Aktenzeichen 25 W (pat) 61/17
Tenor
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 30 2013 060 171
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 18. April 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Kriener und des Richters Dr. Nielsen
beschlossen:
Der Antrag der Markeninhaberin, der Widersprechenden die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
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Das am 19. November 2013 angemeldete Wort-/Bildzeichen
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ist am 7. April 2014 unter der Nr. 30 2013 060 171 als Marke für verschiedene Waren der Klassen 1, 3, 30 und 34 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister eingetragen worden.
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Gegen die Eintragung dieser am 9. Mai 2014 veröffentlichten Marke richtet sich der auf die Waren der Klassen 1 und 30 der angegriffenen Marke beschränkte Widerspruch der Widersprechenden aus ihrer im Jahr 1990 für Waren der Klasse 1 und 30 eingetragenen Wortmarke,
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FLAVOCAPS.
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Die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts, besetzt mit einem Beamten des höheren Dienstes, hat den Widerspruch mit Beschluss vom 17. Februar 2017 zurückgewiesen ohne einer Beteiligten Kosten aufzuerlegen. Der Widerspruch sei bereits deshalb zurückzuweisen, weil die Widersprechende auf die zulässige Einrede der Nichtbenutzung hin eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke nicht glaubhaft gemacht habe. Auch wenn die Widersprechende diverse Unterlagen einschließlich einer eidesstattlichen Versicherung eingereicht habe, zeigten die Unterlagen nicht die Art der Benutzung und die eidesstattliche Versicherung enthalte nur unzureichende Angaben über die Waren, für welche die Widerspruchsmarke benutzt worden sei.
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Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit ihrer Beschwerde. Die Widerspruchsmarke sei rechtserhaltend benutzt worden. Die im Verfahren vor der Markenstelle eingereichten Unterlagen belegten, dass die mit der Wort-/Bildmarke „FLAVOCAPS“ gekennzeichneten Aromakapseln im Zeitraum von 2009 bis 2014 hergestellt und vermarktet worden seien. Die im Beschwerdeverfahren eingereichten weiteren Unterlagen zeigten die Benutzung der Widerspruchsmarke in den Jahren 2016 und 2017. Entgegen der Auffassung der Markeninhaberin bezeichne „FLAVOCAPS“ keine Technologie. Die Widerspruchsmarke werde in Verbindung mit den beanspruchten Waren benutzt, was die Fotografien von Karton-Etiketten belegten. Es bestehe auch Verwechslungsgefahr. Die Vergleichszeichen seien verwechslungsfähig ähnlich. Der Zeichenbestandteil „CAPS“ i. S. v. „Kapsel“ sei rein beschreibend und trete im Gesamteindruck zurück. Bei einem Vergleich von „phlavo“ und „FLAVO“ bestehe klanglich und schriftbildlich hochgradige Zeichenähnlichkeit bzw. Zeichenidentität. Die Vergleichswaren seien teils identisch und teils hochgradig ähnlich.
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Im Beschwerdeverfahren hat die Widersprechende weitere Benutzungsunterlagen (Bl. 42/88, 92/115 und 133/150 d. A.) eingereicht einschließlich einer ergänzenden eidesstattlichen Versicherung vom 1. Dezember 2017 (Bl. 92 d. A.).
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Die Markeninhaberin ist der Auffassung, dass die von der Widersprechenden vorgelegten Unterlagen keine ausreichenden Nachweise für eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke darstellten. Die im Beschwerdeverfahren ergänzend vorgelegten Unterlagen beträfen nur die Jahre 2016 und 2017. Zur Glaubhaftmachung für die übrigen Jahre (2009 bis 2014) diene die eidesstattliche Versicherung von Herrn T…, der aber erst seit 2012 bei der Widersprechenden beschäftigt sei. Das nur in Zusammenhang mit anderen Begriffen wie „MAJORAN“, oder „KURKUMA“ verwendete Markenwort „FLAVOCAPS“ werde in den Unterlagen nur als Bezeichnung einer Technologie verwendet und verstanden (i. S. v. Aromakapsel), mit der „MAJORAN“ oder „KURKUMA“ eingekapselt würden. Zudem werde in den eidesstattlichen Versicherungen, lediglich die Verwendung von „FLAVOCAPS“ für „Aromakapseln“ glaubhaft gemacht, die nicht zu den beanspruchten Waren zählten.
