Aktenzeichen 9 N 15.2158
Leitsatz
1. Den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Verkündung von Rechtsnormen genügt die Gemeinde, wenn sie die in Bezug genommene DIN-Norm bei der Verwaltungsstelle, bei der auch der Bebauungsplan eingesehen werden kann, zur Einsicht bereithält und hierauf in der Bebauungsplanurkunde hinweist. Ebenso genügt ein entsprechender Hinweis in der ortsüblichen Bekanntmachung (vgl. BVerwG BeckRS 2020, 21366 Rn. 38). (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für die Festlegung von Emissionskontingenten nach DIN 45691 für den Tag, außerhalb und innerhalb der Ruhezeit, sowie für die Nacht, nach der sich die Zulässigkeit von Vorhaben (Betriebe und Anlagen) richten soll, fehlt die erforderliche Rechts- bzw. Ermächtigungsgrundlage. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Bebauungsplan mit Grünordnungsplan Nr. … „S. R.“ des Antragsgegners ist unwirksam.
II. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Der Normenkontrollantrag hat Erfolg.
I. Der innerhalb der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellte Normenkontrollantrag ist zulässig. Die Antragstellerin ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt.
Nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann einen Normenkontrollantrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die angegriffene Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder verletzt zu werden. Ist ein Bebauungsplan Gegenstand der Normenkontrolle und der Betroffene nicht Eigentümer von Grundstücken im Plangebiet, so kann die Antragsbefugnis insbesondere aus dem subjektiven Recht auf gerechte Abwägung der eigenen Belange aus § 1 Abs. 7 BauGB folgen (BVerwG, B.v. 12.12.2018 – 4 BN 22.18 – juris Rn. 6 m.w.N.).
Die Antragstellerin trägt vorliegend hinreichend substantiiert Tatsachen vor, die es möglich erscheinen lassen, dass sie durch die Festsetzungen des angefochtenen Bebauungsplans in einem subjektiven Recht verletzt wird. Mit ihrem mit einem Wohnhaus bebauten, außerhalb des Plangebiets liegenden Grundstück kann sie jedenfalls im Hinblick auf mögliche planbedingte Lärmauswirkungen betroffen sein, die auch im Rahmen der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB als Abwägungsmaterial einzustellen sind. Es erscheint trotz der Entfernung ihres Anwesens zum Plangebiet insbesondere nicht von vornherein ausgeschlossen, dass das Interesse der Antragstellerin, von planbedingtem Verkehrslärm verschont zu bleiben, abwägungsbeachtlich war und fehlerhaft abgewogen wurde.
Das Interesse des Eigentümers eines Grundstücks außerhalb des Plangebiets, von einer Lärmzunahme aufgrund des Zu- und Abfahrtsverkehrs zum Plangebiet verschont zu bleiben, kann nach den Umständen des Einzelfalls einen abwägungserheblichen Belang darstellen, wenn sich der durch die Planung ausgelöste Verkehr innerhalb eines räumlich überschaubaren Bereichs bewegt und vom übrigen Straßenverkehr unterscheidbar ist, wobei eine planbedingte Zunahme des Verkehrslärms auch unterhalb der Grenzwerte zum Abwägungsmaterial gehört. Nur wenn der Lärmzuwachs geringfügig ist, mithin über die Bagatellgrenze nicht hinausgeht, oder sich nur unwesentlich auswirkt, so muss er nicht in die Abwägung eingestellt werden, wobei sich allerdings die Schwelle der Abwägungsrelevanz bei Verkehrslärmerhöhungen nicht allein durch einen Vergleich von Lärmmesswerten markieren lässt und selbst eine Lärmzunahme, die, bezogen auf einen rechnerisch ermittelten Dauerschallpegel, für das menschliche Ohr kaum wahrnehmbar ist, zum Abwägungsmaterial gehören kann (BVerwG, B.v. 16.6.2020 – 4 BN 53.19 – juris Rn. 10). Es bedarf stets einer einzelfallbezogenen, wertenden Betrachtung der konkreten Verhältnisse unter Berücksichtigung der Vorbelastung sowie der Schutzwürdigkeit des jeweiligen Gebiets (vgl. BVerwG, B.v. 12.1.2015 – 4 BN 18.14 – juris Rn. 23; BayVGH, U.v. 12.8.2019 – 9 N 17.1046 – juris Rn. 47).
