Patent- und Markenrecht

Wirkungslosigkeit dieser Entscheidung

Aktenzeichen  3 Ni 3/15 (EP)

Datum:
24.1.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Gerichtsort:
München
Dokumenttyp:
Urteil
Spruchkörper:
3. Senat

Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das europäische Patent 0 934 061
(DE 697 22 426)
hat der 3. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 24. Januar 2017 durch den Vorsitzenden Richter Schramm sowie den Richter Kätker, die Richterin Dipl.-Chem. Dr. Münzberg, den Richter Dipl.-Chem. Dr. Jäger und die Richterin Dipl.-Chem. Dr. Wagner
für Recht erkannt:
I. Das europäische Patent 0 934 061 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 16. Juli 1997 unter Inanspruchnahme der US-amerikanischen Priorität US 22337 P vom 24. Juli 1996 als internationale Patentanmeldung PCT/US97/12390 angemeldeten und vom Europäischen Patentamt in der regionalen Phase erteilten Patents EP 0 934 061 (Streitpatent), das vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 697 22 426 geführt wird. Das Streitpatent, das in vollem Umfang und hilfsweise beschränkt mit vier Hilfsanträgen verteidigt wird, trägt die Bezeichnung “Isobutylgaba and its Derivatives for the Treatment of Pain” (“Isobutylgaba und dessen Derivate zur Schmerzbehandlung”) und umfasst nach dem Beschränkungsverfahren vor dem Europäischen Patentamt für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland 14 Patentansprüche, deren Patentanspruch 1 wie folgt lautet:
2
“1. Use of (S)-3(aminomethyl)-5-methylhexanoic acid or a pharmaceutically acceptable salt thereof for the preparation of a pharmaceutical composition for treating pain.”
3
In deutscher Sprache lautet Patentanspruch 1:
4
“1. Verwendung von (S)-3-(Aminomethyl)-5-methylhexansäure oder einem pharmazeutisch akzeptablen Salz hiervon bei der Herstellung einer pharmazeutischen Zusammensetzung zur Behandlung von Schmerzen.”
5
Wegen des Wortlauts der unmittelbar auf Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche wird auf die Europäische Patentschrift EP 0 934 061 B3 (= NiK2) verwiesen.
6
Die Klägerin, die das Streitpatent in vollem Umfang angreift, macht die Nichtigkeitsgründe der mangelnden Patentfähigkeit und der mangelnden Ausführbarkeit geltend. Sie stützt ihr Vorbringen u. a. auf folgende Dokumente:
7
NiK1 EP 0 934 061 B1 (Streitpatent in der erteilten Fassung)
8
NiK2 EP 0 934 061 B3 (Streitpatent nach dem Beschränkungsverfahren)
9
NiK3 WO 98/03167 A1 (Offenlegungsschrift)
10
NiK4 Prioritätsdokument US 60/022337 zu der PCT-Anmeldung PCT/US97/12390 (= NiK3)
11
NiK5 WO 98/58641 A1
12
NiK6 Prioritätsdokument US60/050736 zu der PCT-Anmeldung PCT/US98/13107 (= NiK5)
13
NiK7 Übertragungserklärungen betreffend die Druckschrift NiK6
14
NiK8 Komissarov, S. I., Farmakol Toksikol, 1985, 48 (4), S. 2, 54 bis 58
15
NiK8a Englische Übersetzung der NiK8
16
NiK8c Vollständige Ablichtung der Zeitschrift Farmakol Toksikol, Ausgabe 48 (4), 1985
17
NiK9 Taylor, C. P., et al., Epilepsy Res., 1993, 14, S. 11 bis 15
18
NiK10 Rosner, H., et al., The Clinical Journal of Pain, 1996, 12, S. 56 bis 58
19
NiK11 OLG Düsseldorf, Urteil vom 6. Dezember 2012 – Az. I-2 U 46/12
20
NiK14 Mellick, G. A., et al., Journal of Pain and Symptom Management, 1995, 10, S. 265 und 266
21
NiK15 Schmidtko, A., Gutachtliche Stellungnahme zur Vorlage im Patentnichtigkeitsverfahren 3 Ni 3/15, 8. Dezember 2016, 9 Seiten mit Anlagen
22
NiK19 Zusammenstellung von chemischen Verbindungsnamen, überreicht in der mündlichen Verhandlung
23
Nach Auffassung der Klägerin ist der Gegenstand des Streitpatents durch die nachveröffentlichte Druckschrift NiK5 neuheitsschädlich vorweggenommen. Das Streitpatent nehme seine Priorität aus der Voranmeldung US 22337P nicht wirksam in Anspruch, denn das Prioritätsrecht sei nicht wirksam vom Anmelder der Voranmeldung, dem Arbeitnehmererfinder S…, auf die Beklagte übertragen worden. Eine solche Übertragung hätte nach Einreichung der Voranmeldung und vor Einreichung der Nachanmeldung stattfinden müssen. Die von der Beklagten geltend gemachte doppelte Vorausabtretung der Rechte an der Erfindung vom Arbeitnehmererfinder an seine Arbeitgeberin und von dieser an die Beklagte betreffe jedoch Vorgänge, die bereits vor dem Prioritätstag des Streitpatents lägen, und führe nicht dazu, dass die Beklagte damit Rechtsnachfolgerin des Anmelders der Voranmeldung i. S. d. Art. 87 Abs. 1 EPÜ sei.
