Aktenzeichen W 4 K 20.1854
ZPO § 42 Abs. 2
VwGO analog § 113 Abs. 1 S. 4
VwGO § 43
VwGO § 91
Leitsatz
Gründe
Über die Klage konnte nach Anhörung der Beteiligten durch Gerichtsbescheid entschieden werden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt hinreichend geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwGO). Zweck des Gerichtsbescheides ist dabei nicht nur die Entlastung der Gerichte, sondern zugleich die Verfahrensbeschleunigung (vgl. hierzu etwa Clausing in Schoch/Schneider, VwGO, Stand Juli 2021, § 84 Rn. 4).
1. Die Kammer konnte dabei auch unter Mitwirkung des Richters am Verwaltungsgericht … … entscheiden. Denn der vom Kläger mit Schreiben vom 27. September 2021, eingegangen bei Gericht am 1. Oktober 2021, erneut gestellte Befangenheitsantrag gegen die Richter am Verwaltungsgericht … … und den seinerzeit als Vertreter mitwirkenden Richter am Verwaltungsgericht … … ist als rechtsmissbräuchlich zu verwerfen.
1.1. Nach § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO findet die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit statt, „wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.“ Die Besorgnis der Befangenheit ist dann gegeben, wenn ein Beteiligter die auf objektiv feststellbaren Tatsachen beruhende, subjektiv vernünftigerweise mögliche Besorgnis hat, der Richter werde sich in der Sache nicht unparteiisch, unvoreingenommen oder unbefangen entscheiden oder habe sich in der Sache bereits festgelegt (BVerfG, B.v. 5.4.1990 – 2 BvR 413/88 – BVerfGE 82, 30). Tatsächliche Befangenheit oder Voreingenommenheit ist nicht erforderlich; es genügt schon der „böse Schein“, d.h. der mögliche Eindruck mangelnder Objektivität (BVerfG, B.v. 5.10.1977 – 2 BvL 10/75 – BVerfGE 46, 34/41).
Ein Ablehnungsgesuch kann ausnahmsweise dann unter Mitwirkung abgelehnter Richter als unzulässig verworfen werden oder überhaupt unberücksichtigt bleiben, wenn es sich als offenbarer Missbrauch des Ablehnungsrechts und deshalb als reine Formalentscheidung darstellt (vgl. BVerwG, B.v. 22.1.2019 – 9 B 6.19 – juris Rn. 5 m.w.N.). Es bedarf dann auch keiner vorherigen dienstlichen Äußerung des abgelehnten Richters nach § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 44 Abs. 3 ZPO (vgl. vgl. hierzu etwa BVerfG, B.v. 11.3.2013 – 1 BvR 2853/11, BeckRS 2013, 49263; BVerwG, B.v. 14.11.2012 – 2 KSt 1/11, NVwZ 2013, 225; Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 54 Rn. 24).
Indizien für einen Missbrauch des Ablehnungsrechts können sein, dass die Begründung des Gesuchs nicht hinreichend konkret auf den bzw. die abgelehnten Richter bezogen ist, dass der Inhalt der Begründung von vornherein ersichtlich ungeeignet ist, die Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen oder dass verfahrensfremde Zwecke, wie etwa das Ziel, den Prozess zu verschleppen, verfolgt werden (vgl. hierzu BVerfG, B.v. 11.3.2013 – 1 BvR 2853/11 – BeckRS 1013, 49263; BVerwG, B.v. 2.5.2018 – 6 B 118.18 – juris Rn. 3 m.w.N.; BayVGH, B.v. 8.4.2021 – 20 NE 21.774 – juris Rn. 10). Ein Ablehnungsgrund muss dabei durch nachvollziehbaren Bezug zum konkreten Rechtsstreit wenigstens ansatzweise substantiiert werden. Wertungen ohne Tatsachensubstanz genügen hierfür nicht (BVerwG, B.v. 7.8.1997 – 11 B 18.97 – BayVBl 1998, 59, BayVGH, B.v. 4.9.2019 – 13 A 18.2365 -juris Rn. 5).
1.2. Nach diesen Maßstäben stellt sich das Ablehnungsgesuch des Klägers vom 27. September 2021, eingegangen bei Gericht am 1. Oktober 2021, als rechtsmissbräuchlich dar. Denn der (weitere) Befangenheitsantrag lässt hinsichtlich des Beschlusses der Kammer vom 16. September 2021, mit dem der erste Befangenheitsantrag des Klägers vom 10. August 2021 verworfen wurde und der offenbar Anlass für den weiteren Befangenheitsantrag des Klägers gewesen ist, jegliche Auseinandersetzung mit den Gründen dieses Beschlusses vermissen. Die bloße Wertung des Klägers, dieser Gerichtsbeschluss sei willkürlich, vermag einen Befangenheitsantrag ersichtlich nicht zu begründen.
Im Übrigen wird der Befangenheitsantrag des Klägers vom 27. September 2021 auf dieselben Gründe gestützt wie das vorangegangene Ablehnungsgesuch vom 10. August 2021, ohne dass insoweit vom Kläger Neues vorgetragen wird. Auch diesbezüglich hat sich der Kläger mit dem Beschluss der Kammer vom 16. September 2021 und den dort angeführten Gründen nicht einmal ansatzweise auseinandergesetzt.
Daher war auch der Befangenheitsantrag des Klägers vom 27. September 2021 als rechtsmissbräuchlich zu verwerfen, mit der Folge, dass der Richter am Verwaltungsgericht Dr. F. an der vorliegenden Entscheidung mitwirken konnte.
2. Die Klage ist bereits unzulässig.
2.1. Die Klage hat deshalb keinen Erfolg, da es sich vorliegend um eine unzulässige Klageänderung im Sinne von § 91 Abs. 1 VwGO handelt. Weder hat der Beklagte in die Klageänderung eingewilligt, noch hält das Gericht die vorliegende Klageänderung für sachdienlich. Letzteres ergibt sich daraus, dass die Klageänderung nicht der Streitentscheidung im laufenden Verfahren dient und der Streitstoff auch nicht im Wesentlichen identisch ist.
Die Umstellung auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage gem. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO (analog) ist zwar auch nach einer Erledigung einer bereits erhobenen Verpflichtungs- bzw. Untätigkeitsklage grundsätzlich möglich (vgl. zum Ganzen: Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 113 Rn. 127 ff.). Dies aber nur dann, wenn der Streitgegenstand der Fortsetzungsfeststellungsklage vom bisherigen Antrag mitumfasst war, denn nur dann gebietet der Gedanke der Prozessökonomie, die Weiterführung des bisherigen Gerichtsverfahrens (vgl. hierzu etwa Decker in BeckOK, VwGO, Stand 1.4.2021, § 113 Rn. 97a m.w.N. zur Rechtsprechung). Die Fortsetzungsfeststellungsklage wäre hier mithin zulässig, wenn der Kläger festgestellt haben wollte, dass er unmittelbar vor der Erledigung, also unmittelbar vor der erteilten Baugenehmigung, einen Anspruch auf die Baugenehmigung hatte. Der Kläger möchte mit seiner geänderten Klage jedoch festgestellt haben, dass er einen Anspruch auf die von ihm beantragte Baugenehmigung bereits seit der zweiten Augusthälfte 2020, also dem 16. August 2020, hatte bzw. dass ihm die Baugenehmigung bereits zu diesem Zeitpunkt hätte erteilt werden können (so jedenfalls die Ausführungen des Klägers in seinem Schriftsatz vom 24.2.2021). Damit ist der Klagegegenstand der geänderten Klage aber ersichtlich ein anderer als der der ursprünglichen Verpflichtungsklage in Form der Untätigkeitsklage.
2.2. Für den vom Kläger gestellten Feststellungsantrag bliebe mithin nur die Feststellungsklage nach § 43 VwGO. Diese ist jedoch wegen ihrer Subsidiarität (vgl. § 43 Abs. 2 VwGO) ebenfalls unzulässig.
Denn es gibt keinen Anspruch darauf, dass eine öffentlich-rechtliche Vorfrage eines Amtshaftungsprozesses durch das sachnähere Verwaltungsgericht entschieden wird (vgl. hierzu Pietzcker in Schoch/Schneider, VwGO, § 43 Rn. 53 m.w.N.). Unter Berücksichtigung des § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG, wonach das Gericht des zulässigen Rechtswegs über den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten entscheidet, ist daher die Frage, ob dem Kläger bereits in der zweiten Augusthälfte 2020 ein Anspruch auf die begehrte Baugenehmigung zustand bzw. ob ihm zu diesem Zeitpunkt die beantragte Baugenehmigung bereits hätte erteilt werden können, allein von dem für Amtshaftungssachen zuständige Zivilgericht zu prüfen.
Nur ergänzend weist das Gericht noch darauf hin, dass einer Feststellungsklage hier auch das notwendige Feststellungsinteresse fehlen dürfte, weil ein Schadensersatz des Klägers, den er zivilgerichtlich durchsetzen möchte, jedenfalls für den Zeitraum bis zum Erlass der Baugenehmigung mit Bescheid vom 2. Februar 2021 von vornherein bzw. offensichtlich ausscheiden dürfte (vgl. zum fehlenden Feststellungsinteresse bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit eines beabsichtigten Amtshaftungsprozesses etwa Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 113 Rn. 116 f. m.w.N. zur höchstrichterlichen Rechtsprechung).
Denn für den vom Kläger geführten Betrieb, bei dem Elektroaltgeräte im Sinne des § 3 Nr. 3 ElektroG einer Erstbehandlung im Sinne von § 3 Nr. 24 ElektroG unterzogen werden (vgl. hierzu VG Würzburg, U.v. 16.10.2020 – W 4 K 19.451 – Seite 16 und 22 f.), bedarf es u.a. einer vorherigen Zertifizierung nach § 21 Abs. 1 ElektroG (vgl. hierzu VG Würzburg, U.v. 16.10.2020 – W 4 K 19.451 – Seite 23). Wer entgegen § 21 Abs. 1 ElektroG vorsätzlich oder fahrlässig eine Erstbehandlung ohne Zertifizierung durchführt, handelt ordnungswidrig und kann mit einer Geldbuße von bis zu zehntausend Euro geahndet werden (vgl. § 45 Abs. 1 Nr. 14 und § 45 Abs. 2 Halbs. 2 ElektroG). Eine solche Zertifizierung nach § 21 Abs. 1 ElektroG hatte der Kläger jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Baugenehmigungserteilung jedoch nicht. Auch aus diesem Grund wäre eine Feststellungklage nach § 43 VwGO unzulässig, ohne dass es auf diese Frage allerdings noch streitentscheidend ankäme.
Die Klage ist daher bereits unzulässig und war dementsprechend abzuweisen.
3. Die Kostenfolge beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.