Verwaltungsrecht

Abschiebung, Ausreise, Erkrankung, Bescheid, Beschwerde, Islam, Migration, Abschiebungsschutz, Abschiebungsverbote, Bundesamt, Abschiebungshindernis, Arbeit, Krankheit, Krankenhaus, Kosten des Verfahrens, angefochtene Entscheidung, Furcht vor Verfolgung

Aktenzeichen  RN 11 K 19.30886

Datum:
28.10.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 51631
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage ist sowohl im Haupt- als auch in den Hilfsanträgen unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Der Kläger hat im gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 des Asylgesetzes (AsylG) maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Es liegen auch keine Gründe für die Zuerkennung subsidiären Schutzes bzw. für die Feststellung nationaler Abschiebungsverbote vor. Die von der Beklagten getroffenen Entscheidungen sind auch im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht zu beanstanden.
Das Gericht folgt den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf diesen Bezug, § 77 Abs. 2 AsylG. Ergänzend ist noch Folgendes auszuführen:
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG. Diese kann ihm nicht zuerkannt werden, da er sich nach der Überzeugung des Gerichts nicht aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe außerhalb Jordaniens befindet, § 3 Abs. 1, 4 AsylG. Er hat Jordanien weder wegen politischer Verfolgung im Sinne dieser Vorschrift verlassen noch droht ihm bei einer Rückkehr eine solche.
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will. Die Verfolgung kann gemäß § 3c AsylG ausgehen von
1. dem Staat,
2.Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen oder
3.nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
Die Flüchtlingseigenschaft wird nicht zuerkannt, wenn eine interne Schutzmöglichkeit besteht, vgl. § 3e AsylG.
(1) Gemessen an diesen Maßstäben hat der Kläger Jordanien nicht vorverfolgt im Sinne des § 3 AsylG verlassen.
a) Eine Vorverfolgung durch den jordanischen Staat hat der Kläger nicht dargelegt.
Der Kläger hat vielmehr angegeben, wegen seines Abfalles vom islamischen Glauben durch verschiedene Privatpersonen – teils Fremde und teils ehemalige Freunde und Bekannte – beschimpft, bedroht und misshandelt worden zu sein. Eine Verfolgung durch den jordanischen Staat lässt sich diesem Vorbringen nicht entnehmen.
Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, er sei einmal angezeigt worden und deshalb zur Polizei gebracht worden, ein Polizist habe dabei gesagt, wenn du mein Bruder wärst, hätte ich dich gehängt, so handelt es sich bei dieser Äußerung des Polizisten offensichtlich um seine private Meinung, nicht aber um eine staatliche Verfolgungsmaßnahme. Der Kläger ist auch nach dieser Vernehmung bei der Polizeistation sofort wieder freigelassen worden.
b) Ferner liegt auch keine Vorverfolgung durch nichtstaatliche Akteure im Sinne des § 3c Nr. 3 AsylG vor, da der jordanische Staat grundsätzlich Schutz vor Verfolgungshandlungen Dritter bietet (vgl. § 3c Nr. 3 i.V. m. § 3d AsylG).
Aus den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten sowie allgemein zugänglichen Erkenntnismitteln ist nicht ersichtlich, dass der jordanische Staat grundsätzlich nicht Willens oder nicht in der Lage wäre, seinen Bürgern Schutz vor Übergriffen Dritter zu gewähren (vgl. § 3c Nr. 3 i.V. m. § 3d AsylG). Zwar kann es in Einzelfällen durchaus vorkommen, dass ein strenggläubiger Polizist – wie auch vom Kläger geschildert – einen Schutz verweigert. Hierbei handelt es sich aber um Ausnahmefälle. In einem solchen Fall besteht die Möglichkeit, sich an den Vorgesetzten oder eine andere Polizeidienststelle zu wenden bzw. schriftlich Anzeige zu erstatten. Wie ausgeführt, ist aus den vorliegenden Erkenntnismitteln nicht ersichtlich, dass der jordanische Staat grundsätzlich nicht willens oder nicht in der Lage wäre, Schutz vor religiösen Fanatikern zu gewähren. Ein lückenloser Schutz vor Übergriffen privater Dritter ist nicht möglich und kann auch in Deutschland nicht gewährt werden.
