IT- und Medienrecht

Kein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz aus einem Kaufvertrag über ein Diesel-Fahrzeug, Marke Audi A6 Avant 2.0 TDI

Aktenzeichen  22 O 1993/18

Datum:
12.12.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 59726
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Memmingen
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 280 Abs. 1, Abs. 3, § 281, § 323, § 346 Abs. 1, § 433, § 434, § 437 Nr. 2, § 438 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3, § 440, § 812 Abs. 1 S. 1, § 823 Abs. 2, § 826
StGB § 263
EG-FGV § 6, § 27
ZPO § 253, § 256 Abs. 1

 

Leitsatz

Sofern der Kläger eine Leistung Zug um Zug gegen Erbringung einer Gegenleistung einklagt, muss die Zug um Zug zu erbringende Gegenleistung so bestimmt bezeichnet werden, dass sie ihrerseits zum Gegenstand einer Leistungsklage gemacht werden kann. Zwar lässt die Rechtsprechung Ausnahmen dort zu, wo der Anspruch von einer richterlichen Schätzung abhängig ist. Voraussetzung auch hier ist jedoch, dass zumindest eine Größenordnung und die zugrundeliegenden Schätzungsgrundlagen angegeben werden. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Gründe

A.
Die Klage erweist sich als unzulässig und zugleich unbegründet, so dass sie vollumfänglich abzuweisen war.
I.
Die Klage ist unzulässig.
1. Das Landgericht Memmingen ist sachlich und örtlich zuständig, jedenfalls aufgrund rügeloser Einlassung.
2. Der Klageantrag zu 1 ist aufgrund fehlender Bestimmtheit bereits unzulässig. Sofern der Kläger eine Leistung Zug um Zug gegen Erbringung einer Gegenleistung einklagt, muss die Zug um Zug zu erbringende Gegenleistung so bestimmt bezeichnet werden, dass sie ihrerseits zum Gegenstand einer Leistungsklage gemacht werden kann (vgl. BGH Beschluss vom 16.06.16, Az I ZB 58/15; NJW 2016, 3455, 3456). Zwar lässt die Rechtsprechung Ausnahmen dort zu, wo der Anspruch von einer richterlichen Schätzung abhängig ist. Voraussetzung auch hier ist jedoch, dass zumindest eine Größenordnung und die zugrundeliegenden Schätzungsgrundlagen angegeben werden (vgl. MüKo ZPO 5. Aufl. 2016, § 253 ZPO, RdNr. 119 ff; Musielak/Voit ZPO 16. Aufl. § 253 RdNr. 35; OLG Frankfurt Hinweisbeschluss vom 14.08.2018, 25 U 72/18). Hieran fehlt es vollständig. So trägt die Klagepartei zwar vor, dass Nutzungsentschädigung aus einem geminderten Kaufpreis zu berechnen sei, ohne hierzu jedoch nähere Angaben zu machen, wie diese Minderung berechnet werden soll und in welcher Größenordnung sich die Minderung bewegen soll. Auch weitere Angaben zur Berechnung der Nutzungsentschädigung fehlen vollständig.
3. Der Klageantrag zu 2 ist ebenfalls unzulässig.
Der gestellte Feststellungsantrag genügt – auch in der zuletzt gestellten Form – ebenfalls nicht den Anforderungen des § 253 ZPO, denn es ist aus dem Antrag heraus nicht hinreichend verständlich was unter „Abgasmanipulation“ zu verstehen sein soll. Darüber hinaus fehlt dem Kläger im Hinblick auf den gestellten Feststellungsantrag das nach § 256 I ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Die Leistungsklage ist vorrangig. Warum darüberhinaus aufgrund besonderer Umstände weiterhin ein Feststellungsinteresse bestehen soll, hat der Kläger nicht dargelegt.
B.
Die unzulässige Klage ist auch unbegründet.
I. Ansprüche gegen die Beklagte zu 1:
1. Kein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung, § 812 I 1 BGB.
Es besteht kein Anfechtungsgrund, denn eine arglistige Täuschung durch die Beklagte zu 1 liegt nicht vor. Bei der Beklagten zu 1 handelt es sich um einen freien und von der Beklagten zu 2 unabhängigen Autohändler. Es gibt keinen gesetzlichen Grund ihr etwaige Täuschungshandlungen der Beklagten zu 2 zurechnen. Dass der Beklagten zu 1 bereits im Zeitpunkt des Fahrzeugverkaufs im Mai 2013 bekannt war, dass eine illegale Motorsteuerungssoftware verbaut ist, hat der Kläger nicht substantiiert dargelegt und bewiesen.
