Verwaltungsrecht

Erkrankung, Normenkontrollantrag, Versorgung, Krankenhaus, Gesellschaft, Anordnung, Therapie, Quartal, Zeitpunkt, Wirksamkeit, Hauptsache, Kinder, Verletzung, Antragsteller, einstweilige Anordnung, Zeitpunkt des Erlasses, Entscheidung in der Hauptsache

Aktenzeichen  25 NE 21.2579

Datum:
28.10.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 48100
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1. Der Antragsteller besucht die 5. Jahrgangsstufe einer Grund- und Mittelschule in Bayern und beantragt, § 13 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2, hilfsweise § 13 Abs. 2 Satz 3 der Vierzehnten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (14. BayIfSMV vom 1.9.2021, BayMBl. 2021 Nr. 615) in der Fassung der Änderungsverordnung vom 27. Oktober 2021 (BayMBl. 2021 Nr. 757), durch Erlass einer einstweiligen Anordnung vorläufig außer Vollzug zu setzen.
2. Die angegriffene Regelung, die mit Ablauf des 24. November 2021 außer Kraft tritt (§ 20 14. BayIfSMV), hat folgenden Wortlaut:
„§ 13 Schulen

(2) 1Die Teilnahme am Präsenzunterricht, an sonstigen Schulveranstaltungen oder schulischen Ferienkursen in Präsenz sowie an der Mittags- und Notbetreuung ist Schülerinnen und Schülern nur erlaubt, wenn sie drei Mal wöchentlich einen Testnachweis nach § 3 Abs. 4 Nr. 1, 2 erbringen oder in der Schule unter Aufsicht einen über die Schule zur Verfügung gestellten und dort zu verwendenden Selbsttest mit negativem Ergebnis vorgenommen haben. 2Für Schülerinnen und Schüler der Grundschulstufe sowie an Förderschulen mit den Schwerpunkten geistige Entwicklung, körperliche und motorische Entwicklung sowie Sehen gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass an die Stelle dreier wöchentlicher Selbsttests nach Entscheidung des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus zwei wöchentliche PCR-Pooltestungen treten können. 3Die Schulpflicht bleibt unberührt.
…“
3. Zur Begründung seines Eilantrags trägt der Antragsteller im Wesentlichen vor, in seinen Grundrechten verletzt zu sein. Mit der Einfügung des Satzes 3 durch die Änderungsverordnung vom 5. Oktober 2021 (BayMBl. 2021 Nr. 715) sei nunmehr klargestellt worden, dass es sich nach dem Regelungsgehalt nicht mehr um eine Testobliegenheit mit Zugangsbeschränkung, sondern um eine echte Testpflicht handele, weil es den Schülerinnen und Schülern nicht mehr freigestellt sei, zum Präsenzunterricht zu erscheinen. Die Wahrnehmung von Distanzunterrichtsangeboten verstoße gegen die Schulpflicht. Seit der Entscheidung des Senats vom 12. April 2021 (Az. 20 NE 21.926) hätten sich die pandemische Lage, das Infektionsgeschehen (Abschaffung der Inzidenzbestimmungen) und die Impfquote drastisch geändert. Das Infektionsgeschehen sei überschaubar und nicht mehr gefährlich. Die Impfquote liege offiziell bei rund 60%, tatsächlich aber wohl bei mehr als 80%.
Die Maßnahme sei nicht mehr erforderlich i.S.d. § 28 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 IfSG. Das Infektionsgeschehen gehe nicht von Schülerinnen und Schülern aus. Die Erkrankung trete bei diesen selten auf und wenn, dann verlaufe sie mild. Die Testpflicht sei wegen ihrer Inzidenzunabhängigkeit völlig vom konkreten Infektions- und Krankheitsgeschehen losgelöst. Als Auslegungshilfe könne insofern § 28a Abs. 3 Satz 1 und 2 IfSG herangezogen werden. Maßnahmen nach § 28a Abs. 1 Nr. 2a IfSG seien nicht zulässig, weil die momentane Coronalage keine Vorlage von Testnachweisen gebiete.
Die Schülerinnen und Schüler würden in ihren Grundrechten (Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 3 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 Alt. 7 GG, Art. 4 Abs. 1 Alt. 2, Art. 6 Abs. 2 und Art. 7 Abs. 1 GG) verletzt. Sie würden zum Objekt der Corona-Bekämpfung degradiert und nur noch als Infektionsherd und -überträger gesehen. Der Abstrichtupfer führe bei falscher Handhabung zu Würgereflexen bzw. Schmerzen und manchmal sogar zu Erbrechen sowie zu Nasenbluten und sonstigen negativen Gesundheitszuständen, die auch noch Tage anhalten könnten. Bei dem sog. „Lollitest“ bestehe die Gefahr, dass ein potentiell verunreinigtes Teststäbchen zum Einsatz komme. Es fehle bisher an einem wissenschaftlichen Nachweis, wonach die auf oder in den Stäbchen befindlichen Stoffe ungefährlich seien. Ungetesteten Schülerinnen und Schülern müsse es ermöglicht werden, am Präsenzunterricht teilzunehmen. Dies sei zur Selbstverwirklichung und zur Erbringung von Leistungsnachweisen notwendig. Das Testen bringe keinen Mehrwert an Sicherheit und trage nicht zur Eindämmung des Infektionsgeschehens bei. Unterricht vor Ort könne durch Einhaltung der Abstandsregeln, etwaige Maskenpflichten, regelmäßiges Lüften und Einhaltung des Rahmenhygieneplans ermöglicht werden. Hilfsweise sei jedenfalls Distanzunterricht zu anzubieten. Die Schülerinnen und Schüler, die sich nicht testen ließen, erhielten andernfalls keine Bildung. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sei ebenfalls verletzt. Die Freiwilligkeit der datenschutzrechtlichen Einwilligung fehle, wenn seitens des Gesetzgebers kein Anspruch auf Distanzunterricht ausgestaltet werde. Der allgemeine und besondere Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 Alt. 7 GG sei verletzt. Niemand dürfe wegen seiner politischen Anschauungen diskriminiert werden, was hier aber der Fall sei. Die Anschauung des Antragstellers sei es, dass Testungen weder zielführend noch sinnvoll seien. Es liege auch darin eine Ungleichbehandlung, dass nur getestete Schülerinnen und Schüler am Präsenzunterricht teilnehmen dürften und dass das Staatsministerium für Unterricht und Kultus in Fällen von sonderpädagogischem Förderbedarf Ausnahmen von der Testpflicht regeln könne, wovon es bereits Gebrauch gemacht habe. Eine Testpflicht würde einen Gewissenskonflikt zwischen dem wichtigen Präsenzunterricht einerseits und der Gesundheit andererseits hervorrufen. Darin liege ein Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 Alt. 2 GG. Die Erziehung, auf die Schülerinnen und Schüler nach Art. 6 Abs. 2 GG einen gesetzlichen Anspruch hätten, werde durch die Testpflicht gefährdet. Entgegen Art. 7 Abs. 1 GG gewährleiste der Staat keine bzw. keine ausreichende Bildung.