Auch der Kläger selbst ist offensichtlich davon ausgegangen, dass der jordanische Staat grundsätzlich bereit ist, ihm vor Übergriffen Dritter Schutz zu bieten, da er nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung dreimal Strafanzeige wegen der ihm zugefügten Misshandlungen erstattet hatte. Eine Schutzgewährung durch den jordanischen Staat hat der Kläger allerdings nicht abgewartet, sondern – wie er selbst vorgetragen hat – kurze Zeit nach Stellen der Strafanträge das Land verlassen.
Im Übrigen geht das Gericht davon aus, dass der Kläger in einem anderen Stadtteil Ammans oder in einer anderen jordanischen Großstadt eine inländische Fluchtalternative im Sinne des § 3e AsylG hat. Die jordanische Hauptstadt hat gegenwärtig ca. vier Millionen Einwohner. Ferner gibt es in Jordanien weitere Großstädte mit mehr als 500.000 Einwohnern. Es ist davon auszugehen, dass der Kläger dort Schutz vor Beleidigungen und Übergriffen durch private Dritte, die Kenntnis von seinem Glaubensabfall haben, finden kann. Sofern der Kläger auch dort öffentlich für seine atheistische Weltanschauung eintritt, muss er zwar auch dort mit Beleidigungen und Übergriffen religiöser Fanatiker rechnen. Auch hier gilt jedoch, dass er Schutz durch den jordanischen Staat in Anspruch nehmen kann.
(2) Dem Kläger droht auch im Falle einer Rückkehr in seine Heimat weder eine staatliche Verfolgung noch eine Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure im Sinne des § 3c Nr. 3 AsylG.
a) Dem Kläger droht im Falle einer Rückkehr nach Jordanien keine staatliche Verfolgung wegen seines Abfalles vom islamischen Glauben.
Die jordanische Verfassung legt den Islam als Staatsreligion fest, gewährt jedoch freie Religionsausübung gemäß der in Jordanien geltenden Sitten, solange die öffentliche Ordnung und Moral nicht verletzt wird (vgl. Republik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Jordanien, 3.5.2016). Art. 18 Abs. 2 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte (IPbR) sieht in Jordanien das Recht auf Apostasie und Konversion vor. Konversion und Apostasie werden weder durch die Verfassung noch durch Strafgesetze oder sonstige gesetzliche Regelungen verboten.
Angelegenheiten des persönlichen Status von Personen, die vom Islam abfallen und dabei nicht zu einer anderen Religion konvertieren, fallen zwar in die Zuständigkeit der Scharia-Gerichte. Bei diesen Gerichten kann jedes Mitglied der Gesellschaft eine Personen wegen Apostasie anzeigen bzw. eine Beschwerde gegen sie einreichen, was den Entzug einzelner Bürgerrechte zur Folge haben kann. So können Scharia-Richter etwa die Ehe von Konvertiten annullieren und das Sorgerecht für die Kinder einem nicht elterlichen muslimischen Familienmitglied übertragen. Da der Kläger nicht verheiratet ist und auch keine Kinder hat, droht ihm diesbezüglich aber kein Eingriff in seine Rechte.
Auch sonst finden sich in den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten sowie allgemein zugänglichen Erkenntnismitteln keine Anhaltspunkte für eine drohende staatliche Verfolgung des Klägers wegen seiner Apostasie. Laut Auskunft des Immigration and Refugee Board of Canada, situation and treatment of atheists, vom 15. Juni 2010 sind nach den Informationen einer Professorin, die die Region seit über 30 Jahren erforscht, keine Fälle bekannt, in denen Atheisten in Jordanien durch den Staat diskriminiert wurden. Jemand, der Atheismus offen und öffentlich verkünde, müsse zwar mit einer negativen Reaktion der Gesellschaft rechnen. Ihr seien aber keine Fälle bewusst, in denen Atheisten in Jordanien wegen des Abfalls von der Religion angeklagt worden seien.
