretenem Recht ihrer Versicherungsnehmerin (Fa. T. GmbH & Co. KG).
Die Beklagte zu 1 (deren Rechtsnachfolgerin ist die Beklagte zu 2) lieferte und montierte im Jahr 2010/2011 eine Photovoltaikanlage im Auftrag der Versicherungsnehmerin der Klägerin auf einem Kuhstall in B..
Die Klägerin behauptet Mängel.
Das Landgericht Coburg (23 O 85/16) hat im „Parallelprozess“ (Fa. T. ./. E. e.K.) die Klage auf Zahlung von 237.537,16 € und Feststellung wegen Verjährung abgewiesen.
Die Beklagte zu 1) hatte über ihre Leistungen 3 Abschlagsrechnungen über insgesamt 19.000 € erstellt, die bezahlt sind. Die Fa. T. hatte gegenüber ihrer Auftraggeberin (L.) Schlussrechnung unter dem 27.12.2010 gestellt (Anlage K 4, Rechnungsbetrag: 509.929,76 € / Restforderung 24.929,76 €).
Zum Schaden kam es im Dezember 2012.
1. Das Landgericht hat die Klage auf Zahlung von 67.913,90 € und Zinsen wegen Verjährung abgewiesen. Die Verjährungszeit betrage 2 Jahre (LGU S. 7/9, Verweis auf LG Coburg 23 O 85/16 etc.) und sei am 28.12.2010 abgelaufen (LGU S. 7).
2. Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsantrag weiter. Die Verjährungszeit betrage 5 Jahre (§ 634 a Abs. 1 Nr. 2 BGB). Es sei ein Bauwerk gegeben (BGH VII ZR 182/10; Palandt, § 634a, RN 10; BGH VII ZR 348/13; Anlagen K 2, K 3). Die entstandenen Undichtigkeiten etc. (S. 7/8 der Berufungsbegründung) aufgrund eines nachhaltigen Eingriffs in die Gebäudesubstanz und die Funktion des Gebäudes als Träger der Anlage entsprächen dem Sachverhalt in BGH VII ZR 348/13 (Weiterverweis auf BGH VII ZR 109/97, BGH VII ZR 182/10, BGH VIII ZR 318/12 – nicht einschlägig – S. 9). Der Ablauf der Verjährung sei durch Verhandlungen gehemmt gewesen (Anlagenkonvolut K 23, Schreiben vom 15.12.2014).
3. Die Beklagten erwidern: Die Anlage sei nicht für ein Bauwerk (= Kuhstall) verwendet worden. Eine Erneuerung oder ein Umbau seien nicht gegeben. Eine wesentliche Bedeutung für die Scheune sei nicht ersichtlich. In VII ZR 348/13 habe der BGH ergebnisorientiert subsumiert. Die Anlage diene dem Kuhstall nicht, sondern umgekehrt (Verweis auf Rechtsprechung). Eine Hemmung sei nicht eingetreten. Verjährung sei somit auch bei einer 5-jährigen Verjährungszeit eingetreten (Fristbeginn 28.12.2010, Klageeingang: 15.08.2016).
II.
1. Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg, weil das angefochtene Endurteil weder auf einer Rechtsverletzung beruht, noch die zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 513 Abs. 1, 529, 546 ZPO).
Gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist das Berufungsgericht an die Tatsachenfeststellungen des erstinstanzlichen Gerichts gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb erneute Feststellungen durch das Berufungsgericht gebieten.
Zweifel im Sinne dieser Vorschrift liegen nur dann vor, wenn – aufgrund konkreter Anhaltspunkte – aus der Sicht des Berufungsgerichts eine gewisse – nicht notwendig überwiegende – Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im Falle erneuter Tatsachenfeststellungen die erstinstanzlichen Feststellungen keinen Bestand haben werden, sich also deren Unrichtigkeit herausstellt (vgl. BGHZ 158, 269 ff. = NJW 2004, 1876 ff.; BGHZ 162, 313 ff. = NJW 2005, 1583 ff. BGH NJW 2003, 3480 ff.).
2. Diese Voraussetzungen für den Wegfall der Bindung an die erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen liegen hier nicht vor.
Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht Verjährung angenommen. Die Klägerin hat erstinstanzlich zwar eine Abnahme bestritten und verweist zudem auf Verhandlungen mit der Haftpflichtversicherung.
Das zum Beleg von Verhandlungen vorgelegte Anlagenkonvolut K 23 enthält 4 Seiten und 3 Schreiben. Ein Schreiben (das erste) enthält die Abrechnung der Klägerin an Herrn E. vom 03.02.2016; es ist für die Verjährung nicht relevant.
Das vorgelegte Schreiben der Klägerin vom 22.04.2014 an die A. Versicherung enthält die Bitte um Bestätigung deren Eintrittspflicht.
Das vorgelegte Schreiben der A. Versicherung vom 15.12.2014 verweist auf (nicht vorliegende) Schreiben der Klägerin vom 03.12. und 15.12.2014 und enthält unter anderem den Passus:
„Aus versicherungsvertraglichen Gründen können wir uns als Betriebshaftpflichtversicherung mit Ihren Forderungen nicht befassen. Ihre Forderung nach Erklärung eines Einredeverzichts können wir daher auch nicht im Namen der Versicherungsnehmerin abgegeben“.
Konkrete Verhandlungen im Sinne von § 203 BGB belegen die Schreiben ersichtlich nicht; hierzu ist auch in der Berufungsbegründung nicht vorgetragen.
Das Landgericht nimmt wegen der Schlussrechnung vom 27.12.2010 (Anlage K 4, LGU S. 6 unten mit weiteren Nachweisen – OLG Düsseldorf / jurisPK-BGB) Verjährungsbeginn am 28.12.2010 an (LGU S. 7). Die Berufung greift dies nicht an.
Somit ist Verjährung auch bei Annahme einer Verjährungszeit von 5 Jahren am 27.12.2015 eingetreten. Die Klage ist erst am 16.08.2016 eingegangen und wurde am 02.09.2016 zugestellt.
III.
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht (§ 522 Abs. 2 Nr. 3).
Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten, weil auszuschließen ist, dass in einer mündlichen Verhandlung neue, im Berufungsverfahren zuzulassende Erkenntnisse gewonnen werden können, die zu einer anderen Beurteilung führen.
IV.
Die beabsichtigte Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die beabsichtigte Festsetzung des Streitwerts entspricht der geltend gemachten Forderung.
Auf die bei Berufungsrücknahme in Betracht kommende Gerichtsgebührenermäßigung von 4,0 auf 2,0 (vgl. KV Nr. 1220, 1222) wird vorsorglich hingewiesen.