Aktenzeichen 6 AZR 872/13
Verfahrensgang
vorgehend ArbG Hannover, 24. Juli 2012, Az: 12 Ca 276/12, Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Niedersachsen, 29. Juli 2013, Az: 10 Sa 1114/12, Urteil
Tenor
1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 29. Juli 2013 – 10 Sa 1114/12 – aufgehoben.
2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten über die Rückzahlung des der Beklagten im Wege einer mittelbaren Zuwendung über das Konto der Ehefrau des späteren Schuldners gezahlten Nettoentgelts für März 2008 im Wege der Insolvenzanfechtung.
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Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das auf Eigenantrag des Schuldners vom 13. Mai 2008 am 27. Juni 2008 eröffnete Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners, das am 20. Januar 2011 in ein Nachlassinsolvenzverfahren übergeleitet wurde. Die Beklagte war Arbeitnehmerin des Schuldners, der im Frühjahr 2008 noch ca. 20 weitere Arbeitnehmer beschäftigte. Der Beklagten wurde nach ihrer zum 15. April 2008 erklärten Eigenkündigung mit Bescheid vom 14. August 2008 Insolvenzgeld für die Zeit vom 1. bis 15. April 2008 bewilligt.
3
Am 3. März 2008 leitete der frühere Geschäftspartner des Schuldners die Zwangsvollstreckung aus einem am 8. Februar 2008 geschlossenen Schuldanerkenntnis über 820.000,00 Euro, in dem sich der Schuldner der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hatte, ein. Am 26. März 2008 wurde vom Geschäftskonto des Schuldners, das sich zu diesem Zeitpunkt bereits mit mehr als 150.000,00 Euro im Soll befand, ein Betrag von 100.000,00 Euro mit dem Verwendungszweck „Löhne“ auf ein privates Girokonto seiner Ehefrau überwiesen. Der Schuldner war nie Inhaber dieses Kontos und hatte seit Eröffnung im Jahr 1995 zu keiner Zeit Vollmacht über dieses Konto. Am 28. März 2008 überwies die Ehefrau des Schuldners ua. das Nettoentgelt der Beklagten für März 2008 von 1.296,66 Euro, das ihr am Ende des Monats März 2008 mit der Angabe „W Architekten Lohn – Gehalt Abrechnung 3/2008“ gutgeschrieben wurde.
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Der Kläger erklärte mit Schreiben vom 21. Dezember 2011 die Anfechtung der Zahlung des Entgelts für März 2008. Dieses Schreiben ging der Beklagten nicht zu. Am 30. Dezember 2011 beantragte der Kläger bei dem Arbeitsgericht Hannover den Erlass eines Mahnbescheids. Den Anspruch bezeichnete er wie folgt:
„Anspruch auf Rückgewähr auf Grund Insolvenzanfechtung des über das Konto der H M für den Monat März 2008 gezahlten Arbeitsentgeltes i. H. v. 1.296,66 EUR netto“.
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Der am 3. Januar 2012 erlassene Mahnbescheid konnte nicht zugestellt werden, weil die Beklagte unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln war. Darauf wies das Arbeitsgericht den Kläger mit Schreiben vom 17. Januar 2012 hin. Dessen Anfrage beim Einwohnermeldeamt ergab, dass die Beklagte nach Finnland verzogen war. Über die Deutsche Botschaft in Finnland erhielt der Kläger am 3. Februar 2012 die finnische Anschrift der Beklagten, die er mit Schreiben vom 6. Februar 2012 dem Arbeitsgericht mitteilte. Die am 15. Februar 2012 eingeleitete Auslandszustellung führte am 23. Februar 2012 zur Zustellung. Die Beklagte erhob vor Erlass eines Vollstreckungsbescheids Widerspruch.
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Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.296,66 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27. Juni 2008 zu zahlen.
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Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags vorgetragen, die Zahlung habe keine inkongruente Deckung bewirkt. Der Anspruch sei zudem verjährt. Ohnehin sei Anfechtungsgegnerin allein die Bundesagentur für Arbeit, weil das angefochtene Entgelt insolvenzgeldfähig sei.
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Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.