Eine inzidenzunabhängige Regelung, fernab von jeder Prognose oder Evaluierung des Infektionsgeschehens, sei unverhältnismäßig. Die Testung habe keinerlei positive Auswirkung auf die Eindämmung des Infektionsgeschehens. Die Unverhältnismäßigkeit ergebe sich nicht zuletzt aus der fehlenden Berücksichtigung der sozialen und gesellschaftlichen Auswirkungen auf die Schülerinnen und Schüler (§ 28a Abs. 6 Satz 2 und Satz 3 IfSG).
Es werde auch gegen Art. 35 BayEUG verstoßen, der Pflicht und damit korrelierend auch dem Recht auf einen Schulbesuch. Bei einem ausbleibenden Präsenzunterricht entfielen zudem die Möglichkeiten des Art. 56 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 BayEUG.
Schließlich verweist der Antragsteller auf die Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) und der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) vom 13. September 2021. Darin werde u.a. von einer regelmäßigen Testung asymptomatischer Kinder und Jugendlicher mittels Antigen- oder PCR-Tests oder Gruppentests mit der Lolly-Methode abgeraten.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
§ 13 Abs. 2 Satz 1 und 2 14. BayIfSMV, hilfsweise § 13 Abs. 2 Satz 3 14. BayIfSMV, vorläufig außer Vollzug zu setzen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
A. Der Antrag bleibt ohne Erfolg.
Die Voraussetzungen des § 47 Abs. 6 VwGO, wonach das Normenkontrollgericht eine einstweilige Anordnung erlassen kann, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist, liegen nicht vor. Ein Normenkontrollantrag in der Hauptsache gegen § 13 Abs. 2 Satz 1, 2 und 3 14. BayIfSMV hat unter Anwendung des geltenden Prüfungsmaßstabs im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO (I.) bei summarischer Prüfung keine durchgreifende Aussicht auf Erfolg (II.). Auch eine hiervon unabhängige Folgenabwägung geht zulasten des Antragstellers aus (III.). Sowohl Haupt- als auch Hilfsantrag bleiben daher in der Sache ohne Erfolg.
I. Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind in erster Linie die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache anhängigen oder noch zu erhebenden Normenkontrollantrags, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen (BVerwG, B.v. 25.2.2015 – 4 VR 5.14 u.a. – ZfBR 2015, 381 – juris Rn. 12; zustimmend OVG NW, B.v. 25.4.2019 – 4 B 480/19.NE – NVwZ-RR 2019, 993 – juris Rn. 9). Dabei erlangen die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags eine umso größere Bedeutung für die Entscheidung im Eilverfahren, je kürzer die Geltungsdauer der in der Hauptsache angegriffenen Normen befristet und je geringer damit die Wahrscheinlichkeit ist, dass eine Entscheidung über den Normenkontrollantrag noch vor dem Außerkrafttreten der Normen ergehen kann.
Ergibt die Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag zulässig und (voraussichtlich) begründet sein wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist (BVerwG, B.v. 25.2.2015 – 4 VR 5.14 u.a. – ZfBR 2015, 381 – juris Rn. 12).
Lassen sich die Erfolgsaussichten nicht absehen, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn die begehrte Außervollzugsetzung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber später Erfolg hätte, und die Folgen, die entstünden, wenn die begehrte Außervollzugsetzung erlassen würde, der Normenkontrollantrag aber später erfolglos bliebe. Die für eine einstweilige Außervollzugsetzung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, also so schwer wiegen, dass sie – trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache – dringend geboten ist (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.2015 – 4 VR 5.14 u.a. – juris Rn. 12; Ziekow in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 47 Rn. 395; Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 47 Rn. 106).
II. Nach diesen Maßstäben sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache bei der nur möglichen, aber ausreichenden summarischen Prüfung (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.2015 – 4 VR 5.14 – ZfBR 2015, 381 – juris Rn. 14) voraussichtlich nicht gegeben.
1. Der Senat geht im einstweiligen Rechtsschutzverfahren davon aus, dass die Testpflicht nach § 13 Abs. 2 14. BayIfSMV mit § 32 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1, § 28a Abs. 1 Nr. 16 IfSG (Auflagen für die Fortführung des Schulbetriebs) eine verfassungsgemäße Rechtsgrundlage hat (BayVGH, B.v. 8.12.2020 – 20 NE 20.2461 – juris Rn. 24 ff.; B.v, 9.7.2021 – 25 NE 21.1757 – juris Rn. 57; B.v. 11.10.2021 – 25 NE 21.2525 – BeckRS 2021, 30069 – abrufbar auch unter https://www.vgh.bayern.de/media/bayvgh/presse/25_ne_ 21.2525.pdf). Jedenfalls bei der gebotenen summarischen Prüfung bestehen keine durchgreifenden Bedenken dahingehend, dass die vorgenannten Bestimmungen eine ausreichende Verordnungsermächtigung für die durch sie erfolgenden Grundrechtseingriffe darstellen und sie insbesondere auch dem Wesentlichkeitsgrundsatz und dem Bestimmtheitsgebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG entsprechen.
2. Die angegriffenen Regelungen sind voraussichtlich materiell rechtmäßig, weil sie mit der Ermächtigungsgrundlage im Einklang stehen. Im Zeitpunkt ihres Erlasses wie auch der Entscheidung des Senats liegen die Voraussetzungen des § 28 Abs. 1 Satz 1, § 28a Abs. 1 Nr. 16 IfSG vor. Es handelt sich um notwendige Schutzmaßnahmen zur Kontrolle des Infektionsgeschehens im Sinne des § 28a Abs. 3 Satz 7 IfSG in der im Zeitpunkt des Erlasses der angegriffenen Regelungen und bis zum 14. September 2021 geltenden Fassung bzw. des präventiven Infektionsschutzes gemäß des zum 15. September 2021 neu gefassten § 28a Abs. 3 Satz 2 IfSG. Bei summarischer Prüfung führt die Testobliegenheit auch zu keinen unverhältnismäßigen Grundrechtseingriffen. Die vom Antragsteller geübte Kritik verfängt nicht.
Da sich die angegriffene Regelung nicht auf die Ermächtigungsgrundlage des § 29 IfSG stützt, führt der Verweis in der Antragsbegründung auf die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 2. März 2021 (Az.: 20 NE 21.353) zur Testpflicht in Pflegeheimen nicht weiter.
a) Im Zeitpunkt des Erlasses der 14. BayIfSMV am 1. September 2021 wie auch der Entscheidung des Senats liegen die Voraussetzungen des § 32 Satz 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1, § 28a Abs. 1 Nr. 16 IfSG weiterhin vor.
