Aktenzeichen 21 O 12/19
Leitsatz
Verfahrensgang
1 U 269/19 — OLGBAMBERG OLG Bamberg
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des 1,1-fachen des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
IV. Der Streitwert wird auf 16.000,00 € festgesetzt.
Gründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
I. Die Klage ist auch hinsichtlich der Feststellungsanträge gem. § 256 Abs. 1 ZPO zulässig, weil die nach dem Vortrag der Klägerin erforderlichen Arbeiten zur Beseitigung des Gebäudeschadens noch nicht vollständig durchgeführt worden sind und insoweit ein Anspruch auf Zahlung nicht unter Einschluss der Mehrwertsteuer verlangt werden kann (Antrag 3.). Soweit sich der Feststellungsantrag 1. teilweise mit dem Zahlungsantrag 2. und dem Feststellungsantrag 3. deckt, liegt eine nach § 256 Abs. 2 ZPO zulässige Zwischenfeststellungsklage vor.
II. Die Klage ist jedoch unbegründet, weil der Klägerin nicht der Nachweis gelungen ist, dass das von der Zeugin … glaubhaft bezeugte Starkregenereignis vom 15.05.2018 einen versicherten Schadensfall darstellt. Es ist weder eine Überschwemmung im Sinne des § 3 der Besonderen Bedingungen Wohngebäude Elementar (Anlage K4) nachgewiesen, noch liegt ein Rückstau nach § 4 dieser Versicherungsbedingungen vor.
III. Gemäß § 3 der Besonderen Bedingungen Elemtentar (Anlage K4) ist eine Überschwemmung „die Überflutung des Grund und Bodens des Versicherungsgrundstücks mit erheblichen Mengen von Oberflächenwasser durch a) Ausuferung von oberirdischen (stehenden oder fließenden) Gewässern, b) Witterungsniederschläge, c) Austritt von Grundwasser an die Erdoberfläche in Folge von a) oder b).“
In Betracht kommt insoweit allein Variante b) „durch Witterungsniederschläge“. Keine Überschwemmung im Sinne der Versicherungsbedingungen stellt das Aufstauen von Niederschlagswasser in einzelnen Bereichen des Gebäudes aufgrund unzureichender Entwässerung dar (vgl. OLG Karlsruhe, VersR 2012, 231 zum Fall des Aufstaus von Niederschlagswasser in einem Lichtschacht und OLG Oldenburg, VersR 2012, 437 wenn Regenwasser über eine schräge Abfahrt in eine im Keller des Gebäudes gelegene Garage einfließt). Die von der Klägerin berichtete und von der Zeugin bestätigte Ansammlung des Wassers auf der Terrasse reicht somit als Überschwemmung „des Grund und Bodens“ gem. § 3 b) der Besonderen Versicherungsbedingungen nicht aus (so auch OLG München, ZfSch 2017, 577 zu dem Fall, dass eine Terrasse überschwemmt wird, weil Niederschlagswasser nicht in die Entwässerung abfließt).
Eine Überschwemmung ist bei einem Hanggrundstück jedoch nicht in jedem Fall ausgeschlossen. Allerdings erfordert dies, dass erhebliche Wassermengen sturzbachartig über das Grundstück fließen (vgl. OLG München, Beschluss vom 24.04.2017, 25 U 843/17, juris). Die Klägerin hat bei ihrer Anhörung zwar angegeben, dass Wasser in mehreren Bächen von dem darüberliegenden Felsen heruntergeflossen sei, diese Behauptung hat sich aber nicht zur Überzeugung des Einzelrichters (§ 287 Abs. 1 ZPO) durch die Zeugin … bestätigt. Die glaubhaft und detailliert aussagende Zeugin hat weder bei der Beantwortung der Frage, woher das Wasser auf der Terrasse kam, angegeben, dass Bäche von den Felsen heruntergelaufen seien, noch hat sie dies auf einen entsprechenden Vorhalt der klägerischen Angabe bestätigen können, da sie sich vorrangig auf das Wegwischen des Wassers konzentriert habe.
Die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Nachweis eines Überschwemmungsschadens hält der Einzelrichter nicht für geboten. Zwar können Niederschlagsereignisse und -mengen erfahrungsgemäß durch ein Gutachten des Deutschen Wetterdienstes nachvollzogen werden. Es fehlen jedoch hinreichende Anknüpfungstatsachen für eine ausreichend überzeugungsfähige Feststellung einer Überschwemmung des Versicherungsgrundstücks am 15.05.2018 durch erhebliche Wassermengen, die von den oberen Grundstücken über Felsen heruntergeflossen sein sollen. Die als Anknüpfungstatsachen zur Verfügung stehenden Bilder der Klägerin beziehen sich auf das Gebäude und die baulichen Anlagen. Wasserlaufspuren an den Felsen oder auf dem Grundstück angeschwemmte Feststoffe (etwa Laub, Äste oder Erde) sind nicht festgehalten. Auch auf den von der Beklagten vorgelegten Lichtbildern aus dem Regulierungsgutachten sind keine auf eine Überschwemmung hindeutende Wasserlaufspuren erkennbar. Der Nachweis einer Überschwemmung am 15.05.2018 durch eine gut ein Jahr später erfolgende Besichtigung des Grundstücks durch einen Sachverständigen erscheint nicht möglich. Selbst wenn sich Spuren einer Überschwemmung zeigen sollten, kann nach über einem Jahr nicht mehr zuverlässig ermittelt werden, dass diese vom Starkregen am 15.05.2018 stammen.
IV. Ein Rückstau liegt nach § 4 der Besonderen Versicherungsbedingungen vor wenn Wasser durch Witterungsniederschläge bestimmungswidrig aus gebäudeeigenen Ableitungsrohren oder damit verbundenen Einrichtungen in das Gebäude dringt. Insoweit hatte die Klägerin behauptet und bei ihrer Anhörung angegeben, dass das Wasser der Entwässerungsrinne an die Wetterseite des Hauses geleitet worden sei. Diese Behauptung hat sich durch die Einvernahme der Zeugin … nicht bestätigt. Nach Angabe der Zeugin sei das Wasser immer wieder in einem Schwall über die Regenrinne des Anbaus rübergehuscht, wie sie gehört habe (Protokoll Seite 7, Bl. 87 d. A.).
Auf Nachfrage, ob die Zeugin beobachtet hatte, dass Wasser an die Seite des Hauses aus der Regenrinne des Anbaus gelaufen ist, hat dies die Zeugin nicht bestätigt; sie habe es nicht beobachtet (ebenda). Die Angabe der Zeugin steht im Einklang mit den durch die Lichtbilder wiedergegebenen Details der Ausführung der Entwässerungsanlage. Die Entwässerungsrinne unterhalb der Terrasse ist an dem zum Wohngebäude liegenden Ende hin verschlossen, was eine direkte Ableitung von Niederschlagswasser zur Gebäudewand erschwert, ferner ist die Entwässerung zum Fallrohr hin zumindest teilweise mit einem Gefälle versehen. Bei einem Aufstau im Fallrohr war somit zu erwarten, dass zumindest der weit überwiegende Teil des Wassers über die Vorderkante der vollen Entwässerungsrinne hinweg unkontrolliert abfließt und nicht durch die links halbseitig geschlossene Entwässerungsrinne zu der Außenseite des Hauses geleitet wird.
V. Mangels Anspruch aus dem Versicherungsvertrag dem Grunde nach für das Schadensereignis vom 15.05.2018 besteht auch kein Anspruch auf Ersatz von Nebenforderungen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, weil sie unterlegen ist (§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 709 Satz 1, 2 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung folgt der Angabe der Klageschrift.