Die Antragstellerin hat konkrete Einwände gegen die vom Antragsgegner veranlasste Verkehrsuntersuchung sowie die bezüglich des Verkehrslärms u.a. hierauf basierende schalltechnische Untersuchung erhoben, nach der unter Zugrundelegung eines planbedingt zusätzlichen Verkehrsaufkommens von insgesamt 766 PKW/24 h als Summe der an- und abreisenden Fahrzeuge ohne den Bau der geplanten V.straße von einer Zunahme der Lärmbelastung von 2 dB(A) bei einer bereits bestehenden mischgebietstypischen Lärmbelastung am H* H1.weg und in Folge der V. straße nur noch von einer Lärmerhöhung um 0,1 dB(A) auszugehen sei. Mit ihren Einwendungen gegen die Richtigkeit der Annahmen dieser Untersuchungen hat die Antragstellerin substantiiert in Zweifel gezogen, dass die Anzahl der Fahrbewegungen im Istzustand sowie im Planfall unter Heranziehung eines Prognosehorizonts erschöpfend ermittelt wurden sowie die Bedeutung des H* …wegs als Straße, über die auch nach dem Bau der geplanten V. straße von der B* H2.straße zur H3.straße u.a. die Anbindung des Plangebiets an der B* H2. Straße an das weitere Straßennetz erfolge, richtig erkannt wurde. Von der Richtigkeit und Nachvollziehbarkeit der beauftragten Untersuchungen hängt aber ab, ob der Antragsgegner hinsichtlich der die Antragstellerin treffenden Lärmzunahme im Rahmen seiner Abwägung von einer nicht wahrnehmbaren Erhöhung ausgehen durfte. Die Antragstellerin hat darüber hinaus auch die vom Antragsgegner angenommene Schutzwürdigkeit des Gebiets, in dem sich ihr Wohnhaus befindet, ausführlich und substantiiert in Frage gestellt. Die für die Begründung der Antragsbefugnis genügende Möglichkeit einer nicht nur geringfügigen, sondern abwägungsrelevanten Immissionssituation zu ihren Lasten ist damit ausreichend dargelegt (vgl. BayVGH, U.v. 12.8.2019 – 9 N 17.1046 – juris Rn. 21 m.w.N.).
II. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Der Bebauungsplan mit Grünordnungsplan Nr. … „S. R.“ ist gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO für unwirksam zu erklären.
1. Der Bebauungsplan leidet bereits an einem formellen Mangel, der zu seiner Unwirksamkeit führt. Denn die in Teil B in den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans unter 7.1.1 getroffene Regelung zum Immissionsschutz verstößt gegen die rechtsstaatlichen Anforderungen an die Verkündung einer Rechtsnorm.
Eine in den textlichen Festsetzungen eines Bebauungsplans in Bezug genommene nicht öffentlich zugängliche technische Vorschrift, die bestimmt, unter welchen Voraussetzungen bauliche Anlagen im Plangebiet zulässig sind, genügt den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Verkündung von Rechtsnormen nur dann, wenn die Gemeinde sicherstellt, dass die Betroffenen von der DIN-Vorschrift verlässlich und in zumutbarer Weise Kenntnis erlangen können (vgl. BayVGH, U.v. 25.10.2016 – 9 N 13.558 – juris Rn. 29 m.w.N.). Den rechtsstaatlichen Anforderungen genügt die Gemeinde, wenn sie die in Bezug genommene Vorschrift bei der Verwaltungsstelle, bei der auch der Bebauungsplan eingesehen werden kann, zur Einsicht bereithält und hierauf in der Bebauungsplanurkunde hinweist. Ebenso genügt ein entsprechender Hinweis in der ortsüblichen Bekanntmachung, weil dieser in gleicher Weise wie der Hinweis in der Bebauungsplanurkunde geeignet ist, die Planbetroffenen über die Möglichkeit und den Ort der Einsicht in die technische Vorschrift zu informieren (vgl. BVerwG, U.v. 25.6.2020 – 4 CN 5/18 – juris Rn. 38 m.w.N.).