Die Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite mit Blick auf das Corona-Virus SARS-CoV-2 besteht fort und die vom Verordnungsgeber getroffene Gefährdungsprognose, dass die beanstandete Testpflicht bei summarischer Prüfung eine geeignete und gemäß § 28 Abs. 1, § 28a Abs. 1 IfSG notwendige Schutzmaßnahme darstellt, ist auch gegenwärtig nicht zu beanstanden (vgl. BayVGH, B.v. 28.7.2021 – 25 NE 21.1962 – juris Rn. 59; B.v. 11.10.2021 – 25 NE 21.2525 – BeckRS 2021, 30069 Rn. 15 ff.).
aa) Nach der aktuellen Risikobewertung des RKI, dessen Expertise der Gesetzgeber im Bereich des Infektionsschutzes mit § 4 IfSG besonderes Gewicht beimisst (vgl. BVerfG, B.v. 10.4.2020 – 1 BvQ 28/20 – NJW 2020, 1427 – juris Rn. 13; VerfGH, E.v. 26.3.2020 – Vf. 6-VII-20 – juris Rn. 16), vom 18. Oktober 2021 (abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html) wird die Gefährdung für die Gesundheit der nicht vollständig geimpften Bevölkerung in Deutschland insgesamt weiterhin als hoch, für vollständig Geimpfte als moderat eingeschätzt. Nach einem Anstieg der Fälle im ersten Quartal 2021 und deutlichem Rückgang der 7-Tage-Inzidenzen und Fallzahlen im zweiten Quartal sind die Fallzahlen im dritten Quartal wieder erheblich angestiegen; gleichzeitig steigt der Anteil positiv getesteter Proben unter den in den Laboren durchgeführten PCR-Tests weiter an (41. KW: 8,3%; 40. KW: 6,6%; vgl. RKI, Wochenbericht v. 21.10.2021, abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Gesamt.html). Die landesweite 7-Tage-Inzidenz liegt in Bayern aktuell bei 194,4 (Stand 28.10.2021; https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Fallzahlen.html) und ist damit in den vergangenen Wochen stark angestiegen (Stand 10.10.2021: 91,7, vgl. B.v. 11.10.2021 – 25 NE 21.2525 – BeckRS 2021, 30069 Rn. 19). Die Werte für Kinder und Jugendliche liegen dabei erheblich über dem Durchschnitt: die Inzidenz der Kinder von 6 bis 11 Jahren beträgt für die 42. Kalenderwoche 431, die der Jugendlichen von 12 bis 15 Jahren 409 sowie in der Altersgruppe von 16 bis 19 Jahren 337 und ist damit gegenüber der Vorwoche ebenfalls deutlich angestiegen (41. KW: Inzidenz Kinder 6 bis 11 Jahre – 259, Jugendliche 12 bis 15 Jahre – 253 und Jugendliche 16 bis 19 Jahre – 226). Der 7-Tage-R-Wert in Bayern liegt bei 1,10 (Stand 27.10.2021; https://www.lgl.bayern.de/gesundheit/infektionsschutz/infektionskrankheiten_a_z/coronavirus/karte_coronavirus/index.htm). Die Zahl schwerer Erkrankungen an COVID-19, die im Krankenhaus behandelt werden müssen, ist seit Mitte des Jahres wieder angestiegen. Aktuell ist ein verstärkter Anstieg der Belegung der Krankenhaus- und Intensivbetten durch bestätigte Covid-19-Fälle zu verzeichnen (Intensivbettenbelegung Steigerung gegenüber der Vorwoche um 33,3% von 270 auf 360; Bettenbelegung Steigerung um 42,3% von 1057 auf 1504, abrufbar unter https://www.lgl.bayern.de/gesundheit/infektionsschutz/infektionskrankheiten_a_z/coronavirus/karte_coronavirus/index.htm). Die Zahl der Todesfälle befindet sich aktuell auf niedrigem Stand mit leicht steigender Tendenz. Bei der überwiegenden Zahl der Fälle verläuft die Erkrankung mild. Die Wahrscheinlichkeit für schwere und auch tödliche Krankheitsverläufe steigt mit zunehmendem Alter und bei bestehenden Vorerkrankungen; allerdings kann es auch ohne bekannte Vorerkrankungen sowie bei jungen Menschen zu schweren und sogar zu lebensbedrohlichen Krankheitsverläufen kommen. Langzeitfolgen können auch nach leichten Verläufen auftreten. Die Therapie schwerer Krankheitsverläufe ist komplex und erst wenige Therapieansätze haben sich in klinischen Studien als wirksam erwiesen. Die Anforderungen an das Gesundheitssystem waren in weiten Teilen Deutschlands vorübergehend sehr hoch, so dass das öffentliche Gesundheitswesen und die Einrichtungen für die stationäre medizinische Versorgung örtlich an die Belastungsgrenze kamen.
Da eine vollständige Impfung mit den verfügbaren Impfstoffen auch bei der in Deutschland nun dominierenden Delta-Variante (VOC B.1.617.2) einen guten Schutz vor der Entwicklung einer COVID-19-Erkrankung (insbesondere vor einem schweren Verlauf) bietet, ist davon auszugehen, dass mit steigenden Impfquoten auch eine Entlastung des Gesundheitssystems einhergeht (RKI, Risikobewertung, a.a.O.; vgl. auch Schuppert/Weber-Carstens/Karagiannidis, Intensivbettenbedarf für COVID-19 im Herbst/Winter 2021, abrufbar unter https://link.springer.com/content/pdf/10.1007/s00063-021-00862-9.pdf). In Bayern haben bis zum 28. Oktober 2021 rund 66,3% der Bevölkerung eine Erstimpfung und 64,3% den vollständigen Impfschutz erhalten, wobei letztere Quote in der Altersgruppe der 18 bis 59-Jährigen bei 70,6% und in der Altersgruppe der über 60jährigen bei 82,8% liegt, bei den 12 bis 17-Jährigen allerdings nur bei 38,1% (Impfmonitoring des RKI, abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Daten/Impfquoten-Tab.html). Wenngleich nach Einschätzung des RKI angenommen werden kann, dass der Anteil vollständig geimpfter Personen in der erwachsenen Bevölkerung um bis zu 5 Prozentpunkte höher liegt als nach den offiziell gemeldeten, im Impfmonitoring des RKI verzeichneten Daten (vgl. COVIMO-Report v. 6.10.2021, abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Projekte_RKI/covimo_studie.html; zum Impfmonitoring s. https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Daten/Impfquoten-Tab.html), liegt die Impfquote noch deutlich von einer sog. Herdenimmunität entfernt (rund 85% vollständig Geimpfte in der Altersgruppe der 12 bis 59-Jährigen sowie von 90% für Personen ab dem Alter von 60 Jahren, vgl. Epid. Bull. 27/2021, S. 3 ff, abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2021/Ausgaben/27_21.pdf? blob=publicationFile). Der Anteil geimpfter Personen ist in den letzten Wochen nur noch langsam gestiegen (RKI, Wochenbericht v. 21.10.2021, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Gesamt.html).
Internationale Studien weisen darauf hin, dass die Delta-Variante, die in den letzten Wochen die dominierende Variante in Deutschland geworden ist, verglichen mit früher dominierenden Varianten zu schwereren Krankheitsverläufen mit mehr Hospitalisierungen und häufigerer Todesfolge führen kann. Aufgrund der leichteren Übertragbarkeit dieser Variante, der noch nicht ausreichenden Impfquoten und vermehrter Kontakte in Innenräumen muss mit einem weiteren Anstieg der Infektionszahlen in den nächsten Wochen gerechnet werden. Nur bei einer niedrigen Zahl von neu Infizierten und einem hohen Anteil der vollständig Geimpften in der Bevölkerung können viele Menschen, nicht nur aus den Risikogruppen wie ältere Personen und Menschen mit Grunderkrankungen, gut vor schweren Krankheitsverläufen, intensivmedizinischer Behandlungsnotwendigkeit und Tod geschützt werden. Ein weiteres wichtiges Ziel ist die Vermeidung von Langzeitfolgen, die auch nach milden Krankheitsverläufen auftreten können.
