Aktenzeichen B 7 E 20.452
VwGO § 123
Leitsatz
Tenor
1. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine erwartete behördliche Beschränkung ihrer für den 23.05.2020 geplanten Versammlung.
Am Samstag, den 16.05.2020 zeigte die Antragstellerin bei der Antragsgegnerin für den 23.05.2020 eine Versammlung mit dem Thema „Nicht ohne uns – Auseinandersetzung mit den „Corona-Maßnahmen“ – Hinweis zum Selbstverständnis: Wir arbeiten für die Verfassung. „Rückwärts“ vom liberalen Grundgesetz ist bei uns kein Platz! Für die vollständige Wiederherstellung aller Grundrechte, für eine pluralistische Gesellschaft, in der auch unterschiedliche wissenschaftliche Stimmen Gehör finden und Sorgen von Bürgern im sozialen und wirtschaftlichen Bereich Platz haben!“ an.
Die Versammlung soll um 15:30 Uhr beginnen, am … in … durchgeführt werden und um 16:30 Uhr enden. Es würden 30 teilnehmende Personen erwartet, bei „50+“ werde man ggf. ausschließen. Es seien mindestens fünf Ordner vorgesehen.
Am 20.05.2020 wandte sich die Antragsgegnerin per E-Mail an die Antragstellerin, nachdem man diese telefonisch nicht erreicht habe. Es wurde u.a. um Rückmeldung gebeten, ob die Antragstellerin mit einer Verlegung des angezeigten Versammlungsorts auf den „… …“ einverstanden wäre und auf den Einsatz von Flatterband freiwillig verzichten würde. Ansonsten müsse aus infektionsschutzrechtlichen Erwägungen der angezeigte Versammlungsort auch in Form einer Verlegung beschränkt werden (wurde ausführlich näher dargelegt).
Die Antragstellerin wandte sich am 20.05.2020 an das Verwaltungsgericht Bayreuth und beantragte,
dass die Mitteilungen des … auf eine vorgeblich notwendige Verlegung des Versammlungsplatzes zurückzuweisen sind und also zu bestätigen ist, dass die von der Antragstellerin ordentlich am vergangenen Samstag für kommenden Samstag angemeldete Versammlung im wirklichen Stadtzentrum, an dem dafür nachweislich geeigneten … stattfinden kann.
Die Antragsgegnerin legte die bisher angefallenen Aktenteile vor und beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Auf die Begründung des Eilantrags und die Erwiderung der Antragsgegnerin wird Bezug genommen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakte verwiesen.
II.
Der Antrag ist unzulässig.
Vorläufiger Rechtschutz richtet sich in der hier vorliegenden Konstellation, in der mit dem Erlass eines Beschränkungsbescheids zu rechnen ist, nach § 80 Abs. 5 VwGO. Das Verfahren auf Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Hauptsachklage ist vorrangig gegenüber dem Verfahren auf Erlass einer einsteiligen Anordnung (vgl. § 123 Abs. 5 VwGO).
Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage im Falle des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene, originäre Ermessensentscheidung. Es hat zwischen dem in der gesetzlichen Regelung zum Ausdruck kommenden Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs abzuwägen. Im Rahmen dieser Abwägung sind in erster Linie die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Eilverfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf voraussichtlich keinen Erfolg haben wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich der zugrundeliegende Bescheid bei dieser Prüfung hingegen als rechtswidrig und das Hauptsacheverfahren damit voraussichtlich als erfolgreich, ist das Interesse an der sofortigen Vollziehung regelmäßig zu verneinen. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens hingegen offen, kommt es zu einer allgemeinen Abwägung der widerstreitenden Interessen.
Das Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO ist in der gegenwärtigen Situation nicht statthaft, nachdem die Antragsgegnerin einen Beschränkungsbescheid betreffend die Versammlung der Antragstellerin vom 23.05.2020 (noch) nicht hat erlassen hat.
Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin zulässigerweise vorbeugenden Rechtsschutz gegen eine Versammlungsbeschränkung in Anspruch nehmen könnte, die die Antragsgegnerin womöglich in der Zukunft zu ihren Lasten verfügen wird. Ein entsprechendes besonderes bzw. qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis liegt nicht vor. Die Antragsgegnerin hatte sich zuletzt mit E-Mail vom 20.05.2020 an die Antragsgegnerin gewandt und u.a. um Rückmeldung zu aufgeworfenen Fragen gebeten. Soweit erkennbar, hat sich die Antragstellerin in der Folgezeit nicht (mehr) an die Antragsgegnerin gewandt, sondern sogleich um gerichtlichen vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Es handelt sich hier um ein Gesuch im Wege eines vorbeugenden Rechtsschutzes, das sich als unzulässig darstellt. Es ist weder plausibel vorgetragen noch sonst erkennbar, dass es der Antragstellerin unzumutbar wäre, den etwaigen Erlass eines beschränkenden Bescheids abzuwarten und sodann ggf. um sogenannten nachträglichen vorläufigen Rechtsschutz nachzusuchen. Angesichts des Termins der Versammlung am 23.05.2020 ist auch nicht zu erwarten, dass nachträglicher vorläufiger Rechtsschutz in der hier gegebenen Konstellation unzureichend wäre oder sonst unzumutbar erschiene.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 und 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.