24
Für die NiK5 sei die Priorität vom 25. Juni 1997 aus der Voranmeldung NIK6 wirksam in Anspruch genommen worden. Insbesondere sei die Voranmeldung durch die Erklärungen gemäß der NiK7 rechtzeitig vor dem Anmeldetag der NiK5 auf die W… als Mitanmelderin der NiK5 übertragen worden.
25
Die Druckschrift NiK5 nehme den Gegenstand des Streitpatents neuheitsschädlich vorweg. Sie betreffe die Behandlung entzündlicher Erkrankungen, wobei sie mehrfach auf die Behandlung von Schmerzen hinweise. Insbesondere im Beispiel 3 offenbare die NiK5 ausdrücklich die Behandlung von Entzündungsschmerzen mit Pregabalin.
26
Zudem beruhe der Gegenstand des Streitpatents nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Nachdem in den Druckschriften NiK8, die entgegen der Ansicht der Beklagten vor dem Prioritätsdatum des Streitpatents veröffentlicht worden sei, und NiK10 bzw. NiK14 die an 3-Stellung substituierten und als Antikonvulsiva bekannten GABA-Verbindungen Phenibut, Baclofen und Gabapentin erfolgreich auch auf ihre analgetische Wirksamkeit untersucht worden seien, habe für den Fachmann mit hinreichender Erfolgserwartung Anlass bestanden, nunmehr auch die neuere, eng strukturverwandte und – laut NiK9 – besonders antikonvulsiv wirksame Verbindung Pregabalin ebenfalls auf eine mögliche analgetische Wirksamkeit zu untersuchen. Dies habe der Fachmann mit wenigen einfachen Tierversuchen bewerkstelligen können, womit sich dann die streitpatentgemäße analgetische Wirksamkeit des Pregabalins gezeigt hätte.
27
Auch die Gegenstände der Unteransprüche beruhten nicht auf erfinderischer Tätigkeit, da die Verwendung von Pregabalin bei Schmerzen an sich nahegelegen habe. In der weiteren Spezifizierung der Schmerzarten gemäß den Unteransprüchen liege keine erfinderische Tätigkeit. Andernfalls wären diese nicht mit Beispielen belegten Verwendungen unzureichend offenbart. Hilfsweise macht die Klägerin den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Ausführbarkeit geltend.
28
Entsprechendes gelte für die Gegenstände der Hilfsanträge.
29
Die Klägerin beantragt,
30
das europäische Patent 0 934 061 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
31
Die Beklagte beantragt,
32
die Klage abzuweisen,
33
hilfsweise die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass das Streitpatent die Fassung eines der Hilfsanträge 1 bis 4 (gemäß den englischsprachigen Anspruchsfassungen) nach Maßgabe des Schriftsatzes vom 16. Januar 2017 erhält.
34
In Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 wird der zu behandelnde Schmerz als neuropathischer Schmerz spezifiziert, so dass der Patentanspruch mit der Wortfolge endet:
35
“… for treating neuropathic pain”
36
(“… zur Behandlung von neuropathischen Schmerzen”).