Diesen Anforderungen entspricht der streitgegenständliche Bebauungsplan nicht. Er enthält zwar in Teil B unter 7.1.1 die textliche Festsetzung, dass Vorhaben (Betriebe und Anlagen), deren Geräusche die in der nachfolgenden Tabelle angegebenen Emissionskontingente nach DIN 45691 nicht überschreiten, zulässig sein sollen, und weist im Anschluss an die Tabelle darauf hin, dass die Prüfung der Einhaltung nach „DIN 45691:2006-12, Abschnitt 5“ erfolgt. Entgegen den oben dargestellten Grundsätzen fehlt es jedoch an einem Hinweis in der Bebauungsplanurkunde darauf, dass diese DIN-Vorschrift bei der Verwaltungsstelle, bei der auch der Bebauungsplan eingesehen werden kann, zur Einsicht bereitgehalten wird. Auch die Bekanntmachung (§ 10 Abs. 3 Satz 3 BauGB) enthält keinen solchen Hinweis.
2. Der Bebauungsplan ist darüber hinaus im Zusammenhang mit der Festsetzung von Emissionskontingenten nach DIN 45691 materiell fehlerhaft.
a) Für die in Nr. 7.1.1 der textlichen Festsetzungen getroffene Festlegung von Emissionskontingenten nach DIN 45691 für den Tag, außerhalb und innerhalb der Ruhezeit, sowie für die Nacht, nach der sich die Zulässigkeit von Vorhaben (Betriebe und Anlagen) richten soll, fehlt die erforderliche Rechts- bzw. Ermächtigungsgrundlage.
Durch einen Bebauungsplan bestimmt die Gemeinde Inhalt und Schranken des Eigentums der im Planbereich gelegenen Grundstücke. Hierfür bedarf sie gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG einer gesetzlichen Grundlage. Sie findet sich in § 9 BauGB und in den ergänzenden Vorschriften der nach § 2 Abs. 5 BauGB erlassenen Baunutzungsverordnung. Durch sie wird der festsetzungsfähige Inhalt eines Bebauungsplans abschließend geregelt. Weicht die Gemeinde bei der Aufstellung von Bebauungsplänen von den Vorgaben des § 9 BauGB und der Baunutzungsverordnung ab, so ist die von diesem Fehler betroffene Festsetzung wegen Verstoßes gegen den bauplanungsrechtlichen Typenzwang, durch den die Beachtung des Gesetzesvorbehalts des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleistet wird, unwirksam, und zwar unabhängig von der Frage, ob das mit ihr verfolgte planerische Ziel materiell-rechtlich zulässig ist und möglicherweise sogar auf andere Weise realisiert werden könnte (vgl. BayVGH, B.v. 8.12.2017 – 9 CS 17.1987 – juris Rn. 18; BVerwG, U.v. 8.10.1998 – 4 C 1.97 – juris Rn. 21; BayVGH, U.v. 6.12.2019 – 15 N 18.636 – juris Rn. 29 m.w.N.).
Nach § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO können für die in den §§ 4 bis 9 BauNVO bezeichneten Baugebiete im Bebauungsplan für das jeweilige Baugebiet Festsetzungen getroffen werden, die das Baugebiet nach der Art der Betriebe und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften gliedern. Emissionskontingente nach der DIN 45691 sind dabei geeignet, das Emissionsverhalten als Eigenschaft von Betrieben und Anlagen im Sinne des § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO zu kennzeichnen (BVerwG, U.v. 7.12.2017 – 4 CN 7/16 – juris Rn. 8; BayVGH, U.v. 12.8.2019 – 9 N 17.1046 – juris Rn. 24). Nach § 1 Abs. 4 Satz 2 BauNVO können die Festsetzungen nach Satz 1 für mehrere Gewerbegebiete oder Industriegebiete einer Gemeinde auch im Verhältnis zueinander getroffen werden. Darüber hinaus besteht auch für Sondergebiete, für die gemäß § 1 Abs. 3 Satz 3 BauNVO u.a. § 1 Abs. 4 BauNVO keine Anwendung findet, sondern besondere Festsetzungen über die Art der Nutzung nach den §§ 10 und 11 BauNVO getroffen werden können, unter Heranziehung des § 11 Abs. 2 BauNVO die Möglichkeit, im Zusammenhang mit der Festsetzung der Art der Nutzung hinsichtlich des Emissionsverhaltens zu differenzieren (vgl. BVerwG, B.v. 2.10.2013 – 4 BN 10.13 – juris Rn. 7; BayVGH, U.v. 1.4.2015 – 1 N 13.1138 – juris Rn. 21; vgl. auch BVerwG, U.v. 17.10.2019 – 4 CN 8/18 – juris Rn. 14).