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Die Widersprechende hatte ursprünglich die Aufhebung der Entscheidung der Markenstelle und die Löschung der angegriffenen Marke begehrt. Die Markeninhaberin hatte zunächst beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und der Widersprechenden die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Nachdem der Senat mit ausführlich begründetem Hinweis vom 4. Februar 2019 die Beteiligten auf die fehlende Erfolgsaussicht der Beschwerde und des Kostenantrags hingewiesen hatte verbunden mit einer Vergleichsanregung, hat die Widersprechende ihre Beschwerde und ihren Widerspruch zurückgenommen.
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Die Markeninhaberin verfolgt ihren Kostenantrag weiter. Sie hat zuletzt im Verfahren die Auffassung vertreten, dass im Hinblick auf die vorliegend gegebene ersichtlich fehlende Zeichenähnlichkeit eine Kostenauferlegung angezeigt sei. Die Widerspruchsmarke „FLAVOCAPS“ und die Wort-/Bildmarke „PHLAVO“ würden in klanglicher und bildlicher Hinsicht sehr deutliche Unterschiede aufweisen, wobei die bildliche Ausgestaltung zusätzlich zur ohnehin schon bestehenden fehlenden Zeichenähnlichkeit der Wortbestandteile hinzutrete. Eine Alleinprägung von „FLAVOCAPS“ durch den Bestandteil „FLAVO“ komme nicht in Betracht.
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Die Markeninhaberin beantragt,
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der Widersprechenden die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
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Die Widersprechende beantragt,
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den Kostenantrag der Markeninhaberin zurückzuweisen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss der Markenstelle für Klasse 30 vom 17. Februar 2017, die Schriftsätze der Beteiligten sowie den Hinweis des Senats vom 4. Februar 2019 mit Anlagen (Bl. 152/153 und 154/168 d. A.) und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.
II.
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Nachdem die Widersprechende sowohl ihren Widerspruch als auch ihre Beschwerde zurückgenommen hat und damit das Verfahren in der Hauptsache erledigt ist, ist nur noch über den Kostenantrag der Markeninhaberin zu entscheiden.
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Dieser Antrag war zurückzuweisen, weil hinreichende Gründe für eine Kostenauferlegung nach § 71 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 MarkenG nicht gegeben sind.
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Zunächst kann dahinstehen, ob in dem Kostenantrag auch eine unselbständige Anschlussbeschwerde in der Form enthalten ist, die Ausgangsentscheidung der Markenstelle vom 17. Februar 2017 dahingehend abzuändern, der Widersprechenden auch die Kosten des patentamtlichen Verfahren aufzuerlegen. Bei der von der Markeninhaberin gewählten Formulierung „Kosten des Verfahren“ könnten nämlich nicht nur die Kosten des Beschwerdeverfahrens, sondern auch die im Verfahren vor der Markenstelle verursachten Kosten gemeint sein. Der am 12. Oktober 2017 vorab per Telefax eingegangene Kostenantrag war von der Markeninhaberin aber erst nach Ablauf der Beschwerdefrist gestellt worden, die im Hinblick auf die Zustellung des DPMA-Beschlusses an die Markeninhaberin am 23. Februar 2017 bereits am 23. März 2017 abgelaufen war, so dass ein Beschwerdeanschluss von der Aufrechterhaltung der (Haupt-)Beschwerde abhängig war. Im Hinblick auf die Rücknahme der Beschwerde hat eine insoweit erhobene unselbständige Anschlussbeschwerde in jedem Fall ihre Wirkung verloren, § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG i. V. m. § 567 Abs. 3 Satz 2 ZPO, so dass insoweit keine Entscheidung mehr zu treffen war.