Auch der Hessische Verwaltungsgerichtshof kommt in seiner Entscheidung vom 8.11.2000 – 3 UE 1979/94 – zu dem Ergebnis, dass in Jordanien keine staatliche Verfolgung wegen Apostasie drohe, wenn auch eine soziale Ächtung durch Familie oder Freunde nicht auszuschließen sei.
Insgesamt ist nach alledem nicht von einer drohenden staatlichen Verfolgung des Klägers wegen seiner Apostasie im Falle einer Rückkehr nach Jordanien auszugehen.
Soweit der Kläger in seiner Klagebegründung noch vorgetragen hat, Familien würden nicht zustimmen, dass ihre Tochter einen Ungläubigen heirate, man bekomme als Ungläubiger in Jordanien keine Arbeit und keine Wohnung, so handelt es sich hierbei nicht um staatliche Verfolgungsmaßnahmen sondern um eine Diskriminierung durch private Dritte. Im Übrigen muss der Kläger auch in Deutschland damit rechnen, dass hier lebende strenggläubige muslimische Familien einer Heirat ihrer Tochter mit dem Kläger nicht zustimmen würden.
b) Dem Kläger droht im Falle einer Rückkehr nach Jordanien auch keine Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure im Sinne des § 3c Nr. 3 AsylG.
Aus den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten sowie allgemein zugänglichen Erkenntnismitteln ist nicht ersichtlich, dass der jordanische Staat grundsätzlich nicht Willens oder nicht in der Lage wäre, seinen Bürgern Schutz vor Übergriffen Dritter zu gewähren (vgl. § 3c Nr. 3 i.V. m. § 3d AsylG). Auf die obigen Ausführungen wird insoweit Bezug genommen.
2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Gewährung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 2 Satz 1 AufenthG.
a) Abschiebungsschutz nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AsylG steht dem Kläger nicht zu. Gemäß § 60 Abs. 2 Satz 1 AufenthG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihn der in § 4 Abs. 1 AsylG bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1) bzw. Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2). Voraussetzung ist, dass eine konkrete individuelle Gefahr ernsthaft droht. Eine allgemeine Bedrohung genügt nicht. Anhaltspunkte für die Gefahr der Verhängung der Todesstrafe, der Folter oder der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung des Klägers in Jordanien sind hier weder vorgetragen noch erkennbar.
b) Der Kläger kann sich auch nicht auf § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG berufen. Danach gilt als ernsthafter Schaden eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Die allgemeine Gefahr, die von einem bewaffneten Konflikt für eine Vielzahl von Zivilpersonen ausgeht, kann sich individuell so verdichten, dass sie eine ernsthafte individuelle Bedrohung darstellt. Voraussetzung hierfür ist eine außergewöhnliche Situation, die durch einen so hohen Gefährdungsgrad gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson allein auf Grund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer solchen Bedrohung ausgesetzt ist (vgl. BVerwG vom 14.7.2009 Az. 10 C 9.08). In Jordanien liegt kein solcher bewaffneter Konflikt vor.
3. Es liegen auch keine nationalen Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor.
a) Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG ist nicht gegeben.
Eine Verletzung von Menschenrechten oder Grundfreiheiten, die sich aus der EMRK ergäbe, ist nach obigen Ausführungen nicht ersichtlich.
Auch die humanitären Bedingungen in Jordanien führen nicht zu der Annahme, dass bei einer Abschiebung des Klägers nach Jordanien eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliegt.
b) Der Kläger kann sich auch nicht auf § 60 Abs. 7 AufenthG berufen.
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gefahren im Sinne dieser Vorschrift, denen die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG nur bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Eine Verdichtung allgemeiner Gefahren zu einer ernsthaften individuellen Bedrohung liegt im Fall des Klägers bei einer Rückkehr nach Jordanien nicht vor. Auch hierzu kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.
Ferner ist eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen im Falle des Klägers nicht gegeben. Eine solche läge nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden (§ 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG). Nur wenn eine in Deutschland diagnostizierte Erkrankung eine ärztliche Behandlung erfordert, die dem Betroffenen in seinem Heimatland nicht oder nicht in ausreichendem Maße zuteilwerden kann und sich deshalb sein Gesundheitszustand bei einer Rückkehr wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde, kommt ein Abschiebungshindernis in Betracht (vgl. BVerwG, U. v. 25.11.1997 Az. 9 C 58/96; BVerwG, U. v. 29.10.2002 Az. 1 C 1.02; vgl. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG).