37
Die Patentansprüche 3 (” … neuropathic pain”) und 13 (“… idiopathic pain”) der beschränkt aufrechterhaltenen Fassung werden unter Anpassung der Nummerierung der übrigen Patentansprüche gestrichen.
38
Außerdem werden sämtliche dem Patentanspruch 1 nachfolgenden Patentansprüche 2 bis 12 gemäß Hilfsantrag 1 zu nebengeordneten Patentansprüchen umformuliert, in dem sie jeweils mit der Wortfolge beginnen:
39
“Use of (S)-3-(aminomethyl)-5-methylhexanoic acid or a pharmaceutically acceptable salt thereof …”
40
(“Verwendung von (S)-3-(Aminomethyl)-5-methylhexansäure oder einem pharmazeutisch akzeptablen Salz hiervon …”).
41
Die Patentansprüche gemäß Hilfsantrag 2 entsprechen denen des Hilfsantrags 1 mit dem Unterschied, dass in Patentanspruch 1 folgendes Merkmal angefügt wird:
42
“… caused by injury or infect of peripheral sensory nerves”
43
(“… verursacht durch die Verletzung oder Infektion von peripheren sensorischen Nerven”).
44
Zudem werden gegenüber Hilfsantrag 1 die Patentansprüche gestrichen, in denen die pharmazeutische Zusammensetzung zur Behandlung von Krebsschmerzen (cancer pain), Phantomgliedschmerzen (phantom limb pain) oder Fibromylagieschmerzen (fibromyalgia pain) bestimmt ist.
45
Die Patentansprüche gemäß Hilfsantrag 3 entsprechen denen des Hilfsantrags 2 mit dem Unterschied, dass zusätzlich auch die Patentansprüche gestrichen werden, in denen die pharmazeutische Zusammensetzung zur Behandlung von Entzündungsschmerzen (inflammatory pain), postoperative Schmerzen (post operative pain), Verbrennungsschmerzen (burn pain), Gichtschmerzen (gout pain) oder Osteoarthroseschmerzen (osteoarthritic pain) bestimmt ist.
46
Gemäß Hilfsantrag 4 wird nur noch Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 als einziger Patentanspruch beansprucht.
47
Die Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin in allen Punkten entgegen. Sie verweist auf folgende Dokumente:
48
B1 Anlage ASt 3 aus dem einstweiligen Verfügungsverfahren beim Landgericht Hamburg (Az. 327 O 67/15): “Sales Values – Period: Years 2012, 2013, 2014”, Midas Data, Dezember 2014
49
B2 Anlage ASt 27 aus dem einstweiligen Verfügungsverfahren beim Landgericht Hamburg (Az. 327 O 67/15): Eidesstattliche Versicherung von Gayle Hughes vom 19. März 2015 nebst deutscher Übersetzung
50
B3 DE 697 22 426 T3 (deutsche Übersetzung des Streitpatents nach dem Beschränkungsverfahren)
51
B4 Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts, Beschluss im Einspruchsverfahren gegen das Patent EP 0 934 061 vom 10. Juni 2005
52
B5 Beschränkungsantrag zum Patent EP 0 934 061 vom 23. September 2014
53
B5a Deutsche Übersetzung zu B5
54
B6 Prüfungsabteilung des Europäischen Patentamts, Beschluss im Beschränkungsverfahren zum Patent EP 0 934 061 vom 7. Januar 2015
55
B6a Deutsche Übersetzung zu B6
56
B7 Auszug aus MedNet INN services: INN No. 7643 “pregabalin”, https://mednet-communities.net/inn, 3 Seiten, vom 2/4/2015
57
B8 UK Patents Act 1977 c. 37, Section 39, 3 Seiten
58
B9 “Research Services Agreement between Parke Davis & Co. Ltd. and Warner-Lambert Company”, 1. Januar 1996 (teilweise geschwärzt), 14 Seiten
59