Durch die zunehmende Grundimmunität der erwachsenen Bevölkerung ist mit einer gewissen Verlagerung des Infektionsgeschehens hin zu jüngeren, nicht in ausreichendem Maß geimpften bzw. nicht impfbaren Altersgruppen zu rechnen (Ergänzung und aktuelle Einordnung der RKI-Empfehlungen „Präventionsmaßnahmen in Schulen während der COVID-19 Pandemie“ aus Oktober 2020, abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Praevention-Schulen_Ergaenzung.html), also vor allem auch der Gruppe der Schülerinnen und Schüler. Die Zahl der übermittelten Schulausbrüche nahm von Anfang August bis Anfang Oktober 2021 wieder sehr deutlich zu, wobei sie Ende September 2021 mit bisher 243 Ausbrüchen pro Woche ein neues Höchstniveau erreichte (RKI, Wochenbericht v. 21.10.2021, abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Gesamt.html). Die Ständige Impfkommission (STIKO) hat die Empfehlung für eine Impfung aller Kinder und Jugendlichen im Alter von 12 bis 17 Jahren gegen COVID-19 erst Mitte August 2021 auf der Grundlage neuer Überwachungsdaten ausgesprochen (vgl. Mitteilung der STIKO zur Aktualisierung der COVID-19-Impfempfehlung für Kinder und Jugendliche, abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/Kommissionen/STIKO/Empfehlungen/PM_2021-08-16.html). Daher wird für diese Altersgruppe noch keine hohe Impfquote erreicht (diese liegt in Bayern Stand 28.10.2021 bei rund 38,1%). Für jüngere Kinder werden Impfungen vermutlich erst zu einem weitaus späteren Zeitpunkt möglich sein. Somit stellen Schülerinnen und Schüler (derzeit noch) eine große Gruppe dar, die für SARS-CoV-2 suszeptibel ist und unter der sich ein beträchtlicher Teil des Infektionsgeschehens im Herbst/Winter 2021/22 abspielen könnte (vgl. RKI, Epid. Bul. 26/2021 vom 1.7.2021, abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2021/26/Art_01.html). Daher ist es nach überzeugender Auffassung des RKI wichtig, dass infektionspräventive Vorkehrungen in Schulen getroffen werden, um eine Weiterverbreitung der Infektionen zu verhindern (Ergänzung und aktuelle Einordnung der RKI-Empfehlungen „Präventionsmaßnahmen in Schulen während der COVID-19 Pandemie“ aus Oktober 2020, abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Praevention-Schulen_Ergaenzung.html). Nach Einschätzung des Netzwerks Universitätsmedizin vom 22. März 2021 sollte der Präsenzunterricht an Schulen durch die Anwendung systematischer Testungen zwingend begleitet werden, mit denen die Ausbreitung von SARS-CoV-2 erkannt und kontrolliert werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 16.4.2021 – 20 NE 21.1036 – juris Rn. 23 m.w.N.). Auch der Bundesgesetzgeber hat die allgemeine Testobliegenheit für Schülerinnen und Schüler als Mittel angesehen, das dem möglichst frühzeitigen Erkennen von potentiell schwer kontrollierbaren Infektionsherden dient, nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass insbesondere im Falle von jüngeren Schulkindern eine durchgehende Umsetzung von Hygienekonzepten teilweise nur begrenzt möglich ist (vgl. die Begründung des Entwurfs eines Vierten Bevölkerungsschutzgesetzes zu § 28b Abs. 3 IfSG, BT-Drs. 19/28444 S. 14).
bb) Entgegen der Auffassung des Antragstellers sind die Regelungen zur Testpflicht vor diesem Hintergrund zur Erreichung des Ziels, der Ausbreitung des Infektionsgeschehens zu begegnen und einer Überlastung des Gesundheitssystems vorzubeugen, voraussichtlich geeignet, was der Fall ist, wenn durch das eingesetzte Mittel der angestrebte Erfolg gefördert werden kann (grundlegend BVerfG, B.v. 16.3.1971 – 1 BvR 52/66 u.a. – BVerfGE 30, 292/316 – juris Rn. 64).
Die Testpflicht trägt zur Eindämmung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) bei, weil dadurch die Teilnahme am Präsenzunterricht auf Personen beschränkt wird, die ein aktuelles negatives Testergebnis erbringen oder vorlegen können. Auch wenn keine absolute Zuverlässigkeit der verwendeten oder von der Schule zur Verfügung gestellten Tests bestehen mag, kann so zumindest ein Teil infizierter und damit in der Regel auch infektiöser Schulbesucher festgestellt werden. Im Übrigen ist im Zusammenhang mit der Zuverlässigkeit von Antigen-Schnelltests bereits höchstrichterlich entschieden, dass – auch wenn sie weniger ergebnissicher als PCR-Tests sein mögen – diese aus Sicht des Verordnungsgebers, dem hierbei eine Einschätzungsprärogative zukommt, einen unverzichtbaren Beitrag im Rahmen seines Gesamtkonzepts leisten (BayVerfGH, E.v. 21.4.2021 – Vf. 26-VII-21 – juris Rn. 29). Damit wird durch die regelmäßigen Testungen einer Weiterverbreitung der Erkrankung innerhalb des Schulbetriebs entgegengewirkt (vgl. BayVerfGH, E.v. 21.4.2021 – Vf. 26-VII-21 – juris Rn. 28; BayVGH, B.v, 9.7.2021 – 25 NE 21.1757 – juris Rn. 60; OVG NW, B.v. 10.6.2021 – 13 B 948/21.NE – juris Rn. 2 m.w.N.). Es ist zu erwarten, dass vor allem Personen mit einer hohen Virenlast detektiert werden können. Zudem erhöht die regelmäßig wiederholte Testung derselben Personen die Wahrscheinlichkeit, das diagnostische Fenster eines Antigentests zu treffen, so dass eine übertragungsrelevante Infektion erkannt werden kann (vgl. RKI, Epid. Bull. 17/2021, S. 14 ff., https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2021/Ausgaben/17_21.html; RKI, Flyer „Antigentests als ergänzende Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie“, S. 2 f., abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Downloads/Flyer-Antigentests.html; OVG Berlin-Bbg, B.v. 10.6.2021 – OVG 11 S 76/21 – juris Rn. 58). Die Testung trägt nicht zuletzt deshalb zur Reduzierung des allgemeinen Infektionsgeschehens bei, weil bei Kindern und Jugendlichen oftmals atypische Krankheitsbilder auftreten und sie häufig keine oder nur eine milde Symptomatik zeigen (vgl. RKI, SARS-CoV-2 Testkriterien für Schulen während der COVID-19 Pandemie, Stand 23.2.2021, abrufbar unter https://www.rki.de/DE/ Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Teststrategie/Testkriterien-Schulen.pdf blob=publicationFile).
