Baurecht

Freistellungsansprüche wegen  mangelhafter Wärmepumpenheizung

Aktenzeichen  3 O 1170/17

Datum:
25.3.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 58239
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Traunstein
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 280 I 1, § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1

 

Leitsatz

der Beklagte hat hier laut Sachvertändigem in mehreren Punkten bei der Errichtung der streitgegenständlichen Wärmepumpenheizungsanlage gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik verstoßen, so dass ein Sachmangel gem. § 434 I BGB vorliegt mit der Folge, dass der Beklagte die Klägerin gem. § 280 I 1 BGB von Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüchen der jetzigen Eigentümerin freizustellen hat (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von den Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüchen der … freizustellen, die aus nachfolgenden Mängeln der Werkleistung des Beklagten im Zusammenhang mit Lieferung und Einbau einer Heizungsanlage in dem erwähnten Bauvorhaben sowie dem Verzug des Beklagten mit der Beseitigung dieser Mängel entstanden sind und noch entstehen können:
a) Falsche Montage des Wärmepumpenvorlaufs, der ursprünglich am falschen Stutzen des Pufferspeichers saß (der Mangel selbst wurde mittlerweile nachgebessert).
b) Falsche Montage des Heizschwerts, das ursprünglich am falschen Stutzen des Pufferspeichers montiert war (der Mangel selbst wurde mittlerweile nachgebessert).
c) Die Heizleistung der Wärmepumpe ist zu gering und in ihrer Bauart unwirtschaftlich, sie reicht nicht aus, um die errechnete Heizlast abzudecken.
d) Die auf einer System-Vorlauftemperatur von 50 °C basierende Heizflächenauslegung entspricht nicht den wirtschaftlichen Planungsansätzen für eine Wärmepumpenanlage.
e) Durch die Wärmepumpe kommt es zu starken Brumm- bzw. Vibrationsgeräuschen. Die Befestigung der Anschlussleitungen ist nicht ausreichend schallgedämmt und die Wärmepumpe ist nicht ausreichend akustisch abgekapselt.
f) Im Bereich des Pufferspeichers ist die Wärmedämmung und die Schwitzwasserisolierung zu komplettieren.
g) Die Verkabelung ist freihängend und muss befestigt werden.
2. Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von den der … entstandenen Kosten des selbständigen Beweisverfahrens, LG Traunstein, Az. … zu befreien.
3. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.358,86 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten p.a. seit 05.05.2017 zur Erstattung der auf Seiten der Klägerin im selbständigen Beweisverfahren LG Traunstein … entstandenen außergerichtlichen Kosten zu bezahlen.
4. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorprozessuale Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.358,86 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. seit 05.05.2017 zu bezahlen.
5. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Nebenintervention.
6. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Klage ist zulässig, auch das gemäß § 256 I ZPO erforderliche Feststellungsinteresse liegt vor. Es ist glaubhaft und nachvollziehbar, dass die … bis heute noch nicht entschieden hat, wie sie in dieser Sache weiter vorgehen soll. Die Klage ist auch in vollem Umfang begründet. Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten Anspruch auf Freistellung von sämtlichen Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüchen der … gemäß § 280 I 1 BGB, weil die vom Beklagten errichtete Wärmepumpenheizungsanlage nicht frei von Sachmängeln ist, § 434 I 2 Nr. 1 BGB.
Die daraus folgenden Gewährleistungsansprüche sind nicht verjährt. Für den Eintritt der Verjährung ist der Beklagte beweispflichtig, ebenso für Beginn und Ende der Verjährung. Dass eine Einweisung in die Funktionsweise und Bedienung der Heizungsanlage regelmäßig keine Abnahme i.S.d. § 640 BGB darstellt, bedarf keiner weiteren Erörterung. Soweit der Beklagte in diesem Zusammenhang auf die Inbetriebnahme der Heizung am 15.10.2010 abstellt, führt auch diese in aller Regel nicht zur Abnahme des Gewerkes gemäß § 640 BGB. Der Beklagte hat selber mit Schriftsatz vom 24.08.2017 vorgetragen, dass ab dem Tag der Inbetriebnahme die Heizung zunächst dazu genutzt wurde, das Gebäude, insbesondere den Estrich, zu trocknen. In nahezu allen denkbaren Fällen sind zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Heizung die Arbeiten zur Errichtung des Gebäudes noch nicht abgeschlossen, ebenso sind in nahezu allen Fällen zu diesem Zeitpunkt die späteren Bewohner oder Nutzer des Gebäudes noch nicht in dieses eingezogen und damit noch