B10 Whealan, J. M., “Declaration of Associate Dean John M. Whealan, Former Solicitor of the United States Patent & Trademark Office”, 4. September 2015, S. 1 bis 25 und Appendix, 3 Seiten
60
B10a Deutsche Übersetzung zu B10, 26 Seiten
61
B11 Schreiben der Prozessvertreter Allen & Overy im parallelen englischen Nichtigkeitsverfahren, 12. September 2014
62
B12 Chadwick D., The Lancet, 1994, 343, S. 89 bis 91
63
B13 Hill, D. R., et al., Eur. J. Pharmacol., 1993, 244, S. 303 bis 309
64
B14 Mellick, G. A., et al., Journal of Pain and Symptom Management, 1995, 10, S. 265 und 266 (= NiK14)
65
B15 Brennan, T. J., et al., Pain, 1996, 64, S. 493 bis 501
66
B16 Parke-Davis Neuroscience Research Centre, Arbeitsvertrag mit Lakhbir Singh, gültig ab 1. Januar 1996, unterzeichnet am 6. Februar 1996, teilweise geschwärzt, S. 1 bis 6
67
B17 Certificates of Conversion, 31. Dezember 2002, 4 Seiten
68
B18 Europäisches Patentamt, Mitteilung über Änderung des Anmelders vom 21. März 2003 zur Anmeldung 97932617.0-2107/0934061, 1 Seite
69
B19 Europäisches Patentamt, Prüfungsabteilung, Erteilungsbeschluss zum Patent EP 0 934 061 vom 23. April 2003, 1 Seite
70
B20 Deckblätter der Patentschriften des erteilten Patents EP 0 934 061 B1 und der beschränkten Fassung EP 0 934 061 B3
71
B21 Novartis Pharma, Fachinformation “Lioresal®”, V007, November 2014. S. 1 bis 4 und ratiopharm GmbH, Fachinformation “Baclofen-ratiopharm® 10 mg, 25 mg Tabletten”, November 2014, S. 1 bis 3
72
B22 Open Drug Database ch.oddb.org, Nr. 36083-01-042, Lioresal 10 mg Tabletten, Ausdruck vom 21. Juni 2016, http://ch.oddb.org/de/gcc/show/reg/36083/seq/01/pack/042
73
B23 Rush, J. M., und Gibberd, F. B., J. Royal Soc. Med., 1990, 83, S. 115 und 116
74
B24 Watts, A. E., und Jefferys, J. G. R., Br. J. Pharmacol., 1993, 108, S. 819 bis 823
75
B25 WHO Drug Information, 1997, 11, Proposed INN: List 78, S. 265 bis 302
76
B26 WHO Drug Information, 1998, 12, Recommended INN: List 40, S. 167 bis 207
77
B27 medsship.com, Produktbeschreibung “Noofen powder 500 mg 2,5 g 5 dosage”, https://medsship.com/noofen-powder-500-mg-2-5-g-5-dosage.html, 29. Juni 2016, S. 1 bis 12
78
B28 Reynolds, J. E. F., et al. (Ed.), “Martindale – The Extra Pharmacopoeia”, 31. Aufl., Royal Pharmaceutical Society, London 1996, S. 363 bis 392
79
B29 Pfizer Pharma GmbH, Fachinformation “Lyrica® Hartkapseln“, März 2015, S. 1 bis 7
80
B30 Breidert, M. und Hofbauer, K., Deutsches Ärzteblatt, 2009, 106, S. 751 bis 755 und S. 1 sowie Baron, R., et al. (Ed.), “Praktische Schmerzmedizin”, 3. Aufl., Springer Verlag Berlin Heidelberg, 2013: Kapitel 3: Klinger, R., und Bingel, U., “Placeboeffekte in der Schmerzmedizin”, S. 23 bis 32, und Kapitel 8: Nilges, P., “Klinische Schmerzmessung”, S. 80 bis 85
81
B31 Schriftsatz der Nichtigkeitsklägerin v. 19. Juni 2016 im Berufungsverfahren vor dem OLG Hamburg (3 U 65/15) mit Rücknahme der Berufung, nicht eingereicht
82
B32 Tribunal de Grande Instance de Paris, Urteil v. 8. Juli 2016, No RG: 14/14370, S. 1 bis 21
83
B32a Englische Übersetzung zu B32
84
B33 Stockholm District Court, Urteil v. 12. August 2016,- Case No. T 258-15 (in englischer Fassung)
85
B34 England and Wales Court of Appeal (Civil Division), Urteil vom 13. Oktober 2016 – [2016] EWCA Civ 1006
86