Selbst wenn man annehmen wollte, dass im Zusammenhang mit dem Software-Update vom 7.7.2016 eine neue illegale Abschalteinrichtung in Gestalt eines sog. „Thermofensters“ aufgespielt wurde, so resultiert hieraus kein Recht des Klägers zur Anfechtung des Kaufvertrags vom 3.5.2013, denn die Willenserklärung des Klägers zum Abschluss des Kaufvertrags im Jahr 2013 war nicht beeinflusst durch eine etwaige Täuschung im Jahr 2016. Zudem hat der Kläger nicht bewiesen, dass die Beklagte zu 1 Kenntnis von dem Thermofenster hatte.
2. Kein Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags wegen Mängeln, §§ 346 I, 437 Nr. 2, 434, 440, 323 BGB.
Die zunächst verbaute illegale Abschalteinrichtung stellt zwar einen Mangel des Fahrzeugs dar, aber hieraus resultierende Ansprüche des Klägers gegenüber der Beklagten zu 1 sind jedenfalls verjährt gem. § 438 I Nr. 3 BGB. Die Übergabe des Fahrzeugs war nämlich bereits am 26.5.2013 erfolgt und bis zur Klage vom 30.12.2018 erfolgten keine Maßnahmen zur Unterbrechung oder Hemmung der zwei-jährigen Verjährungsfrist und eine arglistige Täuschung durch die Beklagte zu 1 ist nicht bewiesen (§ 438 III BGB). Auch durch das Software-Update vom 7.7.2016 erfolgte keine Hemmung oder ein Neubeginn der Verjährung, denn aufgrund der Fahrzeugübergabe vom 26.5.2013 war die Verjährungsfrist zu diesem Zeitpunkt bereits abgelaufen und zudem wurde das Update durch die Beklagte zu 1 nicht in Erfüllung einer eigenen Pflicht, sondern lediglich im Auftrag der Beklagten zu 2 aufgespielt.
II. Ansprüche gegen die Beklagte zu 2:
1. Keine Ansprüche wegen Betrug § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB und wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung, § 826 BGB.
Insoweit ist jedenfalls der Vorsatz den Endabnehmern durch den Verkauf eines Fahrzeugs mit einer eventuell später als unzulässig qualifizierten, Schaden zuzufügen zur Überzeugung des Gerichts nicht hinreichend schlüssig dargelegt und beweisbar.
Es fehlt von Klageparteiseite an substantiiertem Vortrag, wer konkret auf Seiten der Beklagten zu 2 wann und wie über welche Tatsachen getäuscht habe. Pauschale Bezugnahmen auf Presseberichte insbesondere zu Vorgängen bei der hier nicht interessierenden Volkswagen AG oder laufende Ermittlungsverfahren können in einem Zivilprozess konkrete, auf den jeweiligen Fall bezogene Tatsachenbehauptungen nicht ersetzen. Es ist nicht Sache des Gerichts aus umfangreichen Ermittlungsakten den Sachverhalt erst selbst zu ermitteln.
Das Vorbringen der Klägerseite erschöpft sich in der pauschalen Behauptung, dass der frühere Vorstandsvorsitzende der Beklagten zu 2 in U-Haft war und gegen den früheren Vorstandsvorsitzenden der Volkswagen AG Anklage erhoben wurde, wobei jedoch konkreter Vortrag fehlt, wann welches verantwortliche Vorstandsmitglied der Beklagten zu 2 vor dem Inverkehrbringen des streitgegenständlichen PKW Kenntnis von dessen Ausrüstung mit einer illegalen Abschaltvorrichtung gehabt hat. Eine Kenntnis „mindestens seit 2015“, wie auf Seite 11 der Klage behauptet, genügt nicht für den Vorsatz hinsichtlich einer kausalen Täuschung des Klägers oder einer sittenwidrige Schädigung diesem gegenüber, denn insoweit hätte der Vorsatz bereits vor dem Kaufvertrag im Mai 2013 vorgelegen haben müssen. Dies hat der Kläger nicht behauptet, weshalb die Klage insoweit schon unschlüssig ist.
Mangels auch nur ansatzweise schlüssigem und substantiiertem Vortrag der Klageseite war auch die Beklagte zu 2 nicht im Rahmen der Rechtsfigur der sekundären Darlegungslast verpflichtet ihrerseits darzulegen ab wann verantwortliche Führungpersönlichkeiten Kenntnis vom Einbau illegaler Abschaltvorrichtungen in Motoren des Typs EA 189 hatten.
Eine Beweiserhebung war damit auf der von der Klagepartei vorgetragenen Grundlage nicht veranlasst.
C.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

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