cc) Vor dem Hintergrund der dargestellten aktuellen pandemischen Lage, namentlich der drohenden weiteren Ausbreitung von leichter übertragbaren und wohl schwerere Krankheitsverläufe verursachenden Varianten (vgl. § 28a Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 IfSG), des insbesondere unter den Schülern mit Vorerkrankungen noch nicht hinreichenden Impffortschritts, der gestiegenen Zahl von Ausbrüchen an Schulen sowie des Beginns einer vierten Welle spricht aus ex-ante-Sicht vieles dafür, dass die Testpflicht weiterhin eine erforderliche und notwendige Schutzmaßnahme zur Kontrolle des Infektionsgeschehens im Sinne des § 28a Abs. 3 Satz 7 IfSG in der im Zeitpunkt des Erlasses der angegriffenen Regelungen und bis zum 14. September 2021 geltenden Fassung bzw. des präventiven Infektionsschutzes gemäß des zum 15. September 2021 neu gefassten § 28a Abs. 3 Satz 2 IfSG darstellt. Die Wiederaufnahme des (angepassten) Regelbetriebs an Schulen, mit der der Antragsgegner dem gesetzlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag nach Art. 1 Abs. 1 BayEUG nachkommt, geht epidemiologisch mit einer gesteigerten Gefahrensituation einher, da Mindestabstände in geschlossenen Klassenräumen vielfach nicht eingehalten werden können. Da die Maskenpflicht nur noch außerhalb des Unterrichts gilt, leistet die Testpflicht einen unverzichtbaren Beitrag zur Eindämmung des Infektionsgeschehens an Schulen, um den Präsenzunterricht aufrechterhalten und möglichst auch Kindern mit Vorerkrankungen eine Teilnahme hieran ermöglichen zu können. Zwar trägt die Antragstellerseite im Grundsatz zurecht vor, dass Kinder nur sehr selten einen schweren, hospitalisierungspflichtigen Verlauf haben. Die Maßnahmen dienen allerdings nicht allein dem Schutz der Schülerinnen und Schüler. Sie sollen vielmehr auch dazu beitragen, die Weiterverbreitung des SARS-CoV-2-Virus unter den Schülern und Lehrern sowie deren Bezugspersonen außerhalb des Unterrichts zumindest zu reduzieren und hierdurch die Virusausbreitung insgesamt (bis zu einer hinreichenden Immunisierung der Bevölkerung) einzudämmen bzw. zu verlangsamen. Damit wiederum sollen insbesondere Personen, die sich aus medizinischen Gründen bislang nicht impfen lassen konnten, die keinen hinreichenden Immunschutz aufbauen können oder für die noch kein Impfstoff zugelassen wurde (beispielsweise Schüler mit Vorerkrankungen unter zwölf Jahren, Angehörige mit angeborenen Immundefekten oder medikamentöser Immunsuppression), vor einem schweren Krankheitsverlauf und Langzeitfolgen geschützt und der bei einer unkontrollierten Infektionsausbreitung weiterhin bestehenden Gefahr einer Überlastung des Gesundheitssystems vorgebeugt werden.
Präventive Maßnahmen wie eine Testpflicht setzen auch nicht voraus, dass eine Überforderung des Gesundheitssystems bereits konkret und unmittelbar droht, da Leben und Gesundheit der Bevölkerung vor dem Hintergrund der aufgrund der spezifischen Charakteristika der vorliegenden Pandemie beruhenden Dynamik der Virusausbreitung dann nicht mehr hinreichend geschützt werden könnten. Unterstrichen wird dies durch die zum 14. September 2021 in Kraft getretene Neufassung des § 28a Abs. 3 Satz 2 und 3 IfSG. Danach können zum präventiven Infektionsschutz insbesondere die in Abs. 1 Nrn. 1, 2, 2a, 4 und 17 genannten Schutzmaßnahmen, mithin auch die streitgegenständliche Testnachweispflicht, ergriffen werden; weitergehende Schutzmaßnahmen sollen unter Berücksichtigung des jeweiligen regionalen und überregionalen Infektionsgeschehens mit dem Ziel getroffen werden, eine drohende Überlastung der regionalen und überregionalen stationären Versorgung zu vermeiden. Daraus, dass eine flächendeckende Überlastung des Gesundheitswesens bisher abgewendet werden konnte, kann weder geschlossen werden, es habe keine solche Gefahr bestanden, noch kann insbesondere vor dem Hintergrund der weitreichenden „Lockerungen“ und Wiederzulassung des gesellschaftlichen Lebens, der noch nicht hinreichenden Immunisierung der Bevölkerung und der bevorstehenden kalten Jahreszeit mit zu erwartenden steigenden Infektionszahlen mit Sicherheit angenommen werden, eine Überlastung könne auch im weiteren Pandemieverlauf nicht mehr eintreten. Der Deutsche Bundestag geht unter Hinweis auf Stellungnahmen des RKI davon aus, dass eine Überlastung nicht ausgeschlossen werden, sondern weiterhin drohen kann (vgl. Antrag zur Feststellung des Fortbestehens der epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 20.8.2021, BT-Drs. 19/32040 S. 2 m.w.N.). Vor dem Hintergrund, dass Medienberichten zufolge im Südosten Bayerns, wo die Fallzahlen derzeit deutschlandweit am höchsten sind, die örtlichen Kliniken bereits ihre Belastungsgrenze erreichen (s. z.B. SZ v. 26.10.2021, https://www.sueddeutsche.de/bayern/muehldorf-coronavirus-krankenhausampel-1.5449769) und – wie ausgeführt – im Herbst und Winter landesweit wegen der nur langsam steigenden Impfquote mit einem weiteren Anstieg der Inzidenzen gerechnet werden muss, erscheint diese Annahme aus ex-ante-Sicht nicht offensichtlich verfehlt. Es kann daher auch nicht davon die Rede sein, dass keinerlei Grund zur Besorgnis bestehe, wie der Antragsteller meint. Zu berücksichtigen ist dabei nicht zuletzt, dass eine Überlastung des Gesundheitssystems auch dazu führen kann, dass die lebensnotwendige intensivmedizinische Versorgung von nicht an COVID-19 erkrankten Patienten nicht gewährleistet werden kann, was zu weiteren Gefahren für Leib und Leben führen könnte.
Mildere, zur Erreichung der genannten Ziele gleichermaßen wirksame Mittel sind für den Senat nicht ersichtlich. Die Testpflicht stellt einen Baustein dar, der einen Beitrag zur Infektionskontrolle leistet. Weitere Elemente des vom Normgeber verfolgten Schutzkonzepts sind etwa Maskenpflichten, regelmäßiges Lüften und die Einhaltung der Vorgaben des Rahmenhygieneplans. Dabei handelt es sich nicht um alternative, sondern um ineinandergreifende Schutzmaßnahmen (vgl. dazu etwa RKI, Risikobewertung, a.a.O.; Aktualisierung der ControlCOVID-Strategie zur Vorbereitung auf den Herbst/Winter 2021/22, Stand 22.9.2021, abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Downloads/Vorbereitung-Herbst-Winter-Aktualisierung.pdf? blob=publicationFile).