Im Plangebiet ist kein Baugebiet nach den §§ 4 bis 9 BauNVO, sondern ein Sondergebiet nach § 11 BauNVO festgesetzt; dieses ist der im Bebauungsplan festgesetzten Emissionskontingentierung nach den zeichnerischen und textlichen Festsetzungen auch unterworfen worden. Die Sondergebietsfestsetzung betrifft allerdings ausweislich der Planbegründung (s. S. 4) sowie der zeichnerischen Darstellung und den textlichen Regelungen dazu im Bebauungsplan ausdrücklich nur einen Teilbereich im südlichen Teil des Plangebiets, wo sich im bisherigen Außenbereich bereits eine privat betriebene Tennishalle mit Tennisplätzen und ein Wohngebäude (Aufsicht) befinden; damit befinden sich auch nur zwei Teilflächen der gesamten Fläche für Emissionskontingente (TF 3 und TF 4) innerhalb des festgesetzten Sondergebiets. Die Gliederung des Plangebiets nach Emissionskontingenten erfolgt nach den zeichnerischen und textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans dagegen auf insgesamt 14 Teilflächen gebietsübergreifend, nämlich über das Sondergebiet hinaus auch auf der Fläche für Sport- und Spielanlagen nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB (8 Teilflächen), welche grundsätzlich gleichrangig, auch an Stelle eines möglicherweise zweckmäßigeren Sondergebiets zur Festlegung der Art der baulichen Nutzung festgesetzt werden kann (vgl. BVerwG, B.v. 10.10.2005 – 4 B 56.05 – juris Rn. 4 m.w.N.), sowie der öffentlichen Grünfläche nach § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB (4 Teilflächen), ohne dass für diese Vorgehensweise eine Rechtsgrundlage ersichtlich wäre.
Insbesondere scheidet auch § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB, der unter 7. „Vorkehrungen zum Schutz gegen schädliche Umwelteinwirkungen“ bzw. 7.1 „Umgrenzung der Flächen für Vorkehrungen zum Schutz gegen schädliche Umwelteinwirkungen“ der textlichen Festsetzungen Erwähnung findet, als Ermächtigungsgrundlage aus. Denn Emissionskontingente sind keine baulichen oder technischen Vorkehrungen im Sinne der Vorschrift, weil sie nicht für sich geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen abzuwehren, wie dies beispielsweise bei einer Lärmschutzwand oder Schallschutzfenstern der Fall ist. Sie legen nur das Ziel des Immissionsschutzes fest, enthalten aber keine Aussage über die konkret zu treffenden Maßnahmen (vgl. BVerwG, U.v. 7.12.2017 – 4 CN 7.16 – juris Rn. 19 m.w.N.; BayVGH, U.v. 12.8.2019 – 9 N 17.1046 – juris Rn. 33; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Mai 2020, § 9 Rn. 206, 208).
Auch § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BauGB, nach dem in besonderen Fällen festgesetzt werden kann, dass bestimmte der in ihm festgesetzten baulichen und sonstigen Nutzungen und Anlagen nur bis zum Eintritt bestimmter Umstände zulässig oder unzulässig sind, kommt nicht als gesetzliche Grundlage in Betracht. Abgesehen davon, dass selbstständige inhaltliche Festsetzungsmöglichkeiten durch § 9 Abs. 2 BauGB nicht eröffnet werden (vgl. Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 14. Aufl. 2019, § 9 Rn. 168), soll die Norm – schon dem Wortlaut nach – die Möglichkeit eröffnen, die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines Vorhabens mit dem Eintritt einer aufschiebenden oder auflösenden Bedingung zu verknüpfen, worum es bei der Ermessenskontingentierung aber nicht geht, weil die Verwirklichung der im Bebauungsplan vorgesehenen und damit auch rechtlich möglichen Nutzungen nicht in Abstimmung mit bestimmten Maßnahmen und sonstigen Vorgängen gesteuert oder eine Nutzungen nicht zeitlich oder nach (sonstigen) Kriterien abgestuft verwirklicht werden soll (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Mai 2020, § 9 Rn. 240n). Deshalb kann auch nicht der normativ geforderte besondere Fall vorliegen (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB a.a.O. Rn. 240q; Spannowsky in BeckOK BauGB, Stand 1.8.2020, § 9 Rn. 132).
b) Unabhängig von der fehlenden Ermächtigungsgrundlage für die Emissionskontingentierung sind die betreffenden Festsetzungen aber auch zu unbestimmt.