Nach den vom Kläger vorgelegten ärztlichen Attesten leidet er u.a. an pathologischem Spielen, psychischen und Verhaltensstörungen durch Tabak und Cannabinoide sowie an Splenomegalie. Diese Erkrankungen können ohne weiteres auch in Jordanien behandelt werden. Eine wesentliche oder gar lebensbedrohliche Verschlechterung des Gesundheitszustands des Klägers im Falle einer Rückkehr nach Jordanien kann daher insoweit nicht angenommen werden.
Soweit der Kläger noch vorgetragen hat, an einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) zu leiden, genügt sein Vorbringen nicht den Anforderungen an eine ausreichende Substantiierung. Legt der Ausländer ärztliche Fachberichte vor, sind diese zur Substantiierung eines Abschiebungshindernisses nämlich nur geeignet, wenn sie nachvollziehbar die Befundtatsachen angeben, gegebenenfalls die Methodik der Tatsachenerhebung benennen und nachvollziehbar die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes sowie die Folgen daraus darlegen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich in Zukunft ergeben (prognostische Diagnose), wobei sich Umfang und Genauigkeit der erforderlichen Darlegung jeweils nach den Umständen des Einzelfalles richten (vgl. VG Bayreuth, B. v. 6.3.2015 – B 3 15.50031 mit Verweis auf BayVGH v. 18.10.2013 – 10 CE 13.1890 und 10 CE 13.1891). Zur Substantiierung einer behandlungsbedürftigen PTBS gehört angesichts der Unschärfen des Krankheitsbildes sowie seiner vielfältigen Symptome regelmäßig die Vorlage eines gewissen Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attests. Aus diesem muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Wird das Vorliegen einer PTBS auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, so ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist. Diese Anforderungen an die Substantiierung ergeben sich aus der Pflicht des Beteiligten, an der Erforschung des Sachverhalts mitzuwirken (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO), die in besonderem Maße für Umstände gilt, die in die eigene Sphäre des Beteiligten fallen (vgl. BVerwG, U. v. 10.9.2007 – 10 C 8/07 – BVerwGE 129, 251).
Das vom Kläger vorgelegte Attest der Salus Klinik vom 22.12.2019 genügt diesen Anforderungen nicht, insbesondere lässt sich dem Attest nicht entnehmen, seit wann und wie häufig der Kläger diesbezüglich in Behandlung war und ob die vom Kläger vorgetragenen Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden.
4. Die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung in dem angefochtenen Bescheid sind rechtmäßig. Die Abschiebung nach Jordanien oder in einen anderen aufnahmebereiten Staat durfte dem Kläger angedroht werden, da nach obigen Ausführungen die Voraussetzungen der §§ 34 Abs. 1 AsylG, 59 AufenthG erfüllt sind. Die gesetzte Ausreisefrist steht mit § 38 Abs. 1 AsylG in Einklang.
5. Schließlich bestehen auch keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG. Das Bundesamt ist gemäß § 75 Nr. 12 AufenthG bei Abschiebungsandrohungen nach den §§ 34, 35 AsylG für die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG zuständig. Die hier nach der bis zum 20. August 2019 geltenden Rechtslage erfolgte Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots ist unionsrechtskonform als behördliche Anordnung eines befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbots zu verstehen (vgl. BVerwG vom 25.7.2017 Az. 1 C 10.17 m.w.N.). Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 AufenthG von Amts wegen zu befristen. Über die Länge der Frist wird nach Ermessen entschieden, § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten, § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG. Die tatbestandlichen Voraussetzungen liegen hier vor. Die Zeitdauer der Befristung hält sich im gesetzlich vorgegebenen Rahmen und lässt keine Ermessensfehler erkennen.
Die Klage war nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Gemäß § 83b AsylG ist das Verfahren gerichtskostenfrei.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 ff ZPO.
Die Höhe des Gegenstandswertes ergibt sich aus § 30 RVG.

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