Woraus demgegenüber die Antragstellerseite die Erkenntnis gewinnt, Testen bringe keinen Mehrwert an Sicherheit und habe keine positiven Auswirkungen auf die Eindämmung des Infektionsgeschehens, was die Notwendigkeit in Frage stellen würde, bleibt dagegen offen. Eine solche Feststellung kann auch der zitierten Stellungnahme der DGKH und DGPI vom 13. September 2021 so nicht entnommen werden (abrufbar unter https://dgpi.de/wp-content/uploads/2021/09/2021-09-13-Stellungnahme-DGPI-DGKH.pdf). Diese gelangt zwar zum Ergebnis, dass eine „mehrmals wöchentliche nicht anlassbezogene Testung aller Kinder mit Antigentesten, die vor allem bei asymptomatischen Kindern eine niedrige Sensitivität aufweisen,“ nicht sinnvoll sei und dass sich auch aus den „sog. Lolly-Tests (PCRbasierte Pool-Tests) bei nicht-anlassbezogenem Einsatz“ trotz „ihrer besseren Sensitivität“ keine Vorteile ergäben. Die Schlussfolgerungen werden allerdings nicht eingehender erläutert, so dass sie nicht ohne Weiteres nachvollziehbar sind. Im Rahmen der hier anzustellenden summarischen Prüfung ist der Verweis daher nach Auffassung des Senats nicht geeignet, die oben dargelegten Gründe für die Erforderlichkeit und Notwendigkeit der Testpflicht in Frage zu stellen und die Einschätzung des Normgebers damit ernsthaft in Zweifel zu ziehen. Zwar sprechen sich die Verfasser der Studie gegen eine Testung aus, diese Bewertung beruht jedoch nicht auf den aktuellen Erkenntnissen zum Pandemieverlauf (so wird etwa eine Stellungnahme der DGPI, BVKJ, der DGKJ und der DGKH „Teststrategien zur COVID Diagnostik in Schulen“ Stand 28.2.2021 zitiert [abrufbar unter https://dgpi.de/teststrategien-zur-covid-diagnostik-in-schulen-stand-28-02-2021/], die zitierten Empfehlungen des RKI zu Tests an Schulen Stand 18.2.2021 wurden mittlerweile ebenfalls überarbeitet und die Erkenntnisse in der Stellungnahme zu Ausbrüchen an Schulen in Bayern basieren auf dem Stand Ende Mai 2021). Vor allem lässt sich weder den aktuellen Daten zur pandemischen Lage noch der angeführten Stellungnahme entnehmen, dass der Normgeber das Infektionsgeschehen bereits „durch die weitreichende Impfkampagne in den Griff bekommen“ habe und dass Schulbesucher nur noch einen unerheblichen negativen Beitrag zu diesem leisteten, wie der Antragsteller meint. Der Antragsteller hat sich im Übrigen auch nicht näher mit der Rechtsprechung des Senats auseinandergesetzt (vgl. zuletzt B.v. 11.10.2021 – 25 NE 21.2525 – BeckRS 2021, 30069 – abrufbar auch unter https://www.vgh.bayern.de/media/bayvgh/presse/25_ne_ 21.2525.pdf).
b) Die angegriffenen Regelungen tragen nach summarischer Prüfung auch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im engeren Sinn Rechnung. Eine Gesamtabwägung zwischen der Schwere der damit verbundenen Eingriffe und dem Gewicht sowie der Dringlichkeit der sie rechtfertigenden Gründe führt zu dem Ergebnis, dass die Grenze der Zumutbarkeit (noch) gewahrt ist (vgl. dazu BVerfG, B.v. 18.7.2005 – 2 BvF 2/01 – BVerfGE 113, 167/260).
aa) Selbst wenn vor dem Hintergrund, dass Schülerinnen und Schüler, die die erforderlichen Testnachweise nicht erbringen, im Unterricht und bei Prüfungen nach § 20 Abs. 1 Satz 1 BaySchO unentschuldigt fehlen (vgl. § 13 Abs. 2 Satz 3 14. BayIfSMV und Begründung der Verordnung zur Änderung der 14. BayIfSMV v. 5.10.2021, BayMBl. 2021 Nr. 716 S. 4), (mangels Freiwilligkeit) ein Eingriff in den Schutzbereich des Rechts auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG), des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) sowie der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) vorläge, wäre die Regelung angemessen.
Ein Eingriff in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit, Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, liegt im ganz unteren Bereich der Eingriffsintensität. Der bei den verwendeten Tests (vgl. https://www.km.bayern.de/allgemein/meldung/7230/selbsttests-fuer-bayerische-schuelerinnen-und-schueler.html) erforderliche Abstrich aus dem Mund-, Nasen- oder Rachenraum dürfte zwar als Beeinträchtigung der körperlichen Integrität zu werten sein, welche indes nur von kurzer Dauer und niedrigschwelliger Intensität ist (VerfGH, E.v. 21.4.2021 – Vf. 26-VII-21 – juris Rn. 27 m.w.N.).
Der Senat geht weiterhin von der gesundheitlichen Unbedenklichkeit der verwendeten Tests aus. Das Vorbringen in anderen Normenkontrollverfahren, bei Testkits sei das vermeintlich hochgiftige und krebserregende Ethylenoxid als Sterilisation enthalten, vermag keine Zweifel hieran zu begründen (vgl. OVG Berlin-Bbg, B.v. 23.4.2021 – OVG 11 S 56/21 – juris Rn. 68). Tatsächlich ist die Verwendung von Ethylenoxid zur Sterilisation von Medizinprodukten – im konkreten Fall der verwendeten Wattestäbchen – eine etablierte Standardmethode und sowohl die Sterilisation von Produkten für die Gesundheitsvorsorge mit Ethylenoxid als auch die Grenzwerte für Rückstände von Ethylenoxid in Medizinprodukten sind in DIN-Vorschriften (DIN EN ISO 11135, DIN EN ISO 10993-7) festgelegt (vgl. Correctiv, Faktencheck v. 1. April 2021, m.w.N., abrufbar unter https://www.correctiv.org/faktencheck/2021/04/01/corona-tests-es-gibt-keine-hinweise-auf-eine-gesundheitsgefahr-durch-ethylenoxid-auf-abstrich-staebchen/). Worauf der Antragsteller demgegenüber seine Forderung nach einem Gutachten stützt, das „jeden einzelnen auf oder in den Stäbchen verwendeten Stoff auflistet, bewertet und als ungefährlich einstuft“ ist nicht ersichtlich. Es handelt sich um zugelassene Tests, deren Unbedenklichkeit im Rahmen des Zulassungsverfahrens geprüft wurde. Konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Ordnungsgemäßheit des Verfahrens oder dafür, dass gesundheitliche Bedenken bei Benutzung der verwendeten Tests bestehen, wurden in der Antragsbegründung nicht vorgetragen. Dies gilt auch für mögliche Verunreinigungen bei Lagerung und Übergabe der Tests an die Schüler.