nicht in der Lage zu prüfen, ob das Werk als in der Hauptsache vertragsgemäß anerkannt werden kann. Damit kann nach dem eigenen Sachvortrag des Beklagten am 15.10.2010 keine Abnahme durch die Klägerin erfolgt sein. Ebenso wenig gilt dies für den 16.02.2011. Weitere Zeitpunkte für eine Abnahme des Gewerkes des Beklagten werden nicht benannt. Es ist ungeklärt, zu welchem Zeitpunkt die Abnahme erfolgt ist. Dies geht vorliegend zu Lasten des Beklagten, der hinsichtlich des Beginns der Verjährung beweispflichtig ist. Auf die zahlreichen, in den Schriftsätzen der Parteien vorgetragenen Hemmungstatbestände und die Problematik eines möglichen Neubeginns der Verjährung braucht nicht eingegangen zu werden. Die Einrede der Verjährung geht ins Leere.
Die Klage ist in vollem Umfang begründet, da das Gewerk des Beklagten mangelhaft ist. Die Klägerin hat die vom Sachverständigen … bestätigten Mängel in den Klageantrag übernommen. Der Sachverständige … hat in seinem schriftlichen Gutachten vom 17.10.2018 ausführlich vorgetragen und berechnet, dass eine ordnungsgemäße Beheizung der Wohnungen der Streithelferin nur unter bestimmten Voraussetzungen bzw. Annahmen möglich ist. Der Sachverständige … hat explizit darauf hingewiesen, dass durch die Vorrangschaltung der Wärmepumpe für die Aufladung des Pufferteils für die Trinkwasserbereitung die Wärmepumpenleistung für die Gebäudebeheizung über 1 1/2 Stunden nicht zur Verfügung stehe und dies nach seiner Auffassung nicht akzeptabel sei. Ob die Heizungsanlage zur ordnungsgemäßen Beheizung ausreichend ist, könne nur unter Einschränkungen bejaht werden. In mancherlei Hinsicht ist der Sachverständige in seinem Hauptgutachten von den im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens erstellten Feststellungen abgewichen, doch ist dies ganz einfach zu erklären, da der Sachverständige zu Beginn seiner Zusammenfassung darauf hingewiesen hat, dass ihm zur Berechnung der Heizungsanlage erst im Rahmen dieser Klage brauchbare Unterlagen vorgelegt wurden, weil sich die Klagepartei als Antragsgegnerin im vorangegangenen selbständigen Beweisverfahren durch Schriftsatz vom 18.05.2016 geweigert hat, dem Sachverständigen die erforderlichen Unterlagen zu übermitteln. Dies erklärt, weshalb der Sachverständige … in seinem Gutachten vom 17.10.2018 teilweise zu anderen Ergebnissen kommt als in seinem vorangegangenen Gutachten.
In seiner kurzen, im Vorfeld der mündlichen Verhandlung abgegebenen ergänzenden Stellungnahme vom 12.12.2018 hat der Sachverständige … ausgeführt, dass die geänderte Installation nicht wirtschaftlich sei und die Regelung und Steuerung und damit indirekt die Konstruktion der Wärmepumpe nicht dem im Jahr 2010 gültigen Stand der Technik entspreche. Dies hat der Sachverständige … im Rahmen seiner mündlichen Anhörung am 18.02.2019 bestätigt. Im Rahmen seiner Anhörung hat der Sachverständige vorgetragen, dass die Anlage nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspreche, wobei er auf das Jahr 2010 abgestellt hat. Der Sachverständige hat dies durch konkrete Aussagen und Punkte nachvollziehbar bestätigt. So liegt ein Verstoß gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik darin, dass der Beklagte keinen Heißgaswärmetauscher verwendet hat. Ein weiterer Punkt sei, dass ein anderes Kältemittel hätte verwendet werden müssen. Bei diesen beiden Punkten hat der Sachverständige darauf hingewiesen, dass die Herstellerfirma der Heizung schon im Jahr 2010 sowohl den Einbau eines Heißgaswärmetauschers als auch die Verwendung eines anderen Kältemittels empfohlen habe. Beides hat der Beklagte nicht gemacht. Dadurch hat er gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik verstoßen. Zusätzlich hat der Sachverständige als dritten Punkt noch die Möglichkeit des Nachheizens über elektrische Zusatzheizstäbe angesprochen. Damit hat der Sachverständige … gut nachvollziehbar, verständlich und widerspruchsfrei dargelegt, dass der Beklagte gleich in mehreren Punkten bei der Errichtung der Wärmepumpenheizungsanlage gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik verstoßen hat. Die daraus resultierende Rechtsfolge ist das Vorliegen eines Sachmangels gemäß § 434 I BGB mit der Folge, dass der Beklagte die Klägerin, seinen damaligen Vertragspartner, gemäß § 280 I 1 BGB von Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüchen der jetzigen Eigentümerin freizustellen hat. Soweit die Begründetheit der Feststellungsklage zudem eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts voraussetzt (vgl. hierzu BGH NJW 2001, S. 1431), ergibt sich eine solche Wahrscheinlichkeit aus der Unschlüssigkeit der Streithelferin, wie weiter zu verfahren ist. Deshalb kann derzeit auch keine Aussage über eventuelle Sowiesokosten getroffen werden. Auf den Tenor des Urteils haben diese keinen Einfluss.