Ein Bebauungsplan muss als Rechtsnorm dem aus dem Rechtsstaatsgebot (Art. 20 Abs. 3 GG) abzuleitenden Gebot der Bestimmtheit und Normenklarheit entsprechen. Es muss – gegebenenfalls nach entsprechender Auslegung – hinreichend konkret und klar zu erkennen sein, welche Regelungen mit welchem Inhalt normative Geltung beanspruchen. Die Gemeinde hat dabei die Wahl zwischen zeichnerischer Festsetzung und textlicher Beschreibung; sie kann beide Elemente auch kombinieren (vgl. BayVGH, U.v. 21.6.2016 – 9 N 12.218 – juris Rn. 44).
Da die festgesetzten Lärmemissionskontingente nach DIN 45691 den Pegel der Schallleistung bezeichnen, die bei gleichmäßiger Verteilung sowie bei ungehinderter Abstrahlung und ungehinderter verlustloser Schallausbreitung je Quadratmeter höchstens abgestrahlt werden darf (vgl. BayVGH, U.v. 29.11.2012 – 15 N 09.693 – juris Rn. 37), muss der Bebauungsplan u.a. eindeutig bestimmen, welche Bezugsflächen für die „Umrechnung“ der betrieblichen Schallleistung in den flächenbezogenen Schallleistungspegel zugrunde zu legen sind. Die hinreichende Bestimmtheit kann sich dabei auch durch Auslegung der planerischen Festsetzungen (Text und Zeichnung) unter Rückgriff auf die Planbegründung oder in Bezug genommene Gutachten ergeben (vgl. BayVGH, U.v. 21.6.2016 – 9 N 12.218 – juris Rn. 45 m.w.N.). Im vorliegenden Fall sind die Bezugsflächen jedoch weder aus dem Bebauungsplan selbst noch aus der schalltechnischen Untersuchung, die Anlage zur Planbegründung ist, zweifelsfrei zu ermitteln.
Die Planzeichnung im Maßstab 1:1000 enthält keine Schablone, aus der sich die einzelnen Emissionskontingentteilflächen ergeben. Ihr ist nach der zugehörigen Planzeichenlegende unter 9. lediglich die „Umgrenzung von Flächen gleicher höchstzulässiger Emissionskontingente“ zu entnehmen. Soweit unter 9. zugleich auf die textlichen Festsetzungen unter 7.1.1 und den Beiplan Emissionskontingente Teilflächen verwiesen wird, lässt sich hieraus zwar ersehen, dass für insgesamt 14 Teilflächen innerhalb der Umgrenzung – allerdings nicht gleiche, sondern jeweils unterschiedliche – höchstzulässige Emissionskontingente nach DIN 45691 für tags außerhalb der Ruhezeit, tags innerhalb der Ruhezeit und nachts festgesetzt wurden. Die Teilflächen, die im betreffenden Beiplan auf der Planurkunde mit TF 1 bis 14 bezeichnet und mit roter Umgrenzungslinie dargestellt sind sowie in geometrischer Form und Größe äußerst unterschiedlich ausfallen, können aber nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit auf den Bebauungsplan übertragen werden, da sie nicht näher definiert werden und der Beiplan zudem keine maßstäblichen Darstellungen enthält.
Zieht man die schalltechnische Untersuchung zur Auslegung heran, ergibt sich zwar, dass sich der Gutachter hinsichtlich der Einteilung in Teilflächen anhand der Grundstücksgrenzen vorhandener Nutzungen und an den Festsetzungen für aus schalltechnischer Sicht verschiedene geplante Nutzungen orientieren wollte, wobei vor allem den großen Sportflächen und den Stellplatzanlagen Relevanz beigemessen worden sei (s. schalltechnische Untersuchung S. 12). Außerdem lässt sich ein Plan – ebenfalls ohne Maßstab – als Abbildung 8 auf Seite 14 der schalltechnischen Untersuchung finden, der 14 Teilflächen enthält. Diese sind allerdings nicht nummeriert, sondern weisen, wohl entsprechend dem nachrichtlich der Planbegründung beigegebenen Vorhabenplan der S. (s. dort S. 6), des Bestandes im Plangebiet und in Anlehnung an die festgesetzten Stellplatzflächen, unterschiedliche Bezeichnungen nach Nutzung auf.