Mit der Testpflicht verbundene Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht und die allgemeine Handlungsfreiheit sind ebenfalls als nicht schwerwiegend einzustufen. Dabei wird nicht verkannt, dass falsch-positive Testergebnisse zu unnötigen Freistellungen vom Schulbesuch infolge einer Isolierung oder einer Quarantänisierung führen, die auch für die Betroffenen psychische Belastungen mit sich bringen können (vgl. Stellungnahme der DGKH und DGPI vom 13.9.2021, abrufbar unter https://dgpi.de/wp-content/uploads/2021/09/2021-09-13-Stellungnahme-DGPI-DGKH.pdf). Hinzu kommt, dass falsch-negative Testergebnisse möglicherweise auch erhöhtes Risikoverhalten infolge vermeintlicher Sicherheit hervorrufen und damit kontraproduktiv wirken könnte (vgl. Teststrategien zur COVID Diagnostik in Schulen, abrufbar unter https://dgpi.de/wp-content/uploads/2021/02/Stellungnahme-Schnelltests_final_logos_28_02_2021.pdf). Angesichts des verfolgten Ziels, in Erfüllung der verfassungsrechtlichen Schutzpflicht des Staates für das Leben und die körperliche Unversehrtheit, der weiteren Ausbreitung von Infektionen mit dem Corona-Virus entgegenzuwirken (vgl. VerfGH, E.v. 14.9.2020 – Vf. 70-IVa-20 – juris Rn. 24) und der staatlichen Schutzpflicht für die zum Schulbesuch verpflichteten Schülerinnen und Schüler, stehen die Eingriffe aber nicht außer Verhältnis zu den geschützten Rechtsgütern und sind für die Betroffenen nicht unzumutbar.
Vor diesem Hintergrund ist der insbesondere mit dem Hilfsantrag angegriffene § 13 Abs. 2 Satz 3 14. BayIfSMV ebenfalls nicht zu beanstanden, auch sofern und soweit der Verordnungsgeber hiermit zum Ausdruck bringen wollte, dass nunmehr grundsätzlich wieder ausschließlich Präsenzunterricht stattfindet und die Verletzung der Testpflicht damit letztlich eine Verletzung der Schulpflicht darstellt. Die Schulpflicht ist, auch aus sozialen Gründen, welche auch die Antragstellerseite hervorhebt, in erster Linie eine Pflicht zum Besuch des angebotenen Präsenzunterrichts (Art. 56 Abs. 4 Satz 3 BayEUG). Es ist daher nicht zu beanstanden, unter der Etablierung wenig eingriffsintensiver Schutzmaßnahmen, zu denen insbesondere die Testpflicht zählt, grundsätzlich zum Regelfall des Präsenzunterrichts für alle zurückzukehren, sofern aufgrund von Vorerkrankungen besonders gefährdeten Schülern weiterhin ermöglicht wird, ihre Schulpflicht auf andere Weise zu erfüllen (vgl. VGH BW, B.v. 22.9.2021 – 1 S 2944/21 – juris Rn. 66).
bb) Nichts anderes ergibt sich bei Einbeziehung der Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung durch die Verarbeitung personenbezogener Daten (vgl. Art. 4 Nr. 2, Art. 9 Abs. 1 und 2 Buchst. g) und i) Datenschutz-Grundverordnung – DSGVO, Art. 85 BayEUG, sowie OVG NW, B.v. 22.4.2021 – 13 B 559/21.NE – juris Rn. 98 ff.). Ungeachtet der Frage, inwiefern sich Beeinträchtigungen schon durch eine Testung nach § 3 Abs. 4 Nr. 1 und 2 14. BayIfSMV in Teilen vermeiden lassen, stehen die Belastungen der Betroffenen bei summarischer Prüfung auch insofern nicht außer Verhältnis zu den der Allgemeinheit erwachsenden Vorteilen. Zwar besteht ein hohes Interesse, die Verarbeitung von Gesundheitsdaten zu untersagen (vgl. Art. 9 Abs. 1 DSGVO), die Testung und die Isolierung erkrankter Personen dient aber über den allgemeinen Gesundheitsschutz hinaus (vgl. Art. 9 Abs. 2 Buchst. i DSGVO) der Erfüllung der verfassungsrechtlichen Schutzpflicht des Staates für das Leben und die körperliche Unversehrtheit, der angesichts der grundsätzlich bestehenden Schulpflicht sowie des Rechts der Schüler, am Unterricht teilzunehmen, besonderes Gewicht zukommt. Der Gefahr einer Stigmatisierung, gerade auch bei falsch positiven Ergebnissen, auf die auch die vom Antragsteller zitierte Stellungnahme abstellt (Stellungnahme der DGKH und DGPI vom 13. September 2021, a.a.O.), kann im Einzelfall durch pädagogische Maßnahmen und durch eine entsprechende Verfahrensgestaltung begegnet werden. Das Interesse, hiervon und von den damit verbundenen psychischen Belastungen verschont zu bleiben, muss hinter die Interessen von Schülern und Lehrern, nicht mit positiv getesteten sowie erkrankten Personen in Kontakt zu geraten, sowie dem öffentlichen Interesse an der Verlangsamung der weiteren Ausbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 zurücktreten.
cc) Der Senat sieht auch in der Koppelung des Schulbesuchs an einen vorangegangenen Test auch in Bezug auf das (Teilhabe-)Recht der betroffenen Eltern sowie der Schülerinnen und Schüler auf Erziehung und Bildung in der Schule (Art. 6 Abs. 2 Satz 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 14 Abs. 1 und 2 GrRCh) keinen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (vgl. OVG NW, B.v. 22.4.2021 – 13 B 559/21.NE – juris Rn. 101 ff.). Es erscheint bereits fraglich, ob überhaupt ein Eingriff vorliegt; die Ausgestaltung des Schulverhältnisses wäre – aus den genannten Gründen – aber jedenfalls nicht unangemessen und nicht unzumutbar (vgl. BayVGH, B.v. 16.4.2021 – 20 NE 21.1036 – juris Rn. 32; B.v, 9.7.2021 – 25 NE 21.1757 – juris Rn. 72). Entsprechendes gilt für die Berufung des Antragstellers auf Art. 7 Abs. 1 GG.
dd) Es liegt auch keine Verletzung des Art. 4 Abs. 1 Alt. 2 GG vor. Der Antragsteller geht zutreffend davon aus, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine Gewissensentscheidung bestimmt wird als jede ernste, sittliche, d.h. an den Kriterien von „Gut“ und „Böse“ orientierte Entscheidung, die der Einzelne in einer bestimmten Lage als für sich bindend und unbedingt verpflichtend erfährt, so dass er gegen sie nicht ohne ernste Gewissensnot handeln könnte (grundlegend BVerfG, U.v. 13.4.1978 – 2 BvF 1, 2, 4, 5/77 – BVerfGE 48, 127/173). Er verkennt jedoch die Darlegungslast, die den Grundrechtsträger trifft. Dieser muss vor allem plausibel geltend machen, dass die jeweils zu treffende Entscheidung den Rang einer Gewissensentscheidung hat (vgl. BVerfG, U.v. 6.12.1972 – 1 BvR 230/70 u.a. – BVerfGE 34, 165/195; Starck in von Mangoldt/Klein/Starck, Grundgesetz, 7. Aufl. 2018, Art. 4 GG Rn. 65 m.w.N.). Dafür kann es erforderlich sein, darzulegen, welche moralische Norm mit der betreffenden Rechtsnorm in Konflikt steht (Mager in von Münch/Kunig, Grundgesetz-Kommentar, 7. Aufl. 2021, Art. 4 GG Rn. 101 m.w.N.). Daran fehlt es hier. Der Antragsteller wirft lediglich Fragen auf, die sich objektiv beantworten lassen und die nach derzeitigem Kenntnisstand geklärt sind. Dies gilt für die Fragestellung, ob Tests zur Eindämmung der Pandemie beitragen können und ob aus den Testungen Gefahren für die eigene Gesundheit folgen (vgl. oben). Auch der Verweis auf die generelle gesellschaftliche Diskussion über Coronamaßnahmen im Allgemeinen und Testungen im Besonderen genügt den Darlegungsanforderungen für das Vorhandensein einer derartigen sittlichen Entscheidung, gegen die er nicht ohne ernste Gewissensnot handeln kann, nicht.