Der vom Beklagte in den Schriftsätzen vom 08. und 20.02.2019 beantragten Einholung eines weiteren Gutachtens bedurfte es nicht. Die Voraussetzungen des § 412 I ZPO liegen nicht vor. Das Gericht erachtet das Gutachten des Sachverständigen … in keiner Weise für ungenügend. Dass der Gutachter im Rahmen des vorliegenden Klageverfahrens teilweise zu anderen Feststellungen gekommen ist als im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens, wurde bereits oben erklärt. Die übrigen, im Schriftsatz vom 20.02.2019 erhobenen Vorwürfe treffen nicht zu. Insbesondere kann keine Rede sein von einer „pauschalen, undifferenzierten und unschlüssigen Aussage des Gutachters“. Der Sachverständige hat auf die Frage, warum die Heizungsanlage gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik verstoße, detailliert vorgetragen und die einzelnen Gesichtspunkte aufgezählt, worin ein solcher Verstoß zu sehen ist. Die entsprechenden Aussagen des Gutachters waren auch keineswegs überraschend und neu, wie in dem Schriftsatz ausgeführt wurde. Hier ist darauf hinzuweisen, dass der Sachverständige … dankenswerterweise schon vor der mündlichen Verhandlung vom 18.02.2019 durch schriftliche Stellungnahme vom 12.12.2018 die vom Beklagten und der Streithelferin erhobenen Ergänzungsfragen vorab beantwortet hat. Bereits in dieser schriftlichen Stellungnahme hat er darauf hingewiesen, dass die Konstruktion der Wärmepumpe nicht dem im Jahr 2010 gültigen Stand der Technik entspreche. Diese Aussage des Gutachters hat der Beklagtenvertreter im Schriftsatz vom 08.02.2019 damit kommentiert, dass dieser offenbar den Unterschied zwischen dem Stand der Technik und den anerkannten Regeln der Technik nicht kenne. Jedem verständigen Menschen war klar, dass der Sachverständige zum Ausdruck bringen wollte, dass die Anlage nicht den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Somit kann keine Rede davon sein, dass die Aussagen des Gutachters überraschend und neu gewesen seien. Durch das vorliegende Endurteil wird der Anspruch des Beklagten auf rechtliches Gehör keineswegs abgeschnitten. Ebenso wenig bestand irgend ein Anlass, dem Beklagten wiederum eine Schriftsatzfrist von vier Wochen zu gewähren. Dieser Antrag verkennt offenkundig, dass das Gericht die mündliche Verhandlung am 18.02.2019 ausdrücklich geschlossen hat. Nur weil der Beklagte unter Missachtung der Vorschrift des § 132 I ZPO kurz vor dem Termin noch einen Schriftsatz eingereicht hat, war das Gericht gehalten, der Gegenseite zum Zwecke der Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör eine Schriftsatzfrist einzuräumen. Das Gericht hat diese Schriftsatzfrist – wie immer – ganz bewusst auf „möglichen neuen Sachvortrag im Schriftsatz der Gegenseite“ beschränkt. Dies bedeutet, dass seinerseits kein Raum für neuen Sachvortrag der Klägerin oder der Streithelferin eröffnet wurde. Deshalb kann dahinstehen, ob der binnen nachgelassener Schriftsatzfrist eingegangene Schriftsatz der Streithelfervertreterin solchen neuen Sachvortrag und neue Beweismittel enthält, weil dieser bzw. diese nicht von der Schriftsatzfrist gedeckt ist/sind und deshalb vom Gericht der Entscheidung selbstverständlich (!) auch nicht zugrunde gelegt wird/werden. Es bestand daher kein Anlass, dem sowohl am Ende der mündlichen Verhandlung als auch im Schriftsatz vom 15.03.2019 geäußerten Antrag auf Einräumung einer Schriftsatzfrist zu entsprechen.
Nachdem die Klagepartei bei der Formulierung ihrer Klageanträge hinsichtlich des Vorliegens der einzelnen Mängel die Formulierungen des Gutachters wiedergibt, war dem Klageantrag Ziffer 1 in vollem Umfang stattzugeben. Die Folge hiervon ist weiter, dass der Beklagte die Klägerin von Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüchen freizustellen hat, und dazu gehören auch die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens.
Das Gleiche gilt für die Verfahrens- und Geschäftsgebühr, welche der Klägerin einerseits im selbständigen Beweisverfahren und andererseits im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreites als außergerichtliche Anwaltsgebühr entstanden sind.
Die Entscheidung über die Zinsen ergibt sich aus dem Gesichtspunkt der Rechtshängigkeit gemäß §§ 286 I, 291 I BGB.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 I 1, 101 I ZPO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 II ZPO.

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