B35 High Court of Justice, Chancery Division, Patents Court, Urteil vom 10. September 2015 – [2015] EWHC 2548 (Pat)
87
B36 Singh, L., Assignment to Parke-Davis & Co. Ltd betreffend US Serial Nr. 09/043,358 vom 24. Juni 1998, Docket No. 5454-41-EMA, 2 Seiten
88
B37 Parke-Davis & Co. Ltd., Assignment to Warner-Lambert Company, vom 22. August 1996, Docket No. 5454-41-EMA, 2 Seiten
89
B38 Singh, L., Assignment to Parke-Davis & Co. Ltd., vom 4. September 1996, Docket No. 5454-41-EMA, 2 Seiten
90
B39 US 6,001,876 A
91
B40 Clauw, D. J., Expert Report vom 4. Januar 2017, S. 1 bis 39 und Exhibit, Anlagen Nr. 1 bis 5
92
B40a Deutsche Übersetzung der B40
93
B41 Hilfsanträge 1 bis 4 vom 10. Januar 2017
94
B42 Catterall, W. A., Expert Report vom 18. Januar 2017, S. 1 bis 18 mit Exhibit A, 25 Seiten und Exhibit B, 1 Seite
95
B42a Deutsche Übersetzung der B42
96
B43 “PHARMAKOLOGISCHES PROFIL UND THERAPEUTISCH RELEVANTE WIRKUNGSSTELLEN”, tabellarische Zusammenstellung, überreicht in der mündlichen Verhandlung, 1 Seite
97
B44 “CHEMISCHE STRUKTUREN VERSCHIEDENER WIRKSTOFFE”, tabellarische Zusammenstellung, überreicht in der mündlichen Verhandlung, 1 Seite
98
B45 “ANGABEN ZUR ANALGETISCHEN WIRKSAMKEIT VON ANTIEPILEPTIKA (ZUSAMMENSTELLUNG AUS MARTINDALE, THE EXTRA PHARMACOPOEIA, 31. AUFLAGE (1996) – ANLAGE B28)”, tabellarische Zusammenstellung, überreicht in der mündlichen Verhandlung, 2 Seiten
99
B46 “Fig. 3 – Efficacy of pregabalin in neuropathic pain evaluated in a 12-week, randomised, double-blind, multicentre, placebo-controlled trial of flexible- and fixed-dose regimens”, Diagramm aus Freynhagen, R., et al., Pain 2005, 115, S. 254 bis 263, überreicht in der mündlichen Verhandlung, 1 Seite
100
B47 “Tricyclic Antidepressant Pharmacology”, Schaubild, überreicht in der mündlichen Verhandlung, 1 Seite
101
Nach Auffassung der Beklagten ist die Erfindung im Streitpatent ausreichend offenbart. Darin werde anhand der anerkannten Tiermodelle, wie dem Ratten-Formalin-Pfotentest, der Carrageen-induzierten Hyperalgesie und dem Rattenmodell für postoperative Schmerzen die Wirksamkeit von Pregabalin als Schmerzmittel in plausibler Weise aufgezeigt.
102
Der Gegenstand des Streitpatents sei auch neu. Die nachveröffentlichte Druckschrift NiK5 sei kein Stand der Technik i. S. d. Art. 54 Abs. 3 EPÜ, die dem Streitpatent entgegengehalten werden könne. Das Streitpatent nehme wirksam die Priorität der Anmeldung US 60/022337 (NiK4) in Anspruch. Entsprechend dem damals in den USA geltenden First-to-Invent-Prinzip sei die Voranmeldung auf den Namen des Arbeitnehmererfinders als Anmelder eingereicht worden. Durch eine im Arbeitsvertrag B16 enthaltene Vorausverfügung habe dieser seine Rechte an der späteren Erfindung an seine Arbeitgeberin übertragen. Diese habe ihre Rechte wiederum durch eine entsprechende Bestimmung eines „Research Services Agreement“ in B9 an die Beklagte übertragen. Mit Entstehung der Erfindung, die der Arbeitnehmererfinder im Rahmen seines Beschäftigungsverhältnisses gemacht habe, sei die Beklagte somit als Rechtsnachfolgerin Inhaberin der Rechte an der Erfindung geworden, so dass sie mit Einreichung der Voranmeldung auch Inhaberin des Prioritätsrechts geworden sei.