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Unabhängig davon war noch über den Kostenantrag der Markeninhaberin in Bezug auf die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden. Das markenrechtliche Beschwerdeverfahren ist gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG kostenrechtlich von dem Grundsatz geprägt, dass jeder Beteiligte die ihm entstehenden Kosten selbst zu tragen hat. Eine Kostenauferlegung kommt auch in den Fällen einer verfahrensbeendenden Rücknahmeerklärung wie der Beschwerde- oder der Widerspruchsrücknahme – anders als bei einer Klagerücknahme im ZPO-Streitverfahren, bei welcher der Kläger nach § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO zwingend die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat – nach ständiger Rechtsprechung zu § 71 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 MarkenG nur dann in Betracht, wenn ein Verfahrensbeteiligter vor der Rücknahmeerklärung in einer nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtslosen oder kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse am Erhalt bzw. am Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht und dadurch entsprechende Kosten ausgelöst hat (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 71 Rn. 4 und 12 ff:; Ingerl/ Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl, § 71 Rn. 22; Büscher in Gewerblicher Rechtsschutz/ Urheberrecht/Medienrecht, 3. Aufl., § 71 MarkenG, Rn. 5 i. V. m. Rn. 2 jeweils mit weiteren Nachweisen). Solche Umstände sind nicht gegeben.
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Auch wenn in Zweifel gezogen werden kann, ob die Widersprechende die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke in den maßgeblichen Zeiträumen nach § 43 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 MarkenG (in der gemäß § 158 Abs. 5 MarkenG bis einschließlich 13. Januar 2019 maßgeblichen Fassung) letztlich in ausreichender Weise glaubhaft gemacht hat, hat die Widersprechende gleichwohl mit den vorgelegten Unterlagen den ernsthaften Versuch einer Glaubhaftmachung unternommen. Entgegen der Auffassung der Markeninhaberin spricht viel dafür, dass die unter der Widerspruchsmarke vertriebenen Aromakapseln nach den im Verfahren vorgelegten Unterlagen unter die im Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke enthaltenen Begriffe „Zum Herstellen von Lebensmitteln bestimmte chemische und/oder natürliche Zusatzstoffe und daraus hergestellte Präparate; Zubereitungen aus diesen Erzeugnissen mit Gewürzen;
Gewürze sowie Salz und daraus hergestellte Erzeugnisse für Nahrungsmittel“ subsumiert werden können, was unter dem Gesichtspunkt der Vermeidung einer Kostenauferlegung ausreichend ist. Ausgehend davon kommt unter dem Gesichtspunkt von Mängeln bei der Glaubhaftmachung eine Kostenauferlegung nicht in Betracht, da die konkrete Art und Weise der Glaubhaftmachung vorliegend jedenfalls nicht als untauglicher Versuch eine Glaubhaftmachung gewertet werden kann, bei dem eine Kostenauferlegung im Rahmen von Benutzungsfragen in Betracht kommt (siehe zu den Voraussetzungen der Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 71 Rn. 17 f. mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Auf den Gesichtspunkt der unzureichenden Glaubhaftmachung der Benutzung der Widerspruchsmarke hatte die Markeninhaberin ihren Kostenantrag nach der Rücknahme der Beschwerde durch die Widersprechende zuletzt auch nicht mehr ausdrücklich gestützt.
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Soweit die Markeninhaberin ihren Kostenantrag damit begründet, dass eine ersichtlich fehlende Ähnlichkeit der Marken gegeben sei, und die Vergleichszeichen „PHLAVO“ und „FLAVOCAPS“ in klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht sehr deutliche Unterschiede aufweisen würden, kann dem nicht beigetreten werden. Die Vergleichszeichen stimmen in Bezug auf die bei der Beurteilung der klanglichen Verwechslungsgefahr maßgeblichen Wortbestandteile „PHLAVO“ bzw. den Zeichenbestandteil „FLAVO“ klanglich identisch überein, wobei zudem auch noch die Frage der Alleinprägung der Widerspruchsmarke durch den Bestandteil „FLAVO“ diskussionswürdig erscheint, auch wenn der Senat dies im Hinweis vom 4. Februar 2019 verneint hat. Der Senat hat bereits in diesem an die Beteiligten gerichteten Schreiben vom 4. Februar 2019 die Auffassung geäußert, dass es sich die Frage der Verwechslungsgefahr nach der Registerlage in klanglicher Hinsicht um einen engeren Fall handelt. Ausgehend davon kommt eine Kostenauferlegung zu Lasten der Widersprechenden unter dem Gesichtspunkt ersichtlich fehlender Zeichenähnlichkeit offensichtlich nicht in Betracht.