c) Die in § 13 Abs. 2 14. BayIfSMV geregelte Testpflicht verstößt auch nicht gegen den allgemeinen oder den besonderen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 Alt. 7 GG).
aa) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfG, B.v. 7.2.2012 – 1 BvL 14/07 – BVerfGE 130, 240, 252 – juris Rn. 40; B.v. 15.7.1998 – 1 BvR 1554/89 u.a. – BVerfGE 98, 365, 385 – juris Rn. 63). Er gilt auch für ungleiche Begünstigungen, weshalb ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird, nicht zulässig ist (BVerfG, B.v. 21.7.2020 – 1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07 – BVerfGE 126, 400 – juris Rn. 78 m.w.N.). Es sind nicht jegliche Differenzierungen verwehrt, allerdings bedürfen sie der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen reichen die Grenzen für die Normsetzung vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse. Insoweit gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. BVerfG, B.v. 18.7.2012 – 1 BvL 16/11 – BVerfGE 132, 179/188 – juris Rn. 30; B.v. 21.6.2011 – 1 BvR 2035/07, BVerfGE 129, 49/69 – juris Rn. 65; B.v. 21.7.2010 – 1 BvR 611/07 u.a. – BVerfGE 126, 400/416 – juris Rn. 79). Der Normgeber darf im Bereich des Infektionsschutzrechts – als besonderem Gefahrenabwehrrecht (vgl. BVerwG, U.v. 22.3.2012 – 3 C 16.11 – juris Rn. 32) – besonders bei Massenerscheinungen, die sich wie das gegenwärtige Infektionsgeschehen auf eine Vielzahl von Fallgestaltungen auswirken, generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den Gleichheitsgrundsatz zu verstoßen; Unebenheiten, Friktionen und Mängel sowie gewisse Benachteiligungen in besonders gelagerten Einzelfällen müssen in Kauf genommen werden, solange sich für das insgesamt gefundene Regelungsergebnis ein plausibler, sachlich vertretbarer Grund anführen lässt (vgl. BayVerfGH, E.v. 12.8.2020 – Vf. 34-VII-20 – juris Rn. 20; E.v. 22.3.2021 – Vf. 23-VII-21 – juris Rn. 39 jew. m.w.N.).
Die vom Antragsteller gerügte Ungleichbehandlung der Schülerinnen und Schüler, die dem Betretungsverbot unterliegen, weil sie keinen Testnachweis erbringen, gegenüber denjenigen, die einen entsprechenden Test nachweisen und damit am Präsenzunterricht sowie der Not- und Nachmittagsbetreuung teilnehmen können, ist aus infektionsschutzrechtlichen Gesichtspunkten gerechtfertigt. Die flächendeckende Testung soll dazu beitragen, Infektionsketten in der Schule zu verhindern. Dies stellt ein durch Sachgründe gerechtfertigtes Differenzierungsziel dar.
Die Regelung in § 13 Abs. 2 Satz 9 14. BayIfSMV, wonach das Staatsministerium für Unterricht und Kultus für Schüler und Schülerinnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf Ausnahmen (von der Testpflicht) bekanntmachen kann, begründet ebenfalls keinen Gleichheitsverstoß. Die besonderen Umstände, dass in Ausnahmefällen Schülerinnen und Schüler aufgrund ihres sonderpädagogischen Förderbedarfs die Selbsttests nicht alleine – gegebenenfalls auch nicht mit Unterstützung einer schulischen Pflegekraft oder einer vorhandenen Schulbegleitung – durchführen können und gegebenenfalls auch regelmäßige außerschulische PCR- oder POC-Antigentests unzumutbar sowie Tests zu Hause undurchführbar sind (vgl. das vom Antragsteller zitierte KMS v. 9.4.2021 – Gesch.-Z. SI/III.7- BS 4363.075/1), rechtfertigt eine unterschiedliche Behandlung gegenüber den übrigen Schülerinnen und Schülern. Es handelt sich dabei um eine Ausnahmeregelung für besonders gelagerte Einzelfälle, die im Übrigen eine entsprechende Glaubhaftmachung voraussetzt.
bb) Eine Ungleichbehandlung aufgrund einer politischen Anschauung liegt ebenfalls nicht vor. Anknüpfungspunkt ist nicht eine verlautbarte Äußerung zu einer bestimmten politischen Ansicht, sondern der Umstand, ob der Betroffene negativ getestet ist oder nicht. Es wird somit auf objektive Sachgründe abgestellt, die eine Differenzierung rechtfertigen (vgl. oben aa)).
d) Schließlich wurde auch nicht gegen Art. 1 Abs. 1 GG verstoßen. Die Garantie der Menschenwürde umfasst vor allem die Wahrung personaler Individualität, Identität und Integrität sowie die elementare Rechtsgleichheit (vgl. BVerfG, U.v. 17.01.2017 – 2 BvB 1/13 – BVerfGE 144, 20/207 – juris Rn. 539). Damit ist ein sozialer Wert- und Achtungsanspruch verbunden, der es verbietet, den Menschen zum „bloßen Objekt“ staatlichen Handelns zu machen oder ihn einer Behandlung auszusetzen, die seine Subjektqualität prinzipiell in Frage stellt (vgl. BVerfG, U.v. 17.01.2017, a.a.O., m.w.N.). Einer solchen sie zum Objekt degradierenden Behandlung werden Schülerinnen und Schüler durch die hier streitgegenständliche Testpflicht, die dem Schutz vor einer potentiell tödlichen Erkrankung dient, nicht ausgesetzt (vgl. VGH BW, B.v. 29.4.2021 – 1 S 1204/21 – juris Rn. 132).
III. Eine von den Erfolgsaussichten in der Hauptsache unabhängige Folgenabwägung geht nach den eingangs dargestellten Maßstäben ebenfalls zulasten der Antragstellerpartei aus. Denn die zu erwartenden Folgen einer Außervollzugsetzung der angegriffenen Norm wiegen deutlich schwerer als die Folgen ihres einstweilig weiteren Vollzugs, die die von der Regelung betroffenen Schülerinnen und Schüler hinzunehmen haben. Diesbezüglich gelten die bereits zur Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn angestellten Erwägungen entsprechend.
B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Gegenstandswertes ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG. Da die von der Antragstellerpartei angegriffene Verordnung bereits mit Ablauf des 24. November 2021 außer Kraft tritt (§ 20 14. BayIfSMV), zielt der Eilantrag inhaltlich auf eine Vorwegnahme der Hauptsache, weshalb eine Reduzierung des Gegenstandswertes für das Eilverfahren auf der Grundlage von Ziff. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 hier nicht angebracht erscheint.
C. Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

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