103
Im Übrigen nehme die NiK5 den Gegenstand des Streitpatents nicht neuheitsschädlich vorweg. Die Druckschrift beschreibe die Verwendung von Pregabalin nur zur Behandlung von Entzündungen, nicht aber zur Schmerzbehandlung. Entzündliche Erkrankungen verursachten nicht notwendigerweise auch Schmerzen, was sich am Beispiel verschiedener schmerzlos verlaufender entzündlicher Erkrankungen zeige, während umgekehrt nicht jedem Schmerz ein entzündlicher Prozess oder eine Schädigung des Nervs zugrunde liege. NiK5 offenbare auch kein wissenschaftliches Testverfahren zum Nachweis der Wirksamkeit von GABA-Analoga in der Schmerzbehandlung.
104
Der Gegenstand des Streitpatents beruhe auch auf erfinderischer Tätigkeit. Die Aufgabe des Streitpatents bestehe darin, einen neuen Wirkstoff für die Behandlung von Schmerzen bereitzustellen, wohingegen eine Aufgabenstellung ausgehend von Pregabalin unzulässige Lösungselemente enthalte. Ausgehend von dieser Aufgabendefinition sei der Gegenstand des Streitpatents nicht durch den benannten Stand der Technik nahegelegt.
105
Dies gelte insbesondere für die Druckschriften NiK10 und NiK14. Diese befassten sich allein mit Gabapentin, wobei der Fachmann den beiden nicht wissenschaftlich fundierten Einzelfallbeobachtungen keine generelle Wirksamkeit von Gabapentin für die Schmerzbehandlung, insbesondere für die Behandlung neuropathischer Schmerzen, entnehmen könne. Im Übrigen könne der Fachmann allein aus der Struktur der in NiK10 und NiK14 genannten GABA-Analoga nicht auf eine vergleichbare pharmakologische und klinische Wirksamkeit schließen, zumal eine solche Struktur-Wirkungsbeziehung für diese GABA-Derivate zum Prioritätszeitpunkt nicht bekannt gewesen sei. Zudem hätten sich zum Prioritätszeitpunkt des Streitpatents fast alle bekannten Antikonvulsiva in randomisierten klinischen Versuchen nicht als wirksame Schmerzmittel erwiesen.
106
Dementsprechend führe auch eine Zusammenschau der NiK10 oder der NiK14 mit der NiK9 nicht zum Gegenstand des Streitpatents. NiK9 befasse sich ausschließlich mit der antikonvulsiven Wirkung von Pregabalin, und zwar in Zusammenhang mit einer neuen Bindungsstelle. Ob diese neue, möglicherweise gemeinsame Bindungsstelle auch bei Pregabalin eine antikonvulsive oder gar eine schmerzlindernde Wirkung hervorrufen könne, sei der NiK9 nicht zu entnehmen, zumal sie ausdrücklich darauf hinweise, dass der Wirkungsmechanismus von Gabapentin nicht geklärt sei. Erst recht hätten mit den Angaben in NiK9 keine Vorhersagen über eine analgetisch Wirkung getroffen werden können.
107
Dieselbe Argumentation gelte für die Kombination der Druckschriften NiK8 und NiK9, wobei die Beklagte darüber hinaus die Veröffentlichung der Druckschrift NiK8 bestreite. NiK8 offenbare keine analgetische Wirkung des GABA-Derivats Phenibut sondern nur eine angstlösende und muskelentspannende Wirkung mit einer Dämpfung der Gesamtmotorik, ohne dass dies Rückschlüsse auf eine etwaige analgetische Wirkung erlaube. Das ebenfalls in NiK8 offenbarte GABA-Analogon Baclofen sei ein Epileptogen und deshalb als Antikonvulsivum kontraindiziert. Der Fachmann habe somit keine Veranlassung gehabt, die NiK8 mit Druckschriften zu kombinieren, die andere antikonvulsive GABA-Derivate behandelten.

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