Aktenzeichen 8 O 5965/20
Leitsatz
1. Eine qualifizierte Subsidiaritätsabrede schließt einen Entschädigungsanspruch für bestimmte Gefahren oder Sachen generell aus, wenn und solange ein konkurrierender Versicherungsvertrag besteht. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
2. Subsidiaritätsklauseln sind auch im Falle einer Unterversicherung nicht einschränkend auszulegen. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 39.287,17 € festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Die Beklagte beruft sich erfolgreich auf die in Ziffer 5 des Anlagebogens F56 vereinbarte qualifizierte Subsidiaritätsklausel.
Nach dieser Klausel ist landwirtschaftliches Inventar nicht versichert, soweit es der Versicherungsnehmer „anderweitig versichert hat“. Eine solche anderweitige Versicherung bestand unstreitig bei der C. Versicherung.
Gemäß § 78 Abs. 1 VVG gilt zwar, dass mehrere Versicherungen dem Versicherungsnehmer als Gesamtschuldner haften, wenn ein Interesse gegen dieselbe Gefahr versichert und die Versicherungssummen den Versicherungswert zusammen übersteigen oder aus anderen Gründen die Summe der Entschädigungen, die von jedem Versicherer ohne bestehende andere Versicherung zu zahlen wären den Gesamtschaden übersteigen. Dabei gilt nach § 78 Abs. 2 VVG, dass die Versicherer im Verhältnis zueinander in Anteilen nach Maßgabe der Beträge verpflichtet sind, die sie dem Versicherungsnehmer nach dem jeweiligen Vertrag zu zahlen haben.
Anerkannt ist von der Rechtsprechung jedoch, dass auf vertraglicher Ebene die Nachrangigkeit von Mehrfachversicherungen durch sogenannten Subsidiaritätsabreden erreicht werden kann (vgl. nur Armbrüster in: Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechtshandbuch, 3. Auflage, 2015, § 6 Rdnr 80 ff.). Es wird insoweit zwischen einfachen und qualifizierten Subsidiaritätsabreden unterschieden. Eine einfache Subsidiaritätsklausel lautet üblicherweise:
„Entschädigung wird nur geleistet, soweit Entschädigung nicht aus einem anderen Versicherungsvertrag beansprucht werden kann“
(vgl. etwa Armbrüster in: Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 30. Aufl. 2018, § 78 Rdnr 30). Während also einfache Subsidiaritätsabreden eine Entschädigungspflicht des Versicherers ausschließen, wenn und soweit der Versicherungsnehmer oder der Versicherte eine Entschädigung wegen desselben Interesses aus einem anderen Versicherungsverhältnis verlangen kann, wird die Entschädigung bei sog. qualifizierten Subsidiaritätsabreden für bestimmte Gefahren oder Sachen generell ausgeschlossen, wenn und solange ein konkurrierender Versicherungsvertrag besteht. Bei der qualifizierten Subsidiaritätsabrede kommt es also nicht darauf an, ob der konkurrierende Versicherer zu Entschädigungsleistung verpflichtet ist (vgl. nur Armbrüster in: Beckmann/Matusche-Beckmann, a.a.O., § 6 Rdnr 86).
Bei der streitgegenständlichen Klausel handelt es sich hingegen um eine qualifizierte Subsidiaritätsklausel. Eine Entschädigung wurde dort gerade nicht nur ausgeschlossen, „soweit“ die Entschädigung von einer anderen Versicherung nicht beansprucht werden könne.
Anerkannt ist ebenfalls, dass Subsidiaritätsklauseln grundsätzlich nicht gegen § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB i.V.m. § 78 VVG verstoßen (Armbrüster in: Prölss/Martin, a.a.O, Rdnr 32). Anhaltspunkte dafür, dass die Klausel aufgrund ihrer konkreten Ausgestaltung überraschend sein könnte, sind für den Einzelrichter nicht ersichtlich. So findet sich die Klausel unmittelbar im Absatz, in dem es um die Versicherung des landwirtschaftlichen Inventars geht. Grundsätzlich wäre es auch möglich gewesen, im Rahmen der Feuerversicherung totes landwirtschaftliches Inventar vom Versicherungsschutz vollständig auszunehmen. Daher besteht gegen die qualifizierte Subsidiaritätsabrede keine Bedenken.
Das Gericht konnte auch keine Entscheidung oder Literaturmeinung finden, wonach eine qualifizierte Subsidiaritätsklausel im Falle einer Unterversicherung der konkurrierenden Versicherung einschränkend auszulegen wäre.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.