Zwar sind den betreffenden Teilflächen unter ihrer Bezeichnung in den Tabellen 6 bis 8 (schalltechnische Untersuchung, S. 17 ff.) auch Flächengrößen zugeordnet. Jedoch genügen die Beschreibung der Gründe für die Festlegung der Teilflächen und die bloßen Flächenangaben vorliegend nicht, um innerhalb der Flächenbasis die genauen Bezugsflächen ableiten zu können (vgl. auch BayVGH, U.v. 21.6.2016 – 9 N 12.218 – juris Rn. 47). Bei einem Vergleich des zeichnerischen Plans im Maßstab 1:1000 mit dem Beiplan oder der Abbildung 8 in der schalltechnischen Untersuchung, was wegen der geringen Größe der Darstellungen in den maßstabslosen Plänen im Übrigen schon aus Gründen der Lesbarkeit Probleme bereitet, lässt sich nicht erkennen, dass sich die Teilflächen der vorhandenen Nutzungen bzw. ihre Umgrenzungen im Sondergebiet oder in der Fläche für Sport- und Spielanlagen mit den dortigen Grundstücksgrenzen decken (s. z.B. TF 13, TF 3 und TF 4) oder etwa hinsichtlich der Stellplatzflächen einheitlich auf die diesbezüglich festgesetzten Flächen abgestellt worden wäre (vgl. TF 12, 14, 11 und 2). Hinsichtlich geplanter Nutzungen, von denen in der schalltechnischen Untersuchung ausgegangen wurde, finden sich in der Planzeichnung 1:1000, abgesehen von den Stellplatzflächen, in Bezug auf die Flächenbasis für die Emissionskontingentierung keine den Teilflächen entsprechenden flächenmäßigen Abgrenzungen unterschiedlicher Nutzungen (vgl. z.B. öffentliche Grünfläche mit vier Teilflächen oder TF 5, 10 und 11). Zudem ist unklar, ob den festgesetzten Baugrenzen in Bezug auf die Teilflächenbildung einheitlich keine Bedeutung zukommen soll. Dies lässt sich nach dem Beiplan für die jeweils westlichen Baugrenzen auf den Teilflächen 3 und 10 jedenfalls nicht ausschließen.
c) Die aufgezeigten Mängel aus materieller Sicht führen wie schon der aufgezeigte formelle Mangel zur Unwirksamkeit des gesamten Bebauungsplans. Die Unwirksamkeit bestimmter Festsetzungen hat nur dann unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 139 BGB nicht die Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans zur Folge, wenn die übrigen Festsetzungen für sich betrachtet noch eine den Anforderungen des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB gerecht werdende, sinnvolle städtebauliche Ordnung bewirken können und wenn mit Sicherheit anzunehmen ist, dass die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch eine Satzung ohne den unwirksamen Teil beschlossen hätte (vgl. BVerwG, U.v. 14.9.2017 – 4 CN 6/16 – juris Rn. 29; BayVGH, U.v. 6.12.2019 – 15 N 18.636 – juris Rn. 32). Von Letzterem kann in Anbetracht des Umstands, dass der Antragsgegner die Emissionskontingentierung als wesentlichen Bestandteil der Bewältigung des planbedingten Lärmkonflikts mit der umgebenden Wohnbebauung angesehen hat und somit mit der Unwirksamkeit der betreffenden Festsetzungen eine zentrale Frage der Gesamtplanung betroffen ist, nicht ausgegangen werden.
Auf die weiteren Einwendungen der Antragstellerin gegen die Gültigkeit des Bebauungs- und Grünordnungsplans oder sonstige ggf. noch vorliegende Unwirksamkeitsgründe kommt es daher nicht mehr entscheidungserheblich an.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO, insbesondere § 708 Nr. 11, § 709 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO).
Die Nr. I der Entscheidungsformel ist nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils ebenso zu veröffentlichen, wie die Rechtsvorschrift bekannt zu machen wäre (§ 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO).